21-2862

Eingabe auf Mitbenennung von Straßen nach den ebenso bedeutenden weiblichen Verwandten der Straßennamensgeber

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
06.12.2021
Ö 6.2
29.11.2021
Sachverhalt

 

Das Bezirksamt Hamburg-Nord informiert über die untenstehende Eingabe. Die Eingabe wurde den Regionalausschüssen Eppendorf-Winterhude und Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde-Dulsberg entsprechend ihrer örtlichen Zuständigkeit zugewiesen.

Hiermit Stelle ich die Eingabe auf Mitbenennung von vier Straßen im Bezirk Hamburg-Nord nach den ebenso bedeutenden weiblichen Verwandten der Straßennamensgeber, die denselben Nachnamen tragen: 

Scheffelstraße, Winterhude (1891): Josef Viktor von Scheffel (16.2.1826 Karlsruhe -9.4.1886 Karlsruhe), Dichter. Ergänzung um Josephine Scheffel, geb. Krederer (22.10.1805 Oberndorf am Neckar 5.2.1865 Karlsruhe), Mutter von Josef Viktor von Scheffel. Sie war Malerin, Dichterin und Schriftstellerin; außerdem eine bekannte Salonière, Philanthropin und Mitstreiterin in der bürgerlichen Frauenbewegung.

 

Spohrstraße, Barmbek-Süd (1904): Louis Spohr (5.4.1784 Braunschweig -22.10.1859 Kassel), Komponist. Geiger, Freimaurer. Ergänzung um  Spohrs Ehefrau Dorette Spohr, geb. Scheidler (2.12.1787 Gotha -20. (?). 11.1834 Kassel). Sie war die bedeutendste Harfenistin des frühen 19. Jahrhunderts und trat mit ihrem Ehemann gemeinsam auf, so z. B. 1811 im Apollo-Saal an der Hamburger Drehbahn 3-5.

Stockhausenstraße, Barmbek-Nord (1927): Julius Stockhausen (22.7.1826 Paris -22.9.1906 Frankfurt am Main), Dirigent. Ergänzung um Margarethe Stockhausen, geb. Schmuck (29.3.1803 Guebwiller 6.10.1877 Colmar), Mutter von Julius Stockhausen und eine bedeutende Sopranistin.

 Ruthsweg, Barmbek-Nord (1914): Valentin Ruths (1825-1905), Maler.  Ergänzung um die ebenso bedeutende Malerin und Nichte von Valentin Ruths: Amalie Ruths

  Ruthsweg, Barmbek-Nord, benannt 1914 nach dem Maler Valentin Ruths (1826-1905)

