21-0782.1

Gebäudekomplex am EKZ Steilshoop (Schreyerring): Razzia gegen Sozialbetrug

Antwort zu Anfragen

Sachverhalt

 

Ende November erfolgte ein Großeinsatz im Hochhaus des Einkaufzentrums Steilshoop (Schreyerring), um Hinweise auf missbräuchliche Strukturen von Arbeits- und Wohnverhältnissen zu überprüfen. Polizei, Zoll, Mitarbeiter der Sozialbehörde, des Jobcenters und der Familienkasse haben am sogenannten Aktionstag die Kontrolle durchgeführt. Welche Ergebnisse konnten die beteiligten Dienststellen inzwischen ermitteln?

 

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir die zuständige Behörde:

 

Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) nimmt Stellung wie folgt:                                                                                                                                                                               23.01.2020

 

Die Aktionstage sind konzertierte behördliche Aktionen zur Bekämpfung von organisiertem Sozialleistungsmissbrauch und ausbeuterischen Strukturen.

 

Hamburg führt Aktionstage seit 2017 durch. Beteiligt daran sind die jeweils betroffenen Bezirksämter, die Polizei (Landeskriminalamt und Einsatzkräfte), die Finanzbehörde (Steuerverwaltung), die Senatskanzlei, das Jobcenter team.arbeit.hamburg, die Regionaldirektion Nord der Arbeitsagentur, die Familienkasse Nord, das Hauptzollamt Hamburg (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) sowie fördern & wohnen AöR (f&w). Die Koordination dieser Einsätze übernimmt die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI). Bis Ende 2019 konnten insgesamt 18 Wohngebäude im Rahmen von sieben Aktionstagen erfolgreich überprüft werden. Im Vorfeld gab es in allen Fällen hinreichende Hinweise darauf, dass dort Menschen in prekären Wohnverhältnissen leben und / oder vermieter- bzw. arbeitgeberseitig ausgebeutet werden. Siehe im Übrigen Drs. 21/12780, 21/11806, 21/11357 und 21/10782 sowie unter https://www.hamburg.de/aktionstage/.

 

Konzertierte Aktionen und die sich daraus ergebenden Prüfungs- und Handlungsbedarfe haben sich bisher als erfolgreich dargestellt. Von den betroffenen Menschen wurde positiv aufgenommen, dass ihnen in ihrer Lage geholfen wird. Durch die Medienberichterstattung wird die Öffentlichkeit für diese Themen sensibilisiert. Anonyme Hinweise erreichen vermehrt die Behörden und Institutionen. Die für organisierten Sozialleistungsmissbrauch und ausbeuterische Strukturen Verantwortlichen können damit vermehrt zur Verantwortung gezogen werden.

 

Bei den Aktionstagen wurden Mängel nach dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz oder der Hamburger Bauordnung festgestellt. Dazu gehören etwa bauliche Änderungen und die Umnutzung von Wohnräumen bzw. Gewerbeflächen ohne vorherige Genehmigung, Instandsetzungsmängel und in der Folge auch Sicherheitsmängel in und an Gebäuden.

 

Entsprechende Maßnahmen wurden von den betroffenen Behörden erlassen bzw. sind noch zu erlassen. Dazu gehören insbesondere Anordnungen zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände, zur Mängelbeseitigung und zur Instandsetzung von Gebäuden sowie in letzter Konsequenz auch Nutzungsuntersagungen.

 

Im Hinblick auf organisierten Sozialleistungsmissbrauch wurden u.a. Erkenntnisse zu festgestellten Abweichungen zwischen tatsächlicher Wohnungsgröße und den Mietflächenangaben in den Mietverträgen zulasten der Mieterinnen und Mieter, überhöhte Mieten, steuerrechtlich relevante Barzahlungen von Mieten bzw. Kautionen und von Arbeitsentgelten sowie zweifelhafte Arbeitsverhältnisse festgestellt und weiter überprüft. Teils wurden Verfahren gegen Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. Vermieterinnen und Vermieter eingeleitet. In einigen Fällen wurde Klage erhoben. In Kooperation zwischen Jobcenter team.arbeit.hamburg., Zoll und Steuerfahndung konnten auch Überprüfungen von Arbeitgebern erfolgen und Verfahren eingeleitet werden.

 

Überprüfungen, die im Rahmen von Aktionstagen stattfinden, werden nach dem Prinzip der Freiwilligkeit durchgeführt. Den Bewohnerinnen und Bewohnern werden vor Ort Gespräche angeboten und deren Einverständnis zur Wohnungsbetretung eingeholt. Durch das gemeinsame Vorgehen soll die Gesamtheit der Notlage der Bewohnerinnen und Bewohner umfassend ermittelt werden. Ziel dabei ist, möglichst viele Informationen über die Personen und Strukturen im Hintergrund zu erlangen, so dass diese zur Verantwortung gezogen werden können. Nur wenn betroffene Bewohnerinnen und Bewohner sich im Gespräch mit Behördenmitarbeiterinnen und
-mitarbeitern akzeptiert, verstanden und unterstützt fühlen, legen sie in den Gesprächen Informationen offen. Bewohnerinnen und Bewohnern, die sich in Notlagen befinden, werden weitergehende Beratungs- und Hilfsangebote aufgezeigt. In besonders gelagerten Notsituationen leistet die BASFI Akuthilfe, bspw. Ersatzunterbringungen bei Räumungen zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner, und fordert die Kosten im Nachgang bei den Verursachern, wie etwa Vermieterinnen und Vermietern, rechtlich ein.

