Stellungnahme zum gem. Antrag der GRÜNE- und der LINKE-Fraktion betr. Lärmaktionsplan
Letzte Beratung: 25.11.2025 Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Verbraucherschutz Ö 2.1
Lärm ist ein bedeutender Umweltfaktor, der nachweislich die Lebensqualität beeinträchtigt und gesundheitliche Risiken mit sich bringt. Studien zeigen, dass dauerhafte Lärmbelastung zu Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhtem Stresslevel und einer allgemeinen Minderung des Wohlbefindens führen kann. Auch im Bezirk Harburg, der durch stark befahrene Verkehrswege – sowohl im Straßen- als auch im Schienenverkehr – geprägt ist, stellt Lärm ein ernstzunehmendes Problem dar.
Gemäß der §§ 47 a-f des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) in Verbindung mit der Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG (ULR) ist deshalb eine Lärmaktionsplanung zu erstellen. Diese soll außerdem in regelmäßigen Abständen überprüft bzw. gegebenenfalls überarbeitet werden. Für den Straßenverkehr ist in Hamburg federführend die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) zuständig. In der aktuellen Fortschreibung („Lärmaktionsplan für Hamburg (Vierte Stufe)“ aus dem Jahr 2024) wurden unter anderem Maßnahmen wie nächtliche Tempo-30-Strecken und die Ausweisung sogenannter Ruheinseln vorgeschlagen. Parallel dazu ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) für die Lärmaktionsplanung an den Schienenwegen des Bundes verantwortlich. Diese Pläne umfassen u. a. die Erhebung der Lärmbelastung durch Bahnstrecken und die Entwicklung von Maßnahmen wie dem Bau von Lärmschutzwänden oder dem Einsatz lärmarmer Bremssohlen.
Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten Vertreterinnen der zuständigen Stellen der Bezirksverwaltung, der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft und der Deutschen Bahn oder Eisenbahn-Bundesamt (EBA) in den Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz einzuladen, um über die aktuellen Umsetzungsstands des Lärmaktionsplanes für Hamburg (Vierte Stufe) und des aktuellen Lärmaktionsplans an Schienenwegen des Bundes (von 2024) zu berichten. Dabei soll vor allem auf die für den Bezirk Harburg relevanten Punkte (besonders belastete Wohngebiete, Ausweitung Ruheinseln, etc.) und Handlungsmöglichkeiten für die Bezirkspolitik eingegangen werden.
Die Bezirksverwaltung wird gebeten in regelmäßigen Abständen über den Umsetzungsstands des Lärmaktionsplanes zu berichten und gegebenenfalls die zuvor genannten Vertreterinnen zum Bericht in den Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz einzuladen.
BEZIRKSVERSAMMLUNG HARBURG
DER VORSITZENDE
16. September 2025
Die Behörde Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) nimmt zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Die Umgebungslärmrichtlinie (ULR) 2002/49/EG der europäischen Union fordert die turnusmäßige Durchführung einer Lärmkartierung verkehrlichen und industriellen Lärms sowie einer auf den Ergebnissen aufbauenden Lärmaktionsplanung zur Minderung der Lärmimmissionen für Betroffene. Die Umsetzung der ULR entfaltet durch §§47a-f BImSchG sowie der 34. BImSchV nationale Rechtswirkung. Die Berechnungen erfolgten in der letzten Kartierungsrunde („Stufe 4“) erstmalig anhand des europaweiten Berechnungsverfahrens CNOSSOS, das in Deutschland in Form der Berechnungsvorschriften BUB/BEB Anwendung findet.