Amelie Ruths (28.4.1871 Hamburg - 3.4.1956 Hamburg) , Malerin der Vierlande und der Halligen. Historischer Grabstein im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof, Nichte von Valentin Ruths. Amelie Ruths war das zweite Kind von Johann Theobald Eduard Ruths und seiner zweiten Ehefrau, Maria Amalie, geb. Scherzinger. Das erste Kind, ein Sohn, war eine Woche nach der Geburt gestorben. Der 1871 geborenen Amelie folgten 1874 Therese, die bereits 1897 an einer Blinddarmentzündung starb, und jeweils ein Jahr später Rudolph und Frieda, die Lehrer bzw. Lehrerin wurden. Die Familie bewohnte ein kleines Haus in der Böttgerstraße 93 (heute wieder Heinrich-Hertz-Straße). Amelie und ihre um fünf Jahre jüngere Schwester Frieda besuchten die in der Nähe der Wohnung gelegene Höhere Töchterschule von Bonfort und Meinertz. Als der Vater 1895 starb, zog dessen Bruder, der weit über Ham­burgs Grenzen hinaus bekannte Landschaftsmaler Valentin Ruths, zur Familie. Amelie Ruths fand durch ihren Onkel Valentin den Weg zur Kunst. Er gab ihr etwa seit ihrem vierzehnten Lebens­jahr Zeichen- und Malunterricht, drängte sie jedoch, das Zeichenlehrerin­nen­examen zu machen, damit sie sich ernähren könne. Von 1886 bis 1889 besuchte Amelie die Gewerbe­schule für Mädchen in der Brennerstraße und schloss die Ausbildung mit dem Zeichen­lehrerinnen­examen ab. Ab 1890 arbeitete sie an verschiedenen öffentlichen und privaten Schulen (Louise Schroeder und Marie Wolf, Laura Nemitz, Dr. H. Michow und Frau, Henriette Müller, Marie Sander und Staatliches Lyceum am Lerchenfeld). In den Schulferien machte sie mit dem Onkel Studienreisen u. a. nach Italien und Ägypten. Als er um die Jahrhundertwende anfing zu kränkeln, pflegte sie ihn bis zu seinem Tod im Jahre 1905. Im selben Jahr beschickte sie zum ersten Mal eine Ausstellung, die Frühjahrsausstellung des Hamburger Kunstvereins. Dass alle Bilder von der Jury angenommen und zwei verkauft wurden, ermutigte sie, die kleine Erbschaft, die der Onkel ihr hinterlassen hatte, für ihre weitere Ausbildung aufzuwenden. Sie nahm Unterricht im Aktmalen bei Carl Rotte, der kurz Leiter der Aktklasse an der Kunstgewer­be­schule am Steintor gewesen war, und lernte vier Sommer lang bei dem Belgier Henri Luyten an seiner École des Beaux-Arts In Braschaet, einem kleinen Ort in der weiten Küstenland­schaft um Antwerpen, versammelte er eine internationale Schülerschaft. Hatte Amelie bei ihrem ersten Lehrer Valentin Ruths vor allem das Zeichnen gelernt, so beschäftigten sie jetzt Probleme der Freilichtmalerei: „Die ängstlich zeich­nerische Kontur entschwand der durch die realistische Schule gegangenen Hamburgerin, der Pinselauftrag wurde leicht und flüssig, die Farbe zum Element der Wirkung. Dazu kam eine Reise nach Paris, das Studium des klassi­schen Impressionismus an der Quelle“, schreibt Karl Fischer in seinem Beitrag über Amelie Ruths in „Westermanns Monatshefte“ im Mai 1923. Trotz ihrer internationalen Ausbildung und verschie­dener Reisen in den Süden blieb Amelie Ruths eine Malerin ihrer Heimat, der nord­deutschen Landschaft. Sie fuhr an die Nordseeküste, auf die friesischen Inseln und in die Vierlande, wo ihre besondere Vorliebe den Vierländer Bauernhäusern galt. Anders als Marie Zacharias oder Ebba Tesdorpf, mit der sie nach dem Tod des Onkels eine Zeit lang gemein­sam auf Motivsuche durch Hamburgs Straßen streifte, war es Amelie Ruths dabei weniger um die Rettung eines Stückes Kulturgeschichte zu tun als um Probleme der Malerei, um Licht und Farbe. Die Dielen ihrer Vierländer Bauernhäuser sind so lichtdurchflutet, dass man fast meint, es handele sich um Räume im Freien. Der Eindruck des für die Interieurmalerei so konven­tionellen Helldunkels findet sich bei ihr nicht mehr. Licht spielt auch eine wesentliche Rolle bei dem Gegenstand, der zu Amelie Ruths Hauptthema werden sollte: die Halligen. In ihren Notizen schreibt sie dazu: „Zwei Sommer auf Nordstrand gemalt. Dann ging ich im Mai 1920 zuerst auf die Suche nach den Halligen. Auf dem Weg erkrankte ich auf Föhr so schwer durch Ansteckung an einer Kinderkrankheit (Mumps), dass ich kaum noch nach Hause reisen konnte und monatelang zwischen Leben und Tod schwebte. Mitte Oktober setzte ich einen kurzen Besuch auf der Hallig durch. Ein orkanartiger Sturm setzte während meines kurzen Aufenthalts dort die Hallig unter Wasser. Dieses war der Anfang. Daraus entstand eines meiner besten Bilder. Seitdem blieb ich den Halligen treu. Nur selten machte ich seitdem andere Reisen und Studien-Aufenthalte“ 1). Selbst, als sie so schwer krank war, dass sie vorzeitig in den Ruhe­stand versetzt wurde, hielt sie an der Halligmalerei fest. Frau Gebhard, eine Bekannte Amelie Ruths, berichtet: „Sie war ja bis zu ihrem Tode rastlos tätig und hat uns erzählt, wie noch im letzten Jahr ihre Freundin, Frl. Minna Steinfatt, und ihre Schwester im Sturm die Staffelei fest­halten mussten, damit sie überhaupt malen konnte“ 1). Von Frau Gebhard wissen wir auch, dass Amelie Ruths eine sehr warmherzige und humorvolle Frau war, die „enorm viele Freunde“ hatte und eine „sehr beliebte Gastgeberin“ war 1) Zunächst hatten die Geschwister Amelie, Frieda und Rudolph weiter in der Böttger­straße gewohnt, wo Amelie das Atelier des Onkels übernom­men hatte. Auf Dauer waren ihnen die Räumlichkeiten jedoch zu eng geworden, und so zogen die drei 1937 in ein größeres Haus in der Erikastraße 174 mit Blick auf den Mühlenteich. Das neue Domizil konnten sie jedoch nur wenige Jahre gemeinsam genießen. Es fiel 1943 den Bomben zum Opfer. Ein Jahr später starb der Bruder. Die Schwestern verkauften das Grund­stück nach dem Krieg und erhielten in dem darauf neu gebauten Zweifamilienhaus die Woh­nung in der ersten Etage in Erbpacht. Hier lebten sie in enger, harmonischer Gemein­schaft miteinander Als Amelie Ruths im Frühjahr 1956 ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und keine Hoffnung auf Besserung bestand, nahm sich ihre Schwester diesen Um­stand derart zu Herzen, dass sie einem Herzschlag erlag. Amelie Ruths hat das nicht mehr erfahren. Niemand traute sich, ihr die Wahrheit zu sagen. Man erzählte ihr, die Schwester könne sie nicht besuchen, weil sie sich den Knöchel verstaucht habe. Amelie Ruths starb knapp einen Monat nach ihrer Schwester Frieda. Amelie Ruths war seit 1910 Mitglied des Deutschen Künstlerbundes und hatte zu Lebzeiten Ausstellungen in verschiedenen Städten in Schleswig-Holstein, in Hamburg in der Kunst­handlung Commeter, im Kunstverein, im Museum für Hamburgische Geschichte und im Altonaer Museum. In den beiden letztgenannten Museen befinden sich heute Bilder von ihr, ebenso in der Kunsthalle. Der Ver­kauf ihrer Werke erzeugte stets zwiespältige Gefühle in Amelie Ruths. Bei aller Freude über den Erfolg war es ihr doch immer, als ginge „ein Kind von ihr fort“. Jedes Bild war für sie ein Stück erlebte Natur, das mittlerweile nicht mehr existiert: „Es gibt keine malerischen Kanten mehr, durch die Steindämme wird alles so langweilig.“ (Hamburger Freie Presse vom 28.4.1951.)