 

Zu den unter diesen Vorzeichen überprüften Wohngebäuden zählt auch der Wohngebäudekomplex am EKZ Steilshoop, in welchem demzufolge im November 2019 ein Großeinsatz zur Aufdeckung von Sozialleistungsmissbrauch und ausbeuterischer Strukturen durchgeführt wurde. Es gab aus unterschiedlichen Quellen (z. B. anonyme Hinweise von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie anderen Bürgerinnen und Bürgern, Jobcenter team.arbeit.hamburg. sowie aus den Medien) verschiedene Hinweise auf schlechte Wohnverhältnisse, Probleme mit dem Vermieter bzw. der Verwaltung, baurechtliche Probleme und zweifelhafte Arbeitsverhältnisse. Diese Hinweise haben sich bestätigt. Es wurden baurechtliche Mängel festgestellt, wie etwa Änderungen in den Grundrissen und baurechtliche Änderungen ohne Bauantrag. Flucht- und Rettungspläne passten nicht zu den örtlichen Gegebenheiten. Einzelne Räume wurden ungenehmigt umgenutzt, im Schreyerring 8 waren es zwei Büros im 2. Obergeschoss, im Schreyerring 46 war es eine Nutzungseinheit. Es wurden zum Teil sehr beengte Wohnverhältnisse festgestellt. Im Übrigen sind die Prüfungen noch nicht abgeschlossen.

Dies vorausgeschickt, beantwortet die BASFI die Fragen wie folgt:

 

 

 

 

1.)    Welche Verstöße konnten im Gebäudekomplex am EKZ Steilshoop festgestellt werden?

2.)    Konnten Verfehlungen durch den Eigentümer vom EKZ Steilshoop festgestellt werden? Wenn ja, welche?

3.)    Wurden Büros unzulässig zu Wohnzwecken genutzt? Wenn ja, wie viele Büros und mit welcher Fläche?

 

BASFI zu 1-3:

Siehe Vorbemerkung.

 

 

4.)    Wie viele Wohnungen wurden geprüft?

5.)    Wie viele Wohnungen wurden nicht besichtigt? Warum wurden die jeweiligen Wohnungen nicht besichtigt?

 

BASFI zu 4 und 5:

Die zur Vorbereitung des Großeinsatzes vom Bezirksamt Wandsbek übermittelten Baupläne weisen insgesamt 214 Wohnungen aus. Für beide Wohngebäude waren am 04.10.2019  insgesamt 192 Personen für den Schreyerring 8 mit 103 Wohnungen und 166 Personen für den Schreyering 46 mit 111 Wohnungen gemeldet.

 

Entsprechend der Zielrichtung der Aktionstage, organisiertem Sozialleistungsmissbrauch und ausbeuterischen Strukturen nachzugehen, lag der Fokus bei dem Großeinsatz in dem Wohngebäudekomplex EKZ Steilshoop zunächst auf Sozialleistungsempfängerinnen und -empfängern, insbesondere aus der Europäischen Union. Sofern sich vor Ort weitere Hinweise auf mögliche Missstände ergaben, wurde auch dem durch die Einsatzkräfte nachgegangen. Insgesamt wurden unter dieser Maßgabe mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von 80 Wohnungen Kontakt aufgenommen und auf freiwilliger Basis Gespräche zu ihrer Wohn- und Arbeitssituation und auch zu ihren darüber hinausgehenden persönlichen Lebensumständen geführt.

Mit den Bewohnerinnen und Bewohnern weiterer 134 Wohnungen des Gebäudekomplexes am EKZ Steilshoop wurden unter diesen Vorzeichen keine Gespräche geführt bzw. sie wurden nicht angetroffen.

 

 

6.)    Sollten Bewohner nicht vor Ort sein, wird dann trotzdem die Wohnung besichtigt? Wenn nein, erfolgt keine Besichtigung, wenn die Bewohner die Wohnung nicht öffnen?

7.)    Kann die Wohnung bei derlei Maßnahmen auch geöffnet werden, wenn die Bewohner die Tür nicht öffnen? Wenn ja, mit welcher rechtlichen Grundlage? Wenn ein, wieso nicht?

