Schulradwege: Anspruch, Anordnung und Amtsbüro versus Alltag, Angst und Abstimmung Debattenantrag der FDP-Fraktion
Letzte Beratung: 22.09.2022 Ausschuss für Mobilität und Wirtschaft Ö 6.2
Da es eine der wichtigsten Aufgaben der Bezirksversammlung ist, insbesondere Kinder und Jugendliche vor Schäden zu bewahren, richten wir mit unserem Debattenantrag den Blick auf einen Ausschnitt aus diesem Aufgabenbereich: Schulradwege.
An vereinzelten Beispielen – pars pro toto – wollen wir beleuchten, dass wir an vielen Stellen zwingend umdenken müssen.
Es zeigt sich an verschiedenen Stellen auch in unserem Bezirk der Wille von Politik und Verwaltung, im Zuge der Mobilitätswende die Situation für Radfahrende zu verbessern – es zeigt sich aber auch, dass dies an manchen Orten zum Sieg der Planungs-Theorie über die Alltags-Praxis führt und die Situation für die Kinder und Jugendlichen auf Schulradwegen hinsichtlich der Sicherheit verschlechtert.
Und es zeigt sich, dass die Verwaltung auch manchmal überfordert ist, getroffene Beschlüsse dann auch in die Tat umzusetzen.
Beispiel 1: Schulradweg Stadtbahnstraße
Wie Drucksache 21-4187 zeigt, haben wir am 1.11.2021 Antwort auf eine Kleine Anfrage erhalten, die erkundet hatte, warum die am 28.1.2021 einstimmig in der BV beschlossene Bitte, den Gehweg so zu verbreitern, dass eine Service-Lösung möglich ist, noch nicht erfüllt wurde. Ziel des beschlossenen Antrages: die Schulkinder von der gerade in Berufs- und Schulzeiten erheblich befahrenen Straße wieder zurück in den sicheren Bereich hinter das Straßenbegleitgrün zu bringen. Die frühere jahrelang bestehende Service-Lösung war just zum Erst-Antragszeitpunkt aufgegeben worden. Unterstützung gab es seitens des PK 35, das die Freigabe einer Service-Lösung als machbar bezeichnet hatte, wenn der Gehweg gemäß Vorschlag verbreitert würde.
In der genannten Drucksache heißt es, dass eine Aufnahme des Prüfauftrages in den Maßnahmenspeicher des AP (Arbeitsprogramm) erfolgte.
Bilanz Ortsbesichtigung im Juli 2022: Es ist nichts passiert. Das Schuljahr 2022/2023 wird erneut keine erhöhte Sicherheit für die Schülerinnen und Schüler auf ihrem Radweg zur Schule bringen.
Beispiel 2: Schulradweg Karlshöhe (und Klaus-Krogmann-Straße)
Nicht nur mit dem Blick auf die Erhaltenswürdigkeit der bis zu einhundert Jahre alten Bäume hatte sich die Siedlergemeinschaft Karlshöhe vor gut einem halben Jahr darum gekämpft, dass die Straßen- und Wege-Situation so aufgeteilt bleiben soll wie sie derzeit ist: Dahinter stand sehr stark der Wunsch, dass der Schulradweg weiter sicher und geschützt getrennt von der Straße, in Doppelnutzung des breiten Weges für Fußgänger und Schul-/Radfahrer, verlaufen möge. Die Neuplanung der Straße sah die Verlegung des Radweges auf die Straße vor: Die neuen Anforderungen wiesen Radwege auf der Straße als sicherer aus und erforderten eine gewisse Dimension. Zur Umsetzung der entsprechenden Richtlinien (und der notwendigen Dimension) hätte es zu einer Fällung der Bäume und Abtragung des „Knicks im Siedlungsgebiet“ kommen müssen, begründet wurde die Planung mit dem Hinweis auf eine Unfallhäufigkeit. Nicht zuletzt nach intensivem Nachfragen seitens der FDP-Abgeordneten in der Bürgerschaft stellte der Senat klar, dass die Einschätzung, es handle sich hier um einen Unfallschwerpunkt, nicht belegt werden könne; die Straße werde nunmehr neu geplant. Wie das ausgeht, wissen wir noch nicht – die Eltern der Schulkinder und diese selbst sind derzeit froh, dass der sichere Schulradweg, gut geschützt hinter den Bäumen, Büschen und dem „Knick im Siedlungsgebiet“ (von der Verwaltung „Wall“ genannt) noch eine Weile bleibt, und man darf sicher sein, dass die Eltern und die Siedlungsgemeinschaft weiter Druck machen werden, wenn die Behörde zur Erfüllung theoretischer Vorgaben noch einmal die nachweislich sehr sichere Radweglösung angreift!
Beispiel 3: Kreuzungsbereich Goldröschenweg, Tegelsbarg und „Ring 3“ (Poppenbütteler Weg)
Uns allen höchst schmerzlich präsent ist der kürzlich erfolgte tödliche Unfall einer jungen Radfahrerin, die nach polizeilich noch ungeklärten Umständen mit einem abbiegenden LKW zusammengestoßen war. Verbesserungsvorschläge für die Optimierung der hier im Blickpunkt stehenden Verkehrsführung im Bereich „Ring 3/Goldröschenweg wird vermutlich die abschließende Hergangs-Analyse des PK 35 ergeben. Derzeit erfolgt ist eine Teil-Rotfärbung des Radweges im Verkehrsknoten.
