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Wo gibt es in Wandsbek Nutria oder andere invasive Tierarten und was sind die Folgen? Auskunftsersuchen vom 27.04.2023

Antwort zu Anfragen

Letzte Beratung: 12.09.2023 Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz Ö 8.1

Sachverhalt

 

„Die Nutria, auch Sumpfbiber genannt, stammt ursprünglich aus Südamerika und wurde für die Pelzgewinnung im letzten Jahrhundert in vielen mitteleuropäischen Ländern in Pelztierfarmen gehalten. Aus diesen Farmen entwichen immer wieder Tiere und etablierten sich in der freien Wildbahn. Aufgrund ihres hohen Expansionspotentials und ihres hohen Schadpotentials hinsichtlich Deich-, Gewässer- und Naturschutz hat die EU die Nutria als invasive Neozoa eingestuft (EU-Verordnung Nr.1143 / 2014). Die EU verlangt von den Mitgliedsstaaten durch Präventions- und Managementmaßnahmen die Einbringung und Ausbreitung dieser invasiven gebietsfremden Art zu unterbinden und die Populationen zurückzudrängen.

 

Vor allem für die Niederlande stellen Nutria und Bisam eine existenzielle Bedrohung für die Bevölkerung durch die Beschädigung der Binnendeiche und Gewässerbefestigungen dar. Die niederländischen Wasserverbände und die niederländischen Provinzen versuchen durch eine massive Bekämpfung beider Arten, die Ausbreitung zu unterbinden und die Populationen zu reduzieren, zu kontrollieren bzw. wenn möglich zu eliminieren.“ schrieb Egbert Strauß schon im Landesjagdbericht 2017/18 der Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. und des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums.

 

Anfang 2022 hieß es in der Kreiszeitung-Wochenblatt für Winsen: „Nutria-Population hat sich im Landkreis Harburg verdoppelt“. Kürzlich berichtete der NDR dazu unter: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Nutria-Plage-macht-Bergedorf-zu-schaffen,hamj133880.html

 


Die invasiven Nagetiere vermehrten sich explosionsartig mit bis zu 3 Würfen pro Jahr - in Hamburg noch dazu völlig unkontrolliert - seit die Umweltbehörde die sogenannte Schwanzprämie in 2020 gestrichen habe, heißt es in dem Bericht. Dort wird auch ein Hund gezeigt, der von Nutria angegriffen wurde und es heißt unter anderem, dass Nutria nicht erkennen lassen, wenn sie sich bedroht fühlen. Neben der direkten Bedrohung machten Nutria Felder, Gewässer, Deiche und Straßen ungestört kaputt. Sie richteten auch wirtschaftlichen Schaden an.

 

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) antwortet wie               folgt:                                                                                                                                                                  09.06.2023

 

Die Behauptung in dem kürzlich durch den NDR erschienenen Bericht (siehe https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Nutria-Plage-macht-Bergedorf-zu-schaffen,hamj133880.html), dass sich seit der Streichung der sogenannten Schwanzprämie durch die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) die invasiven Nagetiere mit bis zu drei Würfen pro Jahr explosionsartig vermehrten – in Hamburg noch dazu völlig unkontrolliert – wird durch die BUKEA dahingehend richtig gestellt, dass die BUKEA nie eine Schwanzprämie für Nutria gezahlt hat. Vom Bezirksamt Bergedorf wird eine Prämie für Bisam aufgrund der Bisamverordnung gezahlt. Diese Prämie wurde kurzzeitig vom Bezirksamt Bergedorf auch für Nutria gezahlt und nach rechtlicher Prüfung im Bezirksamt für Nutria 2020 wieder eingestellt.

 

In den Antworten wird der Begriff „invasive Arten“ und „invasive Tierarten“ im Sinne der EU-Verordnung Nr.1143 / 2014 aufgefasst und es wird auf Neozoen der Unionsliste eingegangen.

 

Dies vorausgeschickt, beantwortet die BUKEA das o.g. Auskunftsersuchen wie folgt:

 

 

  1. Welche invasiven Tierarten gibt es heute in Wandsbek und wie wird damit umgegangen?

 

Die aktuell und ehemals in Hamburg vorkommenden gebietsfremden invasiven Arten der Unionsliste können unter https://www.hamburg.de/contentblob/14204454/dd0f25fae5327aeee12d8ba458dd9053/data/d-unionsliste-hh.pdf abgerufen werden. Weitere Informationen finden sich unter https://www.hamburg.de/invasive-arten/13614554/invasivearten/.

 

Von folgenden gelisteten Arten ist bekannt, dass sie heute im Bezirk Wandsbek vorkommen oder bis vor kurzem vorkamen. Der Umgang und durchgeführte Maßnahmen werden zu jeder Art kurz skizziert.