Text: Brita Reimers

Quelle:

1)    Mappe Amelie Ruths im Archiv der Hamburger Kunsthalle. Zusammengestellt von Henny Wiepking. 1964.

Scheffelstraße, Winterhude (1891): Josef Viktor von Scheffel (16.2.1826 Karlsruhe -9.4.1886 Karlsruhe), Dichter.

Joseph Victor Scheffel war der Sohn der Malerin, Dichterin, Schriftstellerin und Salonière Josephine Scheffel (22.10.1805 Oberndorf am Neckar 5.2.1865 Karlsruhe) und des Ingenieurs, badischen Baurats und Majors Philipp Jakob Scheffel. Seine Mutter zog neben diesen Sohn noch zwei weitere Kinder groß.

Josephine Scheffel, die als Maria Josepha Krederer geboren wurde, war die Tochter von Katharina Krederer, geb. Eggstein und des Kaufmanns und Stadtschultheißen Franz Joseph Krederer. Ihren zukünftigen Ehemann lernte sie bei ihrer Tante in Gengenbach kennen, „als dieser bei seinen (…) Eltern zu Besuch war. Er war Ingenieur und stand als Hauptmann in badischen Diensten. Am 8. Juni 1824 heirateten die beiden und hatten bis zum Tod Josephines über 40 Jahre später eine insgesamt harmonische Ehe“, heißt es im Wikipedia Eintrag zu Josephine Scheffel. 1) 