Viele Menschen in Hamburg sind hierbei besonders von Straßenverkehrslärm betroffen, weshalb hier ein Handlungsschwerpunkt der Maßnahmenentwicklung zum Lärmschutz der Lärmaktionsplanung liegt. Definierte Grenzwerte gibt es innerhalb der genannten Richtlinie/Verordnung nicht; innerhalb des LAP (Stufe 3) wurden Auslösewerte bei LDEN (gewichteter 24 Stundenwert) > 65 dB(A) und LNight (Nachtwert) > 55 dB(A) festgelegt. Aufgrund der großen Anzahl an sich hieraus ergebenden Streckenabschnitten wurde unter Einbeziehung der Betroffenenanzahl Kategorien zur identifizierung und Verortung von Lärmbrennpunkten gebildet: Kategorie 1 einem Pegel von LNight > 60 dB(A) bei mehr als 50 Betroffenen und die Kategorie 2 einem Pegel von LNight > 55 dB(A) bei mehr als 400 Betroffenen an einem untersuchten Straßenabschnitt. Die Höhe der Lärmbetroffenheit eines Abschnittes wurde unter gleichzeitiger Gewichtung von Immissionshöhe und der Anzahl der Betroffenen als „Lärmbewertungsmaß P“ bewertet und hierarchisiert. Diese Methodik sowie die sich daraus abgeleiteten Straßenabschnitte/Lärmbrennpunkte wurden in den LAP Stufe 4 übernommen. Aufgrund des hohen Wirkpotenzials wichtigste Maßnahme zur Reduzierung der Lärmbelastung ist die Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h im Nachtzeitraum zwischen 22:00 und 06:00 Uhr, was eine Reduzierung des Immissionspegels um rundungsbedingt bis zu 3 dB an den lärmexponierten Gebäudefassaden der Einwohner*innen erwirkt. Aus diesem Grund ist das zentrale Ziel des LAP weiterhin die schrittweise Einführung dieser Maßnahme an der überwiegenden Anzahl der in der Kategorie 1 identifizierten Lärmbrennpunkte und perspektivisch an geeigneten Lärmbrennpunkten der Kategorie 2. Die Kategorie 1 wird hierbei prioritär behandelt. In Ausnahmefällen kann die Umsetzung einer Maßnahme aus Kategorie 2 vorgezogen werden, wenn Synergieeffekte mit anderen Maßnahmen vorliegen. Neben Abwägungen auf Grundlage der Immissionssituation müssen auch immer Belange der Verkehrsführung und -sicherheit und/oder des ÖPNV bei der Ausweisung etwaiger Abschnitte berücksichtigt werden. Nachdem die Maßnahmenbereiche von der BUKEA identifiziert und innerhalb des LAP festgelegt wurden, liegt es im Zuständigkeitsbereich der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM), die Herabsenkung der zul. Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h nachts umzusetzen. Diese meldet den Bedarf zur Umsetzung an den Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), welcher die notwendigen Umstellungen von Ampelschaltungen durchführt. Dieser Prozess erfordert hohe finanzielle und personelle Ressourcen, wodurch sich die geplanten Umsetzungen verzögerten. Nach bedarfsgemäßer Modifizierung der Ampelschaltungen durch den LSBG erlässt die Behörde für Inneres und Sport (BIS) die straßenverkehrliche Anordnung, in deren Rahmen der jeweils zuständige Bezirk die entsprechende Beschilderung vornimmt. Erst wenn diese Beschilderung erfolgt ist, ist die Maßnahme abgeschlossen.
Wie bereits erörtert, wurden die entlang o.g. Methodik festgesetzten Bereiche zur Minderung der zul. Höchstgeschwindigkeit, sofern noch nicht erfolgt, aus dem LAP Stufe 3 in die Stufe 4 fortgeschrieben. Für den Bezirk Harburg sind dabei folgende Straßenabschnitte zur Einführung von „Tempo 30“ nachts umgesetzt oder für die Umsetzung vorgesehen:
In Umsetzung / Bereits umgesetzte Abschnitte:
Kategorie 1 Abschnitte ab 2024:
Kategorie 1 Abschnitte als perspektivische Umsetzung ab 2026:
Kategorie 2 Abschnitte als perspektivische Umsetzung ab 2026:
In Ausnahmefällen kann die Umsetzung einer Maßnahme aus Kategorie II jedoch vorgezogen werden. Dies kommt insbesondere dann in Frage, wenn Synergieeffekte mit anderen Maßnahmen wie z.B. Veränderung an Lichtsignalanlagen im betroffenen Abschnitt oder Beschränkungen der Geschwindigkeit aus Gründen der Verkehrssicherheit (Vereinheitlichung von Beschilderung) vorliegen.
Noch nicht weiter geprüfte Abschnitte der Kategorie 2 aus Anlage 3 des LAP (Dritte Stufe), welche für eine perspektivische Umsetzung weiter aufgenommen werden, damit sie nicht wegfallen:
Um den Umsetzungstand der im LAP beschlossenen Abschnitte zeitnah erfassen bzw. einsehen zu können, wird von der BUKEA mit Unterstützung der BVM derzeit ein Monitoring-Prozess aufgesetzt, innerhalb dessen durchgeführte Anordnungen zeitnah dokumentiert und zwischenbehördlich besser sichtbar gemacht werden sollen. Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Stellen ist dabei ein hohes Maß an Kommunikation und Austausch notwendig.
gez. Böhm f.d.R.
Hille
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