Im Zuge dieses Unfalls haben sich allerdings zahlreiche Eltern an unsere Fraktion gewandt mit starker Kritik an der im Jahr 2017 erfolgten Umgestaltung des Verkehrsknotens – und zwar mit besonderem Blick auf die nun entstandenen Risiken für die Schülerinnen und Schüler, die mit dem Rad zu den naheliegenden Schulen fahren.
Klar im Fokus steht dabei die Seite des Tegelsbargs, an der sich (im Knotenbereich) die Haltestelle für die Bus-Linie 24 Richtung Norbert-Schmid-Platz befindet.
Die neue Verkehrsführung – laut Auskunft der Verwaltung alles den Anforderungen gemäß umgesetzt – führt jetzt dazu, dass im Eingangsbereich des Tegelsbarg drei Spuren nebeneinander laufen:
*Busspur / Bushalteplatz rechts
*Autoverkehr einspurig links
*dazwischen (zwischen Bus und Autoverkehr) eingeklemmt der Schul-/Radweg.
Problematisch ist, dass alle drei Bereiche gleich hinter der Bushaltestelle zu einer einzigen engen Spur zusammengeführt werden – und sich der aufgemalte Radweg an der engsten Stelle einfach auflöst.
Diverse Ortsbesichtigungen, auch mit Eltern, haben gezeigt: Die Schüler und Schülerinnen, aber nicht nur diese, meiden den neuen aufgemalten Radweg und fahren über den Fußgängerüberweg (Überquerung „Ring 3) auf den Fußweg an der Bushaltestelle, an dieser (hier gibt es selten viele ein- oder aussteigende ÖPNV-Nutzer/innen) vorbei, um dann auf den früheren „Radweg“ neben dem Fußweg zu gelangen. Befragungen der Schüler/innen haben ergeben: Den aufgemalten neuen Radweg zwischen den Bus- und PKW/LKW-Spur sowie die dann erfolgende Auflösung des Radweges finden sie viel zu gefährlich, den schon zuvor genutzten Weg sicherer.
Wie eine letztlich vergleichbare Situation an der Bushaltestelle der Linie 24 an der Kreuzung Ulzburger Straße/ „Ring 3“ zeigt, geht das alles auch sicherer – und ohne die Schul-/Radfahrer in den Verkehr hineinzulotsen und dann hängen zu lassen: Der Radweg führt über die Bushaltestelle und von dort direkt auf den „Radweg“ neben der Straße, von dieser durch Straßenbegleitgrün getrennt.
Ähnlich ließe sich auch am Knotenpunkt Tegelsbarg/“Ring 3“ mehr Sicherheit schaffen:
1. Radweg auf die Busspur/den Bushalteplatz, direkt neben dem Bürgersteig, möglichst sichtbar getrennt von der PKW-Fahrbahn
2. Am Ende führt der Radweg über eine Absenkung direkt auf den „alten neuen Radweg“, denn:
3. Die aufgelöste Radweg-Spur wird wieder befestigt und es wird eine Service-Lösung geschaffen, Breite des Weges und weitere dafür notwendige Rahmenbedingungen lassen eine Service-Lösung zu.
Ergebnis: Die Schüler/innen und anderen Radfahrer werden aus der Gefahrenzone der Mittelspur zwischen Bus und PKW/LKW befreit, erhalten einen eigenen Weg und entgehen somit auch der erheblich riskanten Zusammenlegung der drei Bereichspuren zu der engen einspurigen Lösung. Der Radweg ist wieder sicher – weitgehend von der Straße und dem fließenden Verkehr getrennt. Wären Eltern und Schulleitung entsprechend einbezogen worden, wäre es bei der Neuplanung des Verkehrsknotens auf eine solche gesicherte Lösung hinausgelaufen.
Konsequenz:
Wir fordern die Verwaltung auf, jeweils vor Ort zu entscheiden, ob eine in der Theorie regelkonforme Lösung auch in der Praxis zu tatsächlich mehr Sicherheit für die Mobilitätsteilnehmer führt und sich entsprechend mit den Nutzern der Straßen-/Wegeführung abzustimmen.
a) Die Bezirksversammlung bittet die Verwaltung um eine zeitnahe Überprüfung sowie Neu-Planung der Wegeführung am Knotenpunkt Tegelsbarg/“Ring 3“ gemäß Vorschlag im Sachverhalt Beispiel 3, Punkte 1 – 3.
b) Die Bezirksverwaltung fordert die Verwaltung zu einer zügigen Umsetzung des Beschlusses zur Wiedereinführung einer „Service-Lösung“ im Bereich Stadtbahnstraße (gemäß Beispiel 1 / Sachverhalt) auf und erbittet zeitnah eine Antwort, zu wann die notwendigen Maßnahmen erfolgen werden.
c) Die Bezirksversammlung fordert die Verwaltung auf, bei Neuplanung von Straßen und Wegen, die auch als Schulradwege genutzt werden, die entsprechenden Schulen und betroffenen Eltern mit Information und Erfahrungsaustausch im Vorfeld zu beteiligen.
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