Ihr Sohn Josef Viktor, der Namensgeber dieser Straße in Hamburg-Winterhude, soll durch seine Mutter stark geprägt worden sein. Deshalb soll er einmal gesagt haben: „Wenn Sie meine dichterische Art begreifen wollen, müssen Sie den Grund nicht in meinem Leben suchen; das ist sehr einfach verlaufen. Es kam alles von innen heraus Meine Mutter hätten Sie kennen müssen: was ich Poetisches in mir habe, habe ich von ihr.“2)

Josephine Scheffel führte in ihrem Wohnhaus in der Karlsruher Stefanienstraße 18 einen Salon, in dem Künstlerinnen und Künstler sowie Literatinnen und Literaten verkehrten. Obwohl Josephine Scheffel es war, die den Salon ins Leben rief und ihn führte, wurde der Salon bekannt als „Salon der Frau Majorin Scheffel“. Josephine Scheffel wurde also, wie es damals in der patriarchalen Gesellschaft überaus üblich war, über den Beruf ihres Ehegatten definiert.

Josephine Scheffel selbst war in erster Linie literarisch tätig; sie dichtete, teilweise auf Latein oder auch in schwäbischer Mundart, zu verschiedenen festlichen Gelegenheiten und schrieb lokal aufgeführte Schauspiele und Märchen, die über den Nachlass ihres älteren Sohnes erhalten geblieben sind. (…) Die überlieferten Gedichte decken ebenfalls ein breites Themenspektrum an; sie behandeln verschiedenste Motive aus der Zeitgeschichte, der Kunst (zum Beispiel ‚Zuruf an Liszt) und dem persönlichen Bereich (…).1892 erschien postum eine Sammlung einiger Gedichte Josephine Scheffels, die von ihrem Enkel Victor von Scheffel junior herausgegeben wurde. Alberta von Freydorf gab 1886, ebenfalls erst einige Jahre nach dem Tod der ‚Frau Majorin Scheffel, eine Märchensammlung unter dem Titel ‚In der Geißblattlaube heraus. Drei der darin enthaltenen Texte stammten von der Verstorbenen (‚Der ausgetretene Kinderschuh, ‚Strifriffel, ‚rchen vom Hirsebrei), (…).“ 3)

Über Josephine Scheffels gesellschaftspolitisches Engagement steht in Wikipedia, sie „war eine bekennende Patriotin, gläubige Katholikin und nach den Verhältnissen ihrer Zeit emanzipierte Ehefrau. (…) Besonders engagierte sie sich in der Karlsruher Frauenbewegung.

Nach der Deutschen Revolution, bei deren Ausbruch soziale Missstände eine zentrale Rolle gespielt hatten, initiierte Scheffel die am 1. Mai 1848 erfolgende Gründung des karitativen ‚Elisabethenvereins.Unter der offiziellen Bezeichnung ‚Jungfrauenverein zur Unterstützung bedrängter Arbeiterfamilien veranstaltete dieser wohltätige kulturelle Veranstaltungen zur Unterstützung der Unterschicht. (…) Über einen langen Zeitraum hinweg stand Scheffel als Präsidentin dem Elisabethenverein und dem ‚Comite, seinem zentralen Organisationsgremium, vor. Unterstützt wurden durch die Arbeit der Organisation arbeitsunfähige und kranke Arbeitnehmer der Stadt, unabhängig von ihrem religiösen Bekenntnis. (…)

Daneben war Scheffel aktives Mitglied des bereits seit 1831 bestehenden Sophien-Frauenvereins Karlsruhe, der sich ebenfalls der Unterstützung armer Arbeiterfamilien verschrieben hatte. (…)

Als 1859 der Sardinische Krieg zwischen dem (von Frankreich unterstützten) Königreich Sardinien und Österreich ausbrach, sah man in Deutschland (besonders in den südwestlichen, an Frankreich grenzenden Territorien) die eigenen Sicherheitsinteressen bedroht und fürchtete ein Übergreifen der Kampfhandlungen auf das eigene Land. Deshalb unterzeichneten 14 Frauen der gehobenen Schicht des Landes Baden, darunter auch Josephine Scheffel, am 26. Mai einen Spendenaufruf, durch den die Pflege der verwundeten Soldaten und die Unterstützung der Invaliden finanziert werden sollte.

