21-0749

Rückbenennung der Straße „Justus-Strandes-Weg“ in „Réesweg“
Stellungnahme der Kulturbehörde

Mitteilungsvorlage vorsitzendes Mitglied

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24.02.2020
16.01.2020
Sachverhalt

Der Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel hat sich in seiner Sitzung am 02.12.2019 mit der o.g. Thematik auf der Grundlage eines Antrages der Fraktionen FDP, DIE GRÜNEN, SPD und der CDU befasst und mit einer Gegenstimme und einer Stimmenthaltung mehrheitlich folgende Beschlussempfehlung verabschiedet:

 

Der Justus-Strandes-Weg in Ohlsdorf wird wieder in Réesweg umbenannt um damit den

Namen zurückzuerhalten, den er bis zur Umbenennung durch die Nationalsozialisten hatte.

Die Bezirksamtsleitung wird aufgefordert, sich beim Senat für diese Umbenennung einzusetzen.

 

Begründung:

Der Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel spricht

sich seit geraumer Zeit dafür aus, dass Straßen, deren Namensträger sich in der Zeit

der deutschen Kolonialherrschaft in Afrika schuldig gemacht haben, umbenannt werden

sollen. Es handelt sich um Personen, die Nutznießer, Ausbeuter und Kriegsführer der

kolonialen Idee in Süd- und Ostafrika waren. Zu diesen gehört auch Justus Strandes,

nach dem der gleichnamige Weg in Ohlsdorf benannt ist. Vor diesem Hintergrund ist

sich der Regionalausschuss einig, dass auch der Justus-Strandes-Weg umbenannt

werden soll.

 

Der heutige Justus-Strandes-Weg trug bis 1938 den Namen „Réesweg“, benannt nach

dem Hamburger Reformpädagogen Anton Rée (1815 – 1891), auf dessen Initiative die

israelitische Freischule, deren Direktor er ab 1848 war, in eine konfessionsübergreifende

 

Realschule umgewandelt wurde. Sein Ziel war es in Hamburg allen Kindern unabhängig

von Religionszugehörigkeit und sozialer Herkunft eine gute Schulbildung zu

ermöglichen. Rée gehörte gemeinsam mit Gabriel Riesser zu den wichtigsten

Verfechtern der jüdischen Emanzipation. Von 1859 bis 1871 war er Mitglied der

Hamburgischen Bürgerschaft. Von 1867 bis 1870 gehörte er dem Reichstag des

Norddeutschen Bundes und von 1881 bis 1884 dem Reichstag des Deutschen

Kaiserreiches an. Die Nationalsozialisten benannten die Straße 1938 um, so wie sie

bereits 1933 die inzwischen Anton-Rée-Realschule aus antisemitischen Gründen

umbenannt hatten. Gerade in der aktuellen Zeit zunehmenden Antisemitismusses wäre

eine Rückbenennung des Justus-Strandes-Weges in Réesweg ein wichtiges politisches

Zeichen, dass Antisemitismus auf jeder Ebene entschieden entgegengetreten wird.

Soweit darauf verwiesen wird, dass es eine Beschlusslage des Ausschusses gibt, dass

Straßen, die nach Personen der deutschen Kolonialgeschichte benannt sind, nach

Opfern des Kolonialismus umbenannt werden sollen, so kann in begründeten

Einzelfällen, wie diesem, von dieser Selbstbindung selbstverständlich abgewichen

werden.

 

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die vorgeschlagene Bezeichnung „Askari-Weg“

nicht unproblematische ist. Entgegen der häufig gehörten Einschätzung, die auch im

Ausschuss genannt wurde, sind die Askari kein Volk oder Stamm im östlichen Afrika.,

sondern es handelt sich in der ostafrikanischen Bantusprache Swahili um das Wort für

Soldat. Entsprechend wurden die afrikanischen Soldaten in den Truppen der

europäischen Kolonialmächte als Askari bezeichnet. Sie spielten eine wichtige Rolle bei

der Eroberung der Kolonien, als auch bei der Aufrechterhaltung und Durchsetzung der

Kolonialherrschaft. Zum ganz großen Teil dienten die Askari zumindest in der

Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika freiwillig und erhielten einen – für damalige

Kolonialverhältnisse – hohen Sold und anschließend eine lebenslange Rente. Die

Bundesrepublik Deutschland zahlte noch bis in die 1990er Jahre Ruhestandsbezüge an

die letzten noch lebenden Askari.

 

Vor diesem Hintergrund können die Askari nicht ohne weiteres als Opfer der deutschen

Kolonialisierung Afrikas angesehen werden. Eine Benennung des bisherigen Justus-

Strandes-Weges in Askari-Weg wäre insoweit zumindest unter dem Gesichtspunkt,

dass Opfer statt Unterstützer des deutschen Kolonialsystems mit der Straßenbenennung

geehrt werden sollen, fragwürdig.

 

Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.

 

Die Behörde für Kultur und Medien nimmt zu der Empfehlung der Bezirksversammlung HH-Nord wie folgt Stellung:

1. Die Behörde für Kultur und Medien begrüßt die Planungen zur Umbenennung.

2. In Hammerbrook befindet sich der 1948 benannte Anton-Rée-Weg. Gemäß der Bestimmungen über die Benennung von Verkehrsflächen in der Fassung vom 28. Februar 2005 (MittVw 2005 Seite 40) sollen Namen von Verkehrsflächen möglichst unmissverständlich sein. Eine Rückbenennung des Justus-Strandes-Wegs in Réesweg könnte zu einer Verwechslungsgefahr mit dem Anton-Rée-Weg führen. Durch den Anton-Rée-Weg wird dem Gedenken an Dr. Anton Rée im öffentlichen Raum bereits Rechnung getragen. Daher empfiehlt das Staatsarchiv die Erarbeitung eines anderen Benennungsvorschlags.

Eine endgültige Prüfung kann erst erfolgen, wenn dem Staatsarchiv ein Umbenennungsantrag vorliegt (vgl. die Stellungnahme der Behörde für Kultur und Medien zur Empfehlung der Bezirksversammlung HH-Nord Drs. 21-0647). 

 

 

 

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

 

Sina Imhof