Stellungnahme zum Antrag CDU/SPD betr. Videoüberwachung Umfeld Harburger Rathaus
Viele Bürger beklagen sich zunehmend über Verwahrlosungstendenzen, Vandalismus und Störung der öffentlichen Ordnung im Umfeld des Harburger Rathausplatzes und des Ortszentrums Neugraben.
Die Bezirksversammlung beschließt:
Die Verwaltung möge prüfen, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung des Harburger Rathausplatzes und im Umfeld des Rathauses sowie im Bereich des Ortszentrums Neugraben rechtlich möglich ist und ob hier unterschiedliche Möglichkeiten für die Verwaltung und private Grundeigentümer bestehen. Der Bericht möge möglichst umfassend und kurzfristig der Bezirksversammlung vorgelegt und im Hauptausschuss erörtert werden.
Hamburg, am 06.04.2017
Ralf-Dieter Fischer Uwe Schneider
Fraktionsvorsitzender Rainer Bliefernicht
Jürgen Heimath Holger Böhm
Fraktionsvorsitzender Claudia Loss
FREIE UND HANSESTADT HAMBURG
Bezirksamt Harburg
29.12.2017
Das Bezirksamt Harburg nimmt zu dem gemeinsamen Antrag von CDU und SPD (Drs.20-2825) wie folgt Stellung:
Mit dem o. g. Beschluss ist die Verwaltung um Prüfung gebeten worden, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung des Harburger Rathausplatzes und des Rathausumfeldes sowie des Ortszentrums Neugraben rechtlich möglich ist und ob unterschiedliche Voraussetzungen für die Verwaltung und private Grundeigentümer bestehen.
Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung wertet jede Videoüberwachung im öffentlichen Raum als erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Der Eingriff wird verstärkt, wenn Lebenssachverhalte nicht nur beobachtet, sondern auch aufgezeichnet werden. Eine Videoüberwachung ist daher nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung zulässig, die die spezifischen Voraussetzungen der Datenerhebung regelt, also hinreichende Vorgaben für Anlass und Grenzen der Videoüberwachung enthält.
Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung sind d. E. nicht erfüllt. § 8 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei enthält verschiedene spezialgesetzliche Ermächtigungen zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum als spezifisches Instrument der polizeilichen Gefahrenabwehr z. B. in Schwerpunktbereichen der Straßenkriminalität, die an diesen Örtlichkeiten nicht vorliegen dürften. Diese Frage wäre aber abschließend durch die BIS aufgrund deren Erkenntnissen zu klären. Rechtliche Möglichkeiten der Überwachung durch das Bezirksamt bestehen nicht.
Die Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen für eine Überwachung im Rahmen des Hausrechts (insbesondere auf Flächen zwischen den Dienstgebäuden) ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie stellt sich aber in der gebotenen Abwägung auch als schwierig begründbar dar. Es bedürfte insoweit einer Abstimmung mit dem hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit.
Nach § 30 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Bereiche innerhalb und außerhalb von Dienstgebäuden zulässig, soweit sie in Ausübung des Hausrechts der verantwortlichen Stelle zum Schutz von Personen und Sachen oder zur Überwachung von Zugangsberechtigungen erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzbedürftige Interessen der Betroffenen überwiegen. Es ist eine Abwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsgebot vorzunehmen, d. h. die Ziele der Videoüberwachung, die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme und das Gewicht der damit verbundenen Beeinträchtigungen für Betroffene ist darzulegen und abzuwägen.
Als Ziel käme insbesondere die präventive Verhinderung von Straftaten in Betracht. In der Vergangenheit hatte es innerhalb weniger Tage erhebliche Sachbeschädigungen durch Zerstörung von Fassadenplatten an den neuen Dienstleistungszentren gegeben. Es ist jedoch seither zu keinen größeren Beschädigungen mehr gekommen, nachdem ein Täter gefasst wurde. Zu berücksichtigen ist, dass die Flächen zwischen den Dienstgebäuden auch ohne öffentlich-rechtliche Widmung wie öffentliche Wegeflächen oder eine Fortsetzung der öffentlichen Grünanlage frequentiert und genutzt werden, was eine Vielzahl von durch Videoüberwachung betroffenen Passanten bedeutet.
Grundeigentümer/Vermieter der durch die Verwaltung genutzten Dienstgebäude unterliegen nicht den besonders strengen Bindungen des § 30 des Hamburgischen Datenschutzgesetzes. Sie könnten als Subjekte des Privatrechts eine Videoüberwachung der Flächen zwischen den Dienstgebäuden auf der Grundlage des § 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes durchführen, der nach der Auslegung der Gerichte deutlich größere Spielräume für die Überwachung ermöglicht.
Tatsächlich wäre hier das faktische Problem zu beachten, dass die Dienstgebäude mehreren verschiedenen Grundeigentümern gehören, was ein abgestimmtes Kamerakonzept technisch schwierig und aufwendig machen würde. Die Stellung der Dienstgebäude zueinander mit vielen verwinkelten und schwer einsehbaren Bereichen trägt dazu bei und würde auch zu einem erheblichen Kostenaufwand bei der Installation einer Anlage führen, die in der Lage ist, mindestens weitgehend die Flächen zwischen den Dienstgebäuden abzudecken.
(s. i. Ü. auch Handreichung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreit, Anlage)