Auskunft über die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der SAGA-Unternehmensgruppe und der steg Hamburg mbH bei der Bewirtschaftung der Wohnungen des ehemaligen Treuhandvermögens in St. Pauli-Nord - Quartiersbeirat Karolinenviertel
Letzte Beratung: 13.02.2020 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 6.2
Der Quartiersbeirat Karolinenviertel hat in seiner Sitzung am 03.12.2019 nachfolgend aufgeführte Beiratsempfehlung beraten und beschlossen. Der Cityausschuss hat der Beiratsempfehlung in seiner Sitzung am 28.01.2020 einstimmig zugestimmt.
Vorbemerkung:
Den Anlass dieser Anfrage bildet die Feststellung mehrerer Mieter*innen im Karolinenviertel,
• dass das dreiseitige Vertragsverhältnis zwischen einem staatlichen Vertragspartner (FHH/ Finanzbehörde – LIG), einem in Staatseigentum befindlichen "semi-privaten" Partner (SAGA-Unternehmensgruppe, früher Saga-GWG) und einem privaten Partner (steg Hamburg mbH) für juristische Laien recht undurchschaubare Rechtsfolgen nach sich zu ziehen scheint,
• die sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im privatrechtlichen Rechtskreis zu liegen scheinen, symbolisiert durch wechselnde Firmenbezeichnungen (mit unterschiedlichen Logos, Briefbögen);
dabei in ihrer Zusammensetzung wechselnde Grundstücks- und Gebäudebestände betreffen,
• die teilweise noch in öffentlicher Förderung, teilweise "frei" vermietet werden,
• die in verschiedenen Datensätzen unterschiedlich dokumentiert sind (... oder auch nicht)
• und mit unterschiedlichen Mietverträgen (Wohnen, Gewerbe; mehrere Entwicklungsstufen der Mietverträge) und Übergangsklauseln,
• mit und ohne (rechtswirksame) Benachrichtigungen über Eigentümerwechsel,
für die seitens der steg Hamburg mbH (oder der SAGA-Unternehmensgruppe? oder nicht klar identifizierbarer, möglicher weiterer Auftraggeber*innen)
• Dienstleistungen beauftragt werden, für die wiederum verschiedensten Rechnungsempfänger*innen Rechnungen (oder "Verrechnungsbelege"?) ausgestellt werden
• bzw. für die Steuer- oder Gebührenbescheide erlassen werden,
deren Beträge dann wiederum
• verrechnet,
• weiterberechnet,
• um (nicht näher definierte) "additive Kosten" (evtl. Verwaltungskosten?) ergänzt,
• auf verschiedene Kostenstellen eines buchhalterischen Kontenrahmens aufgeteilt,
• zu Abrechnungseinheiten zusammengefasst,
• anhand von Generalverträgen tabellarisch aufgeteilt,
auf Mieter*innen abgewälzt werden.
I.
(1) Laut Auskunft des Leiters der Geschäftsstelle Hamburg-Mitte der SAGA-Unternehmensgruppe in der 1. Sitzung des Quartiersbeirates Karolinenviertel im Jahr 2019 hat die steg Hamburg mbH
„… für jene Wohnungen, die von der steg treuhänderisch für die SAGA verwaltet werden, […] den Auftrag […], die Bestände eigenständig zu bewirtschaften. …
(siehe Protokoll zur Sitzung vom 03.04.2019, Seite 5, „Aktuelles: Mieterhöhungen der SAGA im Karoviertel“).
(2) Der Umfang dieser „eigenständige[n] Bewirtschaftung“ wurde vom Vertreter der SAGA jedoch nicht näher bestimmt, ist aber im Generalbewirtschaftungsvertrag (GBV) vom 18.04.2012 zwischen
• der Freien und Hansestadt Hamburg, Finanzbehörde Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) als "Treugeber der FHH'',
• der STEG Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg mbH ("STEG") sowie
• der SAGA Siedlungs-Aktiengesellschaft Hamburg, Poppenhusenstraße 2, 22305 Hamburg (im Vertrag "SAGA" oder Eigentümer genannt; jetzt: SAGA-Unternehmensgruppe)
im Detail geregelt.
(3) Nicht Teil der eigenständigen Bewirtschaftung sind üblicherweise weitreichende grundbuchrelevante Eigentümerrechte, wie z. B. die Veräußerung eines Grundstücks, Grundsteuerangelegenheiten, der Abschluss von Gebäudeversicherungen und die Schadenshaftung gegenüber Dritten. In diesen Angelegenheiten kann sich der/ die Eigentümer/-in i.a. nicht wirksam durch eine Verwaltung vertreten lassen, d.h. konkret, dass
• der Festsetzungsbescheid der Grundsteuer an den/ die Eigentümer(in) gerichtet wird,
• • Gebäudeschadens- und Gebäudehaftpflicht-Versicherungen mit dem/ der Eigentümer(in) abgeschlossen werden,
• Haftungs- und Schadensersatzansprüche im Falle der Schädigung eines/ -r Dritten, (d.h. hier nicht eines/ -r Mieters/ -in) gegen den/ die Eigentümer(in) zu richten sind.
