21-1353.01

Stellungnahme Antrag der GRÜNE Fraktion betr. Biodiversität und Artenschutz im Bezirk durch verstärkte systemische Gestaltung von Blühflächen erhöhen

Antwort / Stellungnahme des Bezirksamtes

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18.01.2022
Sachverhalt

Auf unserer Erde sind so viele Arten vom Aussterben bedroht wie nie zuvor. Allein in Deutschland sind von den rund 72.000 bekannten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten rund ein Drittel in ihrem Bestand gefährdet.

Besorgniserregend ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren weltweit immer mehr Bienenpopulationen und andere Insekten sterben. Diese bilden als artenreichste Tiergruppe das Fundament eines gesunden Ökosystems.

Ein  Antrag der  Grünen Fraktion in der Harburger Bezirksversammlung zur Förderung von Artenschutz und Biodiversität im öffentlichen Raum wurde bereits  2019 beschlossen (DS 21-0243). Hierin wurde gefordert: „Deshalb sollen öffentliche Flächen im Bezirk als positives Vorbild hervorgehoben und Grünflächen als Lebensraum für Tier und Pflanzen geschützt und entwickelt werden. Eine einfache Möglichkeit ist das Anlegen von Wildblumenflächen für bedrohte Insektenarten.  Solche Flächen erhöhen auch das Nahrungsangebot für Vögel und Kleintiere, sie weisen insgesamt eine hohe Artenvielfalt auf. Zudem tragen diese Blühflächen zum Klimaschutz bei, denn sie haben eine erheblich größere Oberfläche als kurz geschorene Rasenflächen und entziehen der Atmosphäre deswegen mehr CO.“

Ein konkreter Vorschlag von Bürger*innen, auf den großen Rasenflächen des Langenbeker Friedhofs Blühflächen einzurichten,  wurde vom  Fachamt des Managements des öffentlichen Raumes 2020 unbürokratisch aufgegriffen und schnell in einem konkreten Projekt realisiert. 

Die Bezirksverwaltung richtete hier zwei Blühflächen mit niedrig blühenden Sommerblumen entlang der Hauptwege des Friedhofseingangs ein. Ein Aushang im Schaukasten des Friedhofs weist Besucher*innen auf das Projekt hin, das von der Bevölkerung begrüßt wird.  In diesem Jahr werden diese Blühflächen wieder angelegt und eine neue Fläche am Teich hergestellt. Hierbei liegt der Fokus zum einen auf der Bienenweide, also Nektar für Insekten, zum anderen aber auch in der Pflanze selbst, die als Futter dient und z.T. zum Überwintern der Insekten genutzt wird. Das Gesamtprojekt „Der Friedhof blüht auf“ wurde von der Deutschen Wildtierstiftung dokumentiert.

Auch in anderen Hamburger Bezirken  wie Hamburg Nord und Wandsbek entwickelt sich eine zunehmende Gestaltung von Blühflächen mit  Wildblumen und  Frühblühern  auf Grünflächen des öffentlichen  Raums, die im ganzen Bezirk verteilt sind.  Wichtig ist, von  einzelnen Modellprojekten zu einer systemischen nachhaltigen Gestaltung vieler Blühflächen in Parkanlagen, Straßenbegleitgrün, Friedhöfen u.a. zu kommen. Hierzu gilt es einige Fragen zu klären. Es geht um eine Identifizierung geeigneter Standorte für Blühflächen und Blühstreifen im öffentlichen Grün des Bezirks und die Einbeziehung von Pflege und Entwicklungsplänen in die Arbeit und die Ressourcen des  Fachamts. Eine Sicherung der Finanzierung auch aus  Zusatzmitteln wie dem Sondervermögen Naturcent und dem Projekt „Natürlich Hamburg“ und Bezirksmitteln wie dem Förderfonds Bezirke und Gestaltungsmitteln ist zu prüfen. So haben die Bezirksversammlungen von Nord und Wandsbek bezirkliche Mittel für Blühflächen bewilligt. Letztlich ist auch eine Information von Bürger*innen zur Bedeutung von Blühflächen und über Möglichkeiten zur eigenen Nachahmung ein wichtiger Baustein.

 

 

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung möge beschließen:

 

Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, Mitglieder der Bezirksverwaltung in den Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz (KUV) einzuladen, um

 

   Über das Projekt „Der Friedhof blüht auf“ auf dem Langenbeker Friedhof und dessen  Modellcharakter zu berichten.

 

 Zu erläutern, welche weiteren konkreten Projekte zum Thema Verbesserung der Biodiversität speziell durch das Anlegen von Blühwiesen im Bezirk Harburg schon geplant sind und mit welchen Kosten diese Projekte verbunden sind.

 

 Über konkrete Möglichkeiten, Perspektiven und eventuelle Hemmnisse zu einer systemischen  Umsetzung  von Blühflächen im Harburger Stadtgrün zu berichten. Hierbei soll u.a. auf mögliche geeignete Standorte, finanzielle Bedarfe und notwendige Ressourcen und Informationen der Bürger*innen zum Projekt eingegangen werden. 

