21-6574.1

Der Reinckeweg im Hummelsbüttel - Änderung der Straßenbenennung unter Beibehaltung des Straßennamens Beschlussvorlage des Regionalausschusses Alstertal

Beschlussvorlage

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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02.03.2023
Sachverhalt

 

-          Ursprünglicher interfraktioneller Antrag der Fraktionen SPD und Die Grünen

-          Der Regionalausschuss Alstertal beschloss den Antrag am 22.02.2023 mehrheitlich, bei Fürstimmen der Fraktionen SPD, Die Grünen, Die Linke, FDP und AfD sowie Gegenstimmen der CDU-Fraktion.

 

Die Straße Reinckeweg ist eine Seitenstraße der Ruscheweyhstraße in Hummelsbüttel. Die

Straße wurde 1975 nach dem Physiker Dr. Julius Reincke (1842-1906) und seinem Sohn

Prof. Dr. Heinrich Reincke (1881-1960) benannt.

Die Behörde für Kultur und Medien hat im September 2020 eine Kommission für

erinnerungspolitische Fragestellungen berufen, die Entscheidungskriterien für den Umgang

mit NS-belasteten Straßennamen in Hamburg entwickeln und Empfehlungen zu möglichen

Umbenennungen aussprechen sollte. Diese Kommission zum Umgang mit NS-belasteten

Straßennahmen in Hamburg hat im Februar 2022 Ihren Abschlussbericht vorgelegt und sich

darin auch mit den Namensgebern des Reinckewegs auseinandergesetzt.

Die Kommission empfiehlt die Änderung des Erläuterungstextes, nicht die Umbenennung

des Straßennamens, da die Straße auch nach Heinrich Reinckes Vater, Julius Reincke,

benannt ist und diese Benennung bestehen bleiben soll. Nur nach Heinrich Reincke soll die

Straße zukünftig nicht mehr benannt sein.

Begründet wird dies im Abschlussbericht auf Seite 18 folgendermaßen: „Heinrich Reincke

(1881-1960): Jurist und Historiker, arbeitete seit 1909 im Hamburger Staatsarchiv. 1925

Habilitation, 1931 Stelle als außerordentlicher Professor. Seit April 1933 Direktor des

Hamburger Staatsarchivs. Seit 1937 Mitglied der NSDAP. In Vorträgen und Publikationen

stellte er sich immer wieder hinter den Nationalsozialismus. Als Archivdirektor trug Reincke

die Verantwortung für die Ausstellung von „Ariernachweisen“. Das Staatsarchiv denunzierte

aus eigenem Antrieb Antragsteller bei denen es „nicht arische“ Vorfahren entdeckte, bei

Arbeitgebern, staatlichen und Parteidienststellen. Insgesamt wurden mindestens 300

Personen mit jüdischer Abstammung denunziert.“

Zur Einschätzung der Kommission heißt es weiter: „Reincke engagierte sich über seine

berufliche Aufgabe hinausgehend u.a. durch Meldungen an die Gestapo über jüdische

Abstammungen einzelner Personen. Reincke war damit unmittelbar an der

nationalsozialistischen Ausgrenzung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden und als

„jüdisch“ etikettierten Menschen beteiligt. In Vorträgen und Publikationen transportierte er

nationalsozialistische Ideologien von „Blut und Boden“-Ideen über Antisemitismus bis zum

Führerkult.“

Den Vorschlag der Kommission zur Änderung des Erläuterungstextes und Aberkennung der

der Straßenbenennung nach Heinrich Reincke unterstützen wir und schließen uns auch der

Begründung der Kommission an. Die Benennung des Reinckeweg in Hummelsbüttel soll

künftig nach dem Physiker Dr. Julius Reincke erfolgen und insofern geändert werden.

In diesem Zusammenhang kann mit dem Reinckeweg eine weitere Würdigung eines Mannes

erfolgen, der im Widerstand gegen den Nationalsozialismus bis zu seiner Hinrichtung 1944

aktiv war: Oskar Reincke.

Die „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ in Berlin hat über Oskar Reincke folgenden Text

veröffentlicht:

„Oskar Reincke, 1907 in Hamburg geboren, wächst als Sohn eines Schiffskontrolleurs auf

und beginnt eine Zimmermannslehre. Weil er diesem Beruf körperlich nicht gewachsen ist,

bricht er die Lehre ab und arbeitet als Quartiermacher. 1924 schließt Reincke sich dem

Kommunistischen Jugendverband an und übernimmt wenig später eine Kreisleitung. 1927

wird er als Hilfserzieher eines Hamburger Jugendamts angestellt und besucht 1929 ein

sozialpädagogisches Seminar. Wenig später tritt Reincke der KPD bei und übernimmt 1932

die Leitung des Unterbezirks Flensburg. Im selben Jahr heiratet er Ella Seidel, die seit 1924

der KPD angehört. Bereits Mitte März 1933 verhaftet, wird Reincke bis 1935 in

Konzentrationslagern gefangen gehalten. Seine Frau versucht unterzutauchen, wird jedoch

festgenommen und zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Nach ihrer Freilassung

leben beide in Hamburg. Reincke findet nach erneuter kürzerer Haft Arbeit in einer

Papiersackfabrik und gehört seit 1939 erneut Hamburger Widerstandskreisen an. Er wird am

17. Oktober 1942 verhaftet, zum Tode verurteilt und im Juli 1944 im

Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis in Hamburg hingerichtet.“ (siehe https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/oskar-reincke/)

 

Dies vorausgeschickt möge der Regionalausschuss Alstertal als

Beschlussempfehlung für die Bezirksversammlung Wandsbek beschließen:

 

Petitum/Beschluss

 

Die Verwaltung wird gebeten, ein Straßenumbenennungsverfahren für den Reinckeweg in

Hummelsbüttel in der Absicht einzuleiten, dass die Straße künftig nach dem Physiker Dr.

Julius Reincke sowie nach dem Hamburger Widerstandskämpfer Oskar Reincke benannt ist.

Der Straßenname soll bestehen bleiben. Ein erläuterndes Zusatzschild soll anschließend an

dem Straßennamensschild ergänzt werden.

 

Anhänge

 

keine Anlage/n