Veloroute Gertigstraße: Nutzungsvarianten prüfen! Stellungnahme der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende
Veloroute Gertigstraße: Nutzungsvarianten prüfen!
Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) überplant derzeit die Gertigstraße in Winterhude, da dort die Veloroute 13 verläuft. Ziel ist, die Situation nicht nur für den Radverkehr, sondern auch für den Fußverkehr zu verbessern. Davon werden auch die vielen ansässigen Restaurants, Dienstleistungs- und Einzelhandelsbetriebe profitieren.
In der ersten Verschickung der Pläne hat der LSBG für die Gertigstraße die Einrichtung einer Fahrradstraße vorgesehen. Aus dem Quartier gibt es aber auch die Anregung, stattdessen dort einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich ähnlich wie in der Mönckebergstraße vorzusehen. Die Fahrgeschwindigkeit würde so für alle auf beispielsweise maximal 20 km/h reduziert und die Aufenthaltsqualität entsprechend gestärkt. Während bei der Mönckebergstraße keine Einfahrt mit privaten Fahrzeugen zulässig ist, sollte dies in der Gertigstraße aber der Fall sein. Die Aufenthaltsfunktion des Straßenraums würde durch den verkehrsberuhigten Geschäftsbereich nachhaltig gestärkt. Diese Variante sollte vom LSBG ebenfalls geprüft werden.
Durch die Temporeduzierung in der Gertigstraße könnte es zu Ausweichverkehren des MIV in umliegende Straßen kommen. Hierbei sehen wir die Semperstraße im Fokus. Diese Straße hat zurzeit nur vor der Schule eine Streckenbeschränkung auf Tempo 30. Um sicherzustellen, dass etwaiger Ausweichverkehr, die Unfallhäufigkeit nicht erhöht, sind wir dafür, Tempo 30 auch flächendeckend in der Semperstraße einzuführen.
Am Goldbekplatz befindet sich ein stark genutzter Spielplatz mit angeschlossenem Bistro. Am Samstag findet außerdem der weit über das Quartier hinaus bekannte Goldbekmarkt statt. Der damit verbundene Fußverkehr rechtfertigt eine Absenkung der Geschwindigkeit im gesamten Viertel und somit auch in der Semperstraße. Es handelt es sich bei der Semperstraße um eine Wohnstraße.
Die Planung in der Gertigstraße kann vor diesem Hintergrund nicht losgelöst von den Auswirkungen für das gesamte Quartier betrachtet werden.
Der Hauptausschuss möge daher beschließen:
Das Vorsitzende Mitglied der Bezirksversammlung möge die zuständigen Behörden auffordern,
Die Vor- und Nachteile gegenüber einer Fahrradstraße sowie die Auswirkungen beider Varianten auf das Straßennetz im Umfeld sollen vergleichend dargestellt werden.
Für die GRÜNE Fraktion Für die SPD-Fraktion
Timo B. Kranz Angelika Bester
Thorsten Schmidt Sebastian Haffke
Die Bezirksversammlung beschließt den Antrag.
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende nimmt hierzu wie folgt Stellung:
Zu 1.:
Die Einrichtung eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereiches in der Gertigstraße wird wie folgt bewertet:
Ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich ist in Deutschland – in Anlehnung an die Festlegungen der Tempo-30-Zone – laut § 45 Abs. 1d der Straßenverkehrsordnung (StVO) eine Tempozone mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als 30 km/h. Er wird in zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußverkehrsaufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion empfohlen und findet überwiegend als Tempo-20-Zone Anwendung. Durch die straßenverkehrsrechtliche Zugehörigkeit zur Tempo-30-Zone gelten deren rechtliche Rahmenbedingungen und Richtlinien sowie Gestaltungsmöglichkeiten. Ziel ist in aller Regel eine Verlangsamung und Verringerung des Kfz-Verkehrs durch eine entsprechende bauliche Gestaltung. In der Regel wird auch im verkehrsberuhigten Geschäftsbereich die „rechts-vor-links“-Vorfahrtsregel angewendet.
Verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche werden zudem üblicherweise aufwändig baulich hergerichtet – mit flachen Bordkanten, hochwertigem Material und besonderer Möblierung, zum Teil auch unter finanzieller Beteiligung der ansässigen Gewerbetreibenden.
Auf Grund des geringen Spielraums für eine Flächenumverteilung in der Gertigstraße würde sich für den Fußverkehr gegenüber der Fahrradstraßenplanung nicht viel verbessern, da die Bordkanten in ihrer heutigen Position verbleiben müssten, um die vorhandenen Kfz-Stellplätze und den Zweirichtungskraftfahrzeugverkehr aufrechtzuhalten. Flächenpotential zur Umverteilung steht nur mit den heutigen Kfz-Stellplätzen zur Verfügung. Würden diese Flächen dem Gehweg zugeschlagen, würden sich die Anzahl der Kfz-Stellplätze erheblich reduzieren, oder der Zweirichtungskraftfahrzeugverkehr in der Gertigstraße aufgehoben werden müssen.
Aus Sicht der Veloroute (dem eigentlichen Planungsanlass) und den für die Gewerbetreibenden wichtigen Zielen des Erhalts von Kfz-Stellplätzen und der Erreichbarkeit der Gertigstraße, ist die Variante des verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs durch den LSBG in der Variantenbewertung als nachteilig bewertet worden.
Die Fahrradstraße stellt in jedem Fall die wirtschaftlichste und sparsamste Variante dar, da lediglich eine Fahrbahndeckensanierung sowie eine Instandsetzung der Gehwege (bzw. Rückbau der Radwegrudimente) erforderlich sind. Durch die Einrichtung einer Fahrradstraße mit Zusatzbeschilderung „motorisierter Individualverkehr frei“ gemäß den Sinnbildern aus § 39, Abs. 7 StVO beträgt die zulässige Geschwindigkeit 30km/h. Durch die Beibehaltung der Aufpflasterungen der Einmündungen bleibt die Gertigstraße weiterhin vorfahrtsberechtigt. Nennenswerte Verkehrsverlagerungen sind auf Grund der geplanten Regelung in der Gertigstraße, auch aus Sicht der Polizei, nicht zu befürchten. Bei der Fahrradstraße wird das Ziel von Velorouten, einen sicheren und beschleunigten Radverkehr zu gewährleisten, erreicht. Bei einem verkehrsberuhigten Geschäftsbereich ist dies nicht der Fall.
Zu 2.:
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende hat gemeinsam mit der Behörde für Inneres und Sport, dem Bezirksamt Hamburg-Nord und der Hochbahn die Möglichkeit der Einbeziehung der Semperstraße in die umliegenden Tempo-30-Zonen geprüft. Im Ergebnis soll der gesamte Straßenabschnitt zwischen Mühlenkamp und Barmbeker Straße im 1. Halbjahr 2021 als Tempo-30-Zone umgesetzt werden.
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Priscilla Owosekun-Wilms
Keine