Stellungnahme zum Antrag NEUE LIBERALE: Neuer Luftreinhalteplan für Harburg
Letzte Beratung: 19.03.2019 Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Ö 5
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen jüngsten Entscheidungen zu den Luftreinhalteplänen von Düsseldorf (BVerwG 7 C 30.17) und Stuttgart (BVerwG 7 C 26.16) deutlich gemacht, dass ein Luftreinhalteplan rechtswidrig ist, wenn er das Wirksamwerden von Maßnahmen vor dem Jahr 2020 ausschließt.
Im Falle der vielen stark mit Stickoxidimmissionen belasteten Straßen, wie vor allem auch der Winsener Straße in Harburg, für die keine weiteren Maßnahmen vorgesehen sind, stellt sich die Frage, ob die Untätigkeit der Behörden rechtmäßig ist. Vieles spricht dafür, dass der Hamburger Senat insoweit einen neuen Luftreinhalteplan aufzustellen hat.
Zudem betont das Bundesverwaltungsgericht, dass ein Luftreinhalteplan bereits dann rechtswidrig ist, wenn Maßnahmen ergriffen werden, die von Bedingungen anhängen, welche vom Plangeber nicht selbst herbei geführt werden können und deren Eintritt ungewiss ist.
Da der Senat in seinem Luftreinhalteplan in großen Umfang auf Fortschritte in der Umwelttechnik setzt und auf äußeren Bedingungen fußt, auf welche die Hamburger Behörden keinen Einfluss haben (z.B. Austausch älterer Fahrzeuge durch umweltfreundlichere neue Fahrzeuge), ist der derzeitige Hamburger Luftreinhalteplan nicht nur umweltpolitisch unzureichend, sondern möglicherweise auch komplett rechtswidrig.
Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, einen sachkundigen Vertreter der Behörde für Umwelt und Energie in den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz einzuladen, um über die Aktualität des Hamburger Luftreinhalteplans für den Bezirk Harburg zu berichten.
Dabei soll vor allem auch darauf eingegangen werden, ob und inwieweit und aus welchen Gründen im Einzelnen eine Überarbeitung des 2017 aufgelegten Luftreinhalteplans im Hinblick auf die inzwischen ergangene Rechtsprechung aus Sicht der Fachbehörde angezeigt ist. Für den Fall, dass gar keine Anpassung für erforderlich gehalten wird, sollen die Gründe dafür ausführlich mit Bezug auf die neueste Rechtsprechung erläutert werden.
Antrag der Abgeordneten Kay Wolkau, Isabel Wiest, Barbara Lewy
Harburg, 07.06.2018
Kay Wolkau
Fraktionsvorsitzender
f. d. R.
Bezirksversammlung Harburg 05.03.2019
Die Vorsitzende
Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) nimmt anstelle einer Referentenentsendung zu dem Antrag neue Liberale Drs. 20-3888 wie folgt Stellung:
Aktualität der 2. Fortschreibung des Luftreinhalteplans (LRP)
Die 2. Fortschreibung des LRP wurde vom Senat am 30.06.2017 in Kraft gesetzt. Diese Fortschreibung dient insbesondere auch der Umsetzung des Urteils des Verwaltungsgerichtes Hamburg vom 05.11.2014, nach dem die Stadt verpflichtet war, „den derzeit gültigen Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionswertes für NO2 von 40 µg/m³einhält.“
Für den geltenden LRP wurden alle relevanten gesamtstädtisch wirksamen Maßnahmen, gegliedert in 10 Maßnahmenpaketen, in ihrer Wirkung für die Prognosejahre 2020 und 2025 quantifiziert. Gleichzeitig wurde über die Basisszenarien festgestellt, wie sich die Luftbelastung in Hamburg ohne Maßnahmen, allein durch die kontinuierliche Stadt- und Wirtschaftsentwicklung sowie durch die durchschnittliche Flottenveränderung, wie sie das Handbuch für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA 3.2) zur Verfügung stellt, entwickeln würde. Da die Berechnungen für Prognosejahre durchgeführt wurden, für die die konkrete Zusammensetzung der Fahrzeugflotte noch nicht bekannt ist, wurde auf den für derartige Berechnungen anerkannten und etablierten Standard der HBEFA-Flotte zurückgegriffen.
Im Ergebnis dieser Modellierungen zeigte sich, dass bei konsequenter Umsetzung aller gesamtstädtisch wirkenden Maßnahmen in Hamburg eine deutliche Verbesserung der Luftqualität im gesamten Stadtgebiet erreicht und damit die Schadstoffbelastung deutlich gesenkt wird. Im Bezirk Harburg sind demnach im Prognosejahr 2020 keine Anwohner mehr von einer NO2-Grenzwertüberschreitung betroffen. Eine Prüfung zusätzlicher lokaler Einzelmaßnahmen, wie für einige Straßenabschnitte in den Bezirken Altona, Bergedorf, Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord umgesetzt, war deshalb nicht erforderlich.
Mit der Planung und Umsetzung der Maßnahmen wurde, sofern diese nicht bereits mit der 1. Fortschreibung des LRP in Kraft gesetzt waren, unmittelbar nach der Veröffentlichung der 2. Fortschreibung begonnen. Es wird insbesondere auf die Modernisierung der Hamburgischen Fahrzeugflotte durch vorgezogene Beschaffungen modernster Fahrzeuge mit emissionsarmen und emissionsfreien Antrieben, den Ausbau des ÖPNV und das Mobilitätsmanagement hingewiesen.
Der aktuell geltende Luftreinhalteplan enthält somit alle erforderlichen hamburgspezifischen Maßnahmen, die zur schnellstmöglichen Erreichung des Grenzwertes führen. Eine Fortschreibung ist derzeit nicht erforderlich.
Auswirkungen von Rechtsprechungen
Seit Verabschiedung der 2. Fortschreibung des LRP für Hamburg sind verschiedene Urteile in anderen Städten ergangen, die sich konkret auf die jeweilige Situation und die für diese Städte vorgelegten Luftreinhaltepläne beziehen. Tenor in allen Fällen ist, dass die zuständigen Behörden zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen, um den NO2-Jahresmittelwert schnellstmöglich einzuhalten. Damit entspricht die neuere Rechtsprechung im Wesentlichen dem o.a. Urteil des Verwaltungsgerichtes Hamburg, auf dessen Grundlage der aktuelle LRP erarbeitet wurde.
Die Maßnahmen des LRP werden, wie bereits dargelegt, von den zuständigen Behörden geplant und umgesetzt und sind somit bereits jetzt wirksam.
Von den Gerichten wurde der planerische Gestaltungsspielraum der Behörden anerkannt und lediglich dort eingeschränkt, „wo bestimmte Maßnahmen sich als einzig geeignet und schnell zielführend erweisen“. Der Hamburger LRP enthält alle erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung des NO2-Jahresmittelgrenzwertes. Mit der Umsetzung der stadtweit wirksamen Maßnahmenpakete und der für einige Straßenabschnitte auch lokal wirksamen Einzelmaßnahmen, deren Wirkung sich ergänzt, wird dieses Ziel schnellstmöglich erreicht.
Der LRP enthält die Darstellung der möglichen Maßnahmen und legt ausführlich und nachvollziehbar die Abwägungsgründe dar, die zu den dargestellten Entscheidungen geführt haben. Aus Sicht der federführenden Behörde ist die 2. Fortschreibung des LRP somit weder rechtswidrig, noch muss diese vor dem Hintergrund inzwischen ergangener Urteile aus anderen Städten fortgeschrieben werden.
gez. Rajski
f.d.R.
Wyzinski
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