20-4724.01

Stellungnahme zum Antrag der GRÜNEN-Fraktion betr. Moorburg raus aus dem Gebiet der Hafenerweiterung und Sanierung der leerstehenden Häuser der SAGA/ GWG

Antwort/Stellungnahme gem. § 27 BezVG

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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10.09.2019
Sachverhalt

Seit dem Jahre 1375 gehört Moorburg zu Hamburg. Über den Moorburger Wehrturm wurde bis in das vorletzte Jahrhundert die Schifffahrt kontrolliert und das Stapelrecht ausgeübt: Schiffe mussten entweder Zölle zahlen oder die Waren in Hamburg einige Zeit zum Verkauf anbieten. Moorburg, einer der ältesten Stadtteile Hamburgs, hat somit lange zum Wohlstand Hamburgs beigetragen.

Bereits im ersten Weltkrieg will Hamburg seinen Hafen nach Süden und Westen erweitern und beginnt im Deutschen Reich und mit Preußen eine langjährige und erfolglose Groß-Hamburg-Diskussion. Im Jahre 1928 einigen sich Hamburg und Preußen auf die Gründung einer Hamburgisch-Preußischen Hafengemeinschaft zur zukünftigen Entwicklung von Hafenflächen: Hamburg bringt das Gebiet von Moorburg als Erweiterungsfläche in die Gemeinschaft ein. Im dritten Reich werden diese Planungen über das Groß-Hamburg-Gesetz und die Ernennung Hamburgs zur Führerstadt fortgeführt. In der Zeit nach 1945 wird der Status Moorburgs in den Aufbauplänen als Hafenentwicklungsgebiet bestätigt.

Im Jahre 1961 wird das Hafenerweiterungsgesetz erlassen. In diesem Gesetz samt seiner im Jahre 1982 folgenden Veränderung zum Hafenentwicklungsgesetz wird wieder Moorburg als Hafenerweiterungsgebiet ausgewiesen. Mit diesen Gesetzen ist es dem Hamburger Senat möglich, mit vereinfachten demokratisch nicht legitimierten Verfahren Grundstücksenteignungen zum Zwecke der Hafennutzung einschließlich der Unterbringung von Baggergut durchzuführen. Auch im aktuellen Hafenentwicklungsplan wird an dem Status des Erweiterungsgebietes festgehalten.

Seit 1928, also seit nunmehr über 90 Jahren leben die Bürgerinnen und Bürger in Moorburg mit der Ungewissheit über die Zukunft ihres Ortes.

2015 wurde mit der Senatsdrucksache 20/13587 der Verkauf von 161 Häusern und Grundstücken vom LIG an die SAGA/GWG und damit ca. 90 % der Immobilien im Ort beschlossen. Sie wurden nach Erbbaurecht für 75 Jahre an die SAGA verkauft. 

Viele dieser Häuser stehen jedoch noch immer leer und verfallen, die Sanierung verläuft sehr schleppend, die denkmalgeschützten Häuser verfallen. Die SAGA ist nicht bereit, die erforderlichen Summen zu investieren. Neubau, Umbau und Erweiterung von privaten Immobilien ist durch das Hafenerweiterungsgesetz ausgeschlossen bzw. stark eingeschränkt. Eigentum darf zudem nicht frei verkauft werden - die Stadt Hamburg hat ein Vorkaufsrecht. Diese Bedingungen behindern die Dorfentwicklung, den Erhalt von Häusern, einen Zuzug und das Dorfleben. 

Die 2012 im Hafenentwicklungsplan prognostizierte Verdreifachung der Umschlagszahlen des Hafens ist nicht eingetreten. Die Umschlagszahlen stagnieren seit Jahren unter der 9 Mio. EU Marke. Der von China in Kooperation mit ost-und südeuropäischen Ländern vorangetriebene Ausbau der neuen Seidenstraße und der Ausbau der Mittelmeerhäfen wie Piräus verlagert die Güterströme zwischen Europa und Asien auf andere Wege.

Die Globalisierung verändert den Welthandel und die Containerschifffahrt. Waren aus Billiglohnländern wurden importiert, hochwertige Produkte in Deutschland hergestellt. Inzwischen produzieren die ehemaligen Billiglohnländer selbst für den Eigenbedarf ihrer Bevölkerung und digitale Technologien ermöglichen die Produktion zurück nach Europa zu holen.  Der Hafenumschlag wird nicht weiterwachsen, sondern zurückgehen.  Auch die geplante Elbvertiefung und die Abfertigung immer größerer Containerschiffe wird daran nichts ändern.

