NEU Dringlichkeitsantrag Fraktionen Die Linke und Grüne betr.: Notstandort Schlachthofstraße - Sofortmaßnahmen ergreifen!
Letzte Beratung: 04.11.2025 Bezirksversammlung Harburg Ö 3.1
Die Erstaufnahmeeinrichtung Neuland (Schlachthofstraße 3-5, 21073 Hamburg) in Harburg steht seit Monaten öffentlich in der Kritik.
Nachdem ca. 200 Bewohner*innen am 12.10.2025 gegen die katastrophalen Zustände im Camp protestiert hatten, wurden in der Nacht auf den 13.10.2025 mehrere Bewohner für bis zu 10 Stunden aus der Unterkunft ausgeschlossen. Sie mussten diese Nacht, bei Temperaturen um die 8 Grad, auf der Straße ausharren1.
Die Schilderungen der Bewohner*innen sind weitreichend, von mangelnder Privatsphäre - in den Kompartiments in der Halle leben jeweils 12 Personen - defekten Sanitäranlagen, schlechten Ernährungsbedingungen, eingeschränkter Bewegungsfreiheit, keinen kindgerechten Räumen und diversen weiteren Missständen wird berichtet. Bei jedem einzelnen dieser Punkte handelt es sich um Postmigrationsstressoren. „Wirken mehrere Postmigrationsstressoren zusammen, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Betroffenen an einer Traumafolgestörung (z. B. Depression oder Posttraumatischen Belastungsstörung) zu erkranken (Nickerson et al., 2011)." 2
Das Camp ist als Notunterkunft ausgelegt, aus einer jüngsten Anfrage der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft geht jedoch klar hervor, dass die Realität eine andere ist: Die Aufenthaltsdauer der zehn am längsten in der Unterkunft lebenden Kinder unter 18 Jahren liegt zwischen 280 und 397 Tagen. „Durch die … seit Jahren zum Thema durchgeführten wissenschaftlichen Studien kann festgestellt werden, dass Sammelunterkünfte … keine kindgerechte bzw. den Vorgaben der UN- Kinderrechtskonvention und der EU-Aufnahmerichtlinie entsprechende Unterbringung darstellen. Es liegen Verletzungen der Rechte aus der Kinderrechtskonvention vor, darunter die Nichtberücksichtigung des Rechts des Kindes „auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit” oder auch des Rechts auf Entwicklung. Die Lebenssituation junger Geflüchteter in Sammelunterbringungen steht dem Kindeswohl entgegen.“3
Das Camp wird vollständig von der Außenwelt abgeschottet, die Bewohner*innen dürfen keinen Besuch empfangen, dürfen sich nicht einmal untereinander in den Kompartiments besuchen und auch ehrenamtlichen Helfer*innen wird der Zugang verwehrt. Sogar die Presse wurde mehrfach daran gehindert, das Camp zu betreten. Foto- und Videoaufnahmen sind im Camp strikt verboten.
Vor diesem Hintergrund muss unverzüglich geprüft werden, ob die Unterbringung in der Unterkunft an der Schlachthofstraße unter den dortigen Bedingungen den gesetzlichen und menschenrechtlichen Mindeststandards entspricht.
1https://taz.de/Gefluechtetenunterkunft-in-Hamburg/!6124724/
Die Bezirksversammlung Harburg fordert die zuständigen Stellen auf,
1. innerhalb der nächsten 14 Tage eine Besichtigung der gesamten Unterkunft Schlachthofstraße, inklusive der Sanitäranlagen, durchzuführen.
Diese soll gemeinsam mit den am Standort arbeitenden Sozialarbeiter*innen des DRK und Bewohner*innen des Camps stattfinden. Der Presse soll künftig bei Einladung durch Bewohner*innen der Zugang zum Camp erlaubt sein und, insofern die Bewohner*innen ihre Einwilligung dazu geben, sollen auch Kompartiments besichtigt werden können.
Im Anschluss an die Besichtigung wird ein Bericht über die Besichtigung verfasst.
2. sofort
- den Transfer aller Familien mit minderjährigen Schutzbefohlenen in eine geeignete Unterkunft mit kindgerechten Bedingungen zu ermöglichen.
- die Öffnung des Spielraums für Kinder und Jugendliche, dauerhaft während der vom DRK angegebenen Zeiten, sicherzustellen.
- das Verbot des gegenseitigen Besuchs unter den Bewohner*innen aufzuheben.
- die Hausordnung der Unterkunft, sowohl den Bewohner*innen als auch den zuständigen Fachsprecher*innen der Fraktionen vollständig offenzulegen.
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