20-4234

Antrag der GRÜNEN-Fraktion betr. Radwegeinfrastruktur und Sicherheit des Fahrradfahrens in Harburg

Antrag

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
16.01.2020
Sachverhalt

Alle zwei Jahre veröffentlicht Copenhagennize Design die Rangliste der weltbesten Fahrradstädte. Hamburg konnte im letzten Ranking einen Platz unter den Weltfahrradstädten mit Platz 17 behaupten. Positiv hervorgehoben wurde das sehr gute Leihfahrradsystem und die Erlebbarkeit eines starken Fahrradverkehrs in einigen Bezirken.

Mangelhaft bewertet wurde neben dem schlechten Winterdienst die große Uneinheitlichkeit der Führungsformen des Fahrradverkehrs und eine mangelnde effiziente Abtrennung vom Autoverkehr.

Die letzte Modal Split Untersuchung zu den Hauptverkehrsmitteln im Bezirk Harburg zeigt einen sehr mageren Anteil von 5% für die Nutzung des Fahrrades auf, während der motorisierte Individualverkehr für Fahrer und Mitfahrer bei fast 50% liegt.

Ein Grund für die geringe Akzeptanz des Fahrrades liegt sicher in der gefühlten mangelnden Sicherheit: Laut einer Umfrage von „Fahrrad Monitor" 2016 fühlen sich 47 Prozent der regelmäßig Radfahrenden nicht sicher, der Anteil dürfte bei den Nichtradfahrenden noch höher liegen.

Diese Unsicherheit hat sicher eine Ursache in der kritisierten mangelnden Infrastruktur der Führungsformen des  Radverkehrs.

Hamburg setzt perspektivisch vor allem auf Radfahrstreifen und Schutzstreifen. Sie sind günstig und erfordern nur einen geringen zusätzlichen Raumbedarf. Die Folge: Radfahrer fühlen sich auf den schmalen – und meist nur 1,5 Meter breiten – Streifen oft unwohl: Links ziehen im Zentimeterabstand Autos, Lastwagen und Busse am Lenker vorbei, rechts stehen meist geparkte Autos, aus denen jederzeit eine Tür aufgestoßen werden könnte. Dazu kommen immer mehr Falschparker, die Radfahrstreifen verbotenerweise als Parkplätze missbrauchen. Radfahrer müssen an solchen Stellen in den fließenden Autoverkehr ausweichen, was oft lebensgefährlich ist.

Die Stadt Hamburg verweist auf eine Untersuchung mit dem Titel "Unfallrisiko, Konfliktpotenzial und Akzeptanz der Verkehrsregelungen von Fahrradfahrern". Diese kommt zum Ergebnis, dass die Unfallgefahr auf Radwegen etwas höher ist als auf Radstreifen. Die Autoren relativieren das Ergebnis, indem sie schreiben: "Eine generelle Präferenz für einen Anlagentyp kann aufgrund der Untersuchungsergebnisse nicht getroffen werden." Tatsächlich ist ein Vergleich von Radstreifen mit baufälligen, schmalen Radwegen wenig aussagekräftig.

Viele Städte und Kommunen mit gut entwickelter Fahrradinfrastruktur und Nutzung, bevorzugen konsequent verbreiterte Radfahrtrassen mit deutlicher Abtrennung zum Auto- und Fußverkehr und der Vermeidung von Parkmöglichkeiten im Bereich dieser Streifen.

Die Idee für geschützte Radfahrstreifen („Protected Bike Lanes“) ist nicht neu. Erfinder sind ausgerechnet die autofreundlichen USA. In Städten wie New York, Washington und Chicago sind solche geschützten Radfahrstreifen längst üblich und weit verbreitet. Auch in Amsterdam und Kopenhagen sind sie seit vielen Jahren Standard. Dort werden Radfahrer, Autoverkehr und Fußgänger durch Bordsteine getrennt. Berlin richtet gerade einen durch  Kunststoffpoller geschützte Streifen ein. Hamburg hat dieses Konzept der „ Protected Lanes“  bisher nicht wesentlich verfolgt, da es in vorhandene Strukturen flächenmäßig nicht ohne grundsätzliche Veränderungen des gesamten Verkehrsflächenkonzeptes möglich ist. Protected Lanes sind sicher nicht das Allheilmittel und überall sinnvoll, sie bieten sich jedoch insbesondere auf Hauptverkehrsstraßen mit Tempo 50 an, um  die Akzeptanz des Fahrradfahrens gerade für unsichere Nutzer zu erhöhen.

Petitum/Beschluss


 

Die Bezirksversammlung möge beschließen:

Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, Vertreter der Bezirksverwaltung und den Fahrradbeauftragten  in den Ausschuss für Inneres, Bürgerservice und Verkehr (IBV) einzuladen, um über das Konzept, den Stand und die Entwicklungsperspektiven der Fahrradweginfrastruktur in Harburg zu berichten.

Insbesondere soll auf den Fahrradverkehr auf den Hauptverkehrsstraßen mit Tempo 50 eingegangen werden.

Ferner sollen Möglichkeiten und Perspektiven der Einrichtung einer „Protected Bike Lane“ als Harburger Modellversuch auf einer Hauptstraße geprüft werden. Hierbei sollten auch mögliche Flächennutzungsänderungen aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden. Das Prüfergebnis ist im Ausschuss vorzustellen.