Mit der interfraktionellen Entscheidung für den Piloten „Ottensen macht Platz“ hat sich die Bezirksversammlung gemeinsam mit dem Bezirksamt Altona, den zuständigen Fachbehörden und dem örtlichen Polizeikommissariat auf den Weg gemacht, gemeinsam mit den Ottenserinnen und Ottensern und den Gewerbetreibenden vor Ort zu schauen, wie man die Lebensqualität in einem immer dichter besiedelten Quartier auch in Zukunft erhalten und verbessern kann.
Hiermit hat die Politik auf jahrelange Impulse aus der Bevölkerung reagiert: Die Idee wurde im Stadtteil seit vielen Jahren von verschiedenen Gruppen diskutiert und immer wieder als Forderung an die Politik in Altona herangetragen. In vielen Diskussionsforen mit der Bevölkerung wurde dieser Teil von Ottensen mit seinen engen Straßen als ein gut geeignetes Quartier identifiziert, das von einem stark eingeschränkten Autoverkehr besonders profitieren würde. Im Rahmen eines EU-Projektes „Cities4People“ ergab sich im Frühjahr 2019 die Chance, ein autoarmes Quartier befristet systematisch unter wissenschaftlicher Begleitung zu testen.
Seit September 2019 hat im Kerngebiet Ottensen dieser Test für ein autoarmes Quartier stattgefunden. Basierend auf den repräsentativen Erkenntnissen der Untersuchung soll nun über die zukünftige Gestaltung der Verkehrsführung in Ottensen beraten und entschieden werden.
Auch wenn der Test Anfang Februar vorzeitig beendet werden musste, hat die Zeit gereicht, um alle geplanten Befragungen und Evaluationsmaßnahmen durchzuführen. Mit der umfassenden Evaluation des Pilotquartieres „Ottensen macht Platz“, also der Befragung von Anwohnerinnen und Anwohnern, Gewerbetreibenden und Passanten und der Erhebung von Verkehrsmengen und -flüssen wurde die TU Hamburg beauftragt. Nach Auswertung der Ergebnisse und deren Vorstellung in der Öffentlichkeit spricht sich eine deutliche Mehrheit (in Summe 86 %) der Anwohner*innen, aber auch der Gewerbetreibenden für eine Verstetigung des Projektes aus. Es wurde dabei auch sehr deutlich, dass eine Reihe von weiteren Veränderungen gewünscht wird. Die Notwendigkeit dieser Veränderungen hatte sich im Verlauf des Projektes und der begleitenden intensiven öffentlichen Diskussion bereits abgezeichnet.
Die Fraktionen von CDU und GRÜNE in der Bezirksversammlung Altona möchten den mehrheitlichen Wunsch aus dem Kerngebiet Ottensen nach deutlich reduziertem Verkehr in diesem Quartier aufgreifen und ein Verkehrskonzept entwickeln lassen, das diesen Vorstellungen entspricht. Dabei ist es unter anderem wichtig, dass auch die Auswirkungen eines autoarmen Quartiers auf die umliegenden Straßen berücksichtigt und ggf. im weiteren Verlauf der Umsetzung durch entsprechende Maßnahmen abgefedert werden.
Vor diesem Hintergrund wird das Bezirksamt Altona gemäß § 19 (2) BezVG aufgefordert, sich mit den zuständigen Fachbehörden zu verständigen, wie die Beschilderung und Ausführung für ein autoarmes Quartier in Ottensen ohne ausgewiesene Parkflächen im öffentlichen Raum rechtlich so abgesichert werden kann, dass Radverkehre und Taxen, Anliegende mit privaten Stellplätzen im Projektgebiet sowie Lieferanten und Zubringerdienstleister weiterhin fahren dürfen. Zur Finanzierung ist zu prüfen, ob Fördermittel beantragt werden können. Insbesondere für einen Umbau ist zu prüfen, ob Einzeltitel eingereicht werden können.
Die zuständigen Fachbehörden (Behörde für Inneres und Sport, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Finanzbehörde) werden gemäß § 27 BezVG aufgefordert, den Planungsprozess für ein autoarmes Quartier Ottensen aktiv zu unterstützen. Dabei sind finanzielle Mittel zur Unterstützung des Personalbestandes des Bezirksamtes sowie für den Umbau des Gebietes bereitzustellen.
Weiter sind folgende Maßgaben zu berücksichtigen:
- Das autoarme Quartier soll zukünftig mindestens die Straßenabschnitte umfassen, die auch als Projektgebiet bei „Ottensen macht Platz“ berücksichtigt wurden. Darüber hinaus sollen die Straßen Am Felde, Beetsweg und Stangestraße in die weiteren Überlegungen zur Verkehrsberuhigung mit einbezogen werden. Dabei ist sicherzustellen, dass - wie im bisherigen Gebiet - das Gewerbe wie z.B. Kfz-Werkstatt und Tischlerei weiterhin erreichbar bleiben. Politisch ist eine Erweiterung des autoarmen Bereichs bis zur Querung Große Brunnenstraße / Bei der Reitbahn ausdrücklich gewünscht. Deshalb ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen diese Erweiterung realisiert werden kann. Eine Ausweisung als „verkehrsberuhigter Geschäftsbereich“ wird als nicht ausreichend bewertet und deshalb abgelehnt.