Wenn Hamburg in seiner wirtschaftlichen Entwicklung nicht abgehängt werden will, muss in Zukunftstechnologien, Digitalisierung und Wissenschaft investiert werden.  Dafür werden jedoch keine weiteren Hafenflächen gebraucht. Schon jetzt sind Flächen im Hafen ungenutzt und werden umgewidmet, das hat die Planung für die Olympiabewerbung gezeigt. Damit fällt die Begründung für die Hafenerweiterung auf dem Gebiet von Moorburg weg.

Petitum/Beschluss


 

Die Bezirksversammlung fordert den Senat auf, die Entlassung von Moorburg aus dem Hafenerweiterungsgebiet zu prüfen. Moorburg soll wieder wachsen und sich entwickeln können.

Die SAGA/GWG muss die Mittel für Sanierung und Erhalt der Häuser bereitstellen, damit Leerstand beendet wird und die denkmalgeschützten Häuser erhalten werden können.  

Kauf und Verkauf von Häusern und privates Bauen soll wieder möglich werden für eine zukünftige positive Dorfentwicklung und den Zuzug von Bürgerinnen und Bürgern.  

 

 

 

Bezirksversammlung Harburg 06.06.2019

Die Vorsitzende

 

 

Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation nimmt unter Beteiligung der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) und auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) und der SAGA zu dem Antrag der Grünen Drs. 20-4727 wie folgt Stellung:

 

 

Aufgabe der HPA ist u. a. die Bereitstellung von marktgerechten Flächen. Die nachfragegerechte Flächenbereitstellung orientiert sich aufgrund der mehrjährigen Vorbereitungszeiten an der mittel- bis langfristigen Entwicklung. Der Hamburger Hafen verzeichnet eine andauernde Nachfrage nach Flächen. Es wird von einem weiterwachsenden Handelsvolumen ausgegangen.

 

Im Übrigen bietet der Hafen beständig Raum für Innovationen und Zukunftstechnologien. Die Hafenbetriebe sind aus eigenem Interesse Treiber der Digitalisierung und der Hafen und sein Umfeld bieten ein weites Feld für die Anwendung konkreter Wissenschaften.

 

Flächen, auf denen derzeit keine Infra- oder Suprastrukturen stehen, befinden sich entweder in der Umstrukturierung (Vorbereitung zur Bebauung oder Umnutzung) oder Flächensanierung, oder werden vermarktet, sind planungsbetroffen oder im Besitz privater Eigentümerinnen und Eigentümer.

 

Das Hafenerweiterungsgebiet ist die einzige Option des Hamburger Hafens als größtem deutschen Seehafen, eine große zusammenhängende Fläche zu einem neuen Hafenteil mit Infrastrukturanschlüssen an die Seeschifffahrtstraße, das Bahnnetz sowie die Autobahnen entwickeln zu können. Das Erweiterungsgebiet Moorburg (Zone I) bietet vor allem die einzige Möglichkeit für Umschlagsflächen mit seeschifftiefen Liegeplätzen.

 

Der gesetzlich vorgesehene Vorrang der Hafennutzung im Hafenerweiterungsgebiet bleibt daher eine unverzichtbare Voraussetzung für eine langfristig garantierte Entwicklungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens. Alle zwischenzeitlich notwendigen Veränderungen dürfen das Potenzial der für Hafenzwecke reservierten Fläche nicht einschränken.

 

Das Verfahren zum Erlass und der Anwendung des Hafenentwicklungsgesetzes war und ist rechtmäßig und steht im Einklang mit den höherrangigen Rechtsgrundlagen. Im Übrigen siehe Bürgerschaftsdrs. 20/5550.

 

Im Bereich Moorburg befinden sich 160 Häuser, davon 122 Einfamilienhäuser, im Erbbaurecht der SAGA. Davon stehen derzeit fünf Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus leer. Diese sind in ihrem derzeitigen Zustand nicht vermietbar. Im Rahmen des für die leerstehenden Objekte von der SAGA entwickelten Sanierungskonzeptes auf Basis einer umfassenden Bestandsanalyse der Objekte befindet sich die SAGA für alle sechs Objekte im Ausschreibungsverfahren. Auf Basis dieser Ergebnisse wird die SAGA nachfolgend über den genauen Sanierungsumfang entscheiden. Eine weitere Konkretisierung ist gegenwärtig nicht möglich.

 

 

gez. Rajski

 

f.d.R.

Riechers