Tempo 30 in der Ohlsdorfer Straße!
Stellungnahme der Polizei Hamburg
Letzte Beratung: 31.03.2020 Hauptausschuss Ö 6.3
Der Regionalausschuss Eppendorf-Winterhude hat sich in seiner Sitzung am 20.01.2020 mit o.g. Thematik auf der Grundlage eines gemeinsamen Antrages der GRÜNEN-Fraktion und der SPD-Fraktion befasst und einstimmig folgende Beschlussempfehlung verabschiedet:
Das Vorsitzende Mitglied der Bezirksversammlung möge sich bei der zuständigen Fachbehörde dafür einsetzen, dass in der Ohlsdorfer Straße auch aufgrund der dort beheimateten Kitas eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 angeordnet wird.
Begründung:
Die Ohlsdorfer Straße wird täglich in beide Richtungen von Pkw, Bussen und Lkw stark frequentiert. Zwei Buslinien fahren regulär durch die Straße. Nahe der Einmündung Ulmenstraße, in den Häusern 30 (Stadtparkknirpse) und 37a (ASB), befindet sich jeweils eine Kindertagesstätte.
Anwohner*innen wie Kinder werden täglich durch Luftverschmutzung und Verkehrslärm belastet. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens, der schnellen Durchfahrtsgeschwindigkeiten und fehlender Radwege fahren viele Fahrradfahrer*innen auf dem Gehweg, was zu Konflikten mit Fußgänger*innen führt. Insbesondere für Senior*innen, Kinder und andere Verkehrsteilnehmer*innen, die nicht schnell ausweichen können, ist die aktuelle Situation bedrohlich.
Es ist dringend notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die den Radverkehr konsequent auf die Fahrbahn zurückverlagern. Ein Umbau ist aufgrund bereits ausgelasteter Kapazitäten kurz- und
mittelfristig nicht möglich (vgl. Stellungnahme der BWVI, Drs. 21-0018 vom 21.06.2019 [1]). Da
aufgrund der Gefahren für Fußgänger*innen jedoch eine kurzfristige Verbesserung erforderlich
ist, sollte in der Ohlsdorfer Straße Tempo 30 angeordnet werden. So würde den Fahrradfahrer*innen ein sicheres Fahren auf der Fahrbahn ermöglicht und ein Ausweichen auf die Gehwege verringert werden. Der Innensenator kündigte jüngst an, Tempo 30 vor Kitas, Schulen und anderen besonders schützenswerten Einrichtungen auszuweiten und die Verwaltungsvorschrift, Tempo 30 bei einer Frequenz von sechs Bussen oder mehr pro Stunde in der Hauptverkehrszeit grundsätzlich nicht anzuordnen, überprüfen zu wollen.
Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung einstimmig.
Im Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Polizeikommissariat (PK) 33 und der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) nimmt die Verkehrsdirektion wie folgt Stellung:
Die Ohlsdorfer Straße ist dem öffentlichen Verkehr vollumfänglich gewidmet. Beschränkungen des fließenden Verkehrs richten sich nach den Vorgaben der StVO. Gemäß § 45 Absatz 9 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen wie die geforderte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, nur dort anzuordnen, wo aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der genannten Rechts-güter erheblich übersteigt.
Eine Analyse des Unfallgeschehens ergab keinerlei Hinweise auf mögliche Sicherheitsdefizite, auch nicht in Hinblick auf überhöhte Geschwindigkeiten. Sowohl die Art als auch die Anzahl der Unfälle ergeben ein für eine derart stark frequentierte Straße unauffälliges Bild. Es liegen hier keine sonstigen Erkenntnisse vor, die auf eine Gefahrenlage hindeuten könnten.
