22-1467

Qualifizierung und Standards von Radwegen im Bezirk Hamburg-Nord am Beispiel der Alsterdorfer Straße

Große Anfrage nach § 24 BezVG

Letzte Beratung: 13.11.2025 Bezirksversammlung Ö 7.1

Sachverhalt

Gut nutzbare und komfortable Radwege sind ein wesentlicher Bestandteil der Verkehrssicherheit und der Förderung des Radverkehrs. Gesetzlich und planerisch werden unterschiedliche Formen von Radverkehrsanlagen unterschieden. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich aus der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und den Verwaltungsvorschriften, die technischen Anforderungen aus den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010). Wesentliche Kriterien sind Breite, Oberflächenqualität, Erkennbarkeit und Sicherheit an Knotenpunkten.

Nach den einschlägigen Regelwerken (VwV-StVO, Empfehlungen für Radverkehrsanlagen [ERA 2010]), werden folgende Kategorien unterschieden:

Bauliche Radwege

Von der Fahrbahn getrennte Wege mit eigenem baulichen Körper (z.B. Bordstein, Grünstreifen).

Mindestbreite: i.d.R. 2,00 m (Regelmaß), mindestens 1,60 m bei geringem Radverkehr.

Oberfläche: glatt, fest, witterungsbeständig (Asphalt oder Betonverbundsteine), frei von Unebenheiten.

Radfahrstreifen

Mit durchgezogener Linie (Zeichen 295) auf der Fahrbahn markiert, ausschließlich für Radfahrende.

Mindestbreite: 1,85 m (inkl. Sicherheitsraum), Regelmaß 2,00 m.

Oberfläche: Fahrbahnbelag, aber klar markiert.

Schutzstreifen

Gestrichelte Markierung auf der Fahrbahn (Zeichen 340), Überfahren durch Kfz nur im Bedarfsfall und ohne Gefährdung von Radfahrenden.

Mindestbreite: 1,50 m (Regelmaß), Ausnahme 1,25 m.

Oberfläche: Fahrbahnqualität, deutliche Markierung.

Gehwege mit Freigabe für Radfahrende

Gehwege, die durch Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ auch für Radfahrende geöffnet sind.

Zulässig nur bei Gesamtbreite mind. 2,50 m, davon 1,50 m Bewegungsraum für Fußnger.

Oberfläche: Gehwegqualität, verkehrssicher, ohne gefährliche Unebenheiten.

Gemeinsame Geh- und Radwege (Zeichen 240)

Mindestbreite: mind. 2,50 m, besser 3,00 m (bei stärkerem Fuß- oder Radverkehr 4,00 m).

Oberfläche: glatt, durchgehend, hindernisfrei.

Getrennte Geh- und Radwege (Zeichen 241)

Mindestbreite: je Verkehrsart mindestens 1,60 m, Regelmaß Radweg 2,00 m und Gehweg 2,00 m.

Oberfläche: baulich oder farblich klar getrennt, durchgehende Qualität.

Vor diesem Hintergrund sowie der aktuellen Stellungnahme der Polizei zur Radwegführung am Wolffsonweg/Alsterdorfer Straße (Drucksache: 22-1170) bitten wir das Bezirksamt Hamburg-Nord um Beantwortung der folgenden Fragen:

1. Definition und Kategorien

a) Welche Kategorien von Radwegen werden vom Bezirksamt Hamburg-Nord im Bezirk anerkannt?

r die Führung des Radverkehrs kommen neben den genannten „Kategorien“ grundsätzlich noch der Mischverkehr auf der Fahrbahn und eine Fahrradstraße in Betracht. Die ReStra sieht darüber hinaus als eigene Führungsformen des Radverkehrs die Protected Bike Lane (PBL) und den Kopenhagener Radweg vor, die als Sonderformen des Radfahrstreifens bzw. baulichen Radwegs angesehen werden können.

b) Wie werden die Radverkehrsanlagen im Bezirk qualifiziert, insbesondere hinsichtlich Mindestanforderungen an bauliche Beschaffenheit und Verkehrssicherheit?

Straßenneuplanungen werden grundsätzlich die Anforderungen hinsichtlich Breite und Ausgestaltung zugrunde gelegt, die sich aus den genannten Regelwerken ergeben. Bestehende Radverkehrsanlagen werden im Rahmen der Straßenunterhaltung begutachtet und Schäden, welche die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, im Rahmen der vorhandenen Ressourcen und Kapazitäten schnellstmöglich behoben.

c) Welche Definition legt das Bezirksamt für einen „baulichen Radweg“ zugrunde und wie grenzt es diesen gegenüber anderen Formen von Radverkehrsanlagen ab?

Ein baulicher Radweg ist ein Teil der Nebenfläche, der sich im Material bei Neuplanungen in der Regel rotes Pflaster von anderen Flächen wie Gehwegen

unterscheidet. Die Straßenverkehrsbehörde kann eine Benutzungspflicht anordnen, ansonsten muss dieser Radweg von den Radfahrenden nicht benutzt werden, sondern ergänzt als sog. „Angebots-Radweg“ die grundsätzlich vorgesehene Mitbenutzung der Fahrbahn im Mischverkehr.

d) Welche Unterhaltungsmaßnahmen (Instandsetzungsarbeiten, Entfernung von Unkraut und Laub) sind für „bauliche Radwege“ vorgesehen?

Unterhaltungsmaßnahmen basieren auf den Erkenntnissen der Regelbegehungen unter Abwägung der festgelegten Kriterien zur Wahrung der Verkehrssicherheit. Die Beseitigung von Laub und Unkraut in Nebenflächen obliegt der Stadtreinigung.

e) Gibt es hierzu eine Dienstanweisung?

