Der Reinckeweg im Hummelsbüttel - Änderung der Straßenbenennung unter Beibehaltung des Straßennamens Beschlussvorlage des Regionalausschusses Alstertal
- Ursprünglicher interfraktioneller Antrag der Fraktionen SPD und Die Grünen
- Der Regionalausschuss Alstertal beschloss den Antrag am 22.02.2023 mehrheitlich, bei Fürstimmen der Fraktionen SPD, Die Grünen, Die Linke, FDP und AfD sowie Gegenstimmen der CDU-Fraktion.
Die Straße Reinckeweg ist eine Seitenstraße der Ruscheweyhstraße in Hummelsbüttel. Die
Straße wurde 1975 nach dem Physiker Dr. Julius Reincke (1842-1906) und seinem Sohn
Prof. Dr. Heinrich Reincke (1881-1960) benannt.
Die Behörde für Kultur und Medien hat im September 2020 eine Kommission für
erinnerungspolitische Fragestellungen berufen, die Entscheidungskriterien für den Umgang
mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln und Empfehlungen zu möglichen
Umbenennungen aussprechen sollte. Diese Kommission zum Umgang mit NS-belasteten
Straßennahmen in Hamburg hat im Februar 2022 Ihren Abschlussbericht vorgelegt und sich
darin auch mit den Namensgebern des Reinckewegs auseinandergesetzt.
Die Kommission empfiehlt die Änderung des Erläuterungstextes, nicht die Umbenennung
des Straßennamens, da die Straße auch nach Heinrich Reinckes Vater, Julius Reincke,
benannt ist und diese Benennung bestehen bleiben soll. Nur nach Heinrich Reincke soll die
Straße zukünftig nicht mehr benannt sein.
Begründet wird dies im Abschlussbericht auf Seite 18 folgendermaßen: „Heinrich Reincke
(1881-1960): Jurist und Historiker, arbeitete seit 1909 im Hamburger Staatsarchiv. 1925
Habilitation, 1931 Stelle als außerordentlicher Professor. Seit April 1933 Direktor des
Hamburger Staatsarchivs. Seit 1937 Mitglied der NSDAP. In Vorträgen und Publikationen
stellte er sich immer wieder hinter den Nationalsozialismus. Als Archivdirektor trug Reincke
die Verantwortung für die Ausstellung von „Ariernachweisen“. Das Staatsarchiv denunzierte
aus eigenem Antrieb Antragsteller bei denen es „nicht arische“ Vorfahren entdeckte, bei
Arbeitgebern, staatlichen und Parteidienststellen. Insgesamt wurden mindestens 300
Personen mit jüdischer Abstammung denunziert.“
Zur Einschätzung der Kommission heißt es weiter: „Reincke engagierte sich über seine
berufliche Aufgabe hinausgehend u.a. durch Meldungen an die Gestapo über jüdische
Abstammungen einzelner Personen. Reincke war damit unmittelbar an der
nationalsozialistischen Ausgrenzung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden und als
„jüdisch“ etikettierten Menschen beteiligt. In Vorträgen und Publikationen transportierte er
nationalsozialistische Ideologien von „Blut und Boden“-Ideen über Antisemitismus bis zum
Führerkult.“
Den Vorschlag der Kommission zur Änderung des Erläuterungstextes und Aberkennung der
der Straßenbenennung nach Heinrich Reincke unterstützen wir und schließen uns auch der
Begründung der Kommission an. Die Benennung des Reinckeweg in Hummelsbüttel soll
künftig nach dem Physiker Dr. Julius Reincke erfolgen und insofern geändert werden.
In diesem Zusammenhang kann mit dem Reinckeweg eine weitere Würdigung eines Mannes
erfolgen, der im Widerstand gegen den Nationalsozialismus bis zu seiner Hinrichtung 1944
aktiv war: Oskar Reincke.
Die „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ in Berlin hat über Oskar Reincke folgenden Text
veröffentlicht:
„Oskar Reincke, 1907 in Hamburg geboren, wächst als Sohn eines Schiffskontrolleurs auf
und beginnt eine Zimmermannslehre. Weil er diesem Beruf körperlich nicht gewachsen ist,
bricht er die Lehre ab und arbeitet als Quartiermacher. 1924 schließt Reincke sich dem
Kommunistischen Jugendverband an und übernimmt wenig später eine Kreisleitung. 1927
wird er als Hilfserzieher eines Hamburger Jugendamts angestellt und besucht 1929 ein
sozialpädagogisches Seminar. Wenig später tritt Reincke der KPD bei und übernimmt 1932
die Leitung des Unterbezirks Flensburg. Im selben Jahr heiratet er Ella Seidel, die seit 1924
der KPD angehört. Bereits Mitte März 1933 verhaftet, wird Reincke bis 1935 in
Konzentrationslagern gefangen gehalten. Seine Frau versucht unterzutauchen, wird jedoch
festgenommen und zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Nach ihrer Freilassung
leben beide in Hamburg. Reincke findet nach erneuter kürzerer Haft Arbeit in einer
Papiersackfabrik und gehört seit 1939 erneut Hamburger Widerstandskreisen an. Er wird am
17. Oktober 1942 verhaftet, zum Tode verurteilt und im Juli 1944 im
Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis in Hamburg hingerichtet.“ (siehe https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/oskar-reincke/)
Dies vorausgeschickt möge der Regionalausschuss Alstertal als
Beschlussempfehlung für die Bezirksversammlung Wandsbek beschließen:
Die Verwaltung wird gebeten, ein Straßenumbenennungsverfahren für den Reinckeweg in
Hummelsbüttel in der Absicht einzuleiten, dass die Straße künftig nach dem Physiker Dr.
Julius Reincke sowie nach dem Hamburger Widerstandskämpfer Oskar Reincke benannt ist.
Der Straßenname soll bestehen bleiben. Ein erläuterndes Zusatzschild soll anschließend an
dem Straßennamensschild ergänzt werden.
keine Anlage/n