(4) Die beiden erstgenannten Punkte Grundsteuer und Versicherung sind auch für die wirksame Abwälzung bzw. Umlage von Betriebskostenpositionen nach § 2 BetrKV – Aufstellung der Betriebskosten – Katalog-Nr. 1 (laufende öffentliche Lasten des Grundstücks, namentlich die Grundsteuer) und Nr. 13 (Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung) und den Nachweis der Grundlagen und – ggf. umlagefähigen – Kosten dieser Positionen von Bedeutung. Dies gilt insbesondere bei Sammel- oder Generalverträgen, z.B. für Versicherungen, deren Kosten auf mehrere Wirtschaftseinheiten aufgeteilt werden, die in der Versicherungspolice eine Abrechnungseinheit bilden.
(5) Der dritte der in Absatz 3 dieses Abschnitts genannten Punkte (hier: Haftungs- und Schadensersatzansprüche) ist gemäß einer Nachfrage bei der SAGA-Unternehmensgruppe insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die im Eigentum der SAGA-Unternehmensgruppe stehenden, jedoch von der steg Hamburg mbH eigenständig bewirtschafteten Grundstücke und Gebäude dem Anschein nach nicht in der Datenbank der SAGA-eigenen Grundstücke und Gebäude geführt werden, so dass bei einer telefonischen Anfrage SAGA-eigene Grundstücke und Gebäude aus dem ehemaligen Treuhandvermögen
• weder anhand der Vertragsnummer
• noch anhand der Objekt-Bezeichnung oder Belegenheit (Straße und Hausnummer)
• noch anhand des Mieter*innen-Namens
gefunden werden können. Dies kann z.B. dazu führen, dass bei – auch nur fahrlässigen – Verstößen gegen die Verkehrssicherungspflicht durch die steg Hamburg mbH oder durch ein von ihr – z. B. mit der Reinigung von öffentlich oder privaten Wegen oder der Schnee- und Eisbeseitigung – beauftragtes Unternehmen, die Eigentümerin als Schuldnerin bei Schadensersatzforderungen Dritter im Falle von Unfällen oder Vermögensschäden kaum oder zumindest nicht mit zumutbarem Aufwand zu ermitteln ist.
(6) Eine genaue Funktions- und Zuständigkeitsbestimmung des/ der Eigentümer*in, Vermieter*in und/ oder Verwalter*in ist darüber hinaus z.B. auch von Bedeutung für
• die Zahlung von Entschädigungen für von dem/ der Mieter*in bei Auszug hinterlassenen, genehmigten und noch wertig nutzbaren Einbauten
• die Rückerstattung von Kautionen an die Mieter*innen bei Auszug.
Laut exemplarischer Einsichtnahme in einige Mietverträge sind Kautionen „getrennt vom Vermögen des Vermieters“ (nicht des Eigentümers!) anzulegen, so dass ein Rückforderungsanspruch gegen den Vermieter zu richten ist.
II.
(1) Wie bereits erwähnt, gehört zur Bewirtschaftung regelmäßig die Erstellung bzw. Versendung der Nebenkosten-Abrechnungen, bestehend aus der Betriebskosten-Abrechnung (in eigener Verantwortung) und der auf Grundlage einer Beauftragung von einem Dienstleiter (z.B. techem, ista, Brunata-Metrona oder A+S Gesellschaft für Heizkostenmessung und Abrechnung mbH) erstellten Abrechnung für die Heiz- und Warmwasserkosten. Die als Grundlagen der für beide Teile der Abrechnung dienenden Dokumente (Verträge, Leistungsnachweise, Rechnungen) dürften im Zuge der Bewirtschaftung überwiegend bei der steg Hamburg mbH zu finden sein. Mutmaßlich gibt es Ausnahmen nur für Grundsteuer-Festsetzungs- und Gebührenbescheide und für Versicherungspolicen/ -rechnungen.
(2) Die Erfahrungen einiger Mieter*innen, die zur Prüfung ihrer Nebenkostenabrechnung Einsicht in die dafür notwendigen Dokumente bei der steg Hamburg mbH verlangen, diese Einsicht jedoch – bisher – für manche dieser Dokumente auch nach mehrfacher Anforderung nicht erhalten haben, hat in jüngerer Zeit zu weiter wachsenden Irritationen und erheblicher Verunsicherung über die Wahrung der Rechtspositionen der Mieter*innen gegenüber ihrem Vermieter geführt, denn es scheint keineswegs immer zweifelsfrei erkennbar zu sein, wer
• Eigentümer(in) in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht,
• wirtschaftlich berechtigte (natürliche oder juristische) Person,
• Vermieter(in) sowie Vertragspartner per Mietvertrag bzw.
• Verwalter(in)
der jeweiligen Grundstücke und Gebäude des (ehemaligen bzw. derzeit noch „übrigen“) Treuhandvermögens der steg Hamburg mbH ist.
III.