 

  • Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax): Fund und Entfernung von Primär- und Sekundärnest im Herbst 2021 im Bereich Farmsen. Nest wurde von einer Bürgerin gemeldet. Keine Funde vor 2021 im Bezirk Wandsbek und keine weiteren Funde der Asiatischen Hornisse in Hamburg seit 2021.
  • Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis): In Hamburg weit verbreitet, vor allem an Elbe und Nebengewässern, auch einzelne Vorkommen im Bezirk Wandsbek. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen umgesetzt.
  • Kamberkrebs (Faxonius limosus): In Hamburg und auch in den Gewässern in Wandsbek weit verbreitet. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen umgesetzt.
  • Roter Amerikanische Sumpfkrebs (Procambarus clarkii): In Hamburg nur aus dem Stadtteil Hummelsbüttel bekannt. Die Bestände wurden 2022 kartiert und es wurden dabei mehrere hundert Rote Amerikanische Sumpfkrebse entnommen um den Populationsdruck zu verringern und einer Ausbreitung entgegenzuwirken. Das Monitoring und Maßnahmen gegen eine Ausbreitung werden fortgesetzt.
  • Nilgans (Alopochen aegyptiaca): In Hamburg weit verbreitet, einzelne Vorkommen sind auch aus Wandsbek bekannt. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen nach Maßnahmenblatt umgesetzt. Die Art kann von Jagdausübungsberechtigten im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bejagt werden.
  • Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus): Einzelne Funde sind aus Wandsbek aus der Alster und Stillgewässern bekannt. Die Art wird bei allgemeinen Kartierungen zufällig miterfasst und entnommen. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen umgesetzt.
  • Nutria (Myocastor coypus): In Hamburg vor allem in den Bezirken Bergedorf, Harburg und Hamburg-Mitte weit verbreitet. Einzelnachweise auch aus dem Bezirk Wandsbek, vor allem aus den Bereichen der Wandse bekannt. Eine Bekämpfung von Nutria mit jagdlichen Mitteln in Hamburg ist möglich, erfordert aber die Bereitschaft und freiwillige Mitwirkung der Jagdausübungsberechtigten.
  • Marderhund (Nyctereutes procyonoides): In Hamburg vor allem in den Bezirken Bergedorf und Harburg weit verbreitet. Einzelnachweise sind auch aus dem Bezirk Wandsbek bekannt. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen umgesetzt. Die Art kann von Jagdausübungsberechtigten im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bejagt werden.
  • Bisam (Ondatra zibethicus): Bisam kommt in ganz Hamburg vor. Vereinzelte aktuelle Nachweise liegen auch aus Wandsbek vor. Bestände sind insgesamt rückläufig. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen umgesetzt.
  • Waschbär (Procyon lotor): Der Waschbär kommt in ganz Hamburg vor. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen umgesetzt. Die Art kann von Jagdausübungsberechtigten im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bejagt werden.
  • Schmuckschildkröte (Trachemys scripta): Einzelne Tiere wurden in ganz Hamburg ausgesetzt. Aus Wandsbek liegen vereinzelt aktuelle Nachweise vor. Es werden zurzeit keine Managementmaßnahmen umgesetzt. Eine Reproduktion konnte in Hamburg noch nicht nachgewiesen werden und ist unwahrscheinlich. Falls Einzeltiere zufällig gefangen werden, werden diese unter anderem durch Tierheime aufgenommen und untergebracht.

 

Die Entscheidung, ob und welche Maßnahmen nach den Management- und Maßnahmenblättern (siehe hierzu unter https://www.hamburg.de/contentblob/11560708/872fd7fc650d2e7c6146f98df8a97157/data/d-invasiveartenmanagement-unionsliste.pdf) in welchem Umfang gegen etablierte Arten durchgeführt werden, ist über eine Kosten-Nutzen-Analyse abzuwägen.

 

 

  1. Wo gibt es im Bezirk Wandsbek schon Nutria oder andere invasive Arten?

 

Nachweise und Informationen von invasiven Tierarten in Wandsbek können über den Artnamen auf https://geoportal-hamburg.de/artenkataster/ abgerufen werden. Die Nachweise werden tagesaktuell unscharf in einem 2x2 km Raster dargestellt. Punktgenaue Nachweise können beim Artenkataster angefragt werden (https://www.hamburg.de/artenkataster/).

 

Einzelne Nutria-Nachweise in Wandsbek liegen aus dem Bereich der Wandse, Tonndorf und dem Duvenstedter Brook vor.

 

Zudem kommen invasive Pflanzenarten (Neophyten) im Sinne der EU-Verordnung Nr.1143/2014 in Wandsbek vor. Die nachfolgenden Arten konnten nach dem Hamburger Pflanzenatlas (Poppendieck et al. 2011) und durch Meldungen sowie Kartierungen vereinzelt bis nahezu flächendecken in Wandsbek nachgewiesen werden:

 

  • Chilenischer Riesenrhabarber (Gunnera tinctoria): In Hamburg in Einzelexemplaren in Botanischen Gärten, auch im Bezirk Wandsbek, nachgewiesen.
  • Flieder-Knöterich, Himalaya-Bergknöterich (Koenigia polystachya): Der Flieder-Knöterich kommt als beliebte Zierpflanze vor allem in Gärten vor. Genaue Standorte sind nicht bekannt.
  • Götterbaum (Ailanthus altissima): Vereinzelt an nur wenigen Standorten in Einzelexemplaren in Wandsbek vorkommend.
  • Schmalblättrige Wasserpest (Elodea nuttallii): Vereinzelt an nur wenigen Standorten in Wandsbek vorkommend.
  • Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum): Wurde insgesamt für Hamburg fast flächendeckend nachgewiesen, wird aktuell bekämpft sobald Standorte bekannt werden, so dass aktuell nur vereinzelt an wenigen Standorten vorkommend.
  • Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera): Wurde nahezu flächendeckend in Hamburg nachgewiesen, wird bekämpft, wenn eine nachhaltige Entfernung von einzelnen Beständen möglich ist.