 

BASFI zu 6 und 7:

Zum Prinzip der Freiwilligkeit siehe Vorbemerkung. Sie gilt auch für Wohnungsprüfungen. Von gesetzlichen Betretensrechten wird nur Gebrauch gemacht, wenn sich während des Einsatzes Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Erforderlichkeit der Betretung einer Wohnung  gegeben ist und die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. bei Gefahr im Verzug gemäß § 58 HBauO).

 

 

 

8.)    Welche Maßnahmen wurden aus dem Großeinsatz abgeleitet/eingeleitet?

9.)    Welche ausbeuterischen Strukturen konnten konkret im Gebäudekomplex am EKZ Steilshoop ausfindig gemacht werden?

10.)                       Wie viele Wohnungen wurden überbelegt? Welche Maßnahmen wurden diesbezüglich eingeleitet?

11.)                       Befindet sich das Gebäude in einem Zustand, der nicht der Genehmigungslage entspricht? Wenn ja, inwiefern und welche Prüfungen und Veranlassungen ergeben sich daraus für welche Dienststellen?

 

BASFI zu 8-11:

Siehe Vorbemerkung.

 

 

12.)                       Wie viele Wohnungen weist der Gebäudekomplex am EKZ Steilshoop insgesamt auf?

13.)                       Wie viele Bewohner wohnen im Gebäudekomplex am EKZ Steilshoop?

 

BASFI zu 12 und 13:

Siehe Antwort zu 4. und 5.

 

 

14.)                       Wieso wurde der Zoll zu diesem Großeinsatz hinzugezogen?

15.)                       Welche Aufgabe hatte der Zoll bei der Maßnahme?

 

BASFI zu 14 und 15:

Die Aufgabe des Zolls besteht darin, anhand von Aussagen und  Unterlagen zu den Arbeits- und Lohnzahlungsnachweisen der Bewohnerinnen und Bewohner zu erkennen, ob durch die Arbeitgeber möglicherweise Verstöße nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG (z. B. Einhaltung von sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten, Sofortmeldungen Beschäftigungsbeginn, Arbeitsbedingungen nach Mindestlohngesetz, steuerrechtliche Pflichten) vorliegen und entsprechend weiterführende Überprüfungen des Arbeitgebers einzuleiten wären.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

 

 

16.)                       Wo und wie können Anwohner Wohnungen melden, die im Verdacht stehen, dass hier Menschen in bedenklichen Arbeitsverhältnissen unterkommen?

17.)                       Welche Maßnahmen werden eingeleitet, wenn Wohnungen gemeldet werden, die im Verdacht stehen, dass hier Menschen in bedenklichen Arbeitsverhältnissen unterkommen?

 

BASFI zu 16 und 17:

Sofern Anwohnerinnen und Anwohner aufgrund von Verdachtsmomenten an öffentlicher Stelle Hinweise auf möglicherweise bedenkliche Arbeitsverhältnisse geben möchten, wären die zu kontaktierenden Behörden und Organisationen nach folgenden Grobabgrenzungen zu unterscheiden:

r Personen, die

  1. aus den europäischen Mitgliedsstaaten der EU im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Hamburg gekommen sind und sich bei der Servicestelle für Arbeitnehmerfreizügigkeit u. a. über Arbeitsbedingungen, Arbeitsrechte und -pflichten sowie allgemeine Fragen zum Arbeitsverhältnis und der Einkommensversteuerung erkundigen und beraten lassen können:

 

Kontaktdaten:  

Servicestelle der Arbeitnehmerfreizügigkeit

Besenbinderhof 68, 20097 Hamburg

Telefon:+49(0)40 284016-11
E-Mail: office@hamburg.arbeitundleben.de

 

  1. neben ihrem Arbeitseinkommen Leistungen vom Jobcenter beziehen, liegt die Zuständigkeit beim Jobcenter:

Kontaktdaten:  

Jobcenter team.arbeit.hamburg, Kompetenzgruppe EU

Raboisen 28, 22095 Hamburg  

E-Mail: team-arbeit-hamburg.Kompetenzgruppe-EU@jobcenter-ge.de

 

  1. neben ihrem Arbeitseinkommen Leistungen bei den Grundsicherungsämtern der Bezirke beziehen, liegt die Zuständigkeit beim jeweiligen Bezirksamt:

Kontaktdaten siehe Hamburg.de / Grundsicherung

Telefonischer HamburgService: 040-115

unter: www.hamburg.de/behoerdenfinder/hamburg/11258257/

 

  1. neben ihrem Einkommen keine weiteren Leistungen erhält, liegt die Zuständigkeit beim Zoll Hamburg:

Kontaktdaten:

Hauptzollamt Hamburg-Stadt, Finanzkontrolle Schwarzarbeit

Sachsenstraße 12-14, 20097 Hamburg

Telefon: 040 236139-0

E-Mail: poststelle.hza-hamburg-stadt@zoll.bund.de

 

Die je nach Einzelfallkonstellation notwendigen Prüfungen werden von den zuständigen Stellen eingeleitet.

 

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