Stellungnahme zum gem. Antrag SPD - GRÜNE - CDU - Volt und DIE LINKE betr. Runder Tisch medizinische Versorgung Harburg
Letzte Beratung: 08.04.2025 Hauptausschuss Ö 5.6
Die medizinische Versorgung im Harburg und insbesondere im Raum Süderelbe ist selber zum Notfallpatienten geworden. Praxissitze sind rar gesät, Neupatient:innen werden vielfach nicht mehr aufgenommen, altersbedingt entfallende Sitze können mangels Interessenten oftmals nicht nachbesetzt werden. Dieses Problem ist nicht neu und wird seit vielen Jahren von uns immer wieder aufgegriffen. Leider ohne grundlegenden Erfolg. Hier hilft es nicht mehr, lediglich an den Symptomen anzusetzen und u.a. anden Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung zu verweisen. Es bedarf der Entwicklung gemeinsamer kurativer Ansätze, um das System in den Fokus zu nehmen.
Dafür benötigt es die Sicht aller am System beteiligten Personen und Institutionen und deren Austausch untereinander.
Um die ambulante Versorgung vor Ort besser im Blick zu haben, soll unter Federführung der Sozialbehörde im Bezirk Harburg ein Runder Tisch Versorgung gegründet werden. Dabei sollen Vertreter des Bezirks, der Sozialbehörde der KVHH, der Kreisversammlung der Ärzte in Kreis 17 sowie der Politik (Bezirkspolitik) und der Krankenkassen in regelmäßigen Austausch über die aktuelle ambulante Ärztliche, kinderärztliche und Psychotherapeutische Versorgung sich beraten und Handlungsempfehlungen diskutieren. Im Rahmen der Gesundheitskonferenzen sollen die Ergebnisse präsentiert werden.
BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG
Der Vorsitzende
31.03.2025
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem o. g. Beschluss wie folgt Stellung:
Die Sicherstellung der ambulanten flächendeckenden, vertragsärztlichen Versorgung ist nach § 75 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Bedarfsplanung obliegt bundesgesetzlicher Kompetenz und erfolgt gemäß der Bedarfsplanungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Über Zulassungen und Ermächtigungen entscheiden die unabhängigen Zulassungsgremien der Selbstverwaltung, in denen die Länder nur teilweise ein Mitberatungsrecht ausüben können.
Die bundesgesetzlichen Regelungen beziehen sich auf Hamburg als einen Planungsbereich, in dem für alle Facharztgruppen eine formelle Überversorgung festgestellt wurde. Die Hamburger Bezirke und Stadtteile sind nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie keine eigenen Planungsbereiche, sondern der Planungsbereich umfasst das ganze Stadtgebiet. Auch in der Anlage zum Bedarfsplan, im sogenannten Maßnahmenpapier, erfolgt eine Betrachtungsweise über die Bezirksgrenzen hinweg. Inder fachärztlichen Versorgung wird beispielsweise ein Radius von 12 km herangezogen
(siehe [1]https://www.kvhh.net/_Resources/Persistent/9/6/4/7/96475c11fbec5f615e0d1e99b3afa786049d7776/14-11-07konzept_massnahmenflexiblgestaltambversorgunghamb_verabschiedetlako.pdf[2]).
Trotz einer langfristig gestiegenen Ärztezahl und einer in Hamburg überdurchschnittlich hohen Arzt- bzw. Ärztinneninnendichte pro Einwohner bzw. Einwohnerin bestehen Ungleichgewichte in der regionalen und arztgruppenspezifischen Verteilung von Versorgungskapazitäten. Insbesondere in den sozial benachteiligten Regionen ist es teilweise nur mit großen Anstrengungen möglich, Arztsitze nachzubesetzen und zeitnah Termine in einer Facharztpraxis zu bekommen.
Soweit in einigen Stadtteilen keine oder wenige Ärztinnen und Ärzte niedergelassen sind, erfolgt eine Mitversorgung in der Regel umliegenden Stadtbereichen. Außerdem wird die ambulante Versorgung ebenfalls über den Arztruf Hamburg unter der bundeseinheitlichen Rufnummer 116117 sichergestellt. Zum Leistungsumfang gehört dort auch die Vermittlung von zeitnahen Arztterminen in Hamburger Haus- und Facharztpraxen und zu psychotherapeutischen Praxen über die Terminservicestelle; das Angebot der Terminservicestelle mit der Möglichkeit einer Termin-/ Arztsuche findet sich auch online (auffindbar zum Beispiel über die Homepage der KVH).
Die für Gesundheit zuständige Behörde setzt sich kontinuierlich für eine am tatsächlichen Bedarf orientierte Versorgungssteuerung und kleinräumigere Betrachtung des Stadtgebietes ein. So wirkt sie bei der KVH darauf hin, alle Sicherstellungsinstrumente zur Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung und besseren Verteilung der ärztlichen Kapazitäten zu nutzen. Auch werden mit dieser Zielsetzung Gespräche zur ärztlichen Versorgungssituation zwischen Bezirken sowie KVH und der für Gesundheit zuständigen Behörde geführt.
Mit der Besetzung zusätzlicher Arztsitze haben die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) und die unabhängigen Zulassungsgremien bereits versorgungsverbessernde Schritte bei der kinderärztlichen Versorgung unternommen.
Der Vorstand der KVH hat zudem am 29.08.2024 eine neue Richtlinie zur Verwendung von Finanzmitteln aus dem Strukturfonds für Fördermaßnahmen zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung durch Zuschläge zur Vergütung gemäß § 105 Abs. 1a Nr. 2 SGB V bekanntgegeben. Ziel dieser Richtlinie ist es, den Erhalt und Ausbau nachhaltiger und zukunftsfähiger hausärztlicher Versorgungsstrukturen sicherzustellen, um ein bedarfsgerechtes und qualitativ hochstehendes hausärztliches Versorgungsniveau gewährleisten zu können.
Auf Bundesebene setzt sich die Freie und Hansestadt Hamburg entsprechend ihren ministeriellen Mitwirkungsrechten zudem für eine Weiterentwicklung der Bedarfsplanung und strukturelle Verbesserung der Gesundheitsversorgung ein.Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollten zunehmend zum Versorgungsgestalter statt -verwalter werden. Dazu bedarf es weiterer,möglichst flexiblen, regionalen Steuerungs- und Sicherstellungsinstrumente, um eine gleichmäßigere Verteilung und den gezielten Aufbau von ärztlichen Kapazitäten zu ermöglichen.
Weiterhin ist jede Maßnahme zur Schaffung attraktiverer Quartiere auch ein Anreiz für Ärztinnen und Ärzte, sich mit einer Praxis dort niederzulassen.Um gezielt Niederlassungsanreize für schlechter versorgte Gebiete zu setzen, müssen geeignete und finanzierbare Praxisräume zur Verfügung stehen. Hierbei können Bezirk, das Immobilienmanagement und die für Stadtentwicklung zuständige Behördedurch Standortentwicklung und- suche für Arztpraxen und Gesundheitszentren wesentlich unterstützen, z.B. durch gezielte Immobiliensuche und Bereitstellung von Infrastruktur für Gesundheits- und Therapiezentren mit flankierenden Beratungsangeboten.
Die Initiative für einen Runden Tisch Versorgung zur Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgungwird deshalb begrüßt. Die Sozialbehörde sieht einer Einladung zur Teilnahme dankend entgegen.
gez. Böhm
f.d.R.
Riechers
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