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Gemeinsamer Antrag der GRÜNE und SPD-Fraktion betr. Partizipation bei der Gestaltung des Harburger Klimaschutzprojektes verstärken: Formate mit Bürger*innenkonferenzen, die nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzt sind, erproben

Gemeinsamer Antrag

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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27.10.2020
Sachverhalt

Der Bezirk ist gerade dabei ein integriertes Klimaschutzprojekt für den Bezirk zu entwickeln. Klimaschutz geht uns alle an, nicht nur in der Theorie, sondern besonders bei der Gestaltung politischer Vorgaben auf kommunaler Ebene und in unserem Lebensbereich. Erstmalig hatten die Harburger*innen die Möglichkeit sich in vier Klima-Talks über den Stand des Klimaschutzkonzeptes zu informieren und konkrete Vorschläge einzubringen. Die Beteiligung der Bevölkerung war allerdings noch überschaubar.

Die Entwicklung und Umsetzung eines bezirklichen Klimaschutzkonzepts darf sich nicht nur mit der Gestaltung fachlicher Handlungsfelder wie Energie, Wohnungsbau und Mobilität  beschäftigen, sondern muss von Anfang den Gesichtspunkt einer breiten Bürgerbeteiligung  in den Focus stellen.

Information und   vor allem eine breite Kommunikation und Diskussion der Handlungsfelde, Ziele und Maßnahmen des Konzeptes in der Bevölkerung sind wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit. Hierbei erscheint es wichtig, neue offene Beteiligungsformate für die Bürger*innen zu entwickeln und umzusetzen.

Gute Bürgerbeteiligung lebt von der Vielfalt der Meinungen. Erst wenn unterschiedliche, gar gegensätzliche Interessen untereinander ausgetauscht werden, können neue Ideen entstehen und Kompromisse gefunden werden. Deshalb werden immer öfter zufällig ausgewählte Bürger*innen in sog. Demarchiemodellen zu Beteiligungsverfahren hinzugezogen.

Das Zufallsprinzip garantiert eine hohe Legitimation. Die Akzeptanz einer Bürgerempfehlung ist deutlich höher, wenn das Beteiligungsprojekt allen Bürger*innen dieselbe Chance zur Teilnahme einräumt und die Zusammensetzung der Gruppe repräsentativ und vielfältig ist. Zufällig ausgewählte Konferenzen sind auch weit weniger von Gruppeninteressen und Machtstrukturen abhängig.

Grundidee ist, dass Bürger*innen Gremien zugelost werden, die sich mit Hilfe von Dokumenten und Experten zu einem Thema informieren, beraten und schließlich Entscheidungsvorschläge machen. Frauen und Männer sind entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten, ebenso die unterschiedlichen Altersgruppen.

Solche Demarchiemodelle sind bereits seit Jahren in Landesparlamenten erprobt worden, etwa in Island bei der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes oder in Irland bei einer Stellungnahme zur Zulässigkeit der Ehe für Homosexuelle. Ähnliche Aktivitäten gibt es aktuell in Spanien, der Schweiz und Großbritannien oder im französischen Bürgerkonvent bestehend aus 150 per Zufall ausgewählten Teilnehmer*innen die alltagsnahe Vorschläge zu Themen wie Transport, Essen, Wohnen, Kultur und Arbeit entwickelten. Auch der Ältestenrat des Deutschen Bundestages hat gerade einen losbasierten Bürgerrat zur Rolle Deutschlands in der Welt beschlossen.

Auch in lokalen Beratungsgremien zum Thema Klimaschutz gibt es aktuell eine verstärkte Einbindung von Bürger*innenkonferenzen mit ausgelosten Teilnehmer*innen. Die Relevanz der klimapolitischen Themen eröffnet gute Rahmenbedingungen für eine verstärkte Beteiligung.

 

Erfahrungen von Institutionen wie der Bertelsmannstiftung bieten zur konkreten Umsetzung eine Fülle von Anregungen und konkreten Verfahren, etwa im Leitfaden „Bürgerbeteiligung mit Zufallsauswahl: Das Zufallsprinzip als Garant einer vielfältigen demokratischen Beteiligung: ein Leitfaden für die Praxis“. Der Leitfaden zeigt auf, was eine Zufallsauswahl ist und wie sie durchgeführt wird. Er beschreibt, welche verschiedenen Verfahren es gibt, wann sich welches Verfahren eignet und was es jeweils kostet. Grundlagen und Umsetzungsstrategien werden illustriert durch erfolgreiche Beispiele aus Deutschland und dem europäischen Ausland.

 

 

 

Petitum/Beschluss


 

Die Bezirksverwaltung wird gebeten, die Bürger*innen des Bezirks verstärkt in die Entwicklung und Umsetzung des Harburger Klimaschutzprojektes einzubeziehen.

 

Hierzu sollen neue Beteiligungsformate wie Bürger*innenkonferenzen, die nach dem Zufallsprinzip des Demarchiemodells zusammengesetzt sind,  in Harburg erprobt werden. Über die Umsetzung ist im Hauptausschuss zu berichten