Eingabe zum Bebauungsplanverfahren Tonndorf 36 - Stein-Hardenberg-Straße/ Sonnenredder (Drucksache 22-0355) - Stellungnahme der Verwaltung
Letzte Beratung: 05.11.2024 Planungsausschuss Ö 3.1.1
A. Zusammenfassung
Nach Auffassung der Verwaltung sollte das Bebauungsplanverfahren Tonndorf 36 nach Auswertung der öffentlichen Plandiskussion vom 29.05.2024 zeitnah fortgeführt werden. Zu einzelnen Anliegen der Eingabe bietet der nach dem Baugesetzbuch vorgesehene weitere Verfahrensablauf des Bebauungsplanverfahrens hinreichend Gelegenheit zur Vertiefung; im Übrigen stellen diese keinen weiterführenden Beitrag zum Bebauungsplanverfahren dar.
B. Zu den zentralen Forderungen der Eingabe
1. Entwicklung quartiersbezogener Entwicklungsziele
Dies ist für Tonndorf bereits erfolgt und gerade Grundlage des Bebauungsplanverfahrens. Insoweit besteht kein weitergehender Handlungsbedarf.
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen hat im Zusammenhang mit der gesamtstädtischen Magistralenentwicklung gemeinsam mit dem Bezirksamt einen Rahmenplan für Tonndorf erarbeitet und in öffentlicher Sitzung des Planungsausschusses am 22.11.2022 vorgestellt (Drucksache 21-6147). Dieser beinhaltet wesentliche bauliche, freiraum- und nutzungsbezogene Entwicklungsziele. Weitere planungsrelevante Fragestellungen werden im mehrjährigen Bebauungsplanverfahren ggf. mit fachgutachterlicher Unterstützung vertieft und der planerischen Abwägung zugänglich gemacht. Dies kann ggf. auch zu Änderungen der Planung führen. Eine Hypothese, dass z.B. weitere Einzelfragen aus Eilbek oder Marienthal für die planerischen Fragestellung im Bereich der Stein-Hardenberg-Straße maßgebend sein sollen, kann fachlich nicht nachvollzogen werden.
2. Integriertes Quartierskonzept mit integriertem Freiraumkonzept inkl. Freiraumcheck
Die inhaltliche Ableitung dieser Forderung aus dem Zusammenhang des Bebauungsplanverfahrens Tonndorf 36 erscheint unklar; und der sog. „Freiraum-Check“ aus seinem thematischen Kontext gerissen. Insoweit ist kein Handlungserfordernis erkennbar.
Die Forderung nimmt offenbar Bezug auf eine umfangreiche Veröffentlichung der damaligen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) „Mehr Stadt in der Stadt – Gemeinsam zu mehr Freiraumqualität in Hamburg“ aus 2013. Bei den dortigen Handlungsempfehlungen handelt es sich ausdrücklich um Vorschläge (ebd., S. 9), deren Anwendung fallbezogen geprüft werden kann, jedoch weder normativ vorgegeben noch als abschließendes Schema zu begreifen ist. Dabei stellt der sog. „Freiraumcheck“ kein obligatorisches oder auch nur etabliertes Planungsinstrument dar, sondern wird zur Erprobung und ggf. methodischen Weiterentwicklung vorgeschlagen (ebd., S. 86). Teils richten sich seine Inhalte auch nicht auf die Ebene der Bauleitplanung, sondern auf Ausführungs- und z.T. subjektive Fragen (ebd., S. 87 ff.).
Hinzu tritt, dass wesentliche seinerzeit angenommene Voraussetzungen, etwa ein großes Defizit an öffentlichen und privaten Freiräumen, oder ein RISE-Programmgebiet (ebd., S. 93) im Plangebiet nicht vorliegen. Vielmehr werden auch unter Berücksichtigung des langfristig angestrebten Planzustandes die einschlägigen Richtwerte zur öffentlichen Freiraumversorgung nicht unterschritten, und verbleibt nach der Konzeption der Rahmenplanung und des Bebauungsplanes auch auf den Baugrundstücken eine hinreichende Ausstattung mit privaten Freiflächen. Angesichts der Eigentumsverhältnisse im Plangebiet, das im Wesentlichen durch kleinteiliges Einzeleigentum an Grundstücken geprägt ist, ist eine Umsetzung des Plankonzeptes in vielen eher kleinen Schritten und mittlerer bis langer Frist zu erwarten. Insoweit ist auch der angenommene Veränderungsdruck nicht zu überschätzen.
