22-0900

Antrag der Volt Fraktion: Potenzialflächensuche und politische Initiative zur Ansiedlung eines nachhaltigen Rechenzentrums mit Abwärmenutzung in Hamburg-Harburg

Antrag

Letzte Beratung: 23.09.2025 Bezirksversammlung Harburg Ö 6.37

Sachverhalt

Antrag der Volt Fraktion: Potenzialflächensuche und politische Initiative zur Ansiedlung eines nachhaltigen Rechenzentrums mit Abwärmenutzung in Hamburg-Harburg

Mit dem vorliegenden Antrag setzt sich die Volt-Fraktion für die aktive Entwicklung einer zukunftsfähigen digitalen Infrastruktur im Bezirk Harburg ein. Hintergrund ist der zukünftig stark steigende Bedarf an leistungsfähigen Rechenzentren, der sich vor allem durch die zunehmende Nutzung datenintensiver KI-Anwendungen, den Ausbau cloudbasierter Dienste sowie die Digitalisierung zentraler Bereiche wie Forschung, Gesundheitswesen, der Verwaltung und Industrie erklärt.

Hamburg-Harburg bietet in diesem Zusammenhang eine vielversprechende Ausgangslage. Mit der Technischen Universität Hamburg (TUHH), einem lebendigen Start-up-Ökosystem, Projekten zur digitalen Hafenlogistik und einem wachsenden KI-Sektor verfügt der Bezirk bereits über ein innovationsfreundliches Umfeld. Auch das Großklinikum AK Harburg wird künftig auf erhebliche digitale Rechenleistung angewiesen sein, insbesondere im Bereich der medizinischen Diagnostik, Forschung und Verwaltung. Gleichzeitig entstehen auf Grund der weltpolitischen Lage weitere konkrete Bedarfe für moderne IT-Infrastruktur, insbesondere für dezentrale, energieeffiziente und datensouveräne Rechenleistungen.

Ein Blick ins benachbarte Rellingen zeigt, wie solche Anforderungen zukunftsweisend umgesetzt werden können. Dort entsteht derzeit ein modernes Rechenzentrum mit Direktwasserkühlung, das nicht nur besonders energieeffizient arbeitet, sondern seine Abwärme gezielt in die kommunale Wärmeversorgung einspeist. Das Projekt ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie Digitalisierung und Wärmewende sinnvoll miteinander verbunden werden können.

Ein vergleichbares Konzept ist auch für Harburg denkbar. Vor dem Hintergrund aktueller gesetzlicher Entwicklungen wie dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) und dem Wärmeplanungsgesetz (WPG) ist eine solche Kombination sogar geboten. Beide Regelwerke fordern eine deutlich effizientere Nutzung von Abwärme und eine zukunftsorientierte Planung kommunaler Wärmenetze. Ein Rechenzentrum, das klimafreundlich betrieben wird und zugleich als Energiequelle für Schulen, Wohnhäuser oder öffentliche Einrichtungen dient, passt exakt in diesen Rahmen.

Bislang gibt es im Bezirk keine Rechenzentren, die diese Kriterien erfüllen. Bestehende kleinere Standorte verfügen nicht über die notwendige Kapazität und Infrastruktur, um den prognostizierten Bedarf von zehn bis fünfzehn Megawatt IT-Leistung bis zum Jahr 2030 zu decken. Hinzu kommt, dass viele der in Harburg ansässigen Akteure derzeit auf externe, teils weit entfernte Rechenkapazitäten angewiesen sind. Das ist nicht nur mit hohen Kosten verbunden, sondern bringt auch datenschutz- und energiepolitische Herausforderungen mit sich.

