Wärmewende in der denkmalgeschützten Frankschen Siedlung: Denkmalpflegeplan anpassen und quartiersbezogene Machbarkeitsstudie starten
Die Frank’sche Siedlung in Klein Borstel ist ein stadtbildprägendes Ensemble aus den 1930er-Jahren mit rund 550 baugleichen Reihenhäusern. Sie steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz (§ 6 HmbDSchG) und unterliegt einer Städtebaulichen Erhaltungsverordnung nach § 172 BauGB. Ihre einheitliche Bauweise, Baukörperstellung und Fassadengliederung sichern eine hohe städtebauliche Kohärenz; sie stellt ein bedeutendes baukulturelles Erbe Hamburgs dar.
Gleichzeitig weist die Siedlung einen erheblichen energetischen Sanierungsbedarf auf. Viele Häuser werden mit veralteten Ölheizungen oder zum Teil ineffizienten Gasheizungen betrieben. Damit steht sie exemplarisch für eine der größten Herausforderungen der Hamburger Klimaziele gemäß Hamburgischem Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG): Die substanzielle Reduktion der CO₂-Emissionen im Bestand, insbesondere bei denkmalgeschützten Quartieren.
Der zentrale Zielkonflikt: Die heute geltenden Genehmigungsregeln blockieren in vielen Fällen faktisch die Wärmewende in der Frank’schen Siedlung. Während gestalterische Veränderungen wie Parkplatzmarkierungen, Müllcontainerflächen, weiße Haustüren, zusätzliche Kamine, Wintergartenverschattungen oder Außenrollos genehmigt oder geduldet werden, scheitern zentrale Klimaschutzmaßnahmen bislang in der Praxis fast ausnahmslos an aufwändigen Einzelprüfungen. Wärmepumpen, Photovoltaik und andere innovative Systeme sind in der Theorie genehmigungsfähig – werden aber faktisch vielfach verwehrt. Das zwingt die Eigentümer*innen in fossile Heizsysteme und schafft ein Gerechtigkeitsproblem für alle, die aktiv zur Klimaneutralität beitragen wollen.
Dabei hat die Frank’sche Siedlung enormes Potenzial als Modellquartier:
Die Überarbeitung des Denkmalpflegeplans [1] wäre ein erster zentraler Schritt, um den Bewohner*innen der Frank’schen Siedlung echte Wahlfreiheit bei der Wärme- und Energieversorgung zu eröffnen. Dazu gehört, standardisierte Standorte für Außeneinheiten von Wärmepumpen festzulegen – etwa im rückwärtigen Gartenbereich oder Vorgarten – und eine einheitliche Verkleidung vorzusehen, die den homogenen Charakter der Siedlung bewahrt. Ebenso solltedie Größe, Farbe und Position von Solarmodulen auf den Dächern verbindlich geregelt werden. Eine solche Standardisierung schafft Planungssicherheit, beschleunigt Genehmigungsverfahren und ermöglicht klimafreundliche Lösungen, ohne das historische Erscheinungsbild zu gefährden.
Eine quartiersbezogene Machbarkeitsstudie könnte im zweiten Schritt technische, genehmigungsrechtliche und wirtschaftliche Lösungswege aufzeigen, die Klimaschutz und Denkmalschutz in Einklang bringen. Sie würde nicht nur den Eigentümer*innen konkrete Optionen und Planungssicherheit geben, sondern auch ein stadtweites Vorbild für andere Bestandsquartiere schaffen.
Das Beispiel der Steenkamp-Siedlung in Altona zeigt, dass ein solcher Fortschritt in historischen Ensembles möglich ist – wenn er gezielt politisch gewollt, interdisziplinär geplant und gemeinsam umgesetzt wird [2].
Technische Perspektive
Aus ingenieurfachlicher Sicht sind zahlreiche klimafreundliche Heiz- und Energielösungen grundsätzlich auch in Denkmalensembles möglich. Praxisleitfäden wie die vom Umweltbundesamt beauftragte Studie „Klimaschutz bei denkmalgeschützten Gebäuden“ (März 2024, [3]) zeigen Wege auf, wie Wärmepumpensysteme, Solarthermie, Photovoltaik, hybride Heizlösungen und kalte Nahwärmenetze unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes realisierbar sind. Beispiele wie die Wärmepumpen-/PV-Kaskade im Altbauquartier in Lünen [4] belegen die praktische Umsetzbarkeit solcher Lösungen auch in sensiblen städtebaulichen Lagen. Die rechtlichen Möglichkeiten für denkmalgerechte Solaranlagen sind zuletzt in mehreren Bundesländern weiterentwickelt worden, auch in Hamburg [5].
Gerade die standardisierte Bauweise der Frank’schen Siedlung mit gleichartigen Dachneigungen, baugleichen Grundrissen und einer hohen Zahl von Einheiten prädestiniert sie dafür, ein Modellprojekt für eine systematisch geplante Wärmewende im Denkmalbestand zu werden.
Hinweis zur Umsetzung
Das Projekt kann gemeinsam mit den zuständigen Fachbehörden, der städtischen Koordinierungsstelle Wärmewende, dem Denkmalschutzamt sowie in Kooperation mit wissenschaftlichen Partnern wie der HafenCity Universität Hamburg, der IBA Hamburg oder ZEBAU realisiert werden. Auch eine Beteiligung der Stiftung Denkmalpflege Hamburg, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) oder weiterer externer Fördermittelgeber ist denkbar.
Beschluss:
Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:
Das Vorsitzende Mitglied der Bezirksversammlung wird gebeten, sich bei der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW), der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), dem Denkmalschutzamt in der Kulturbehörde sowie weiteren betroffenen Stellen dafür einzusetzen, dass
- Photovoltaik und PVT-Anlagen mit dachflächenangepasster Ästhetik
- Wärmepumpenlösungen (Luft-, Erd-, Grundwasser-, Eisspeicher)
- kalte Nahwärmenetze und saisonale Großspeicher (Erdbecken- oder Eisspeicher)
- Solarthermie-Kollektoren in die Dachdeckung integriert
- Abwasserwärmenutzung
- LowEx- und Niedertemperaturnetze
- Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung
- hybride Systeme und smarte Steuerungstechnologien;
Für die GRÜNE Fraktion
Timo B. Kranz
Daniela Clément
Christoph Reiffert
[1] https://www.hamburg.de/resource/blob/72726/9948ef7cce89e549c33ae540bf47948a/frank-c-data.pdf
[4] Praxisbericht aus Lünen: PV-Wärmepumpen-Kaskaden in Altbausiedlungen: https://www.energie-experten.org/projekte/luenen-waermepumpen-versorgen-altbau-quartier-in-brambauer
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