Aus dieser Bewegung ging am 6. Juni 1859 unter Vorsitz der Großherzogin Luise der Badische Frauenverein hervor, zu dessen 18 Gründerinnen Scheffel gehörte. Auch als der Verein in den folgenden Jahrzehnten eine bedeutende Größe erreichte (mehrere hundert Zweigvereine mit 1914 zusammen 90.000 Mitgliedern), blieb sie im ‚Centralcomite bei der landesweiten Organisation tätig. (…)Auch ihr Sohn blieb mit dem Verein verbunden und präsentierte bei einem von dessen wohltätigen Vortragsabenden 1877 seinen berühmten Gedichtzyklus ‚Waldeinsamkeit erstmals der Öffentlichkeit.“ 4)   

Quellen::

1)    Wikipedia: Josephine Scheffel, unter ttps://de.wikipedia.org/wiki/Josephine_Scheffel abgerufen 5.6.2021.

2)    Ebenda.

3)    Ebenda.

4)    Ebenda.

  Spohrstraße, Barmbek-Süd (1904): Louis Spohr (5.4.1784 Braunschweig -22.10.1859 Kassel), Komponist. Geiger, Freimaurer.

 Die Straße könnte auch nach Spohrs Ehefrau Dorette Spohr, geb. Scheidler (2.12.1787 Gotha -20. (?). 11.1834 Kassel) mitbenannt werden. Sie war eine bedeutende Harfenistin und trat mit ihrem Ehemann gemeinsam auf, so z. B. 1811 im Apollo-Saal an der Hamburger Drehbahn 3-5; sie als Meisterin der Perdalharfe, er als Komponist und Geiger. (vgl.: Josef Sittard: Geschichte des Musik- und Concertwesens in Hamburg vom 14. Jahrhundert bis auf die gegenwart. Hildesheim, New York 1971,  S. 174.)

 Louis Spohr war seit 1806 mit derHarfen- und Klaviervirtuosin Dorette Scheidler (17871834), mit der er drei Töchter [geboren: 1807, 1808, 1818] hatte, verheiratet. 1)

In Dorettes Wikipedia-Eintrag steht über sie: „Dorette war die Tochter des gothaischen, auch wissenschaftlich gebildeten Violoncellisten und Kammermusikers Johann David Scheidler (17481802) und seiner Gattin Sophie Elisabeth Susanne geborene Preysing († 1821). Ihre Mutter war seit 1776 herzogliche Kammersängerin, ihre Stimme galt als unvergleichlich.“ 2)

Auf der Website des Sophie Drinker Instituts heißt es in der dort nachzulesenden und von Juliane Schaer verfassten Vita über Dorette Spohr: „Im Jahr 1805 war Dorette Scheidler Mitglied der Herzoglich-Gothaischen Kapelle. Im gleichen Jahr lernte sie ihren späteren Ehemann, den Violinisten und Komponisten Louis Spohr (17841859) kennen, der die Stelle des Herzoglichen Konzertmeisters und Leiters der Hofkapelle in Gotha antrat. Vor ihrer Heirat am 2. Febr. 1806 musizierte sie mit ihm und ihrer Mutter im privaten Kreis und konzertierte in Leipzig. Nach dem Rat ihres Mannes, die Geige, ‚dieses für Frauenzimmer unpassende Instrument nicht weiter zu kultivieren (Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. von Folker Göthel, Tutzing 1968, S. 95), widmete sie sich verstärkt dem Harfenstudium. Louis Spohr komponierte unter anderem Werke für Solo-Harfe und Duos für Harfe und Geige, die 1807 auf der ersten gemeinsamen Konzertreise der Öffentlichkeit vorgetragen wurden. Er stimmte die Harfe seiner Frau einen halben Ton tiefer, um somit Tonarten leichter spielbar zu machen, in denen die Violine brillanter klang. Das Ehepaar Spohr konzertierte in Weimar, Leipzig, Dresden, Prag, Regensburg, München, Augsburg, Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg und Frankfurt a. M. Die Konzertkritiken waren dabei durchweg positiv, wobei die Hauptaufmerksamkeit den Kompositionen Louis Spohrs galt. (…). 1807 kam die erste Tochter Emilie († 1895) zur Welt. Die Strassburg-Harfe Dorette Spohrs wurde im gleichen Jahr gegen eine größere und klangvollere Nadermann-Pedalharfe eingetauscht.