Ein weiterer relevanter Aspekt ist das wirtschaftliche Potenzial: Rechenzentren zählen zu den investitionsstärksten Gewerbeansiedlungen überhaupt und leisten regelmäßig signifikante Beiträge zur lokalen Gewerbesteuer. Gleichzeitig handelt es sich bei dieser Betriebsform um eine besonders flächenschonende und verkehrsarme Nutzung. Der laufende Betrieb verursacht kaum Lärm oder Verkehrsbelastung. Zudem entstehen hochqualifizierte Arbeitsplätze im Bau und Betrieb des Zentrums.

Auch aus sozial- und klimapolitischer Sicht ergeben sich deutliche Vorteile. Die Einspeisung von Server-Abwärme in ein Nahwärmenetz könnte an denkbaren Standorten beispielsweise Einrichtungen wie die Lessing-Stadtteilschule, das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium oder das Bäderland-Schwimmbad an der Außenmühle ganzjährig mit klimafreundlicher Wärme versorgen, was dauerhaft günstiger ist als bei konventioneller Fernwärmeversorgung. Besonders profitieren könnten darüber hinaus die vielen Sozialwohnungen im Umfeld des Hanhoopsfelds. Eine bezahlbare Wärmeversorgung könnte hier zu einer spürbaren finanziellen Entlastung für viele Haushalte führen.

Wir möchten, dass geeignete Flächen im Bezirk Harburg systematisch identifiziert, ihre infrastrukturelle Eignung geprüft und eine gezielte politische Strategie zur Ansiedlung eines nachhaltigen Rechenzentrums entwickelt wird. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf Standorte gelegt werden, die sich in unmittelbarer Nähe zu potenziellen Abwärme-Abnehmern befinden, etwa Schulzentren, Schwimmbäder oder größere Wohnsiedlungen wie beispielsweise im Hanhoopsfeld oder an ähnlichen, weiteren Standorten.


Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung Hamburg Harburg möge beschließen:

  1. Die Verwaltung wird gebeten, gemeinsam mit der Wirtschafts- und Stadtentwicklungskoordination des Bezirks und in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachbehörden wie der BUKEA, der BWVI, Stromnetz Hamburg und den Hamburger Energiewerken eine umfassende Potenzialflächenanalyse im Bezirk Harburg durchzuführen. Ziel ist es, geeignete Standorte für ein nachhaltiges Rechenzentrum mit Abwärmenutzung zu identifizieren. Dabei sollen die baulichen, klimatischen, technischen und netzseitigen Rahmenbedingungen dieser Flächen bewertet werden. Hierbei sind insbesondere die Energieversorgung, Glasfaseranbindung, Nähe zu bestehenden Wärmeinfrastrukturen und potenzielle Nutzungskonflikte zu berücksichtigen. Bestehende planungsrechtliche Hemmnisse wie zum Beispiel Einschränkungen durch Flächennutzungspläne, bauleitplanerische Vorgaben oder Umweltschutzauflagen sollen dargestellt und geeignete Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
  2. Darüber hinaus wird die Verwaltung gebeten, zeitnah erste Gespräche mit möglichen Rechenzentrumsbetreibern, Netzbetreibern sowie potenziellen Abwärme-Abnehmern wie der Schulbehörde, der Wohnungswirtschaft oder Bäderland zu führen und bis zum ersten Quartal 2026 einen öffentlichen Fachdialog zur Rechenzentrumsentwicklung im Bezirk Harburg zu organisieren. Ziel ist es, frühzeitig zentrale Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft einzubinden.
  3. Der Bezirksamtsleiter wird gebeten, sich gegenüber dem Senat für die Entwicklung und Förderung einer landesweiten Rechenzentrumsstrategie mit besonderem Blick auf den Bezirk Harburg einzusetzen.
  4. Über den Fortgang der Potentialflächenanalyse sowie die Ergebnisse der Gespräche und des Fachdialogs soll ab jetzt fortlaufend im Stadtentwicklungsausschuss berichtet werden.
Bera­tungs­reihen­folge
Datum/Gremium
TOP
23.09.2025
Ö 6.37
Lokalisation Beta
Harburg Hanhoopsfeld Hanhoopsfeld

Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.