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Gemeindliches Vorkaufsrecht - Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung in Eigentumswohnungen nach § 250 BauGB - Instrumente bezahlbaren Wohnraum zu schaffen? Auskunftsersuchen vom 04.07.2022

Antwort zu Anfragen

Letzte Beratung: 20.09.2022 Planungsausschuss Ö 6.4

Sachverhalt

 

Bei der Veräußerung von bebauten oder unbebauten Grundstücken ist zu beachten, ob ein gemeindliches Vorkaufsrecht besteht und ausgeübt werden soll. Bekanntermaßen kann die FHH aus städtebaulichen Gründen bei der Veräußerung eines Grundstückes ihr bestehendes Vorkaufsrecht gemäß §§ 24 ff BauBG geltend machen. Hierzu zählen u.a. Veräußerungen von Grundstücken, die im Geltungsbereich von Erhaltungs- bzw. Milieuschutzsatzungen liegen.

„Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben“ (§ 24 (3) BauGB).

 

Der Gesetzgeber hat bereits klargestellt, dass die Vorkaufsrechtausübung zur „Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde“ generell dem Wohl der Allgemeinheit dienen kann.

 

Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist ausgeschlossen, wenn

„Das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Absatz 2 und 3 Satz 1 aufweist“ (§ 26 (4) BauBG).

 

Des Weiteren wurde die Bildung von Wohneigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten im Rahmen des sogenannten Baulandmobilisierungsgesetzes ein neuer § 250 BauGB eingeführt, der die Aufteilung von Wohnungen in Mehrfamilienwohnhäusern (> 5 WE) unter einen Genehmigungsvorbehalt stellt. Die Geltungsdauer ist zunächst auf fünf Jahre befristet und muss spätesten am 31.12.2025 außer Kraft treten.

 

In der Pressemeldung vom 08.04.2022 des Senats: „Bundesrat fordert vom Bund Gesetzentwurf zum gemeindlichen Vorkaufsrecht – gemeinsame Initiative von Berlin und Hamburg erfolgreich“ ist der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher wie folgt zu zitieren: „[…] Der Erhalt bezahlbaren Wohnraums in Innenstadtgebieten ist nicht nur in Großstädten wie Berlin und Hamburg von großer Bedeutung. Erhaltenssatzungen ermöglichen es, für bestimmte Gebiete Vorgaben der Bebauung und Nutzung von Grundstücken zu Wohnzwecken zu machen (sog.  Milieuschutzgebiete). Damit soll vermieden werden, dass ein Gebiet seine Struktur so verändert, dass es zu einer Verdrängung der dort angestammten Wohnbevölkerung kommt […]. Und weiter heißt es […] Dabei war es seit langem Praxis und auch gerichtlich anerkannt, die Ausübung des Vorkaufsrechts auch davon abhängig zu machen, ob sich ein Erwerber auf Basis einer sogenannten Abwendungsvereinbarung verpflichtet, befristet bestimmte Maßnahmen zu unterlassen, die dem Milieuschutz abträglich wären (wie z. B. besonders teure Modernisierungen oder die Umwandlung in Eigentumswohnungen) […].“

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir:

 

Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen antwortet wie folgt:         12.08.2022

 

  1. Bezieht die Verwaltung das Rechtskonstrukt des „angespannten Wohnungsmarktes“ auf das gesamte Stadtgebiet, oder sind bezirkliche Unterscheidungen zu treffen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Ist der Bezirk Wandsbek als ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt zu betrachten?

 

2.1  Wenn Ja, anhand welcher Kriterien wird der „angespannte Wohnungsmarkt“ definiert?

2.2  Wenn nein, warum nicht?

 

Zu 1. und 2.:

Der Senat hat im Rahmen der Einführung einer Mietpreisbegrenzung nach § 556d des Bürgerlichen Gesetzbuchs BGB (Mietpreisbegrenzungsverordnung) sowohl den Hamburger Wohnungsmarkt in seiner Gesamtheit als auch relevante räumliche und sachliche Teilmärkte (Teilgebiete, Wohnungsgrößen und Preissegmente) betrachtet. Es wurden dabei keine Beurteilungen für die einzelnen Bezirke vorgenommen, sondern für Wohnungsteilmärkte auf Ebene der Stadtteile.