Nachdem das Ehepaar im Apr. 1808 nach Gotha zurückgekehrt war, wurde die zweite Tochter Johanna Sophia Louise, genannt Ida, geboren. Kurz danach erkrankte Dorette an einer lebensgefährlichen Krankheit. Während sie gezwungen war, das Harfenspiel für ein halbes Jahr auszusetzen, plante Louis Spohr 1809 eine zweite gemeinsame Konzertreise nach Russland. Nach Auftritten in Weimar, Leipzig, Dresden, Bautzen und Breslau brach das Ehepaar Spohr die Konzertreise jedoch auf Wunsch der Gothaischen Herzogin Caroline Amalie ab. Das daran geknüpfte Angebot, als Soloharfenistin am Hof und Lehrerin der herzöglichen Stieftochter auf Lebenszeit angestellt zu werden, nahm Dorette Spohr an. 1812 gab sie die Anstellung jedoch auf, da Louis Spohr neue Reispläne hatte.

Im Herbst des Jahres 1812 brach das Ehepaar Spohr auf, um über Leipzig und Prag nach Wien zu reisen. (…). Aufgrund neuer beruflicher Aussichten siedelten sie 1813 nach Wien über, wo Dorette Spohr eine Anstellung als Soloharfenistin am Theater an der Wien annahm. 1813 gebar sie einen Jungen, der jedoch im Alter von drei Monaten starb. Dorette Spohr wurde in dieser Zeit vom Publikum ausnahmslos gefeiert, wie die ‚Allgemeine musikalische Zeitung berichtet. (…). Aufgrund persönlicher Differenzen Louis Spohrs verließ das Ehepaar 1815 Wien und verbrachte einige Zeit im niederschlesischen Carolath. Dorette Spohr unterrichtete in dieser Zeit die Fürstentöchter an Klavier und Harfe. Nach einem kurzen Aufenthalt in Gotha konzertierte das Ehepaar zwischen 1815 und 1816 in Meiningen, Würzburg, Nürnberg, München, Frankfurt a. M., Darmstadt, Heidelberg, Karlsruhe, Straßburg, Münster bei Colmar, Basel und Zürich. Aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes Dorette Spohrs, der möglicherweise durch die strapaziösen Konzertreisen mit verursacht worden war, verbrachte das Ehepaar einen fünfmonatigen Urlaub im schweizerischen Thierachern. Nach Gesundung reiste das Paar nach Italien, wo Dorette Spohr aufgrund der Schwierigkeiten, die Harfe zu transportieren, als Pianistin auftrat. Nach der Rückkehr aus Italien wurde vor allem aus finanziellen Gründen das Konzertieren in mehreren Städten Deutschlands und der Schweiz unabdingbar Die Auftritte in Genf, Zürich, Basel, Freiburg i. Br., Karlsruhe, Baden-Baden, Mannheim und Bad Ems fanden zwar künstlerische Zustimmung, konnten aber die materielle Existenz nicht sichern. Es folgten weitere Konzerte (…) bis Louis Spohr 1817 eine Stelle als Operndirektor in Frankfurt a. M. annahm. 1818 kam die Tochter Therese zur Welt.

1819 begab sich das Ehepaar auf eine weitere Konzertreise, die am Ende des Jahres nach London führte. Hier wurde eine Erardsche Doppelpedalharfe für Dorette Spohr erworben, die aufgrund technischer Verbesserungen ein Spiel in allen Dur- und Molltonarten ermöglichte. Zuvor waren in der Fachpresse bereits kritische Stimmen an ihrer veralteten Harfe laut geworden. (…). Auch wenn Dorette Spohr sich mit ‚ausdauerndem Fleiße auf der neuen Harfe einspielte (Louis Spohr, Selbstbiographie, 2 Bde., Kassel und Göttingen 1860 und 1861, Repr. Kassel und Basel 1954 u. 1955 . Hier Bd.2. 1861, S. 93), gelang ihr die Umstellung auf das neue Instrument nicht. Die neue Harfe war größer und straffer bespannt, das Spiel erforderte somit mehr Kraft und das Doppelpedal eine andere Spieltechnik. Vor ihrem ersten Auftritt mit der neuen Harfe übte sie einige Monate. Bei diesem Konzert, das das einzige mit der neuen Harfe bleiben sollte, [hatte sie zwar Erfolg]. Trotzdem gab sie, gesundheitlich angegriffen durch die Doppelbelastung als Harfenistin und Mutter von drei Kindern sowie auf Anraten ihres Mannes, ‚dem nervenzerstörenden Instrumente zu entsagen (Spohr 1861, S. 103), das Harfenspiel auf.

