21-0785

Für einen durchgehenden 10-Minuten-Takt auf der S-Bahnstrecke zwischen Blankenese und Wedel Mitteilungsdrucksache zum Beschluss der Bezirksversammlung vom 30.01.2020

Mitteilungsdrucksache öffentlich

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23.04.2020
Sachverhalt

Die Bezirksversammlung Altona hat in ihrer Sitzung vom 30.01.2020 anliegende Drucksache 21-0626E beschlossen.

 

Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) hat hierzu mit Schreiben vom 25.03.2020 wie folgt Stellung genommen:

 

Zu 1:

Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) strebt in Abstimmung mit der HVV GmbH und der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein GmbH zukünftig auf allen Linien des Hamburger Schnellbahnnetzes eine angebotsorientierte Ausweitung der Verkehre an. Voraussetzung ist die Erfüllung infrastruktureller Anforderungen, die es ermöglichen, dieses Angebot stabil und verlässlich anzubieten. Vor diesem Hintergrund wurde in der Vergangenheit eine Ausweitung des 10-Minuten-Taktes auf dem Abschnitt Blankenese-Wedel geprüft, auch wenn aus Sicht der Nachfrage eine Ausweitung des 10-Minuten-Takts außerhalb der Hauptverkehrszeiten weiterhin nicht zwingend erforderlich ist. Aufgrund der gegebenen Infrastruktur mit weithin eingleisigen Streckenabschnitten ist die Umsetzung eines ausgeweiteten Taktes unter der Vorgabe einer unveränderten netzweiten Zuverlässigkeit jedoch nicht gänzlich möglich.

Mit den in den letzten Jahren erfolgten und absehbaren Erweiterungen im S-Bahnnetz (zusätzliche Station Elbbrücken, Ausweitung der Hauptverkehrszeit (HVZ)-Linien S2 und S11, Anpassung Fahrtzeiten, Zunahme Fahrgastzahlen, neue Station Ottensen) wurde die für das Gesamtnetz vertretbare Auslastung erreicht, so dass weitere Takte nur bei einem Ausbau der Infrastruktur betrieblich abbildbar sind. Zum Beispiel ist durch die Verzweigungs- und Umsteigehaltestellen am Hauptbahnhof und in Altona sowie der Liniennetzkonzeption aus Haupt- und HVZ-Linien sowie der Verbindungsbahn- (Linien S11, S21, S31) und dem Citytunnel (Linien S1, S2, S3) eine erhöhte Abhängigkeit der Strecken- und Linien untereinander gegeben. Dies bietet im Grundsatz und gerade zur HVZ eine hohe Anzahl an Direktverbindungen und weniger Umsteigebedarf, kann bei Verspätungen auf einer Strecke aber zu Folgewirkungen im gesamten Netz der S-Bahn führen. Kommt es dann, in dem bereits belasteten System zu weiteren externen Einflüssen – wie etwa Personen im Gleis oder technischen Störungen – fallen die betrieblichen Auswirkungen nochmals deutlicher aus, so dass einzelne Fahrten oder ganze Linien für einen Zeitraum ausfallen müssen.

 

Der 10-Minuten-Takt ist vor diesem Hintergrund in der jüngeren Vergangenheit bereits auf das maximal vertretbare Maß erweitert worden:

Mit Fahrplanwechsel am 11.12.2016 ist der 10-Minuten-Takt morgens um 20 Minuten und abends um eine Stunde verlängert worden, so dass morgens von etwa 5:30 bis 9 Uhr und nachmittags von 15 bis gegen 20:30 Uhr ein 10-Minuten-Takt besteht.

Mit Fahrplanwechsel am 15.12.2019 ist zur grundsätzlichen Attraktivitätssteigerung der Nachtverkehr am Wochenende aufgenommen worden.

Das Verkehrsangebot im S-Bahnverkehr in Wedel (rd. 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner; werktäglich rd. 11.500 Reisende) ist qualitativ auf demselben Niveau wie etwa für die S-Bahn in Buxtehude (40.000 Einwohnerinnen und Einwohner, 11.000 Reisende (ergänzend verkehrt hier noch Regionalverkehr)).

 

Betrieblich stellt der 10-Minuten-Takt in den vergangenen Jahren aufgrund der gestiegenen Fahrgastzahlen, der zeitlich ausgeweiteten Betriebszeiten der HVZ-Linie S11 sowie einer unerwartet höheren Zunahme externer Störungen im S-Bahn-Netz eine erhebliche Herausforderung dar. Bereits leichte Verzögerungen im Betriebsablauf einer einzelnen Fahrt können aufgrund der eingleisigen Streckenführung (und dem daraus resultierenden Begegnungsverbot) den 10-Minuten-Takt unmöglich machen und damit zu Fahrtausfällen führen. Es bedarf bereits heute nur kleinster Störungen, damit Fahrten nur verkürzt (von/bis Blankenese anstatt Wedel) geführt werden können. Ansonsten würde sofort der jeweilige Gegenzug nicht in seine sehr knappe Fahrplanlage passen – dies gilt in besonderem Maße für den Abschnitt Blankenese-Sülldorf. Vor diesem Hintergrund hat bereits die letzte Fahrplanausweitung auf diesem Abschnitt das Ausfallgeschehen deutlich negativ beeinflusst. Dieses äußerte sich in einer gesunkenen Pünktlichkeit und insbesondere den gestiegenen Teilausfällen auf der S1 (+58 % in 2017 ggü. 2016)

