Stellungnahme zum Antrag CDU betr. Kriminalitätsentwicklung im Bezirk 2020
Bei Vorlage des Berichtes der Innenbehörde über die Kriminalitätsentwicklung in Hamburg 2020 hat sich herausgestellt, dass in den meisten Bezirken die Kriminalitätsentwicklung offenbar Corona bedingt rückgängig gewesen ist. Dieses gilt allerdings nicht für den Bezirk Harburg. Dort ist ein Anstieg der Anzahl von Straftaten um 8,6% feststellbar. Nach den ergänzenden Angaben sind vor allem die Stadtteile Harburg, Wilstorf, Heimfeld, Hausbruch und Neugraben mit einem zweistelligen Anstieg verzeichnet. Im Bezirk Harburg ist auch die Anzahl der Wohnungseinbrüche um gut 30% angestiegen. Davon waren insbesondere der Süderelbebereich, Sinstorf und das Harburger Zentrum betroffen.
Die Bezirksversammlung beschließt:
Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, sachkundige Vertreter der Behörde für Inneres in den Ausschuss für Mobilität und Inneres einzuladen, damit dort über die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Harburg für 2020 detailliert berichtet wird. Zu dieser Sitzung sind wegen der besonders auffälligen Entwicklung im Süderelbebereich auch die Mitglieder des Regionalausschusses Süderelbe einzuladen.
Der Bericht soll sich insbesondere darauf erstrecken, aus welchen Gründen die Kriminalitätsentwicklung trotz der Rückläufigkeit in den meisten Bezirken, die möglicherweise auf Corona zurückzuführen ist, in Harburg gegenteilig verlaufen ist. Dabei sind die Besonderheiten der einzigen festgestellten Straftaten und die Besonderheiten der jeweiligen Stadtteile oder Teilbereiche detailliert darzustellen. Dazu gehört auch, welche konkreten Maßnahmen die Innenbehörde in den jeweiligen Gebieten des Bezirksamtsbereichs getroffen hat, um der auffälligen Entwicklung entgegenzuwirken und welche Veränderungen möglicherweise seit Beginn des Jahres 2021 schon feststellbar sind.
Hamburg, am 21.05.2021
Ralf-Dieter Fischer Rainer Bliefernicht
Fraktionsvorsitzender Lars Frommann
Jens Ritter
Bezirksversammlung Harburg 10.01.2022
Der Vorsitzende
Die Behörde für Inneres und Sport nimmt zu dem Antrag CDU Drs. 21-1438 wie folgt Stellung:
Die Kriminalitätslage des Jahres 2020 war außergewöhnlich und kann nur unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie betrachtet werden. Staatliche Maßnahmen zur Vermeidung einer unkontrollierten Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 erfassten sämtliche Bereiche unserer Gesellschaft – auch die Kriminalität. Die von der Bundesregierung und dem Hamburger Senat erlassenen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie hatten auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Kriminalität in Hamburg. Die zwischenzeitliche Schließung von Schulen, Kindertagesstätten, Geschäften, Dienstanbietern, Gastronomie, die Untersagungen von Kultur- / Sportveranstaltungen und Versammlungen sowie bestehende Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr haben das soziale, ökonomische und umweltbezogene Leben in der Stadt stark beeinflusst.
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) ging die Kriminalität in Hamburg im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um insgesamt 3,5 Prozent bzw. 7.306 Fälle zurück. Bedingt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das gesellschaftliche Leben verzeichneten insbesondere Deliktsbereiche wie Taschendiebstahl, Beförderungserschleichung, Diebstahl an/aus Kraftfahrzeugen, Diebstahl in/aus Gaststätten, Hotels und Kantinen sowie der Laden- oder Wohnungseinbruchdiebstahl die deutlichsten Abnahmen.
