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Tempo 30 im Ortskern von Bergstedt Beschluss der Bezirksversammlung vom 26.09.2019 (Drs. 21-0011.1)

Mitteilungsvorlage BV-Vorsitz

Sachverhalt

 

Folgender Beschluss wurde gefasst:

 

Die untere Straßenverkehrsbehörde wird gebeten zu prüfen, durch welche Maßnahmen

eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 im Bergstedter Ortskern realisiert werden

kann. Dabei sind die sozialen Einrichtungen ZusammenLeben e.V. und die Kindertagesstätte

zu berücksichtigen.

 

 

Vorbemerkung

Der ursprüngliche Text der fraglichen Beschlussvorlage lautet: „Die untere Straßenverkehrsbehörde wird gebeten zu prüfen, durch welche Maßnahmen eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 im Bergstedter Ortskern realisiert werden kann. Dabei sind die sozialen Einrichtungen ZusammenLeben e.V. und die Kindertagesstätte zu berücksichtigen.“

Zur Konkretisierung der begehrten Tempo-30-Anordnung wurden dem PK 35 auf Nachfrage am 04.11.2019 von der Geschäftsstelle der Bezirksversammlung folgende Daten übermittelt:

  • Volksdorfer Damm zwischen Bergstedter Chaussee und Wohldorfer Damm
  • Wohldorfer Damm zwischen Haus-Nr. 2 (Einfahrt zum Siemerschen Hof) und Bergstedter Kirchenstraße (incl. dieser Einmündungen)

Zu berücksichtigen seien hier die

  • Kita „Tigerente e. V.“ , Bergstedter Markt 1 und die
  • Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung „ZusammenLeben e. V.“ , Wohldorfer Damm 5

 

Die Behörde für Inneres und Sport (VD 51) nimmt unter maßgeblicher Beteiligung des Polizeikommissariats (PK) 35 hierzu wie folgt Stellung:

 

Der Wohldorfer Damm und der Volksdorfer Damm sind Bezirksstraßen mit überörtlicher Bedeutung. Sie sind wichtige Verbindungsstraßen zwischen den Stadtteilen Duvenstedt, Wohldorf-Ohlstedt, Bergstedt und Volksdorf.

Der Bereich ist sowohl durch Bebauung mit Geschäften, die der Nahversorgung dienen, als auch durch Wohnbebauung gekennzeichnet. Es handelt sich hier insofern nicht um ein Gebiet, in dem der Eindruck eines Wohngebietes deutlich überwiegt.

 

Die Straßenverkehrsordnung sieht folgende Möglichkeiten für eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/ h vor, die hier geprüft wurden:

 

Tempo 30-Strecken

Gemäß § 3 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung (STVO) beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h.

Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs (wie z.B. eine Verringerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h) dürfen gemäß § 45 (9) StVO nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs erheblich übersteigt. Wann die Voraussetzungen für eine Geschwindigkeitsbeschränkung im Einzelnen vorliegen, regelt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) zu Zeichen 274. Danach sollen Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Sicherheitsgründen auf bestehenden Straßen angeordnet werden, wenn Unfalluntersuchungen ergeben haben, dass häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten sind. Im Gegensatz zur Anordnung einer Tempo-30-Zone muss hier also auf einem bestimmten Streckenabschnitt eine spezifische Gefahr vorliegen. Die erforderliche Gefahrenlage begründet sich dabei im Wesentlichen durch das Vorhandensein objektiv nachvollziehbarer Fakten.

 

Im Zeitraum von Montag, den 02.12.19, 11:00 Uhr bis Freitag, 06.12.19, 10:00 Uhr hat das PK 35 im Wohldorfer Damm Nr. 3 (gegenüber der Kirche) eine verdeckte Geschwindigkeitsmessung mit dem Verkehrsstatistikgerät (VSG) durchgeführt. Das VSG registriert alle durchfahrenden Fahrzeuge und deren Geschwindigkeiten. Individuelle Fahrzeugdaten werden nicht erfasst.

Bei der Auswertung der gemessenen Geschwindigkeiten wird grundsätzlich der V85%- Wert betrachtet. Dieser Wert bildet die Geschwindigkeit ab, die von 85 % der gemessenen Fahrzeuge nicht überschritten wird. Er betrug im genannten Zeitraum 35 km/ h. Die festgestellte Höchstgeschwindigkeit lag bei 56 km/ h. Insgesamt fuhren 0,06 % der erfassten Fahrzeuge zu schnell.

Diese Werte werden hier als unauffällig bewertet und geben keinen Anlass für weitere Maßnahmen zur Geschwindigkeitsüberwachung.

 

Eine Auswertung der Verkehrsunfälle der vergangenen drei Jahre (November 2016 – Oktober 2019) ergab keine Auffälligkeiten. Es wurde kein Verkehrsunfall registriert, bei dem überhöhte Geschwindigkeit ursächlich war.

 

Insofern liegen die rechtlichen Voraussetzungen zur Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/ h gem. § 45 Absätze 1, 1a oder b StVO nicht vor.

 

Tempo 30-Zonen

Die Einrichtung von Tempo 30-Zonen erfolgt in Hamburg gemäß der bundesweit geltenden und für die Straßenverkehrsbehörden verbindlichen Bestimmungen der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu § 45 Abs. 1 bis 1e XI. stets auf der Grundlage einer flächenhaften Verkehrsplanung. Die konzeptionelle Zuständigkeit für die Einrichtung von Tempo 30-Zonen liegt in Hamburg bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI). Die Anordnung von Tempo 30-Zonen kommt gemäß VwV-StVO nur dort in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung ist und basiert auf den Bestimmungen des § 45 (1c) Straßenverkehrsordnung (StVO). Demnach werden Tempo 30-Zonen insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf angeordnet. Hierbei muss der Eindruck eines Wohngebietes deutlich überwiegen.  Die Zonen- Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs noch auf weitere Vorfahrtsstraßen erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen, Leitlinien und benutzungspflichtige Radwege umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel „rechts vor links“ gelten. Im Gegensatz zu einer Tempo 30-Strecke handelt es sich bei einer Zonenregelung um eine Bündelung von 30 km/h Streckenverboten für eine Anzahl zusammenhängender Straßen mit geringem Beschilderungsaufwand. Diese Voraussetzungen liegen, wie eingangs beschrieben, nicht vor.

 

Tempo-30-vor- „sozialen Einrichtungen“ unter Berücksichtigung der Kita „Tigerenten“ und „ZusammenLeben e.V.“

Für die Anordnung von Tempo-30-Strecken vor sozialen Einrichtungen ist § 45 (9) Ziff. 6 StVO einschlägig. Demnach ist innerhalb geschlossener Ortschaften die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von an Straßen gelegenen Kindergärten, -tagesstätten, -krippen, -horten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen für geistig oder körperlich behinderte Menschen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern in der Regel auf Tempo 30 km/h zu beschränken.

 

Näheres hierzu regeln die Hamburger Richtlinien zur Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen (HRVV) zu § 45 Absatz 9 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), die von der Obersten Landesbehörde im April 2018 in Kraft gesetzt worden sind. Die HRVV richten sich originär an die Straßenverkehrsbehörden der Polizei, um für sie ein hohes Maß Handlungssicherheit und eine einheitliche Ermessensausübung zu gewährleisten. Um eine Tempo 30 Strecke vor den genannten Einrichtungen anordnen zu können, müssen die Einrichtungen gemäß der HRVV mit einem direkten Zugang zur Straße ausgestattet sein. Die streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung sollte sich unabhängig von der postalischen Anschrift der Einrichtung in erster Linie auf die tatsächlich benutzten und vom Einrichtungsträger zur Verfügung gestellten Eingänge für Fußgänger und Radfahrende erstrecken. Andere relevante Bereiche, wie etwa Nebeneingänge zu z. B. Turnhallen, sind in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen. Nebenfahrbahnen oder z. B. im Hinterhof betriebene Einrichtungen mit einer eigenständigen Auffahrt entsprechen grundsätzlich nicht den Kriterien.

 

Die Kindertagesstätte „Tigerenten“ (postalische Anschrift: Bergstedter Markt Nr. 1) hat keinen direkten Zugang zum Wohldorfer Damm. Der Zugang erfolgt über den sog. „Siemerschen Hof“, die Entfernung zur Straße beträgt ca. 40 Meter.

Für die diese Kita liegen demnach die von § 45 (9) Ziff. 6 StVO geforderten und in der HRVV konkretisierten Voraussetzungen nicht vor.

 

Die Wohn- und Betreuungseinrichtung „GemeinsamLeben e. V.“ im Wohldorfer Damm 5 erfüllt ebenfalls nicht die o. g. Voraussetzungen. Aufgrund ihrer Funktion gehört die Einrichtung nicht zu den in der StVO aufgezählten Institutionen.

 

Fazit:

Aus vorgenannten Gründen kann die Straßenverkehrsbehörde in dem in Rede stehenden Bereich keine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h anordnen.

 

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.

 

Anhänge

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