 

 

  1. Mit dem gemeinsamen Vorstoß der Stadtstaaten Berlin und Hamburg ist eine weitere Einschränkung des grundrechtlichen Schutzes von Eigentum und der Privatautonomie verbunden.

 

3.1  In welchen Kaufvertragsfällen wurde im Bezirk Wandsbek das gemeindliche Vorkaufsrecht ausgeübt? Bitte tabellarisch aufgeschlüsselt nach Umfang und den Wohneinheiten

 

Im Bezirk Wandsbek wurde kein Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Baugesetzbuch (BauGB) in Verbindung mit einer Sozialen Erhaltungsverordnung bestandskräftig ausgeübt.

 

 

3.2  Stuft die Verwaltung den nicht näher definierten Begriff der „Bezahlbaren Wohnungen“ höher ein als den grundgesetzlichen Schutz von Eigentum und Privatautonomie? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

 

Nein. Das Ziel, für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen, ist Ausdruck des Sozialstaatsprinzips und als Verfassungsgrundsatz ein unabänderliches Element des Grundgesetzes (Art. 79 Abs. 3 GG). Der Schutz des Eigentums sowie der Privatautonomie ist ebenfalls im Grundgesetz in Art. 14 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG verankert.

 

 

  1. Sind der Verwaltung Rechtsstreitigkeiten, bei den es zu Wohnungs-Kündigungen aufgrund erfolgter Privatisierung, sei es durch Investoren, sei es aufgrund von Mieterprivatisierungen und daraus folgend durch Eigenbedarfskündigungen bekannt.

 

Nein.

 

 

4.1  Wenn Ja in welchen Stadtteilen in Wandsbek wurden die Gerichte mit derartigen Streitigkeiten befasst?

4.2  War mit den Kündigungen jeweils eine Gentrifizierung verbunden?

 

Entfällt.

 

 

  1. Welche Maßnahmen bzw. Möglichkeiten stehen nach Auffassung der Verwaltung Investoren oder auch Einzeleigentümern in den Gebieten, in denen das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde oder Erhaltenssatzungen gelten, zur Verfügung, um den Zielen nach Bezahlbarem Wohnraum und dem z.B. im  Hamburgischen Klimaschutzgesetz - HmbKliSchG und der Hamburgischen Klimaschutz-Umsetzungspflichtverordnung HmbKliSchUmsVO zum Ausdruck gebrachten Erfordernissen des Ausbaus von technischen Anlagen (verpflichtende Ausstattung mit PV-Anlagen bei der Dacherneuerung), Rechnung zu tragen, um diese Ziele zu erreichen, bei gleichzeitiger Mietpreisdeckelung.             

 

Maßnahmen, die der Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) dienen, sind in Gebieten mit SozErhVO regelmäßig genehmigungsfähig. Dazu gehören u.a.:

 

-                      Selbstständige Nachrüstpflichten an Bestandsgebäuden nach dem GEG. Darunter fällt derzeit:

  • Ersetzung bzw. Auswechslung austauschpflichtiger alter Heizkessel (§ 72 GEG)
  • mmung der Warmwasser- und Heizungsverteilleitungen (§ 71 GEG)
  • mmung der obersten Geschossdecke (§ 47 Abs. 1 GEG)

 

-                      Fassadendämmung (Anbringung Wärmedämmungsverbundsystem -WDVS-) bei der Änderung von Gebäuden (§ 48 GEG). Fassadensanierung (Anbringung von WDVS) mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) in Anlehnung an die Mindestanforderungen des GEG oder die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) vom 24. Juli 2007.

 

-                      Austausch Einfachverglasung gegen Doppel- oder Isolierglasfenster (zweifach verglast) mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) in Anlehnung an die Mindestanforderungen des GEG.

 

Des Weiteren können energetische Modernisierungsmaßnahmen, die über die Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes hinausgehen im Einzelfall ebenfalls genehmigt werden, wenn eine Beeinträchtigung der Ziele der Sozialen Erhaltungsverordnung in geeigneter Weise nachhaltig ausgeschlossen werden kann.

