Stellungnahme zum Antrag der GRÜNEN-Fraktion betr. Tierversuche in Neugraben im LPT Labor
Das Labor LPT (Laboratory of Pharmacology and Toxicology GmbH) in Neugraben führt kommerzielle Tierversuche durch. Der Öffentlichkeit ist wenig über die Versuche bekannt. Aber das, was bekannt ist, gibt immer wieder Anlass zu Protestaktionen in Neugraben. Seit 5 Jahren wird zweimal wöchentlich eine Mahnwache am Eingang des Labors am Redderweg abgehalten, es gab in den letzten Jahren immer wieder Demonstrationen und Protestaktionen gegen die Versuche.
Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz genehmigt diese Versuche. Über die Zahl der Versuche gibt es keine konkrete Auskunft. In Hamburg werden ca. 400 Tierversuche pro Jahr genehmigt, aktuelle Zahlen für 2017 und 2018 liegen nicht vor. Wie viele Versuche in Neugraben durchgeführt werden ist nicht bekannt. Auch die Zahl der Versuche, die nicht genehmigungs- sondern die große Mehrzahl, die nur anzeigepflichtig sind, ist nicht bekannt.
Für LPT liegen der Behörde für 2015 konkrete Zahlen vor: In dem Jahr „verbrauchte“ das Unternehmen 42.175 Mäuse, 39.919 Ratten, 845 Meerschweinchen und 142 Goldhamster. Über die Versuche der letzten beiden Jahre gibt es keine Informationen. Bekannt ist, dass LPT regelmäßig Versuche auch an Hunden, Affen, Katzen und Kaninchen durchführt. Aussage von LPT: „Kein Tier verlässt das Labor lebend.“
Das LPT hat auf seinem Gelände am Redderweg 2016 ein weiteres Labor errichtet, in dem Versuche mit Mäusen stattfinden sollen, darunter die umstrittenen LD50-Tests für Botulinumtoxin-Produkte. Bei diesem sogenannten LD50-Test wird Mäusen das Gift in verschiedenen Verdünnungen in die Bauchhöhle injiziert, um die Menge zu ermitteln, bei der die Hälfte der Mäuse stirbt. Für die Tiere ist dies mit furchtbaren Qualen verbunden. Es kommt zu Muskellähmungen, Sehstörungen und Atemnot. Der Todeskampf kann sich über drei oder vier Tage hinziehen. Die Mäuse sollen bei vollem Bewusstsein sein wird von Sabine Brauer von der „Lobby pro Tier“ anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Mahnwache berichtet.
Nach §7 des deutschen Tierschutzgesetzes besteht eine Verpflichtung, tierversuchsfreie Methoden einzusetzen, wenn der verfolgte Zweck auf diese Weise ebenso erreicht werden kann, wie mit einem Tierversuch. Tierschutzorganisationen fordern das LPT auf, eine tierversuchsfreie Testmethode zu entwickeln und die Tierversuche für die Prüfung von Botulinumprodukten sofort einzustellen. Für den Zeitraum bis zur Anerkennung einer Zellmethode soll auf die Produktion des Präparates zu verzichtet werden. Andere Labore arbeiten bereits mit tierversuchsfreien Testmethoden zu Prüfung von Botulinumtoxin. Das sollte Grund genug sein, die LD50-Tests an Mäusen beim LPT zu untersagen, um auch das LPT zu veranlassen, auf einen tierversuchsfreien Test für Botulimumtoxin umzustellen, so die Forderung der Tierschützer. Das Gleiche gilt für andere Tests.
Die Bürgerschaftsfraktionen der Linken und der CDU haben 2017 bereits zum Labor LPT Anfragen gestellt, die Grüne und die Linke in der Bezirksfraktion Harburg 2015 einen Antrag. Die Antworten sind sehr allgemein und geben wenig konkrete Auskunft über die aktuellen Versuche im Labor in Neugraben.
Die Bezirksversammlung möge beschließen, dass Vertreterinnen und Vertreter der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz und des Labor LPT Neugraben in den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz eingeladen werden, um über die Tierversuche in zu Neugraben berichten. Fragen zur Tierhaltung, Versuchsanordnung, Kontrolle, Dokumentation und die Alternative mit tierversuchsfreien Versuchen soll beantwortet werden.
Bezirksversammlung Harburg 15.02.2019
Die Vorsitzende
Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz nimmt zu dem Antrag GRÜNE Drs. 20-4394 wie folgt Stellung:
Die Durchführung von Tierversuchen wird bundesrechtlich im Tierschutzgesetz und in der Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt.
Das Tierschutzgesetz dient vor allem dem Schutz des Tieres. Gleichwohl räumt es Wissenschaftlern explizit die Möglichkeit ein, unter bestimmten Voraussetzungen Tiere in Versuchen einzusetzen.
Jedes einzelne Versuchsvorhaben unterliegt gesondert einer Genehmigungs- oder Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde. In Hamburg ist für die Genehmigung und Anzeigenbearbeitung die BGV zuständig.
Alle Versuchsvorhaben müssen einzeln intensiv und streng entsprechend der tierschutzrechtlichen Vorgaben durch die zuständige Behörde auf Zulässigkeit geprüft werden. Dies gilt gleichermaßen für wesentliche Änderungen bereits bewilligter Versuchsvorhaben.