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Der Umbau des Straßenraumes des Gebietes ist vorzusehen. Wesentliche Ziele des Umbaus sollen die inklusionsgerechte Nivellierung der Bordsteinkanten, mehr Grünflächen, deutlich mehr Fahrradabstellmöglichkeiten, der Ersatz des Kopfsteinpflasters durch eine besser begeh- und befahrbare milieugerechte Oberfläche sowie eine Trennung von Fuß- und Radverkehr durch geeignete Maßnahmen, wie ein gesondert markierter und farblich gestalteter Streifen oder taktile Leitelemente, sein. Dazu ist ein Bürgerbeteiligungsverfahren durchzuführen. Das Bezirksamt wird gebeten, Vorschläge zu unterbreiten, wie der laufende Prozess durch geeignete Beteiligungsformate begleitet werden kann.
- Weiter sind folgende Gegebenheiten für das autoarme Gebiet (und auch für evtl. spätere Erweiterungen) zu berücksichtigen:
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Stellplätze für den motorisierten Verkehr im genannten Bereich sind nicht vorzusehen.
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Durchfahrts-, Schleich-, und Querungsverkehre des MIV (Motorisierter Individualverkehr) sollen unterbunden werden.
- Taxen werden erlaubt.
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Anliegende mit ihren Kraftfahrzeugen und eigenem Stellplatz in den Innen-, Hinterhöfen oder Tiefgaragen erhalten weiterhin die Möglichkeit diese ohne Einschränkungen zu erreichen.
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Anlieferverkehre für Gewerbetreibende sollen weiterhin ermöglicht werden. Dem Wunsch nach weiteren Veränderungen von Lieferzeiten soll in einem moderierten Verfahren Rechnung getragen werden. Dieser Prozess soll unter Federführung der Handelskammer durchgeführt werden. Die bisherigen „Pick-up-Points“ werden wiedereingerichtet und die Einrichtung weiterer Punkte oder die Erweiterung bestehender wird im Umfeld des Projektgebietes geprüft und umgesetzt. Der Landesbetrieb Verkehr und das zuständige Polizeikommissariat werden gebeten, die Nutzung dieser „Pick-up-Points“ regelmäßig zu überprüfen und Verstöße zu ahnden. Dabei sollen die Kontrollen möglichst auch mit dem künftig eingerichteten Bewohnerparken in Ottensen koordiniert werden.
- Baufahrzeuge und Handwerkerfahrzeuge im Einsatz ist die Einfahrt und das Parken während der Einsatzzeit (Baustelleneinrichtung) durchgängig zu ermöglichen.
- Für die „Letzte Meile“ bei Anlieferungen soll der Einsatz von Lastenfahrrädern gefördert werden. Dazu sind entsprechende Abstellanlagen einzurichten. Gewerbebetrieben, die sich beteiligen möchten, soll die Gelegenheit gegeben werden, bevorzugt solche Abstellanlagen in Geschäftsnähe installieren zu lassen.
Das Amt wird gebeten, hier auch nach weiträumigen Lösungen zu suchen. So sollen Paketdienste in Zukunft ihre Lieferungen bündeln und möglichst ohne LKWs anliefern.
- Paketdienste sollen in Zukunft ihre Lieferungen bündeln und möglichst ohne LKWs anliefern.
- Für Menschen mit Behinderung muss eine niedrigschwellige Möglichkeit zur mobilen Erreichbarkeit des Projektgebietes möglich bleiben.
- Die Einrichtung eines autoarmen Gebietes Ottensen verfolgt nicht das Ziel, im Stadtteil eine Gastronomiemeile zu initiieren. Zu prüfen ist, wie nach Neuaufteilung des Straßenraums die Nutzung der Außengastronomie angemessen angepasst werden kann. Der Schutz vor Lärmbelästigung der Anwohnenden und die freie Begehbarkeit der Wege hat dabei Priorität.
- Ausnahmegenehmigungen sind möglichst in einem vereinfachten (digitalen) Verfahren zu prüfen und zu erteilen. Die Gebührenhöhe sollte sich an den Gebühren für das Bewohnerparken orientieren.
- Die Verkehrsführung im gesamten Gebiet muss auf ihre Funktionalität im Hinblick auf die geänderten Anforderungen überprüft werden. Notwendige Anpassungen sind vorzunehmen. Es muss längerfristig eine systematische Prüfung der Auswirkungen auf die an das Gebiet angrenzenden Straßen und auf ganz Ottensen vorgenommen werden, um ggf. gebotene Änderungen am Gebietszuschnitt vornehmen zu können. Dabei sind wesentliche Veränderungen im Umfeld wie der Umbau der Veloroute 1 sowie die absehbare Einführung des Bewohnerparkens zu berücksichtigen.
- Es ist zu prüfen, ob durch bauliche Veränderungen, die veränderte Verkehrsführungen mit sich bringen würden, das Ziel eines autoarmen Quartiers Ottensen unterstützt werden kann.
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Das Bezirksamt Altona wird gemäß § 19 (2) BezVG zusammen mit den zuständigen Fachbehörden nach § 27 BezVG gebeten, zu prüfen, die Straßenverkehrsfläche des künftigen autoarmen Gebietes (wie oben skizziert) für den Fuß- und Radverkehr umzuwidmen. Die Begründung für die Umwidmung ist die Veränderung der Nutzbarkeit des Straßenraums für Fuß- und Radverkehr. Es ist darauf hinzuweisen, dass die beantragte Umwidmung die Vorstufe eines geplanten Umbaus darstellt (siehe C).
- Der Verkehrsausschuss wird auch weiterhin mit einem gesonderten Dauertages-ordnungspunkt „Autoarmes Quartier Ottensen“ über die laufenden Schritte informiert und beteiligt.