21-1960

Vorläufige Stellungnahme der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg zu Top 5.1. Kurzfristige Einrichtung und Inbetriebnahme einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerberinnen und Asylbewerber am Standort des Seniorenpflegeheims des DRK Landesverbandes Hamburg, Eichenhöhe 9

Mitteilungsvorlage öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
25.01.2022
Sachverhalt

 

Die CDU Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg kann zum derzeitigen Zeitpunkt der gem. § 28 BezVG von der Behörde für Inneres und Sport beantragten Einrichtung nicht zustimmen.

 

Die bisher erteilten Informationen reichen nicht aus, um eine endgültige Bewertung des Vorhabens vorzunehmen.

 

Insoweit wird darauf hingewiesen, dass die der Bezirksversammlung zugebilligten gesetzlichen Fristen für eine Stellungnahme nicht eingehalten sind. Die Fachbehörde hat mit Schreiben vom 28.12.2021 den Vorsitzenden der Bezirksversammlung und die Bezirksamtsleitung unterrichtet. Da den Abgeordneten der Bezirksversammlung die entsprechende Antragsstellung erst am letzten Arbeitstag des Jahres 2021 zugegangen ist und darüber hinaus der Gesamtvorgang als vertraulich bezeichnet wurde, ist die Monatsfrist noch nicht abgelaufen.

 

Derzeit sprechen jedoch bereits zahlreiche wesentliche Argumente gegen die Schaffung einer derartigen Einrichtung.

 

Die Fachbehörde hat mit der Vorlage einer Kapazitätsplanung der öffentlich- rechtlichen Unterbringung (örU) im Ausschuss für Soziales, Integration, Gesundheit und Inklusion am 10.01.2022 noch keine vollständig nachvollziehbaren Daten über Bestand, Unterbringungsnotwendigkeit und Verfügbarkeit vorhandener Einrichtungen im gesamten Hamburger Stadtgebiet geliefert.

 

Insoweit wird für den Bezirk darauf hingewiesen, dass die bisherigen Einrichtungen Neuenfelder Fährdeich und Am Röhricht noch nicht hinreichend geklärt sind, da es sich um sogenannte Bürgervertragsstandorte handelt. Die Fachbehörde ist daran zu erinnern, dass die Bezirksversammlung Harburg dem Bürgervertrag, der unter Umgehung der Mitwirkungsrechte der Bezirksversammlung geschlossen worden ist, ausdrücklich nicht zugestimmt hat.

 

Gleichfalls ungeklärt ist die Situation für die Einrichtungen Cuxhavener Straße 564 und Rotbergfeld (ehemals Rönneburger Stieg).

 

Es ist für die Bezirksversammlung derzeit nicht nachvollziehbar, dass über das gesamte Stadtgebiet verteilt die Einrichtungen und Inanspruchnahme weiterer Flächen eine angemessene und gleichmäßige Belastung aller Bezirke mit sich bringen würde.

 

Einen zusätzlichen Bedarf in Hamburg wegen kontinuierlicher und ggf. steigender Zuwanderung insbesondere aus Afghanistan oder Syrien unterstellt muss die Fachbehörde allerdings bei ihren Überlegungen die vorhandenen Möglichkeiten zunächst voll ausschöpfen, ehe Vorratsbeschlüsse getätigt werden.

 

Insoweit darf darauf hingewiesen werden, dass nach der Darstellung der Sozialbehörde zum Stichtag 30.11.2021 die in Harburg befindlichen Einrichtungen sämtlich noch über ungenutzte Kapazitäten verfügen.

 

Allein die Unterkunft Harburger Poststraße verfügt über 382 Plätze bei einer Auslastung von 252.

 

Darüber hinaus ist völlig unverständlich, dass die Fachbehörde bei ihrem Antrag das ehemalige OBI Kaufhaus, Geutensweg vollständig außer Acht lässt. Hier sind in Spitzenzeiten durch das Rote Kreuz Kreisverband Harburg mehrere hundert Personen untergebracht und betreut worden. Die Einrichtung steht seit einigen Jahren vollständig leer. Sie steht im Eigentum der FHH und dient der Fachbehörde für die zukünftige Nutzung der Ansiedlung einer Berufsfeuerwehrwache. Nach den Planungen wird diese allerdings erst nach Ablauf der beabsichtigten Nutzungsdauer der Einrichtung Eichenhöhe in Anspruch genommen werden müssen. Von daher müsste die Einrichtung Geutensweg mit ca. 400 – 500 Plätzen in die Belegungsüberlegungen vollständig einbezogen werden.

