21-3636

Taubenplage unter der Brücke Hirschgraben Beschluss der Bezirksversammlung vom 17.06.2021 (Drs. 21-3322)

Mitteilungsvorlage BV-Vorsitz

Letzte Beratung: 01.09.2021 Regionalausschuss Kerngebiet Wandsbek Ö 6.8

Sachverhalt

 

Folgender Beschluss wurde gefasst:

 

Die zuständige Fachbehörde wird gebeten, im Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz einen Vortrag zum Thema „Vermeidung von Taubenansammlungen“ zu halten.

 

 

Die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz (BJV) nimmt wie folgt Stellung:

 

Die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz ist für den Tierschutz zuständig. Die Formulierung des Vortragsthemas entsprechend der Drucksache ist jedoch keine tierschutzfachliche Fragestellung. Das Versammeln von Tauben ist Teil ihrer Natur und die gefühlte Belästigung von Anwohnern kein Problem des Tierschutzes. Fragestellungen, die den Tierschutz betreffen, kommen erst im Zuge von festgestellten Überpopulationen zum Tragen. Der Tierschutz wird u.a. erst dann relevant, wenn tierschutzwidrige Verfahren zum Vertreiben von Tauben eingesetzt werden und den Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Der im Zusammenhang mit der Drs. 21-3322 im Vorfeld angeführte Appell, einen Taubenschlag zu errichten, dient primär der Umsiedlung der unter einer Bahnbrücke ansässigen Tauben und resultiert offenbar nicht aus gravierenden Tierschutzproblemen. Sofern das Verschließen der Bahnbrückenkonstruktion unter Umgehung von Nestlingsmortalität und Verletzungsgefahren für die Tiere vorgenommen wird, ist der Tierschutz nur nachrangig betroffen. Die Möglichkeit zur Errichtung eines Taubenschlags ist der Bezirksversammlung entsprechend bereits bekannt.

Die BJV lehnt daher die Entsendung einer Referentin bzw. eines Referenten in den Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz der Bezirksversammlung Wandsbek ab.

 

In Bezug auf Taubenschläge kann allgemein Folgendes mitgeteilt werden:

Üblicherweise wird die Errichtung von Taubenschlägen als Maßnahme zur Bestandsregulation angeführt. Die in den Städten auftretenden Stadttaubenpopulationen, die eine ausgesprochen hohe Reproduktionsfähigkeit aufweisen, suchen als Nachfolger der Felsentaube Brutreviere, die felsenartigen Gegebenheiten nahekommen. Gerade in Großstädten finden sich derartige Gegebenheiten. Die Populationsdichte wird v.a. durch die Ressourcen Futterangebot und Verfügbarkeit von Nistplätzen beschränkt. Dabei werden Nistplätze bevorzugt im näheren Umfeld von Futterangeboten gesucht. Stadttauben haben sich von ursprünglichen Körner- und Samenfressern zu Allesfressern entwickelt und nehmen auch Futter, das nicht artgerecht ist, auf. Damit hat sich die Stadttaube den städtischen Gegebenheiten angepasst.

Bei Verschließen der Bahnbrücke entfallen Ansitzmöglichkeiten der Tiere sowie Brutmöglichkeiten. Das Futterangebot ist dagegen unverändert und wird die Tiere hinsichtlich der Nahrungsaufnahme räumlich weiter binden. Mit einem vollständigen Abwandern der Taubenpopulation ist unter diesen Umständen nicht zu rechnen. Die Tauben werden sich stattdessen alternative Ansitzmöglichkeiten und ggf. Brutmöglichkeiten suchen, wodurch es zu Beschwerden aus der Bevölkerung kommen kann.

 

Die Organisation „Gandolfs Taubenfreunde Hamburg“ schlägt die Errichtung eines Taubenschlags vor. Dadurch werden alternative Brutmöglichkeiten geschaffen, bei Fütterung im Schlag entsteht eine zusätzliche Nahrungsquelle. Die Bindung der Tauben an einen Schlag kann dazu führen, dass diese Tiere einen größeren Zeitraum des Tages in dem Schlag verbringen. Auch Brutaktivitäten sind in einem geeigneten Schlag möglich und können zumindest bei der an den Schlag gebundenen Population durch Austausch der Eier gegen Attrappen zur Reduktion von dortigen Bruterfolgen genutzt werden. Bei Futterangebot im Schlag erweitert sich die Ressource Futter allerdings auf ein zusätzliches Angebot. Dies kann einen Anreiz für weitere Tauben darstellen.

 

Der Erfolg eines Taubenschlags ist von einer Reihe verschiedener Faktoren im Einzelfall abhängig, und kann nicht sicher vorhergesagt werden. Die Auswahl eines geeigneten Standortes, Bau und Betriebsführung erfordern eine gründliche Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung aller möglichen regionalen Einflussfaktoren. Dies kann nur durch Kenntnisse der Gegebenheiten vor Ort erfolgen.

 

Die damalige Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz hatte finanziell die Errichtung eines Taubenschlags auf dem Dach der Centrumsmoschee durch den Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. unterstützt. Bei diesem Taubenschlag zeigte sich, dass der Schlag erst nach längerer Zeit angenommen wurde, dann jedoch eine höhere Anzahl Tauben als für den Schlag vorgesehen anzog und bis zuletzt keinerlei Brutaktivität darin stattfand. Dort entfielen allerdings die angestammten Brutreviere auch nicht. Bereits nach vier Jahren musste der Taubenschlag aufgrund von Gebäudemaßnahmen wieder rückgebaut werden. Ein alternativer, verlässlicher Standort im näheren Umfeld konnte seither trotz intensiver Bemühungen nicht ausfindig gemacht werden. Dieses Projekt zeigt beispielhaft mögliche Problemfelder.

 

Bei Überlegungen zu einem Taubenschlag ist insgesamt zu berücksichtigen, dass alle für die adäquate Betreuung erforderlichen Maßnahmen langfristig umsetzbar sind (Verwaltung, Kosten, Betreuung, Akzeptanz) und ein dauerhaft geeigneter Standort gefunden wird. Ob und inwieweit dieser durch die vertriebenen Tauben der Bahnbrücke angenommen wird (oder ggf. auch durch zugezogene (Jung-)Tauben) ist nicht vorherzusagen und wäre nur aufwendig nachzuverfolgen.

 

Die Fachbehörde ist mit den relevanten Einzelheiten und Umständen des konkreten Falls nicht vertraut und betreut auch keine Projekte dieser Art. Es ist auch nicht die Aufgabe der Fachbehörde Vollzugsangelegenheiten wahrzunehmen. Die Planung und Errichtung eines Taubenschlags bleibt ebenso wie die Erstellung eines Finanzierungskonzepts und Abwägung von Risiken in der Hand des Bezirkes.

 

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.

 

Anhänge

keine Anlage/n  

Lokalisation Beta

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