Von 1821 bis zum Ende ihrer musikalischen Karriere konzertierte sie als Pianistin und trug (…) Kompositionen ihres Mannes (…) vor. Im Jahr 1821 siedelte die Familie Spohr nach Dresden über, um den beiden älteren Töchtern Emilie und Ida eine Gesangsausbildung (…) zu ermöglichen. Nachdem Dorette Spohr 1823 ihre musikalische Karriere aus gesundheitlichen Gründen endgültig aufgegeben hatte, lebte sie bis zu ihrem Tod in Kassel. Dorette Spohr, die bedeutendste Harfenistin des frühen 19. Jahrhunderts, starb im Alter von 47 Jahren an einem so genannten Nervenfieber.

Das virtuose Harfenspiel Dorette Spohrs hat das kompositorische Schaffen ihres Ehemannes stark beeinflusst. So komponierte er in der Zeit ihrer Ehe Solostücke für Harfe, Fantasien und Sonaten für Violine und Harfe, ein Trio für Harfe, Violine und Violoncello und zwei Concertanten für Harfe, Violine und Orchester.“ 3)

Nachdem Dorrette Spohr 1834 im Alter von 47 Jahren verstorben war, heiratete der damals  52jährige Spohr zwei Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, die damals 29jährige Pianistin Marianne Pfeiffer (17.6.1807 Kassel - 4.1.1892 Kassel). 

 

Quellen:

1)    Wikipedia: Louis Spohr, unter: https://de.wikipediaorg/wiki/Louis_Spohr abgerufen 9.10.2021.

2)    Wikipedia: Dorette Spohr, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Dorette_Spohr abgerufen 9.10.2021.

3)    Juliane Schaer: Dorette Spohr, in: Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts auf der Website des Sophie Drinker Instituts für misikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung, unter: https://www.sophie-drinker-institut.de/spohr-dorette.

Stockhausenstraße, Barmbek-Nord (1927): Julius Stockhausen (22.7.1826 Paris -22.9.1906 Frankfurt am Main), Dirigent.

Die Straße könnte auch nach Stockhausens Mutter, der Sopranistin Margarethe Stockhausen benannt werden.

Stockhausens Mutter Margarethe Stockhausen, geb. Schmuck (29.3.1803 Guebwiller 6.10.1877 Colmar) war eine bedeutende Sopranistin gewesen. Sie hatte in Paris Gesangsunterricht erhalten und dort auch ihren späteren Ehemann, den 14 Jahre älteren Harfenisten Franz Stockhausen (1789-1868) kennen und lieben gelernt. Das Paar heiratete 1822 und bekam im Laufe der Ehe sechs Kinder, was Margarthe Stockhausen nicht daran hinderte, weiterhin Konzerte zu geben. 

Ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes Julius wurde sie zur Ehrensängerin der französischen Königskapelle ernannt. „Es wurde jedoch bald notwendig, dass die Familie anderswo nach einem Einkommen suchte, also zogen sie nach London und gaben im Mai 1827 ihr erstes Konzert in der Königlichen Musikakademie.“ 1)

Mit Schweizerliedern gelang Margarethe Stockhausen der musikalische Durchbruch. „1828 gab sie ein Konzert in den Argyll Rooms, wobei sie von Matteo Carcassi auf der Gitarre begleitet wurde. Häufig aber trat sie zusammen mit ihrem Mann auf. Später sang sie auch Lieder und Arien berühmter Komponisten, (…). Die meisten Konzerte gab sie in England und Schottland, (…).“ 2)

