Antrag Grüne betr. Harburger "Mahnmal gegen den Faschismus, Krieg, Gewalt - für Frieden und Menschenrechte" von Esther und Jochen Gerz
Letzte Beratung: 28.11.2019 Kulturausschuss Ö 6.1
Zum 50. Jahrestag der nationalsozialistischen Machtergreifung beschloss die Bezirksversammlung Harburg im Januar 1983 einstimmig die Errichtung eines „Mahnmals gegen den Faschismus“ am Harburger Rathausplatz. Nach Abschluss eines Wettbewerbs und intensiven Diskussionen fiel die Entscheidung zugunsten eines Entwurfs von Esther Shalev-Gerz und Jochen Gerz, die eine besondere Form der Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus beabsichtigten. Das Ehepaar baute 1986 eine bleiummantelte Säule von zwölf Metern Höhe auf, die als Schreibgrund für Unterschriften und Kommentare zur NS-Zeit genutzt werden sollte. In acht Schritten wurde die Stele bis zum 10. November 1993 in das Erdreich abgesenkt und verschwand aus dem Blickfeld und dem Bewusstsein der Bevölkerung. Der Künstler selbst kommentierte dies so: „Denn die Orte der Erinnerung sind Menschen, nicht Denkmäler.” "Am Ende können wir nur selber gegen Unrecht aufstehen."
Heute ist von dem Mahnmal nur noch die oben abschließende Bleiplatte im Gehweg zu sehen, teilweise von Pflanzen umwuchert. Außerdem ermöglicht ein schmales vergittertes Fenster in einer Tür unter vielen in der Fußgängerunterführung den Blick auf einen Teil der Stele. Tafeln erklären die Entstehung des Denkmals und den Anlass seiner Errichtung. Die „Adresse“ des Mahnmals ist eine kleine in die Jahre gekommene Messingplatte ohne großen Hinweischarakter mit Angaben zum Künstler und dem Erbauungsjahr.
Vielen Harburger Bürgerinnen und Bürgern ist der Sinn ja sogar die Existenz dieses weltberühmten Mahnmals nicht bekannt.
Der isrealische Publizist Benjamin Balint monierte bereits 2010 in einem Artikel in der ZEIT den äußerlich verkommenen Eindruck und konstatierte: „Das Gerz-Denkmal ist ein Symbol für die deutsche Selbstverleugnung, es ist ein Denkmal, das sich selbst degradiert. Für mich symbolisiert sie leider auch den immer noch in einigen deutschen Herzen wohnenden geheimen Wunsch, dass diese an die deutschen Untaten erinnernden Mahnmale endlich einfach verschwinden mögen. Das Konzept des Gerz-Denkmals beruhte auf der Hoffnung, dass eines Tages antifaschistische Mahnmale in diesem Teil der Welt nicht mehr notwendig sein würden. In dieser Hinsicht ist sein einziger Makel vielleicht verfrühter Optimismus“.
Das Hamburger Abendblatt schickte 2010 aktuelle Fotos an den Künstler Gerz und druckte seinen Kommentar ab: "Natürlich überraschen mich die Bilder, und ich frage mich, ob die Stadt generell so mit ihrem öffentlichen Raum umgeht wie mit diesem Ort in Harburg. Wenn sich Harburger Bürger für Pflege und Erhalt des Mahnmal gegen Faschismus engagieren wollen, bin ich natürlich glücklich. Leider kann sich das Mahnmal nicht selber pflegen und erhalten."
Alles dies sind gewichtige Gründe, dass der Bezirk klärt, wie er mit seinem weltbekannten Mahnmal weiterhin umgehen möchte. Insbesondere müssen das Mahnmal und die ihm zugrunde liegenden Ideen stärker in das Bewusstsein der Harburger Bevölkerung gebracht werden, denn ein solches wertvolle Mahnmal hat von seiner Bedeutung und Aktualität in Harburg und überall auf der Welt nichts verloren
Die Bezirksversammlung möge beschließen:
Die Verwaltung wird gebeten, ein Konzept zur Umfeldgestaltung und zur besseren Wahrnehmung des „Mahnmals gegen den Faschismus, Krieg, Gewalt – für Frieden und Menschenrechte“ und seinen zugrunde liegenden Ideen zu entwickeln und im Ausschuss KBSS vorzustellen.
Hamburg, den 05.09.2013
Kay Wolkau
Grüne-Fraktionsvorsitzender
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