Temporäre Öffnung für den allgemeinen Verkehr am Friedhof Ohlsdorf Beschluss der Bezirksversammlung vom 18.09.2025 (Drs. 22-2173)
Letzte Beratung: 13.11.2025 Bezirksversammlung Wandsbek Ö 16.11
Folgender Beschluss wurde gefasst:
Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft nimmt unter Beteiligung der Hamburger Friedhöfe -AöR- (HF) zum o.g. Beschluss wie folgt Stellung:
Zu 1.:
Der Friedhof Ohlsdorf ist einer der wichtigsten Friedhöfe in Hamburg und der Friedhofszweck ein hohes Gut.
Die Einführung des Schrankensystems ist erfolgt, weil der allgemeine Verkehr eine unzumutbare Belastung für den Friedhof und seine Besucher:innen darstellt. Der Belastung für die Anwohner:innen der Baustelle ist durch die Ausgabe von für die Dauer der Baustelle freigeschalteten Transpondern für die Schranke bereits Rechnung getragen.
Zu 2.:
Seit Oktober 2020 schützt eine Schranke Gäste vor Lärm und Abgasen durch unerlaubte Auto-Durchfahrten über den Ohlsdorfer Friedhof. Vor Einrichtung des Schrankensystems auf der Zentralachse des Friedhofs bestand über 60 % des Straßenverkehrs aus durchfahrenden Personen ohne Friedhofsbezug, also weder Trauergäste noch Grabbesuchende noch Ruhe-Suchende. EineErfassung der Verkehre 2015 (ARGUS-Studie) ergab, dass über 60 % der wochentäglich 10.146 Fahrzeuge (Querschnittsbelastung am Stichtag 07.07.2015) den Ohlsdorfer Friedhof ohne Aufenthalt durchqueren. Diese Durchfahrten sind entsprechend § 7 Abs. 2 Nummer 6 der Verordnung zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung) untersagt. Sollte es eine Öffnung des Ohlsdorfer Friedhofs für Durchfahrtsverkehr geben, ist von einer wesentlichen Steigerung der Zahl der Durchfahrten und damit der schon jetzt erhebliche Belastung auszugehen.
Insofern dient die Schranke dem Erhalt des Friedhofs als Ruhezone mitten in der Großstadt mit seinem unverwechselbaren grünen und kulturellen Reichtum und der Wahrung des Ortes für Trauernde.
Für eine über die jetzige Regelung hinaus gehende Durchfahrtserlaubnis wäre eine Aussetzung des § 7 Abs. 2 Nummer 6 der Bestattungsverordnung oder eine Aufhebung erforderlich.
Vor Einrichtung der Schranke betrafen die Durchfahrten alle Bereiche des Friedhofs und strahlten akustisch und durch Abgase auf die anliegenden Grabbereiche aus. Mit dem Schrankensystem wird zudem der Grünraum erhalten: weniger Unfälle und verbotene Ablagerungen von Müll, Beeinträchtigung insbesondere der Wildtiere durch Lärm.
Es gab dazu jahrelang zahlreiche Beschwerden, Bitten und vehemente Forderungen, die Ruhe wieder herzustellen, so dass in einem Bürger:innen-Beteiligungsprozess unter Beteiligung der Bezirksämter und der Friedhofsgewerbe diese angemessene Lösung gefunden wurde, statt Einfahrten mit Einzelschranken zu versehen, wesentliche bauliche Eingriffe in die denkmalgeschützte Friedhofsstruktur vorzunehmen oder datenschutzrechtlich unerlaubte Abschnittskontrollen einzuführen. Im Zuge des öffentlichen Beteiligungsverfahrens 2016 und der Nachbarschaftscafés 2018 zur nachhaltigen Weiterentwicklung des Friedhofs „Ohlsdorf 2050“ haben viele Hamburgerinnen und Hamburger die Chance wahrgenommen und zahlreiche Ideen eingebracht. Oft wurde darum gebeten, den Durchgangsverkehr einzudämmen oder ganz herauszuhalten.
Der Wiener Zentralfriedhof hat vor knapp 10 Jahren ein Schrankensystem eingeführt und damit gute Erfahrungen gemacht. Die völlige Sperrung für den Autoverkehr, wie auf anderen Großfriedhöfen weltweit, wurde für Ohlsdorf wegen des Komfortverlustes für Besucher:innen nicht weiterverfolgt.