Die Prüfung resultiert immer in einer Einzelfallentscheidung, beruhend auf den jeweiligen Gegebenheiten. Bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit eines Versuchsvorhabens wird die zuständige Behörde von einer sechsköpfigen, wissenschaftlich erfahrenen Kommission beraten. Neben Wissenschaftlern sind hier auch Tierschutzorganisationen vertreten. Darüber hinaus verfügt jede Einrichtung, in der Tierversuche durchgeführt werden, über einen Tierschutzbeauftragten, der bereits im Vorfeld Zweifel anmelden kann und über eine eigene Stellungnahme zu den einzelnen Tierversuchsanträgen der Behörde seine tierschutzbasierte Einschätzung mitteilt. Hierdurch ergibt sich ein mehrstufiges System, welches sicherstellt, dass Zweifel an einem Versuchsvorhaben dargestellt werden. Bei begründeten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Versuchsvorhabens wird die Genehmigung für das Versuchsvorhaben nicht erteilt oder ein Versuchsvorhaben untersagt.
U.a. ist ein Kriterium zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Tierversuchs das Vorhandensein einer geeigneten Alternativmethode. Steht diese zur Verfügung darf keine Genehmigung erteilt werden. Im Bereich pharmakologischer und toxikologischer Bewertungen müssen diese Alternativverfahren von den Zulassungsbehörden für die einzelnen Stoffe und Produkte anerkannt sein.
Liegen die rechtlich geforderten Voraussetzungen für die Durchführung eines Tierversuchs vor, hat die Behörde eine Genehmigung zu erteilen. Ein Ermessensspielraum besteht für die Behörden in diesem Zusammenhang nicht.
In Hamburg wurden in den Jahren 2017 479 und 2018 430 genehmigungs- und anzeigepflichtige Tierversuchsvorhaben bewilligt (zu Zahlen vorhergehender Jahre siehe Drs. 21/7809). Ein Einfluss auf die Anzahl der in Hamburg beantragten Versuchsvorhaben oder etwaiger Änderungen besteht aus o.g. Gründen nicht.
Vor dem Hintergrund dieser Problematik war die Freie und Hansestadt Hamburg in den vergangenen Jahren bereits bestrebt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Maßnahmen zur Reduktion von Tierversuchen zu ergreifen. Bereits zweimal wurde ein Forschungspreis zur Förderung der Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch vergeben. Das Preisgeld wird zudem von 20.000 € auf 50.000 € angehoben werden, um einen hohen Anreiz für Forschung im Bereich der Alternativmethoden zu setzen.
Die Tabellen zu Tierart, -zahl und Verwendungszweck werden nach einer umfangreichen Zusammenstellung und komplexen Auswertung über das Transparenzportal öffentlich zugängig gemacht. Daten für das Jahr 2018 liegen noch nicht vor. Sie sind bis Mitte 2019 zu erfassen und können erst im Anschluss ausgewertet und veröffentlicht werden.
Wie die Statistik zeigt, wurden im Zuständigkeitsbereich Hamburgs in den vergangenen Jahren keine Versuche an Primaten und Hunden durchgeführt. Untersuchungen an Katzen und Kaninchen wurden in sehr geringem Umfang durchgeführt, dienten jedoch v.a. der Grundlagen- und translationalen Forschung; in Untersuchungen zu regulatorischen Zwecken wurden diese Tierarten dagegen nicht eingesetzt.
Tiere, die von Einrichtungen oder Unternehmen mit Standorten in anderen Bundesländern dort in Versuchen eingesetzt wurden, fallen nicht in den Hamburger Zuständigkeitsbereich.
Für die Haltung und Zucht von für Tierversuche vorgesehenen Tieren ist ebenfalls eine behördliche Erlaubnis erforderlich. Bei der Beurteilung der Haltungs- und Zuchtumstände sind neben den o.g. Rechtsvorschriften auch die RL 2010/63/EU und Anhang A des Europäischen Übereinkommens vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere zu berücksichtigen, in denen sich konkrete Vorgaben beispielsweise für Platzbedarfe finden.
Gravierende Verstöße konnten bei den Haltungskontrollen in Hamburg in den vergangenen Jahren nicht festgestellt werden. Auch hier gilt, dass Standorte in anderen Bundesländern nicht in die Hamburger Zuständigkeit fallen.
Die unternehmerische Ausrichtung eines Unternehmens bleibt diesem überlassen, eine Einflussmöglichkeit durch Behörden besteht bei Rechtskonformität nicht.
Das Unternehmen Laboratory of Pharmacology and Toxicology GmbH & Co. KG (LPT) ist ein privates Unternehmen, bei dem hinsichtlich von Auskünften datenschutzrechtliche Vorschriften zu beachten sind. Damit ist die Auskunftsfähigkeit der Überwachungsbehörden beschränkt und in vielen Punkten auf die Zustimmung des Unternehmens angewiesen. Anfragen zu einzelnen Unternehmen müssen daher ganz konkret formuliert werden, damit eine datenschutzrechtliche Prüfung hinsichtlich der Veröffentlichung von betriebsbezogenen Daten erfolgen kann. Eine Reihe von Daten können nur durch das Unternehmen selbst herausgegeben werden.
Dementsprechend ist die BGV nicht befugt, zu einzelnen Einrichtungen (hier: LPT) Stellung zu nehmen.
gez. Rajski
f.d.R.
Wyzinski