FREIE UND HANSESTADT HAMBURG

Bezirksamt Harburg        28.12.2021

 

Das Bezirksamt Harburg nimmt zu dem Antrag der Grüne-Fraktion (Drs. 21-1353) wie folgt Stellung:

 

Zum Projekt „Der Friedhof blüht auf“ auf dem Langenbeker Friedhof:

 

Auf dem Langenbeker Friedhof ist auf Wunsch von engagierten Bürger:innen eine rund 300 m2 große Blühwiese angesät worden, deren einjähriger Flor sich nach einer Nachsaat in 2021 erneut gut entwickelt hat. Zusätzlich wurde am Teich des Friedhofs von der Deutschen Wildtierstiftung eine dauerhafte Staudenfläche angelegt, um die Diversität der Flora und der Insekten zu erhöhen. Informationstafeln zur Blühwiese und zur Staudenfläche erklären die Projekte vor Ort. Diese Projekte werden zukünftig als Beispiel für die Umsetzung weiterer Ideen verstanden. Die nachfolgend beschriebenen Rahmenbedingungen (insb. finanzielle und personelle Umsetzbarkeit) gilt es dabei aber zu beachten.

 

Projekte im Bezirk Harburg zur Verbesserung der Biodiversität:

 

Bei folgenden Projekten wird oder wurde bereits die Biodiversität erhöht und die Lebensräume für die Pflanzen- und Tierwelt verbessert:

 

  • Heidefriedhof: Rodung von Farnbereichen in Abstimmung mit dem NABU, der Deutschen Wildtierstiftung und dem örtlichen Imkerverband, Verlegung von Altholz und Findlingen sowie Einsaat einjähriger Wildblumenmischung im Frühjahr 2022 und Pflanzung von Heide auf farnfreien Flächen in 2023.
  • Fischbeker Heuweg: Anlage einer Blühwiese in 2020 von ca. 400 m2 und Aufstellung eines Insektenhotels in 2021 im Rahmen des CLEVER Cities Projektes.
  • Naturerlebnisspielplatz Dritte Meile: Co-kreative Pflanzaktion mit dem NABU und der Loki-Schmidt-Stiftung im Rahmen des CLEVER Cities Projektes.
  • NF65: Anlage von Blühstreifen in der Parkanlage Neugrabener Wiesen in 2020.
  • Göhlbachtal: Im Rahmen der punktuellen Umgestaltung des Göhlbachtals sind Blühwiesenbereiche und weitere Vorhaben in Planung.
  • Ausgleichsfläche NF65,westlicher Bereich:

Die Ackerflächen nördllich der Straße „Am Aschenland“ dienen Maßnahmen zum Erhalt dort lebender seltener Vogelarten, insbesondere der letzten in Hamburg vorkommenden Rebhühner. Geplant ist es, Teilflächen mit einer Blühwiesenmischung anzusäen und dauerhaft zu erhalten, welche speziell für Rebhühner geeignet sind. Die Saatmischung ist auch Nahrungsquelle für viele weitere Insekten- und Vogelarten.

  • Schwarzenberg Park: Im Uferbereich des Schwanensees und auf den umliegenden Parkflächen werden Blühwiesen hergestellt. Der Ufersaum wird mit einer dem Standort entsprechenden Saatgutmischung auf einer Fläche von ca. 850 m² eingesät.

Die südlich angrenzenden Flächen beidseitig des Weges (ca. 900 m²) sowie eine weitere Fläche an der Bissingstraße (ca. 1.600 m²) werden ebenfalls mit einer Saatgutmischung (Fettwiese) eingesät. Die Finanzierung erfolgt über den Naturcent.

 

Standorte und Ressourcen

 

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Pflege der Blühwiesen wesentlich aufwendiger und kostenintensiver ist als die Unterhaltung von Rasen- und Wiesenflächen. Der Finanzierungsbedarf im Bereich der Unterhaltung erhöht sich somit erheblich.

Geringe personelle Kapazitäten ermöglichen zudem kaum konzeptionelles Arbeiten und eine Entwicklung weiterer Perspektiven.

Gleichzeitig steigt der Bedarf an speziell ausgebildeten Fachkräften für die ökologische Pflege der Flächen sowie der Bedarf an speziellen Maschinen für die Mahd. Außerdem erhöhen sich die Entsorgungskosten für das Mahdgut immens.

Bei der Flächenauswahl für die Anlage von weiteren Blühwiesen kann es im Hinblick auf die Nutzbarkeit der Flächen (Liegewiesen, Spielwiesen) zu Konflikten mit der Bevölkerung oder Missachtung der aufwendig angelegten Flächen kommen. Hier ist immer eine Abwägung der Interessen notwendig.

 

Die Belange von Kindern und Jugendlichen wurden geprüft und sind zum Erhalt einer möglichst guten Biodiversität für nachfolgende Generationen berücksichtigt.

 

 

Fredenhagen