 

 

  1. Was wird bereits gegen Nutria oder andere invasive Arten in Wandsbek unternommen?

 

Siehe auch Antwort zu 1. Nutria können durch Jagdausübungsberechtigte entnommen werden. Die Jagdstecke im Jagdjahr 2022/23 liegt für den Bezirk Wandsbek im einstelligen Bereich.

 

In Bereichen in denen zu erwarten ist, dass Maßnahmen gegen Neophyten nachhaltig erfolgreich sind, werden im Rahmen der Grünpflege in Wandsbek Maßnahmen zur Entfernung und gegen die weitere Ausbreitung von Neophyten der Unionsliste und den Japanischen Staudenknöterich durchgeführt.

 

 

  1. Welche Angriffe durch Nutria oder andere invasive Arten sind im Bezirk Wandsbek bereits bekannt geworden?

 

Angriffe durch Nutria im Bezirk Wandsbek sind der BUKEA nicht bekannt. Es ist allgemein bekannt, dass Nutria sich verteidigen, wenn sie in Bedrängnis geraten, z.B. gegen Hunde. Dieses kann passieren, wenn es zu einem überraschenden Kontakt zwischen Hund und Nutria kommt und die Nutria nicht mehr flüchten kann. Hunde sollten in Bereichen mit Vorkommen von Nutria angeleint werden, so dass sie z.B. nicht in Bereiche, die durch höhere Vegetation unübersichtlich sind, gelangen können. Angriffe auch durch andere invasive Arten im Bezirk Wandsbek sind der BUKEA nicht bekannt.

 

 

  1. Welche invasiven Arten sind wodurch gefährlich?

Zum Beispiel bei Nutria: Wegfressen der Vegetation, unterhöhlen von Deichen oder Böschungen, unvorhersehbare Angriffe gegen andere Arten.

 

Schäden und nachteilige Auswirkungen (mit Fokus auf die naturschutzfachlichen Bereiche), die durch gebietsfremde invasive Arten verursacht werden können, sind in den Management- und Maßnahmenblättern je Art jeweils unter „3. Nachteilige Auswirkungen“ aufgeführt, siehe hierzu unter  https://www.hamburg.de/contentblob/11560708/872fd7fc650d2e7c6146f98df8a97157/data/d-invasiveartenmanagement-unionsliste.pdf.

 

 

  1. Welche Schäden haben Nutria oder andere invasive Arten bereits in Wandsbek angerichtet?

 

Konkrete Schadensmeldungen durch Nutria oder andere invasive Arten sind der BUKEA aus Wandsbek nicht bekannt, siehe auch Antwort zu 5. Die in den Management- und Maßnahmenblättern unter „3. Nachteilige Auswirkungen“ aufgeführten Schäden können bei größeren Populationsdichten auch in Wandsbek auftreten. Naturschutzfachliche oder wirtschaftliche Schäden, die durch Nutria verursacht wurden, sind der BUKEA aus Wandsbek nicht bekannt.

 

 

  1. Welche Kosten haben Nutria oder andere invasive Arten bereits in Wandsbek verursacht?

 

Schadensmeldungen und damit verbundene Kosten verursacht durch Nutria sind der BUKEA aus Wandsbek nicht bekannt. Management- und Sofortmaßnahmen gegen gebietsfremde invasive Tier- und Pflanzenarten der Unionsliste wurden und werden in Wandsbek durch die BUKEA und das Bezirksamt Wandsbek durchgeführt, siehe auch Antwort zu 3. Dafür stellt die BUKEA den Bezirken jeweils 30.000 Euro im Jahr zur Verfügung, die über eine Mittelübertragung abgerufen werden können. Der Bezirk hat diesen Betrag 2022 in voller Höhe für umgesetzte Maßnahmen abgerufen. Darüberhinausgehende Kosten von etwa 15.000 Euro für umgesetzte Maßnahmen gegen Neophyten im Bezirk Wandsbek konnten im letzten Jahr aus nicht abgerufenen Mitteln für Maßnahmen gegen invasive Arten durch die BUKEA erstattet werden. Kartierungen und Entnahmen des Roten Amerikanischen Sumpfkrebs wurden 2022 von der BUKEA beauftragt; die entstandenen Kosten von etwa 9.500 Euro wurden übernommen.

 

 

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