22-1615

Öffentliche Parkplätze entsiegeln Beschluss der Bezirksversammlung vom 03.04.2025 (Drs. 22-1276)

Mitteilungsvorlage BV-Vorsitz

Letzte Beratung: 12.06.2025 Bezirksversammlung Wandsbek Ö 14.3

Sachverhalt

Folgender Beschluss wurde gefasst:

Die Verwaltung wird gebeten zu prüfen:

1) MR wird gebeten zu erläutern, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit durch das Einsetzen von Rasengittersteinen oder entwässernden Pflastersteinen auf öffentlichen Stellplätzen die Wasseraufnahme tatsächlich verbessert wird, welche Art von Stellplatzflächen dafür geeignet sind und ob spezielle Maßnahmen zu Pflege der Flächen erforderlich werden.

2) Die Fachbehörde BVM wird gebeten, die Erfahrungen aus den Erprobungen mit dem neuen TTE-System und anderen vergleichbaren Systemen im MOA unter Zuladung des KUV vorzustellen.

3) Die Ergebnisse der Prüfung sind dem Ausschuss für Mobilität mitzuteilen.

Das Bezirksamt nimmt wie folgt Stellung:

Ob im Bereich von öffentlichen Parkständen mehr Raum zur Speicherung und Versickerung von Oberflächenwasser geschaffen werden kann, muss im Einzelfall für jeden Standort geprüft werden.

Grundsätzlich ist die Schaffung von versickerungsfähigen Parkständen technisch schwierig und die Erfahrung zeigt, dass die Versickerung keinen wirklichen Durchgang zeigt. Dies liegt an der erforderlichen Verdichtung des Untergrundes, damit die Lasten der Fahrzeuge getragen werden können.

Voraussetzung für die natürliche Wasseraufnahme von zu entsiegelnden öffentlichen Parkständen (bspw. Längsparkstände, Schräg- oder Senkrechtparkstände) ist, neben der Wahl wasserdurchlässiger Oberflächenbefestigungen, ein versickerungsfähiger Boden, der eine ausreichende natürliche Durchlässigkeit zur Aufnahme des anfallenden Oberflächenwassers und die Fähigkeit zur Weiterleitung in einen versickerungsfähigen Untergrund besitzt, um ggf. Stauwasserbildungen im Bereich von entsiegelten öffentlichen Parkständen, bspw. bei Starkregenereignissen, zu vermeiden. Dadurch bilden sich Versackungen, die den Parkstand unbenutzbar machen.

Es handelt sich ergo um einen aufwendigen Neubau und nicht um kleine oberflächliche Anpassungen im Bestand. Das Befahren mit Fahrzeugen größer 3,5t könnte auf diesen Parkständen nicht zugelassen werden.

Die Unterhaltung der Flächen ist, aufgrund des aufkommenden Grüns und der zu erwartenden Setzungen, deutlich aufwendiger.

Stellungnahme der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM):

Hinweis: die BVM nimmt auch zu 1) Stellung.

Zu 1.: Voraussetzungen für den Einsatz von Rasengittersteinen auf öffentlichen Stellplätzen zur Verbesserung der Wasseraufnahme

Damit durch den Einsatz von Rasengittersteinen oder entwässernden Pflastersteinen auf öffentlichen Stellplätzen die Versickerungsfähigkeit des Oberbaus tatsächlich verbessert wird, sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Geeigneter Unterbau: Entscheidend für eine funktionierende Versickerung ist ein ungebundener, ausreichend wasserdurchlässiger Schichtenaufbau im anstehenden Untergrund. Dieser sollte möglichst geringe Verdichtung aufweisen, um die Infiltration nicht zu beeinträchtigen. Gleichzeitig müssen die verwendeten Materialien auch unter Belastung dauerhaft formstabil sein.
  • r eine Nachrüstung von Bestandsanlagen dürfen im vorhandenen Oberbau aber auch im anschließenden Unterbau/anstehenden Untergrund keine Recycling- oder Ersatzbaustoffe vorhanden sein. Eine Voraussetzung für den Einsatz solcher Materialien war und ist eine wasserundurchlässige Deckschicht, um ein Auswaschen von Bestandteilen zu verhindern. Wasserdurchlässige Deckschichten sind in solchen Fällen ausgeschlossen.
  • Hydraulische Leistungsfähigkeit: Die in der Praxis erreichbaren kf-Werte (Durchlässigkeitsbeiwerte) des Oberbaus liegen zwischen 5×10⁵ m/s und 5×10⁶ m/s und entsprechen damit Versickerungsgeschwindigkeiten von 0,6mm/min bis 3,6mm/h. Diese Größenordnungen ermöglichen ausschließlich bei geringen Regenspenden eine begrenzte Infiltration. Eine signifikante Entlastung bei Starkregenereignissen ist unter diesen Bedingungen nicht möglich.
  • Geeignete Flächentypen: Vorrangig geeignet sind wenig belastete und seltener befahrene Verkehrsflächen etwa im ruhenden Verkehr oder in Kombination mit begrünbaren Zwischenräumen. Für Flächen mit hohen Lastanforderungen oder intensivem Verkehr bedarf es einer sorgfältigen Materialwahl und ggf. zusätzlicher Entwässerungsvorkehrungen.
  • Weitere Rahmenbedingungen: In Bereichen mit bindigen Böden, hohem Grundwasserstand oder schmutzbelastetem Oberflächenabfluss (z.B. von Fahrbahnen) sind zusätzliche Maßnahmen wie Mulden-Rigolen-Systeme oder Filteranlagen zwecks Reinigungswirkung erforderlich. Auch eine Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde kann geboten sein.
  • Pflegeanforderungen: Versickerungsfähige Verkehrsflächen erfordern regelmäßige Pflege. Ohne entsprechende Maßnahmen kann es durch Sedimente, Humus oder Vegetationsreste zu einer Reduzierung der Infiltrationsleistung kommen.
  • Es sind Pflaster- oder Steinmaterialien zu wählen, die eine möglichst dauerhafte Wasserdurchlässigkeit erwarten lassen. So kommt es z. B. bei porigen Steinen bereits nach kurzer Zeit zum Zusetzen der Poren durch Verschmutzung (Stäube etc.), die sich auch mittels Reinigungen nicht wieder beheben lassen. Die Steine verlieren dabei dauerhaft ihre Wasserdurchlässigkeit.