 

Insoweit dürfte auf absehbare Zeit im Bezirk Harburg keine kurz- oder mittelfristige Notwendigkeit zur Inanspruchnahme weiterer Unterbringungsmöglichkeiten bestehen.

 

Die Planung der Fachbehörde lässt derzeit auch nicht erkennen, dass die soziale Stärke der Hamburger Bezirke bei der Erarbeitung des Verteilungsschlüssels ausreichend berücksichtigt worden ist.

 

Der ins Auge gefasste Standort Eichenhöhe ist unter Berücksichtigung aller Umstände nicht sozialverträglich gewählt.

 

Es wird nicht hinreichend beachtet, dass sich in fußläufiger Nähe Schulen Kindergärten und Senioreneinrichtungen befinden und darüber hinaus es sich um ein weitgehend gewachsenes Wohngebiet handelt. Unbeachtet ist offenbar auch, dass die FHH im Bereich Kirchenhang ein neues Wohngebiet (Hanne-Darboven-Ring) errichtet hat.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte ist der geplante Standort nicht sozialverträglich zu beurteilen.

 

Ferner lässt die bisherige Überlegung der Fachbehörde auch nicht erkennen, wie die vorrangigen Rechte der in dem derzeit benutzten Gebäudeteil des Wohn- und Pflegeheims Eichenhöhe 9 und die dortigen Bewohner hinreichend abgesichert werden können.

 

Insoweit sind mit ziemlicher Sicherheit erhebliche Bauarbeiten erforderlich, um eine strikte Trennung sowohl im Gebäude als auch auf Freiflächen zu erreichen. Dieses führt zu erheblichen Investitionen für eine kurzfristige Übergangslösung, die offenbar bisher überhaupt nicht bei der Planung berücksichtigt worden sind.

 

Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Bebauungsplan für dieses Gebiet eine ausdrückliche Festlegung für den Betrieb eines Senioren Wohn- und Pflegeheims enthält und die geplante Nutzung durch die Fachbehörde dem Bebauungsplan in keiner Weise entsprechen würde.

 

Zu beachten ist auch, dass das DRK Hamburg-Harburg in der Vergangenheit sich bemüht hatte, die leer stehenden Flächen bebauungsplangemäß durch Erweiterung von Senioren- und Pflegeangeboten zu nutzen. Dieses ist offenbar daran gescheitert, dass das DRK Hamburg als Eigentümer des Objektes eine Maximierung des Mietpreises erreichen wollte und daher das Objekt nicht für weitere soziale bebauungsplangemäße Zwecke zur Verfügung gestellt wurde.

 

Es ist auch zu beachten, dass die Versorgung der Bewohner in der Übergangseinrichtung kaum sachgerecht in der Weise wie die Fachbehörde es vorträgt (Catering durch das DRK) erfolgen kann. Insoweit müssten getrennte Bereiche beispielsweise Küche und Versorgung zunächst geschaffen werden.

 

Letztlich steht dem Projekt aber die Tatsache entgegen, dass nicht nur die Hygienekonzepte bisher nicht nachvollziehbar dargelegt sind, sondern dass das gesamte Grundstück mit Gebäude im Eigentum einer Stiftung steht. Hier war seinerzeit die Aufgabe einer Sportfläche mit der ausdrücklichen Maßgabe erfolgt, dass eine Stiftung dauerhaft den Betrieb einer Senioren- Wohn- und Pflegeheimeinrichtung garantieren würde.

 

Offenbar hat die Fachbehörde sich bisher nicht hinreichend mit dieser rechtlichen Konstellation beschäftigt. Ein Bauantrag mit entsprechend erforderlichen Befreiungen müsste vom Grundeigentümer, hier also der Stiftung Bahr-Wolkenhauer gestellt werden. Es ist nicht erkennbar, wie sich die Fachbehörde und der Nutzer DRK Hamburg bisher überhaupt mit der Stiftung hinsichtlich dieses Objektes ins Benehmen gesetzt haben.

 

Unter diesen Umständen ist die Verwaltung gehindert, den erforderlichen Befreiungsantrag zur positiven Entscheidung der Bezirksversammlung zu empfehlen.

 

Insoweit ist das Vorhaben an dieser Stelle und in der dargestellten Form derzeit nicht realisierbar und daher von der Bezirksversammlung abzulehnen.

 

 

Ralf-Dieter Fischer

Fraktionsvorsitzender für die CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg