Stellungnahme zum Antrag NEUE LIBERALE: Straßensozialarbeit in Harburg stärken
Letzte Beratung: 15.01.2019 Hauptausschuss Ö 3.6
Die Soziale Beratungsstelle Harburg an der Straße „Zur Seehafenbrücke“ bietet bereits seit vielen Jahren Hilfesuchenden mit Wohnungsproblemen umfassende Unterstützung an.
Mit Hilfe der Straßensozialarbeit soll die Beratungsstelle im gesamten Bezirk Harburg Menschen erreichen, die das bestehende Hilfesystem nicht oder nicht mehr nutzen.
Wie zu Jahresbeginn 2018 aufgrund eines Berichtsantrages der Neuen Liberalen im Ausschuss für Soziales, Bildung und Integration bekannt wurde, verfügt die Soziale Beratungsstelle Harburg speziell für Straßensozialarbeit lediglich über Personal im Umfang einer halben Stelle. Diese Teilzeitstelle steht nicht ausschließlich für Straßensozialarbeit im Bezirk Harburg zur Verfügung, sondern ist ebenso auch für Wilhelmsburg zuständig.
Im Ergebnis bleiben für aufsuchende Arbeit in Harburg nur 4 bis 5 Stunden pro Woche, da die Sozialarbeiter oft zu zweit unterwegs sind, um die Menschen optimal ansprechen und erreichen zu können.
Zwar ist der Erfolg von Straßensozialarbeit nur schwer in Zahlen messbar. Klar ist aber, dass Straßensozialarbeit viel Geduld erfordert und für nachhaltige Erfolge der Aufbau von Vertrauen zwischen den Sozialarbeitern und den auf der Straße lebenden Menschen nötig ist. Kontinuität in der Arbeit mit angemessenen personellen Ressourcen ist daher oberstes Gebot, um aufsuchende Sozialarbeit zielgerichtet durchführen zu können.
Die Soziale Beratungsstelle Harburg ist – soweit ersichtlich- die einzige Beratungsstelle, die seit langer Zeit Straßensozialarbeit mit der Zielgruppe „Hilfesuchende mit Wohnungsproblemen“ betreibt.
Andere derzeit vorhandene und wichtige Angebote im Rahmen von Straßensozialarbeit haben indes einen anderen Schwerpunkt. So ist auch im Hans-Fitze Haus wesentlicher Bestandsteil des Beratungsangebots die Straßensozialarbeit. Der Focus liegt hier jedoch klar dort, wo sich Menschen in prekären Lagen zum gemeinsamen Konsum von Alkohol zusammenfinden. Die Zielgruppe sind hier Menschen mit Alkoholproblemen.
Vor diesem Hintergrund erscheint das bestehende Hilfeangebot explizit im Bereich Hilfesuchender mit Wohnungsproblemen derzeit unzureichend.
Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, sich bei der zuständigen Fachbehörde dafür einzusetzen, dass die Straßensozialarbeit für Menschen mit Wohnungsproblemen im Bezirk Harburg gestärkt wird. Dazu sollen alle Möglichkeiten ausgelotet werden, zeitnah mehr von der Fachbehörde finanzierte Stellen für Straßensozialarbeit für den Bezirk insgesamt zu gewinnen.
Antrag der Abgeordneten Kay Wolkau, Isabel Wiest, Barbara Lewy
Harburg, 11.10.2018
Kay Wolkau
Fraktionsvorsitzender
f. d. R.
Bezirksversammlung Harburg 12.12.2018
Die Vorsitzende
Die Behörde für Arbeit, Soziales und Familie nimmt zu dem Antrag der Neuen Liberalen Drs. 20-4124 wie folgt Stellung:
Mit dem Fachstellenkonzept und dem Gesamtkonzept der Wohnungslosenhilfe in Hamburg wurde ein umfangreiches und vielfältiges Angebot für Wohnungsnotfälle geschaffen und bestehende Leistungsangebote modifiziert. Hierzu gehört auch die konzeptionelle Erweiterung der Sozialen Beratungsstellen um Straßensozialarbeit.
Ziel des Einsatzes konzeptioneller Vielfalt ist es, hilfebedürftige Menschen adäquat zu erreichen und gemeinsam mit ihnen realistische Perspektiven zu entwickeln.
