Hamburger Hausbesuch für Senior*innen - Zwischenstand Hamburg und Wandsbek Beschluss der Bezirksversammlung vom 09.06.2022 (Drs. 21-5208.1)
Letzte Beratung: 19.09.2022 Ausschuss für Soziales Ö 6.4
Folgender Beschluss wurde gefasst:
Die zuständige Fachbehörde wird gebeten, zum Sachstand und zur Drucksache Stellung zu nehmen und hierbei insbesondere über den Stand der getätigten Besuche in Hamburg und Wandsbek zu berichten, sowie Ergebnisse, Erfahrungen und die Kosten zu erläutern.
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem o. g. Beschluss wie folgt Stellung:
Mit dem Pilotprojekt Hamburger Hausbesuch für Seniorinnen und Senioren (Hamburger Hausbesuch) wird das mit der Drucksache 21/10874 veranlasste „Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Gesundheitsdienstegesetz anlässlich der Einführung des Hamburger Hausbesuchs für Seniorinnen und Senioren“ umgesetzt und die Machbarkeit überprüft. Zu diesem Zwecke wurde am Albertinen-Haus eine Fachstelle Hamburger Hausbesuch für Seniorinnen und Senioren eingerichtet. Sie ist für diesen Zweck beliehene Stelle im Sinne des Gesetzes.
Der Hamburger Hausbesuch für Seniorinnen und Senioren ist ein freiwilliges, kostenloses, aufsuchendes Informations- und Beratungsangebot für ältere Menschen mit dem Ziel, eine aktive und selbständige Lebensführung zu unterstützen. Das Angebot soll dazu beitragen, die Eigeninitiative zu stärken sowie Vereinsamung und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu verzögern. Kern des Angebots ist ein individuelles Informationsgespräch, das auf Basis eines Gesprächsleitfadens durchgeführt wird.
Anlässlich des 80. Geburtstages erhalten Seniorinnen und Senioren ein Gratulationsschreiben der Sozialsenatorin, in dem gemäß Drucksache 21/10874 regelhaft ein konkreter Termin (Datum, Uhrzeit, Name und Bild der freiberuflich tätigen Besuchskraft) für ein Hausbesuchsangebot unterbreitet wird. Wenn dieser nicht aktiv abgesagt wird, gilt er als angenommen. Absagen an der Haustür oder ein Nicht-Öffnen der Haustür kommen vor. Seniorinnen und Senioren können auch unabhängig vom 80. Geburtstag einen Hausbesuch in Anspruch nehmen.
Zur modellhaften Erprobung wurde der Hamburger Hausbesuch im Zeitraum 01. Januar 2018 bis 31. Dezember 2019 zunächst in den Bezirken Hamburg Eimsbüttel und Harburg eingeführt. Da die Annahmequote der Besuchsangebote des Hamburger Hausbesuch mit 35 % deutlich mit 10 Prozentpunkten über den Annahmequoten präventiver Hausbesuchsangebote anderer Kommunen liegt, wurde das Angebot zum 1. Januar 2020 auf alle weiteren Hamburger Bezirke ausgedehnt. Aufgrund der im Frühjahr 2020 erstmals auftretenden Corona Pandemie konnte das Hausbesuchs-Angebot bis 30.06.2022 nicht vollumfänglich modellhaft durchgeführt werden, da die Besuche wegen der Kontaktbeschränkungen und der mit den Besuchen verbundenen Infektionsrisiken für die besonders vulnerable Gruppe der Seniorinnen und Senioren zeitweise ausgesetzt werden mussten. In diesem Zeitraum hielt die Fachstelle Hamburger Hausbesuch ein individuelles telefonisches Informationsangebot oder die Möglichkeit, sich auf eine Warteliste setzen zu lassen, vor.
Im Auftrag der Fachstelle Hamburger Hausbesuch waren zum Zeitpunkt 31.12.2021 82 geschulte Honorarkräfte tätig.
Die folgenden Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01.01.2020 (Beginn der Ausweitung des Angebots auf alle Bezirke) bis 31.12.2021. Neuere Datenauswertungen liegen noch nicht vor.
Im vorgenannten Zeitraum wurden 33.005 Personen mit 80. Geburtstag angeschrieben.
a) Akzeptanz
Zur Berechnung der Akzeptanzquote des Hamburger Hausbesuchs wurde zwischen den Corona-bedingten Zugangswegen unterschieden in:
Über den gesamten Berichtszeitraum hinweg lag die Akzeptanzquote im Durchschnitt aller Bezirke bei 16%.
b) Absagegründe
Von 9.853 Personen wurden Absagegründe (Mehrfachnennungen) dokumentiert. 35% lehnten ab, weil sie sich als „zu gesund“ einschätzten. 18% Personen gaben an „Keine Zeit“, „Kein Interesse“ oder „Keinen Vorteil“ zu haben. Ohne Nennung eines Grundes sagten 18% Personen ab. „Gut versorgt durch Angehörige oder professionelle Dienstleister“ fühlten sich 12% der Personen. 11% gaben sonstige Ablehnungsgründe an. Corona-bedingt (z.B. Angst vor Ansteckung, nicht geimpft, etc.) lehnten 6% Personen ab. 5% Personen fühlten sich „zu krank“ für einen Hausbesuch.
c) Ort des Hausbesuchs und Beteiligte
Von den insgesamt 5.298 durchgeführten Hausbesuchen fanden 93% in der „Eigenen Häuslichkeit“, 1% in einem „Bezirksamt“, 3% im „Pflegeheim“ und 4% als Telefonat statt. Bei 50% der Hausbesuche war zusätzlich eine „Vertrauensperson“ anwesend.