Zu 2.: Erfahrungen mit dem TTE®-System hinsichtlich Barrierefreiheit und Gebrauchstauglichkeit

Das TTE®-System wird seit 2021 im Rahmen einer Erprobungsphase an mehreren Standorten in Hamburg eingesetzt, insbesondere im Bereich durchwurzelter Nebenflächen und Stellplätze.

Erste Erkenntnisse aus den Pilotprojekten:

  • Technischer Aufbau und Versickerungsfähigkeit: Das System ermöglicht durch seine flächige Lastverteilung eine geringere Aufbaudicke bei gleichzeitigem Schutz des Bodengefüges. Die Kombination aus Tragschicht und Substrat ermöglicht eine begrenzte Versickerungsleistung insbesondere in Verbindung mit einem kf-Wert des Untergrunds von mindestens 1×10⁶ m/s. Damit kann örtlich ein Beitrag zum dezentralen Regenwassermanagement im Sinne einer „Schwammstadt“ geleistet werden allerdings mit klaren hydraulischen Grenzen (vgl. Punkt 1).
  • Dauerhaftigkeit der Wasserdurchlässigkeit: Das System bietet aufgrund der vergleichsweise großen Öffnungen in den jeweiligen Füllungen gegenüber z. B. porigen Steinen eine deutlich länger vorhaltende Wasserdurchlässigkeit.
  • Barrierefreiheit: Nicht alle Varianten der Verwendung erfüllen die Anforderungen der Barrierefreiheit. Dies hängt maßgeblich von der Art der Füllung der Gitteröffnungen/Ausfachungen (z.B. lose vs. gebunden) sowie der Ebenheit der Oberfläche ab. Die Ausführung mit TTE®-Pflastersteinen weist in diesem Kontext bessere Gebrauchstauglichkeit auf als begrüntes oder geschottertes Füllmaterial.
  • Gebrauchstauglichkeit: Das System zeigt sich im Alltagseinsatz als robust und stabil, insbesondere bei geringer bis mittlerer Verkehrsbelastung. Die vegetationsfähige Substratschicht bietet gute Voraussetzungen für die Begrünung, was auch einen kühlenden Mikroklimaeffekt unterstützt.
  • Regelwerksintegration: Ziel ist die Ableitung standardisierter, funktionssicherer Bauweisen und deren Aufnahme in das Hamburger Regelwerk für die Stadtstraßenplanung, die kurz bevorsteht.

Versickerungsfähige Verkehrsflächen mit dem TTE®-System im Bereich von Baumscheiben oder geeigneten Stellplätzen stellen eine sinnvolle Maßnahme zur Reduzierung der Flächenversiegelung dar, ihr Beitrag zur effektiven Regenwasserbewirtschaftung ist jedoch auf kleinere Niederschlagsmengen begrenzt. Der Einsatz des TTE®-Systems ist besonders dort vielversprechend, wo neben ökologischen Anforderungen auch bautechnische Rahmenbedingungen (z.B. Wurzelschutz) berücksichtigt werden müssen. Eine sorgfältige Auswahl geeigneter Standorte und Planung sowie die Sicherstellung der Pflege sind zentrale Erfolgsfaktoren.

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.

Bera­tungs­reihen­folge
Datum/Gremium
TOP
12.06.2025
Ö 14.3
Lokalisation Beta

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