Gemeinsamer Antrag SPD - GRÜNE betr. Tempo 30 auf der Heimfelder Straße und Alter Postweg
Die Heimfelder Straße verläuft zwischen Kuhtrift und Alter Postweg durch Heimfeld. Zwischen der B73 und Ehestorfer Weg/Eißendorfer Straße ist sie eine der drei in west-östlicher Richtung verlaufenden Verbindungen Heimfelds mit der Harburger Innenstadt. Geprägt ist sie durch eine Wohnbebauung - zum Teil mit Villen, jedoch zumeist geschlossen mehrgeschossig. Beidseitig ist ein alter Baumbestand vorhanden, der der Heimfelder Straße den Eindruck einer Allee verleiht. Parkstände befinden sich an beiden Seiten der Straße jeweils als Längsparker, abschnittsweise ist das Halten und Parken untersagt. An manchen Stellen befindet sich Einzelhandel (im mittleren Bereich Apotheke, Bäckerei mit Café, Drogeriemarkt; um den Heimfelder Platz verstärkt). Ab dem Heimfelder Platz wird die Straße als Alter Postweg, später ab der TUHH als Am Schwarzenberg-Campus und Schwarzenbergstraße bis zur Harburger Innenstadt fortgeführt.
Das Friedrich-Ebert-Gymnasium mit mehr als 800 Schüler:innen und mehr als 60 Lehrer:innen ist mit dem dortigen auch von Vereinen genutzten Sportplatz und der ebenfalls auf dem Gelände befindlichen Volkshochschule, direkt an der Straße Alter Postweg gelegen.
An der Am Schwarzenberg-Campus angesiedelten Technischen Universität sind fast 8.000 Studierende eingeschrieben und rund 1.500 Menschen in unterschiedlichen Aufgabenfeldern beschäftigt.
Die HVV bedient die Strecke im ÖPNV mit der Linie 142 (AK Harburg – Kanalplatz) regelhaft und weitgehend im 5-Minuten-Takt. Im Stundentakt fährt die Linie 543 (Nachtigallenweg – Groß Moor). Die Haltestellen werden nahezu durchgängig im Zeitabstand von einer oder zwei Minuten angefahren. Der Abstand der Haltestellen beträgt im Wesentlichen zwischen ca. 200m und ca. 400m und diese befinden sich zum Teil im Straßenraum, zum Teil auch mit eigenen Haltestreifen. Bushalt und -abfahrt werden durch den fließenden Verkehr nicht gestört, jedoch wird die Fahrt durch falschparkende Fahrzeuge häufig behindert.
Im Verlauf der Heimfelder Straße und auch Alter Postweg kommt es gehäuft zu Verkehrsbehinderungen durch parkende Fahrzeuge in zweiter Reihe, die oftmals wegen des Gegenverkehrs nur mit Einschränkungen umfahren werden können.
Im Verlauf der Heimfelder Straße befinden sich vier, im Verlauf Alter Postweg, Am Schwarzenberg-Campus und Schwarzenbergstraße weitere drei Lichtsignalanlagen (vulgo Ampeln).
Radwege sind im Bereich der Heimfelder Straße nicht vorhanden. Im Bereich ab dem Heimfelder Platz (Alter Postweg bis Harburger Ring) wird der Radweg auf dem Gehweg, zumeist farblich getrennt, geführt.
Die Zählungen der Verkehrsstärke an den Bedarfszählstellen 6840 (Heimfelder Straße) und 6841/7079 (Heimfelder Platz) ergeben Werte zwischen 4.500 und 5.000 Pkw in 24 Stunden, an Werktagen zwischen 5.000 und 6.000 (Zählungen aus dem Jahr 2016).
Das hohe Verkehrsaufkommen stellt für die Bewohner:innen eine Belastung durch Lärm und Abgase dar und bedeutet ein nicht unerhebliches Unfallrisiko auch für die Schüler:innen des Gymnasiums auf ihrem Schulweg – insbesondere per Fahrrad.
Eine Reduzierung der angeordneten Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 30 ist hier dringend erforderlich.
Positive Effekte der Reduzierung der Geschwindigkeit sind belegt. So verweist Schüller (2010; S. 38ff.) auf: “Der Einfluss der Geschwindigkeit auf die Unfallschwere ist eindeutig nachweisbar und lässt sich ähnlich dem Energieabbau (…) beschreiben und damit auch theoretisch begründen.“.
„Der stärkste Beweis für den Geschwindigkeitseinfluss auf das Unfallgeschehen wurde im Zusammenhang mit der Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts von 60 km/h auf 50 km/h in vielen Ländern Europas Ende des 20. Jahrhunderts erbracht. Nachgewiesen wurden Rückgänge von 10-15 % bezogen auf alle Unfälle, wobei von einem Rückgang der Geschwindigkeit um 2-5 km/h ausgegangen werden kann (ECMT 1996). Stärker noch wirken sich die Rückgänge im Geschwindigkeitsniveau auf die Unfälle mit Personenschaden aus. Kloeden et al. 2004 stellen Rückgänge von 20 % bei den Unfällen mit Personenschaden auf Stadtstraßen in Australien fest, bei Geschwindigkeitsreduzierungen von durchschnittlich 2,3 km/h.“ (Schüller 2010, S. 39f.).