Die Gebiets-/Bevölkerungsstrukturen in den Bezirken unterscheiden sich voneinander, dies hat auch auf Bezirksebene unterschiedliche Auswirkungen. Die Kriminalität hat sich daher in den Bezirken unterschiedlich entwickelt. Deutliche Rückgänge bei den Straftaten insgesamt verzeichnete vor allem der Bezirk Hamburg-Mitte. In den Bezirken Eimsbüttel, Bergedorf und Harburg stiegen die Fallzahlen bei den Straftaten insgesamt an.
Zur Entwicklung der Straftaten insgesamt in den Jahren 2019 und 2020 siehe folgende Tabelle:
PKS Straftaten insgesamt |
erfasste Fälle |
Veränderung |
|||
Bezirke |
Ortsteile |
Jahr 2019 |
Jahr 2020 |
+/- |
in Prozent |
Bezirk Hamburg-Mitte |
101 - 142 |
74.430 |
67.740 |
-6.690 |
-9,0% |
Bezirk Altona |
201 - 227 |
25.700 |
24.951 |
-749 |
-2,9% |
Bezirk Eimsbüttel |
301 - 321 |
16.882 |
17.524 |
642 |
3,8% |
Bezirk Nord |
401 - 432 |
26.252 |
25.171 |
-1.081 |
-4,1% |
Bezirk Wandsbek |
501 - 526 |
30.261 |
29.622 |
-639 |
-2,1% |
Bezirk Bergedorf |
601 - 615 |
9.470 |
9.861 |
391 |
4,1% |
Bezirk Harburg |
701 - 718 |
14.961 |
16.254 |
1.293 |
8,6% |
Schlüsselzahl der Tat |
Straftaten |
erfasste Fälle |
Veränderung |
||
2019 |
2020 |
+/- |
in Prozent |
||
---- |
Straftaten insgesamt |
14.961 |
16.254 |
1.293 |
8,6% |
davon: |
|
|
|
|
|
0000 |
Straftaten gegen das Leben |
8 |
8 |
0 |
0,0% |
1000 |
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung |
146 |
138 |
-8 |
-5,5% |
2000 |
Roheitsdelikte/Straftaten gegen die persönliche Freiheit |
2.129 |
2.295 |
166 |
7,8% |
darunter: |
|
|
|
|
|
2100 |
Raub/räuberischer Angriff/Erpressung/räuberischer Angriff auf Kraftfahrer |
137 |
103 |
-34 |
-24,8% |
2200 |
Körperverletzung insgesamt |
1.557 |
1.730 |
173 |
11,1% |
**** |
Diebstahl insgesamt |
7.329 |
7.221 |
-108 |
-1,5% |
darunter: |
|
|
|
|
|
*26* |
Ladendiebstahl |
1.669 |
1.566 |
-103 |
-6,2% |
888* |
Wohnungseinbruchdiebstahl |
376 |
491 |
115 |
30,6% |
5000 |
Vermögens- und Fälschungsdelikte |
2.069 |
2.278 |
209 |
10,1% |
darunter: |
|
|
|
|
|
5110 |
Waren- und Warenkreditbetrug |
460 |
592 |
132 |
28,7% |
515001 |
Beförderungserschleichung |
708 |
788 |
80 |
11,3% |
6000 |
Sonstige Straftatbestände gemäß StGB |
2.278 |
2.933 |
655 |
28,8% |
darunter: |
|
|
|
|
|
6730 |
Beleidigung |
327 |
468 |
141 |
43,1% |
6740 |
Sachbeschädigung |
1.433 |
1.835 |
402 |
28,1% |
7000 |
Strafrechtliche Nebengesetze |
1.002 |
1.381 |
379 |
37,8% |
darunter: |
|
|
|
|
|
7250 |
Verstoß gegen AufenthG/AsylVerfG/FreizügG/EU |
243 |
360 |
117 |
48,1% |
7300 |
Rauschgiftdelikte |
566 |
808 |
242 |
42,8% |
Die PKS weist für den Bezirk Harburg im Vergleich der Zahlen des Zeitraums Januar bis Dezember 2019 mit dem Jahr 2020 einen Anstieg von 8,6 Prozent bei den Gesamtstraftaten aus.