Das Schrankensystem ist eine wirksame Lösung und verhindert die unerwünschten Durchfahrten. Dabei wird Trauergästen (und derzeit Anwohnenden aus Wellingsbüttel) die Durchfahrt ermöglicht. Die Wirksamkeit der Lösung ist nur aufrecht zu erhalten, wenn die bisher geübte Praxis der Berechtigungsregelung Bestand hat und nicht ausgeweitet wird.
Zu 3.:
Gäste einer Trauerfeier und des Café Fritz sind berechtigt, diese zu durchfahren. Sie melden sich dazu über die Rufanlage (Knopf an einer Säule vor der Schranke). Grabbesucher:innen, die zwei durch die Schranke getrennte Grabstätten pflegen, erhalten einen Chip, der die Schranke öffnet. Gegebenenfalls muss bei der Übergabe der Durchfahrtsberechtigung die Pflege eines Grabesdurch den Nutzungsberechtigten bestätigt werden.
Busse, Friedhofsgewerbe, Polizei, Feuerwehr, Personen zu Fuß oder mit dem Rad können ungehindert passieren.
Dabei wird jede Grabstätte, Kapelle oder andere Einrichtung, die bisher mit KFZ erreichbar war, weiter so erreichbar sein. Einige Grabbesucherinnen und -besucher müssen nur eine andere Einfahrt wählen.
Wegen der Sperrung der Wellingsbütteler Landstraße wurde einem durch den Bauträger HAMBURG WASSER (HW) definierten Kreis von Anwohnenden eine zeitlich begrenzte Durchfahrtserlaubnis über den Ohlsdorfer Friedhof erteilt und die Öffnungszeiten der Tore jahreszeitenunabhängig und wesentlich in den Morgen- und Abendstunden erweitert. Die Durchfahrt über den Friedhof wird ausschließlich den direkt von der Baumaßnahme Wellingsbütteler Landstraße / Wellingsbüttler Weg betroffenen Ansässigen – das heißt Anwohnenden mit Meldeanschrift oder Zweitwohnsitz im berechtigten Gebiet, medizinischen Diensten, Fahrdiensten, Taxizentralen sowie ansässigen Firmen – ermöglicht; die Zustimmung zur Durchfahrt obliegt der Friedhofsverwaltung, und die Genehmigungen werden nach Abstimmung mit der Verkehrsdirektion und der Friedhofsverwaltung von HW erteilt.
Keine Durchfahrtserlaubnis erhalten Personen, die einen einzelnen Grabbesuch planen und von der Fuhlsbüttler Straße in den Ostteil des Friedhofs oder von den Einfahrten Seehof, Kornweg und Bramfeld in den westlichen Teil fahren wollen.
Besondere Regelung
Wie bereits zum Totensonntag und Volkstrauertag bleibt die Schranke an folgenden Feiertagen geöffnet, die insbesondere Familienfeiertage sind: Ostern, Pfingsten, Allerheiligen, Volkstrauertag, Totensonntag und den Weihnachtstagen. Die Sonderöffnung der Schranke wird nicht auf die übrigen Wochenenden ausgedehnt. Die Friedhofsbesucherinnen und -besucher sollen damit besonders an Sonnabenden und Sonntagen die Ruhe auf dem Friedhof genießen können.
Zu 4.:
Auf dem Friedhof gilt bereits eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h. Im Übrigen siehe Ziffern 1 und 2.
Zu 5.:
Folgende Maßnahmen, das Verhalten auf dem Friedhof für den genannten Personenkreis gut zu gestalten, wurden ergriffen:
- Ansprache durch die Polizei (PK36);
- ständige Einrichtungen mehrerer Tempoampeln mit Warnhinweisen;
- anfängliche orientierende Betreuung der Schranke durch Personal (zu Beginn 2020 und zu Beginn der Sonderdurchfahrten im Zuge der Baustelle Wellingsbütteler Landstraße in 2024)
- Informationsaushänge in den Infokästen;
- Presse- und Medienarbeit zur Information über das Verhalten auf dem Friedhof;
- Transparente Darstellung der Sachverhalte, Regelungen und Probleme auf der Homepage;
- Regelmäßige Nutzung der Sozialen Medien der Hamburger Friedhöfe -AöR- (Instagram, Facebook).