Der Anhalteweg reduziert sich von 27,7m auf 13,3m um mehr als die Hälfte. (UBA 2016, S. 15)
Eine Verringerung der Verkehrskapazitäten ist nicht zu befürchten. „Die Leistungsfähigkeit von innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen wird maßgeblich von den lichtsignalgeregelten Knotenpunkten (Ampelkreuzungen) bestimmt. Sie sind der „Flaschenhals“ einer Straße, deren Kapazität von zwei Dingen abhängt:
- der Dauer der Grünphase (Freigabezeitanteil an der Umlaufzeit der Lichtsignalanlage),
- der so genannten Sättigungsverkehrsstärke.
Die Dauer der Grünphase steht nicht im Zusammenhang mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und ist somit bei Tempo 30 und Tempo 50 unverändert. Die Sättigungsverkehrsstärke hängt vom zeitlichen Abstand der fahrenden Kraftfahrzeuge ab. Bei Einhaltung des Mindestabstandes („halber Tacho in Metern“) liegt der zeitliche Fahrzeugabstand (der auch als Zeitbedarfswert oder Bruttozeitlücke bezeichnet wird) bei Standardbedingungen für Pkw sowohl bei Tempo 50 als auch bei Tempo 30 bei 1,8 Sekunden.
Die Sättigungsverkehrsstärke beträgt somit bei 50 km/h und bei 30 km/h grundsätzlich 2.000 Kfz je Stunde und Fahrstreifen (...). Sie kann durch verschiedene Einflüsse sinken, die jedoch nicht durch die zulässige Höchstgeschwindigkeit beeinflusst werden. Dazu gehören unter anderem ein hoher Schwerverkehrsanteil, geringe Fahrstreifenbreiten oder Abbiegeradien, starke Steigungen und starker beim Abbiegen zu beachtender Fuß- und Radverkehr.“ (UBA 2016, S. 4)
„Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen hat in der Mehrheit der untersuchten Fälle auch ohne Begleitmaßnahmen eine geschwindigkeitssenkende Wirkung. Vor allem die hohen Geschwindigkeiten nehmen ab. Je länger Tempo 30 besteht, desto besser wird die Geschwindigkeitsregelung eingehalten.“ (a.a.O., S. 9)
Eine Verlängerung von Wegezeiten ist, wenn überhaupt, nur in marginalem Umfang zu erwarten. Bereits jetzt werden die erlaubten Spitzengeschwindigkeiten bei normalem Fahrverhalten kaum erreicht, da Lichtsignalanlagen und parkende Fahrzeuge in zweiter Reihe regelmäßig zum Abbremsen und Anhalten zwingen. Im Rahmen normaler Beschleunigung ist die Wegstrecke, die mit Geschwindigkeiten über Tempo 30 zurückgelegt werden kann, eher gering. „In der Praxis wurden bei Messfahrten Reisezeitverluste an Tempo-30-Strecken von 0 bis 4 Sekunden je 100 Meter festgestellt. Dies ist auch bei längeren Abschnitten oder einer Aneinanderreihung von mehreren Regelungen volkswirtschaftlich kaum relevant.“ (a.a.O., S. 11)
Dies gilt umso mehr für den ÖPNV, der zusätzlich zu den Einschränkungen durch LSA und Falschparkende auch noch zusätzliche Brems- und Beschleunigungsphasen an den Haltestellen aufweist.
Die positiven Auswirkungen einer Anordnung von Tempo 30 sind hingegen groß.
„Tempo 30 führt in der Mehrzahl der untersuchten Fälle zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen. Dazu tragen vor allem nachts auch die geringeren Lärmspitzen bei.“ (a.a.O. S. 14)
„Tempo 30 reduziert die Luftschadstoffbelastung, wenn es gelingt, die Qualität des Verkehrsflusses beizubehalten oder zu verbessern.“ (a.a.O,. S. 15)
Eine Verlagerung der Verkehre in Nebenstraßen ist nicht erwartbar. „Bisherige Tempo-30-Anordnungen haben den vorliegenden Untersuchungen zufolge nicht zu nennenswerten Schleichverkehren geführt. Die Planung sollte eine Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit immer im Netzzusammenhang und gemeinsam mit der Qualität des Verkehrsflusses betrachten, um die Attraktivität der Hauptstraßen für den Durchgangsverkehr beizubehalten.“ (a.a.O., S. 18)
„Tempo 30 wird von den Anwohnenden überwiegend positiv wahrgenommen und bewertet.“ (a.a.O., S. 19)
Die Voraussetzungen für eine Anordnung von Tempo 30 sind gegeben.
„Eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h auf 30 km/h ist straßenverkehrsrechtlich eine sogenannte Verkehrsbeschränkung und nach § 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zulässig unter anderem zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen (…) In groben Zügen lassen sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die besonders häufig vorkommenden Tempo-30-Anordnungen aus Lärmschutzgründen wie folgt beschreiben: Tempo-30-Anordnungen sind vorzunehmen, wenn der Lärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen werden muss.“ (a.a.O., S. 20)
Verweise/Quellen
Schüller 2010: Hagen Schüller; Modelle zur Beschreibung des Geschwindigkeitsverhaltens auf Stadtstraßen und dessen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit auf Grundlage der Straßengestaltung; Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr, Fakultät für Verkehrswissenschaften „Friedrich List“, Technische Universität Dresden, 2010
UBA 2016: Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen; Umweltbundesamt, ISSN 2363-832X; 2016
Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten sich bei der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende dafür einzusetzen, dass auf der Heimfelder Straße auf dem Abschnitt Heimfelder Straße-Haakestraße, Alter Postweg, Am Schwarzenberg-Campus und in der Schwarzenbergstraße ganztägig Tempo 30 angeordnet wird.