(1) Erschwerend kommt hinzu, dass zum Verwaltungsbestand der steg Hamburg mbH – nach öffentlich zugänglichen Informationen
1. Grundstücke und Gebäude des (ehemaligen) Treuhandvermögens gehören, die in das Eigentum der SAGA-Unternehmensgruppe (früher: SAGA-GWG) übergegangen sind;
2. Grundstücke und Gebäude gehören, die sich weiterhin im Treuhandvermögen der steg Hamburg mbH befinden, u. a. um Sanierungen durchzuführen und zu beenden (diese Gebäude weiterhin mit Sanierungsvermerk in ihrem Grundbucheintrag);
3. Grundstücke und Gebäude im unmittelbaren und vollständigen rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum und Besitz gehören sowie
4. „fremde“ Grundstücke und Gebäude gehören, die lediglich in üblicher Art und Weise für andere Dritte verwaltet werden.
Für diese unterschiedlichen Gruppen von Grundstücken und Gebäuden dürften jeweils verschiedene Leistungen erbracht werden, u.a. aus den Bereichen: administrative und/ oder technische Verwaltung/ Bewirtschaftung, Hauswart-Leistungen und Rechnungswesen, jeweils als Eigenleistung oder Dienstleistung.
Vor diesem Hintergrund bittet der Quartiersbeirat Karolinenviertel
• die zuständigen Stellen bzw. Personen in der Verwaltung des Bezirks Hamburg-Mitte,
• den Sprecher des Vorstandes der SAGA-Unternehmensgruppe,
• die Geschäftsführer der steg Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft Hamburg mbH,
• den Geschäftsführer des LIG – Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen, handelnd für die Finanzbehörde der FHH
als vertretungsberechtigte Personen der drei an der Eigentumsübertragung der Grundstücke und Gebäude des früheren Treuhandvermögens in St. Pauli-Nord (Karolinenviertel und benachbarte Quartiere) beteiligten Parteien
um Auskunft zu folgenden Fragen:
1. Welche Grundstücke und Gebäude des ehemaligen Treuhandvermögens gehören zum Stichtag 01.12.2019
a) zu der in III. Abs. 1 Zi. 1 beschriebenen Gruppe,
b) zu der in III. Abs. 1 Zi. 2 beschriebenen Gruppe,
c) zu der in III. Abs. 1 Zi. 3 beschriebenen Gruppe,
d) zu keiner der in III. genannten Gruppen (bitte in diesem Falle um Einzelfall-Erläuterung).
2. Wer ist zum Stichtag 01.12.2019
• Eigentümer(in) in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht,
• wirtschaftlich berechtigte (natürliche oder juristische) Person,
• Vermieter(in) und
• Verwalter(in)
der Grundstücke und Gebäude des ehemaligen Treuhandvermögens.
Zur genauen Zuordnung der einzelnen Grundstücke und Gebäude wird um eine detaillierte Aufschlüsselung nach dem Muster der Anlage 1 gebeten.
3. Welche Rechte und Pflichten wurden im Zuge des Kauf- und Generalbewirtschaftungsvertrages im Einzelnen auf die steg Hamburg mbH übertragen?
4. Wer ist – Bezug nehmend auf I. Abs. 6 und II. Abs. 2 – bei der SAGA-Unternehmensgruppe als Eigentümerin zuständig für Nachfragen oder auch Beanstandungen, sofern bei Mieter-*innen im Einzelfalle der Eindruck entsteht, das vertragliche Pflichten seitens der steg Hamburg mbH, der von ihr beauftragten Dienstleister*innen oder einzelner Mitarbeiter*innen nicht im erwarteten Umfang umgesetzt werden.
5. Gibt es in gesellschaftsrechtlicher Verbindung mit der steg Hamburg mbH weitere Gesellschaften oder Einzelpersonen, z.B. Vermögensverwaltungsgesellschaften/ Vermögens-verwalter, welche Aufgaben der Vermietung und/ oder der Verwaltung von Grundstücken und Gebäuden aus dem (ehemaligen) Treuhandvermögen vornehmen?
Trägt eine solche Unternehmung beispielsweise den Namen oder Namenszusatz „THV St. Pauli Nord S3“ oder „steg Hamburg mbH – SAGA GWG“ oder „steg 25“? Sofern es eine oder mehrere solcher Gesellschaften gibt, bitten wir jeweils um Nennung von Gesellschaftsname, Name(n) des/ der (geschäftsführenden) Gesellschafter/s, Angabe des Unternehmenssitzes, der Handelsregister-Nummer und einer kurzen Beschreibung des Gesellschaftszwecks.
Sofern es solche Einzelperson/en gibt, bitten wir jeweils um Nennung von Namen, Angabe von Betriebssitz sowie Art und Rechtsform des Betriebs.
FOLGT: Anlage 1
Abstimmungsergebnis:
|
Plenum |
Beiratsmitglieder |
Parteien |
JA |
26 |
6 |
2 |
NEIN |
0 |
0 |
0 |
Enthaltungen |
1 |
1 |
0 |
Die Bezirksversammlung wird um Bestätigung des Beschlusses gebeten.
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