Im Übrigen siehe Ziffer 2.
Zu 6. & 7.:
Vgl. Ziffern 1 bis 3.
Die zentrale Straßenverkehrsbehörde Verkehrsdirektion (VD) 5 nimmt wie folgt Stellung:
Im Zuge der Baumaßnahmen auf dem Straßenzug Wellingsbütteler Landstraße und Wellingsbüttler Weg sowie dem damit einhergehenden Verkehrskonzept innerhalb der verschiedenen Bauphasen wurde in der Vergangenheit die Nutzung des Ohlsdorfer Friedhofs für den Individualverkehr diskutiert.
Der Friedhof Ohlsdorf ist im Besitz der Hamburger Friedhöfe AöR und befindet sich somit auf Privatgrund. Dies bedeutet, dass die Straßenverkehrsbehörde über keine Entscheidungshoheit der privaten Verkehrsflächen obliegt und nur beratend tätig sein kann.
Am 18.03.2024 wurde nach einer Abstimmung mit der Friedhofsverwaltung folgendes Ergebnis vereinbart:
Die Friedhofstore in der Fuhlsbüttler Straße sowie der Straße Große Horst sind täglich zwischen 06.00 – 23.00 Uhr geöffnet. Eine Schrankenanlage mit Zugangskarten lässt einen kleinen definierten Kreis von Anwohnenden im unmittelbaren Bereich des Friedhofs im Bereich Wellingsbüttel zu den Öffnungszeiten zu.
Wie eingangs dargestellt, handelt es sich bei dem Friedhof Ohlsdorf um eine private Verkehrsfläche. Die Straßenverkehrsbehörde kann nur im Sinne der Verkehrssicherheit eine beratende Funktion wahrnehmen.
Die Straßenverkehrsbehörde spricht sich weiterhin gegen die Öffnung dieser privaten Verkehrsfläche für jedermann aus folgenden Gründen aus:
- Eine Öffnung des Friedhofes hätte zur Folge, dass nicht nur die Anwohnenden und Anlieger aus Klein Borstel und Wellingsbüttel diesen nutzen würden, sondern auch im Hinblick auf die umliegenden Großbaustellen (U5 – Steilshooper Allee/Fuhlsbüttler Straße/Bramfelder Chaussee) ein uneingeschränkter Personenkreis. Weder die Leistungsfähigkeit der Quartierstraßen in Klein Borstel noch die Ausfahrt des Friedhofes zur Fuhlsbüttler Straße sind für Durchgangsverkehre dieses Ausmaßes ausgelegt.
- Verkehrsstauungen würden Begegnungsverkehre erschweren bzw. unmöglich machen und in der weiteren Folge Sicherheitsdefizite für zu Fuß Gehende und Radfahrende bedeuten. Auch vor dem Hintergrund der in Klein Borstel ansässigen Schulen sowie der kritisch betrachteten Rettungswege wurde die unreglementierte Durchfahrt durch das Friedhofsgelände aus Verkehrssicherheitsgründen von Seiten der Polizei/Straßenverkehrsbehörden abgelehnt.
- Die Vorteile für die Zufahrtbeschränkung auf einen definierten Personenkreis liegen darin, dass die Bewohnenden des Quartiers in Wellingsbüttel eine Möglichkeit bekommen, ihre Wohnanschrift ohne unverhältnismäßig große Umwege zu erreichen. Würde diese Möglichkeit für jedermann offenstehen, dann würde sich dieser Vorteil ins Gegenteil umkehren. Für Verkehrsteilnehmende, die nicht in diesem Quartier wohnen oder zu dem Kreis der Anliegenden gehören, sind leistungsfähige Umleitungsstrecken ausgeschildert und ertüchtigt worden.
Eine Entscheidung zur Öffnung des Ohlsdorfer Friedhofs für den Durchgangsverkehr obliegt nicht der Polizei oder den Straßenverkehrsbehörden, sondern der Friedhofsverwaltung. Die Zentrale Straßenverkehrsbehörde spricht sich aus vorgenannten Gründen im Hinblick auf die Verkehrssicherheit gegen eine solche Öffnung aus.
Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.
keine Anlage/n
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