Im Ergebnis ließe das geforderte Vorgehen über die bereits vorliegenden Erkenntnisse wie auch freiraumbezogenen Aussagen der Rahmenplanung Tonndorf hinaus für die Ebene der Bauleitplanung keine wesentlichen weiterführenden Erkenntnisse erwarten. Gleichwohl bleibt es unbenommen, einzelne freiraumbezogene Fragen im weiteren Verfahren zu vertiefen.
3. Ruhen aller Bebauungsplanverfahren im Quartier (gemeint: Kerngebiet) Wandsbek
Diese Forderung kann fachlich nicht nachvollzogen werden.
Innerhalb des Kerngebietes Wandsbek laufen verschiedene wichtige Bebauungsplanverfahren, die jeweils eigene Planungsanlässe besitzen und in der Regel untereinander, und erst Recht mit dem Bebauungsplanverfahren Tonndorf 36 nicht in städtebaulich-funktionaler Wechselwirkung oder gegenseitiger Abhängigkeit stehen. Daher wäre eine inhaltliche Verkoppelung dieser Verfahren sachfremd. Ein weit reichendes „Bebauungsplan-Moratorium“ hätte erhebliche negative Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung des Bezirkes, nur beispielsweise die Frage der Nachnutzung und Weiterentwicklung am früheren Karstadt-Standort Wandsbeker Marktstraße. Es wird daher dringend empfohlen, dieser Forderung nicht zu folgen.
4. Aufstellung einer „Freiflächengestaltungs-Rechtsverordnung“
Eine solches Instrument ist der Verwaltung nicht bekannt. Hierfür wird auch kein Bedarf gesehen.
Das mit diesem Instrument offenbar angestrebte Ziel - die Sicherung unbebauter Grundstücksanteile und deren Begrünung - ist bereits auf anderer Rechtsgrundlage gewährleistet. Aus der nach §§ 16 ff. Baunutzungsverordnung im Bebauungsplan festzusetzenden Grundflächenzahl oder Größe der Grundfläche der baulichen Anlagen ergibt sich ebenfalls der nicht überbaubare Grundstücksanteil der Baugrundstücke. Dieser ist bereits nach § 9 der Hamburgischen Bauordnung wasserdurchlässig zu belassen oder herzustellen und durch Begrünung und Bepflanzung gärtnerisch zu gestalten.
Es trifft zu, dass darüber hinaus grundsätzlich die Möglichkeit besteht, auch naturschutzrechtliche Festsetzungen in den Bebauungsplan aufzunehmen. Es entspricht bereits der langjährigen Praxis des Bezirksamtes, nach Maßgabe der planerischen Abwägung in den Bebauungsplänen Festsetzungen z.B. zu Erhaltungs- oder Pflanzgeboten für Bäume und Sträucher, zur Dachbegrünung sowie weitere grün- und freiraumbezogene Festsetzungen zu treffen. Unabhängig von der Frage der Rechtsgrundlage ist daher nicht ersichtlich, welchen Zusatznutzen das vorgeschlagene Verordnungsinstrument erbringen soll.
5. Städtebauliche Erhaltungsverordnung
Die Forderung zur Aufstellung einer städtebaulichen Erhaltungsverordnung, bzw. nach entsprechenden Festsetzungen im Bebauungsplan erscheint für dieses Plangebiet fachlich nicht gerechtfertigt und geht an den gesetzlichen Tatbeständen vorbei, die „eine städtebauliche Eigenart des Gebietes aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt“ voraussetzen (§ 172 Abs. 1 BauGB).
Diese scheint für das Gebiet nicht gegeben, da die im Plangebiet vorhandene Bebauung jenseits einer gewissen, jedoch durchaus uneinheitlichen Kleinteiligkeit recht unterschiedliche Bautypen und -formen aufweist, die eine spezifische städtebauliche „Eigenart“ nicht erkennen lassen. Diese allein aus der Nachbarschaft der außerhalb des Plangebiets, zudem auf der anderen Seite der Stein-Hardenberg-Straße gelegenen denkmalgeschützten Tonndorfer Kirche und dem Gemeindehaus Stein-Hardenberg-Straße 68 ableiten zu wollen, überzeugt fachlich nicht und überschätzt die städtebauliche Wirkung und Reichweite dieses Bestandes. Gleichwohl wird der bestehende Denkmalwert und -schutz von Kirche und Gemeindehaus durch die Planung nicht in Frage gestellt und nicht beeinträchtigt.
Beschluss:
Der Planungsausschuss wird um Kenntnisnahme gebeten.
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