Einen wesentlichen Anteil an diesem Anstieg der registrierten Straftaten hatten gezielte polizeiliche Maßnahmen zur Bekämpfung der öffentlich wahrnehmbaren Drogenkriminalität im Phoenix-Viertel ab Juni 2020. Als Folge von verstärkten polizeilichen Kontrollen wurden erheblich mehr Rauschgiftdelikte (+42,8 Prozent) und Verstöße gegen Ausländergesetze (+48,1 Prozent) festgestellt. Der Anstieg im Bereich Beleidigung (+43,1 Prozent) folgt dem Trend im Stadtgebiet, wobei die Fallzahlen im Bezirk Harburg im Jahr 2019 ausgesprochen niedrig waren. Überproportionale Zunahmen verzeichnete der Bezirk Harburg auch bei Sachbeschädigungen (+28,1 Prozent). Körperverletzungsdelikte haben um 11,1 Prozent zugenommen; die zahlenmäßig deutlichsten Anstiege gab es in den Stadteilen Neugraben-Fischbek, Heimfeld und Eißendorf. Konkrete Ursachen dafür sind nicht bekannt.
Die Zahl der Diebstahldelikte ist im Bezirk Harburg zwar um 1,5 Prozent zurückgegangen, aber nicht so deutlich wie im gesamten Stadtgebiet (-9,1 Prozent). Dazu hat vor allem die Entwicklung beim Wohnungseinbruchdiebstahl beigetragen, der um 30,6 Prozent zugenommen hat. Anstiege waren in den meisten Stadtteilen des Bezirks Harburg feststellbar; konkrete Ursachen dafür sind nicht bekannt. Zu berücksichtigen sind allerdings besonders niedrige Vergleichszahlen aus dem Jahr 2019.
Lagebezogen hat die Polizei darauf im zurückliegenden Jahr 2021 mit zielgerichteten Maßnahmen reagiert. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist seitdem deutlich zurückgegangen.
Zur Entwicklung der Kriminalität in den Stadtteilen des Bezirks Harburg siehe https://www.polizei.hamburg/contentblob/15030660/ae4a526e506a6a882cab4bb6d55984d8/data/pks-2020-do2.pdf (Polizeiliche Kriminalstatistik 2019/2020 - ausgewählte Delikte nach Bezirken / Stadtteilen).
Darüber hinaus siehe auch Antworten des Senats zu den Bürgerschaftsdrucksachen 22/3510 „Drogenhotspots, Taschendiebe, häusliche Gewalt - Wie sicher ist das Leben in Harburg?“ und 22/6124 „Hat Harburg ein Problem mit Vandalismus?“ (Anlagen 1+2).
Die PKS weist für den Bezirk Harburg im Vergleich der Zahlen des Zeitraums Januar bis September 2020 mit dem Vergleichszeitraum 2021 einen Rückgang von 12,3 Prozent bei den Gesamtstraftaten aus. Überproportionale Rückgänge werden unter anderem im Bereich der Sachbeschädigungen (-15,3 Prozent), bei den Diebstahlsdelikten insgesamt (-25,9 Prozent) und dabei insbesondere beim Wohnungseinbruchdiebstahl (-35,9 Prozent) verzeichnet.
Das örtlich zuständige Polizeikommissariat 46 setzt die vorhandenen eigenen und zur Unterstützung unterstellten personellen Ressourcen im Rahmen aktueller Lageerkenntnisse und unter Berücksichtigung der erforderlichen Prioritätensetzungen zur Durchführung präventiver und repressiver Maßnahmen ein. Darüber hinaus erteilt die Polizei zur konkreten Einsatztaktik grundsätzlich keine Auskünfte.
gez. Heimath
F.d.R.
Wyzinski