Unterhaltungsmaßnahmen an Radwegen sind Bestandteil der generellen Dienstanweisung für die Aufsicht über öffentliche Wege nach Hamburgischen Wegegesetz. Darüber hinaus gibt es keine gesonderte Dienstanweisung.

2. Konkretisierung am Beispiel Alsterdorfer Straße

a) Ist dem Bezirksamt im Bereich der Alsterdorfer Straße zwischen Carl-Cohn-Straße und Braamkamp ein Wegabschnitt bekannt, den es nach eigenen Kriterien als nutzbaren Radweg qualifizieren würde?

b) Falls ja: Welcher der oben genannten Kategorien ordnet das Bezirksamt diesen Radweg zu?

c) Falls 2a) bejaht wird: Gelangt das Bezirksamt zu der Einschätzung, dass dieser Radweg den baulichen Standards und den Anforderungen an die Verkehrssicherheit gemäß VwV-StVO und ERA 2010 genügt?

d) Falls 2c) bejaht wird:
i) Wird dieser Radweg regelmäßig unterhalten (z.B. Entfernung von Unkraut, Beseitigung von Unebenheiten)?
ii) Falls ja: wann sind in diesem Bereich zuletzt derartige Arbeiten in diesen Bereichen verrichtet worden?
iii) Falls nein: weshalb nicht?

Bei dem bestehenden baulichen Radweg handelt es sich um ein Relikt aus einer früheren Überplanung des Straßenraums, der ein anderes Verständnis von Radverkehrsführungen und andere Vorgaben hinsichtlich Breite und Lage zugrunde lagen. Durch die geringe Breite, die schlechte Beschaffenheit der Oberfläche und die Einschränkungen durch direkt angrenzend parkende Fahrzeuge und/oder auf dem Radweg abgestellte oder in ihn hineinragende Fahrräder und andere Hindernisse wird dieser Radweg von Seiten des Bezirksamtes als unzureichend eingestuft. Er ist deshalb seitens der Straßenverkehrsbehörde auch nicht als benutzungspflichtig angeordnet.

3. Verkehrssicherheit und ruhender Verkehr

a) Welche Maßnahmen trifft das Bezirksamt, um sicherzustellen, dass der “bauliche Radweg” im Bereich zwischen Carl-Cohn-Straße und Braamkamp stets frei befahrbar ist?

Das Bezirksamt kontrolliert die öffentlichen Wege nach den Grundsätzen der baulichen Verkehrssicherheit. Ahndungen nach den Vorgaben der StVO obliegen den jeweils zuständigen Straßenverkehrsbehörden.

4. Umgang mit nicht-standardgerechten Radverkehrsanlagen

a) Erachtet es das Bezirksamt generell als erforderlich, nicht vollständig nutzbare, untermaßige “bauliche Radwege” durch bauliche Maßnahmen zu ertüchtigen und solche Maßnahmen verkehrsplanerisch zu priorisieren?

b) Existiert eine Liste geplanter oder laufender Maßnahmen zur Ertüchtigung oder dem Rückbau untermaßiger “baulicher Radwege”?

i) Falls ja: Bitte hier darlegen

ii) Falls nein, weshalb nicht?

iii) Falls Rückbau: Ist in diesen Fällen geplant, den Radverkehr im Mischverkehr zu führen oder einen Schutzstreifen/Radfahrstreifen einzurichten (bitte in der Liste ergänzen)?

c) Plant das Bezirksamt, Aufleitungsmarkierungen auf unzulängliche Radwege oder ganze Radverkehrsanlagen, die erklärtermaßen den genannten Standards nicht entsprechen, zurückzubauen, analog zu den derzeitigen Planungen in der Rathenaustraße (Drucksache 22-1362), wo die Polizei zu dem Schluss kam, dass der Radweg in einem derart schlechten Zustand sei, dass er nicht länger genutzt werden könne?

d) Falls ja, erachtet es das Bezirksamt im Prinzip als erforderlich, im Falle einer Führung des Radverkehrs im Mischverkehr auf der Straße (z.B. aufgrund nicht vollständig nutzbarer, untermaßiger baulicher Radwege), aus verkehrsplanerischer Sicht, bauliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung einzuleiten?

Die Ertüchtigung untermaßiger oder anderweitig eingeschränkt nutzbarer Radwege ist nicht vorgesehen, da sie die Missstände für eine ungehinderte Nutzung nicht behebt. Daher wird grundsätzlich ein Rückbau solcher Radwege in Gänze oder zumindest in Zugangsbereichen (bspw. an Einmündungen) bevorzugt. Dieser kann angesichts der vorhandenen Ressourcen und anderen Aufgaben der zuständigen Abteilungen aber nicht flächendeckend und kurzfristig erfolgen. Vielmehr müssen Bereiche priorisiert werden, in denen eine besondere Gefahren- oder Beschwerdelage besteht. Zudem ist aus wirtschaftlichen Gründen auf eine Aufrechterhaltung von abgängigen, untermaßigen Radverkehrsanlagen zu verzichten. Dabei ist das Bezirksamt bestrebt, die Situation für den Radverkehr in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Allerdings muss dies angesichts der vorhandenen Ressourcen mit den vorhandenen Bauprogrammen und dem durch das Bezirksroutenkonzept vorgegebenen Radverkehrsnetz in Einklang stehen.

Dr. Bettina Schomburg 10.11.2025

(Bezirksamtsleitung)

Bera­tungs­reihen­folge
Datum/Gremium
TOP
13.11.2025
Ö 7.1
Anhänge

Keine

Lokalisation Beta
Alsterdorfer Str. Carl-Cohn-Straße Braamkamp Rathenaustraße

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