In dieser Zeit gebar Margarethe Stockhausen noch einige Kinder, begab sich aber immer wieder auf Tourneen durch die Schweiz, das Elsass, Süddeutschland, Frankreich und England. „1831 sang sie während einer weiteren Tournee in Schottland bei Holvrood House für die Königin des Vereinigten Königreichs und vor dem Herzog von Devonchire und dem Herzog von Wellington. In diesem Jahr erwarb die Familie ein eigenes dauerhaftes Zuhause in Tannenfels (Baden-Württemberg), und Margerethes Eltern überwachten die Erziehung ihrer Kinder, die die Schule in Guebwiller besuchten 1833 machten Franz und Margerethe ihre erste deutsche Konzerttournee durch Darmstadt, Karlsruhe, Köln und Frankfurt am Main.

Margerethes Karriere ging in ähnlicher Weise bis 1840 weiter. Im Januar 1839 unternahm sie eine große Tournee durch die Schweiz und besuchte Genf, Lausanne, Neuenburg, Bern und Solothurn. Nach der Geburt ihres Sohnes Henri machte sie ihre letzte britische Tournee, gab zuerst Konzerte in Paris und zog dann im April nach London, (…). Im September 1839 sang sie unter Spohrs [siehe: Spohrstraße] Leitung in seinem Oratorium Kalvarienberg beim Norwich Festival, (…).“ 1)

1840 zog die Familie nach Colmar, wo Margarethe am 6. Oktober 1877 verstarb. In dieser Zeit gab sie nur noch wenige Konzerte, meistens in der Umgebung von Colmar. 2)

In seiner 1884 veröffentlichten „Julius Stockhausens Gesangs Methode“ erinnerte Stockhausen mit einer Widmung an seine Mutter. So machte er deutlich, dass nach dem Tod seiner Mutter: „kein musikalisches Blatt (…) der bescheidenen Frau [gedachte]. Wer will es dem Sohn verargen, wenn er es als seine Pflicht ansieht, diese Perle des Elsasses der Vergessenheit zu entreissen. Deinem Andenken theure Mutter, Dir, meiner ersten Lehrerin auf dem Gebiete der Gesangskunst, widme ich diese Arbeit. Du warst es, die zuerst, durch den Zauber Deines Tones, in mir den Sinn für Tonschönheit, für eine deutliche, durchgeistigte Aussprache, für einen seelenvollen Vortrag, als ich noch ein Kind war, wecktest. Noch tönt in meinen Ohren der Klang dieser Engelstimme, als Du mir kaum zählte ich drei Jahre ein Bettelliedchen (…) vorsangst und mich lehltest. (…). Noch höre ich im Geiste die Weisen des grossen Händel, des lieblichen Haydn, des göttlichen Mozart von diesen beredten Lippen vorgetragen. An deinem absolut reinen Tone bildete sich früh mein Ohr, an der Mutter Stimme meine Stimme. Wer es nicht verstehen kann, wie nachhaltig solche Eindrücke, solche Beispiele auf ein Kind wirken, wer den Einfluss solcher Töne für übertrieben halten sollte, vernehme das Urtheil des berühmten J. B. Cramer. Als die Mutter in einer Conzertprobe in London das Rezitativ und Rondo von Mozarts ‚chio mi scordi di te mit Orchester und obligatem Clavier sang, sass der grosse Meister am Flügel. Der schon bejahrte Herr war von dem Vortrag der Sängerin so überwältigt, dass er gegen Schluss des Stückes allmählich von seinem Stuhle hinunterglitt und knieend seinen Part weiter spielte. ‚Das sind Töne von oben, sagte er der Mutter, als die Arie zu Ende war, ‚anbetungswürdige Töne. So erzählte oft, stolzerfüllt unser würdiger Vater.“ 3)

 Quellen:

1)    https://at.wiki2.wiki/wiki/Margarethe_Stockhausen abgerufen 2.10.2021.

2)    Wikipedia: Margarethe Stockhausen, unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Margarethe_Stockhausen abgerufen 2.10.2021.

3)    Julius Stockhausens Gesangs Methode. Leipzig 1884.

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten..

 

Michael Werner-Boelz

Anhänge

 

Keine