 

  1. Sieht die Verwaltung in der Bildung von Wohneigentum einen wirksamen Schutz gegen Gentrifizierung und steigenden Mieten?

 

6.1  Wenn ja, mit welcher Begründung?

6.2  Wenn nein, warum wird in Gebieten mit niedrigem Sozialindex und/oder in denen ggf. das gemeindliche Vorkaufsrecht verstärkt ausgeübt werden soll, auf eine Verbreiterung des Wohneigentums als wichtige sozialpolitische Maßnahme verzichtet?

 

Selbstnutzende Wohnungseigentümer sind von Mietpreissteigerungen nicht betroffen. Die Bildung von Wohneigentum darf jedoch nicht zu Lasten der in den Gebieten und Quartieren ansässigen Mieterhaushalte gehen. Daher wirkt die Umwandlungsverordnung in Gebieten mit

SozErhVO, einer im Zuge der Bildung von Wohnungseigentum möglichen Erhöhung des Verdrängungsdrucks entgegen.

 

  1. Inwieweit wurde im Vorfeld der Gesetzesinitiative zur verschärfenden Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechtes eine Folgenabschätzung für die tatsächlichen Kosten des Wohnens und der Auswirkungen mit Blick auf weitere bestehende Gesetze, Verordnungen und Normen vorgenommen? Welche Methodik wurde dabei zugrunde gelegt?

 

Die FHH setzt sich nicht für eine Verschärfung der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts in Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung ein, sondern tritt gegenüber dem Bund dafür ein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen wiederhergestellt werden, damit die Hamburgische Vorkaufsrechtsstrategie weiterhin rechtssicher fortgesetzt werden kann. Ziel ist es, das Vorkaufsrecht in den Fällen anwenden zu können, in denen eine Verdrängung der Wohnbevölkerung zu befürchten ist. Letzteres wäre die zu vermeidende Folge, wenn die Möglichkeit der Ausübung des Vorkaufsrecht nicht weiter zur Verfügung stünde.

 

 

  1. lt die Verwaltung in den Fällen, in denen das gemeindliche Vorkaufsrecht mit der Begründung bezahlbarer Mieten erhalten zu wollen, einen geringeren energetischen Standard als den, der im Gebäudeenergiegesetz, Teil drei, Anforderungen an bestehende Gebäude,  §§ 46 GEG ff, es vorgesehen ist für erforderlich?

 

Nein.

 

 

  1. Wie ist der Satz in der vor genannten Pressemeldung […] die dem Milieuschutz abträglich wären (wie z.B. besonders teure Modernisierungen […] zu verstehen? Zumal Inhalt und Umfang baulicher Maßnahmen und daraus resultierende Mieterhöhungsverlangen aus Modernisierungen in den §§ 555 BGB ff festgeschrieben sind. Welche Maßnahmen fallen unter dem Begriff „besonders teure Modernisierungen?

 

Es handelt sich um Maßnahmen, die aufgrund ihrer Vorbildwirkung dazu geeignet sind, eine Verdrängungsgefahr auszulösen. Der Maßstab zur Beurteilung der Vorbildwirkung wird im Rahmen der Repräsentativerhebungen durch die Erfassung der Ausstattungsstandards in den einzelnen (Teil-)Gebieten ermittelt.

 

 

  1. Bekanntermaßen kann ein Erwerber einer Immobilie gestaltend auf die Pflicht zur Zahlung der Grunderwerbsteuer Einfluss nehmen, wenn der Veräerer die Immobilie in einer Gesellschaft hält (Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft), und die Immobilie Teil  eines sogenannten Share Deals ist.

 

10.1          Bei welchen Grundstücksgeschäften im Bezirk Wandsbek wurde in den letzten fünf Jahren auf das gemeindliche Vorkaufsrecht im Zusammenhang mit Share Deals verzichtet? Bitte in der Darstellung unterscheiden: Vor dem 01.07.2021 und nach dem 01.07.2021.

 

Bei keinen.

 

 

10.2          Welches waren die Gründe jeweils einem Share Deal zuzustimmen?

 

Siehe Antwort zu 10.1.

 

 

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