Die Behörde für Inneres und Sport (BIS), Amt A, A 32, hat zum Thema Tempo 30 und Radver-kehr folgende grundsätzliche Aussagen getroffen:
Das vielfach geäußerte Ansinnen, das Sicherheitsempfinden für Radfahrer und die Akzeptanz zur Nutzung der Fahrbahn zusätzlich durch Geschwindigkeitsbeschränkungen zu unterstützen, wenn kein Radweg, kein Schutzstreifen und kein Radfahrstreifen vorhanden sind, lässt außer Acht, dass das Radfahren auf der Straße bei Tempo 50 als nach § 3 Absatz 3 StVO "unter günstigsten Umständen zulässige Höchstgeschwindigkeit" gesetzlich der Normalfall ist. Würde man der Argumentation folgen, müsste Tempo 30 auch auf sehr vielen anderen Straßen in Hamburg angeordnet werden.
Zudem müssen Kinder nach § 2 Absatz 5 StVO bis zum vollendeten achten Lebensjahr und dürfen Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson
begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kinder ab dem achten Lebensjahr in der Lage sind, auf Radwegen oder auf der Fahrbahn einer Straße zu fahren."
Für die Einrichtung einer Tempo-30-Zone ist die BWVI konzeptionell zuständig. Die Ohlsdorfer Straße gehört zum strategischen Straßennetz Hamburgs. Gemäß der Erläuterungen zu § 45 Absatz 1 c der Verwaltungsvorschrift zur StVO soll die Anordnung von Tempo-30-Zonen auf der Grundlage einer flächenhaften Verkehrsplanung der Gemeinde vorgenommen werden, in deren Rahmen zugleich das innerörtliche Vorfahrtsstraßennetz (Zeichen 306) festgelegt werden soll. Dabei ist ein leistungsfähiges, auch den Bedürfnissen des öffentlichen Personennahverkehrs und des Wirtschaftsverkehrs entsprechendes Vorfahrtstraßennetz sicherzustellen.
Die andere Variante, nämlich eine streckenbezogene Temporeduzierungen auf 30 km/h vor so-zialen Einrichtungen, wird gemäß der Vorgaben der Hamburger Richtlinie zur Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen geprüft. In der Ohlsdorfer Straße befinden sich zwei Kindertagesstätten. Jedoch hat nur die Kita Stadtparkknirpse in der Ohlsdorfer Straße 30 den gemäß HRVV geforderten direkten Eingang.
Aufgrund der vorgenannten Tatsache und der bereits festgestellten hohen Belastung durch den Busverkehr wurde von der Hochbahn die Situation des Busverkehrs geprüft und folgende Ein-schätzung abgegeben:
Auf dem gewünschten Tempo 30 Abschnitt verkehren derzeit die zwei MetroBus-Linien 20 und 26. Die MetroBus-Linie 20 verkehrt auf diesem Abschnitt in einem 10-Minuten-Takt mit 210 Fahrten pro Tag. Die MetroBus-Linie 26 verkehrt auf diesem Abschnitt in einem 20-Minuten-Takt mit 91 Fahrten pro Tag. Beide Linien haben gut genutzte Umsteigebeziehungen zu den Schnell-Bahn-Haltestellen. Die Einführung von Tempo 30 würde zu einer Fahrzeitverlängerung führen. Die gut genutzten Anschlüsse könnten ggf. nicht mehr gehalten werden. Dies würde zu einer Verschlechterung unseres Angebots führen.
Der Streckenabschnitt in der Ohlsdorfer Straße befindet sich im Zielnetz Hamburg Takt 2030. Geplant ist neben den bestehenden Linien eine neue ExpressBus-Linie (Linie X20). Diese soll weitestgehend in einem 10-Minuten-Takt verkehren.
Aufgrund der oben bereits erwähnten Gründe und der dichten Taktung, die zukünftig auch ein ExpressBus beinhaltet, lehnen wir die Einführung von Tempo 30 in diesem Fall ab.
Aus den vorgenannten Gründen kann der Beschlussempfehlung nicht entsprochen werden.
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Thomas Domres
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