Insbesondere im Bereich der Straßensozialarbeit werden Menschen mit vielschichtigen Problemlagen angetroffen. Neben Isolation, Krankheit, Obdachlosigkeit und Armut spielt häufig zumindest temporär Alkohol- und/oder Drogenmissbrauch eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Vor diesem Hintergrund ist es im Rahmen von Straßensozialarbeit kaum möglich, Menschen „problemspezifisch“ anzusprechen. Daher arbeitet die in den unterschiedlichen Bereichen eingesetzte Straßensozialarbeit zusammen und bildet tragfähige Netzwerke, um den Problemlagen der Menschen, die auf der Straße angetroffen werden, angemessen und zielorientiert begegnen zu können. Dies gilt auch für den Bezirk Harburg.
Die Sozialen Beratungsstellen in den sieben hamburgischen Bezirken bieten in der Regel Straßensozialarbeit im Umfang eines halben Vollzeitäquivalentes an. Eine enge Zusammenarbeit mit den Bürgernahen Beamten und Beamtinnen, aber auch Kontakte mit anderen in erster Linie niedrigschwelligen Angeboten (Essenausgabestellen etc.) ermöglichen den effektiven Einsatz der zur Verfügung stehenden Personalressourcen. Hierzu gehört auch, dass die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen regelmäßig zu zweit unterwegs sind und so ein differenzierteres Angebot (weibliche und männliche Ansprechpartner) einbringen können. Zudem wir dadurch die Sicherheit der Mitarbeitenden gewährleistet.
Neben einem differenzierten Angebot von Straßensoziarbeit in Harburg, das sich an Kinder, Jugendliche und Jungerwachsene wendet, leistet auch das Zentrum zur Integration suchtgefährdeter Menschen (Hans-Fitze-Haus) Straßensozialarbeit. Zwischen dem Hans-Fitze-Haus, der Sozialen Beratungsstelle Harburg und den Gesundheitshilfen für obdachlose Menschen (Mobile Hilfe und Zahnmobil der Caritas) gibt es eine gute Zusammenarbeit und regelmäßigen Austausch.
Der fachlich qualifizierten Zusammenarbeit und der kontinuierlichen Straßensozialarbeit steht ein sich verändernder Bedarf gegenüber. In Kürze werden die Ergebnisse der im März 2018 in Hamburg durchgeführten Obdachlosen- und Wohnungslosenuntersuchung veröffentlicht. Die Untersuchung hat eine Zunahme der Obdachlosigkeit von 86 % ergeben (1.029 auf 1.910 obdachlose Frauen und Männer). Es handelt sich um eine Entwicklung, die im Wesentlichen in der Zuwanderung aus EU-Ländern begründet liegt und einen hohen Anteil nicht-deutscher obdachloser Menschen dokumentiert. Diese veränderte Situation betrifft nach bisherigen Erkenntnissen auch den Bezirk Harburg.
Vor diesem Hintergrund werden derzeit Überlegungen zu einem verändertem Angebot und Konzept von Straßensozialarbeit in der BASFI angestellt und eine mögliche Finanzierung geprüft. In einem ersten Schritt hat sich die Sozialbehörde mit Blick auf die sich abzeichnenden Ergebnisse der Obdach- und Wohnungslosenuntersuchung bereits mit einem Förderantrag beim Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen in Deutschland (EHAP) um eine Finanzierung zusätzlicher Stellen für Straßensozialarbeit in Hamburg beworben. Eine Förderentscheidung ist noch nicht getroffen worden. Ob weitere Folgerungen für das Hilfesystem für obdach- und wohnungslose Menschen auch und gerade im Bereich der Straßensozialarbeit notwendig sind, ist von den näheren Auswertungen der genannten Untersuchung abhängig.
Fazit:
An dem Einsatz von Straßensozialarbeit im Umfang eines halben Vollzeitäquivalentes durch die Soziale Beratungsstelle Harburg soll vorerst festgehalten werden.
Die Entwicklung geeigneter Konzepte, mit denen auf die veränderten Bedingungen und Bedarfe reagiert werden könnte, bleibt zunächst abzuwarten.
Zudem sind Menschen mit Wohnungsproblemen nicht ausschließlich auf das Angebot der Straßensozialarbeit angewiesen, sondern können im Rahmen der offenen Sprechstunden oder eines längerfristigen Hilfeprozesses Unterstützung in der sozialen Beratungsstelle, aber auch der Fachstelle für Wohnungsnotfälle erhalten.
gez. Rajski
f.d.R.
Riechers
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