 

Der BWVI vorliegende Daten zur Pünktlichkeit als Vergleich 2016 (vor Ausweitung) und 2017 (nach Ausweitung) lassen eine ausreichende Einschätzung zu:

 

 

2016

2017

Vergleich

Zugausfälle

(Teil- und Gesamtfahrten Linie S1)

2.515

3.965

+58%

 

Das heutige Konzept sieht vor, dass nach dem auslaufenden 10-Minuten-Takt eine Stabilisierung der Fahrzeugumläufe und Pünktlichkeit einsetzt, damit Anschlussbeziehungen im Innenstadtbereich wieder gesichert werden. Eine stärkere Ausweitung ist daher betrieblich nicht umsetzbar und insbesondere mit Hinblick auf die Leistungszuwächse im Gesamtnetz insgesamt und dem Anstieg der Fahrgastzahlen mit teils erheblich gestiegenen Fahrgastwechselzeiten nicht unter den heutigen Qualitätsvorgaben leistbar und würde zusätzlich die Stabilität des Gesamtnetzes gefährden.

 

Für eine Stabilisierung des Abschnitts wird zukünftig auch die Realisierung des Elektronischen Stellwerks (ESTW) Altona West (als Ablösung der alten Stellwerkstechnik im Abschnitt Klein Flottbek bis Wedel; vsl. 2024) durch DB Netz dienen. Diese Erneuerung soll in einem ersten Schritt zu einer deutlichen Reduzierung der infrastrukturbedingten Störungen führen.

 

Zu 2:

Eine zusätzliche Leistungsausweitung im Bestandsnetz ist regelmäßig nach den Bedingungen des Verkehrsvertrages „Erbringung der Verkehrsleistung S-Bahn Hamburg 2018 – 2033“ zu entgelten und damit geregelt. Diese Entgeltung bemisst sich nach Leistungskilometern, der eingesetzten Zuglänge (Kurzzug, Vollzug, Langzug) und auch abhängig von einem etwaig erforderlichen Fahrzeugmehrbedarf. In einer ergänzenden Ländervereinbarung ist die aufgabenträgerbezogene Zuweisung der Leistungsentgelte geregelt.

 

Die Möglichkeit einer Ausweitung des 10-Minuten-Takts bis Rissen scheidet aus den o.g. Gründen ebenfalls aus, da der besonders kritische Streckenabschnitt Blankenese - Sülldorf weiterhin besteht.

 

Zu 3:

Ein ausgeweiteter 10-Minuten-Takt ist nur durch einem Ausbau der Infrastruktur (Ausweitung der Zweigleisigkeit) umsetzbar. Überlegungen aus dem Jahr 2014 über einen teilweisen zweigleisigen Ausbau der Strecke Wedel – Blankenese sind mit rd. 30 Mio. grob geschätzt worden und dürften zwischenzeitlich (Preis- und Baukostenfortschreibung, inkl. Planungskosten (10 %)) gut 40 Mio. Euro umfassen. Ob dies wiederum für eine ganztägige Taktausweitung unter der Vorgabe einer gleichbleibenden Betriebsqualität ausreichend ist, kann nicht abschließend eingeschätzt werden. Mit der höhengleichen Streckenverzweigung und dem Kopfbahnhof Blankenese ist der gesamte Streckenabschnitt Wedel – Blankenese betrieblich anspruchsvoll.

 

Es sei auch noch auf den Wunsch der Stadt Wedel nach einen Haltepunkt Wedel Ost hingewiesen und eine 2014 durchgeführte Nutzen-Kosten-Untersuchung hierzu, die dem zweigleisigen Ausbau in diesem Bereich inkl. Haltepunkt und erforderlichen Mehrbedarf an Fahrzeugen keine ausreichende Wirtschaftlichkeit attestiert hat.

 

Derzeit sind in Schleswig-Holstein keine weiteren zu den derzeit beabsichtigten und begonnenen umfangreichen Maßnahmen und Investitionen zum Schnellbahnausbau in und um Hamburg (u.a. S21, S4, S32 (Ertüchtigung Harburger S-Bahn), S2 (Ertüchtigung Langzugeinsatz), Digitalisierung S-Bahn Hamburg, S32 (Hamburger Westen) vorgesehen. Ob anstehende Leitpläne (Landesnahverkehrsplan Schleswig-Holstein, Verkehrsentwicklungsplan) eine derartige Maßnahme mitaufnehmen ist derzeit nicht absehbar. Perspektivisch werden die hierfür erforderlichen Flächen weiterhin freigehalten.

 

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