d) Gesprächsschwerpunkte
Von den vorgegebenen Gesprächsschwerpunkten wurden am häufigsten dokumentiert: Gesundheitliche Situation 54%, Wohnsituation 45% sowie soziale Kontakte 42% und Mobilität 39%. 20% der Besuchten machten auch Aussagen zum Wohnumfeld.
e) Bedarf an Hilfe- und Unterstützungsleistungen sowie Vermittlungen
Ein Bedarf an Hilfs- und Unterstützungsleistungen wurde in 29% der Hausbesuche dokumentiert. Von diesen Seniorinnen und Senioren wünschten sich 26% keine Vermittlung an andere Angebote. Bei 3% wurde der Wunsch geäußert, in andere Angebote vermittelt zu werden. 2% wurden mit schriftlicher Einwilligung an den zuständigen Pflegestützpunkt und Beratungszentrum für ältere, pflegebedürftige und körperbehinderte Menschen (PBM) weitergeleitet. 0,3% der Besuchten wurden an den PBM und gleichzeitig an andere Beratungsstellen vermittelt. Bei 0,6% Personen erfolgte eine Kontaktaufnahme zu einer anderen Beratungsstelle.
Alle Ergebnisse werden in Form von Quartals- und Abschlussberichten an die Bezirke weitergeleitet.
Im Bezirk Wandsbek hatte die Fachstelle Hamburger Hausbesuch im Zeitraum 01.01.2020 bis 31.12.2022 Gratulationsschreiben an 9.465 Seniorinnen und Senioren mit 80. Geburtstag (incl. Selbstmelder).
a) Akzeptanz
Bei 1.432 durchgeführten Hausbesuchen lag die Akzeptanzquote mit 15% leicht unter dem Mittel aller Bezirke.
b) Absagegründe
Von 2.771 Personen wurden Absagegründe (Mehrfachnennungen) dokumentiert. 33% lehnten ab, weil sie sich als „zu gesund“ einschätzten. 18% Personen gaben an „Keine Zeit“, „Kein Interesse“ oder „Keinen Vorteil“ zu haben. Ohne Nennung eines Grundes sagten 22% Personen ab. „Gut versorgt durch Angehörige oder professionelle Dienstleister“ fühlten sich 12% der Personen. 9% gaben sonstige Ablehnungsgründe an. Corona-bedingt (z.B. Angst vor Ansteckung, nicht geimpft, etc.) lehnten 6% Personen ab. 5% Personen fühlten sich „zu krank“ für einen Hausbesuch.
c) Ort des Hausbesuchs und Beteiligte
Von den insgesamt 1.432 durchgeführten Hausbesuchen fanden 92% in der „Eigenen Häuslichkeit“, 1% in einem „Bezirksamt“, 3% im „Pflegeheim“ und 5% als Telefonat statt. Bei 53% der Hausbesuche war zusätzlich eine „Vertrauensperson“ anwesend.
d) Gesprächsschwerpunkte
Von den vorgegebenen Gesprächsschwerpunkten wurden am häufigsten dokumentiert: Gesundheitliche Situation 48%, Wohnsituation 42% sowie Mobilität 42% und soziale Kontakte 41%. 21% der Besuchten machten auch Aussagen zum Wohnumfeld.
e) Bedarf an Hilfe- und Unterstützungsleistungen sowie Vermittlungen
Ein Bedarf an Hilfs- und Unterstützungsleistungen wurde in 32% der Hausbesuche dokumentiert. Von diesen Seniorinnen und Senioren wünschten sich 28% keine Vermittlung an andere Angebote. Bei 3% wurde der Wunsch geäußert, in andere Angebote vermittelt zu werden. 2% wurden mit schriftlicher Einwilligung an den zuständigen PBM weitergeleitet. 0,4% der Besuchten wurden an den PBM und gleichzeitig an andere Beratungsstellen vermittelt. Bei 1% der Personen erfolgte eine Kontaktaufnahme zu einer anderen Beratungsstelle.
Im Beleihungsvertrag zwischen Sozialbehörde und Hamburger Hausbesuch wurde eine Vergütung von 1,606 Mio € für das Jahr 2020 sowie von jeweils rund 1,57 Mio € für die Jahre 2021 und 2022. Die Beträge enthalten jeweils die Mehrwertsteuer sowie die Kosten für Honorarkräfte.
Das Angebot des Hamburger Hausbesuchs findet ab dem 1.7.2022 wieder in vollem Umfang im vorgesehenen Modus statt.
Sozialbehörde und Fachstelle haben die vergangenen Monate auch dazu genutzt, das Angebot weiter zu entwickeln. Insbesondere soll durch geeignete Maßnahmen die Akzeptanz bei Menschen mit Migrationshintergrund erhöht werden. Darüber hinaus wurden weitere Besuchskräfte - explizit auch mit Migrationshintergrund - geschult und der Gesprächsleitfaden um die Themenfelder Digitalisierung, LSBTIQ* und Altersarmut ergänzt. Dies kann in den wieder stattfindenden Hausbesuchen umgesetzt werden.
Im Zeitraum Mai bis November 2022 wird die mit der Drucksache 21/10874 vorgesehene Evaluation des Modellprojekts durch die Fa. Ramboll Management Consultings GmbH durchgeführt. Die Ergebnisse werden in die weitere Entwicklung des Hausbesuchs in den kommenden Jahren einfließen.
Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.
keine Anlage/n
Keine Orte erkannt.
Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.