Zeitzeugen für den Wohnungsbau in Rothenburgsort auch für die Zukunft erhalten
Die Bezirksversammlung hat in ihrer Sitzung am 14.12.2023 dem nachfolgend aufgeführten Antrag der CDU-, SPD- und FDP-Fraktion (Drs.-Nr. 22-4331) einstimmig zugestimmt.
In diesem Jahr jährt sich zum 80. Mal die vollständige Zerstörung des Stadtteils Rothenburgsort durch den Feuersturm im Juli 1943. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli wurde der Stadtteil fast vollständig ausgelöscht. Nur wenige Gebäude sind aus dieser Zeit erhalten geblieben.
Vor diesem Hintergrund möchten wir nachstehende Gebäude auch für nachfolgende Generationen erhalten und unter Schutz stellen, um einen Eindruck und die Bewahrung früherer Bebauung zu sichern.
1. Gebäude der ex. Eisengießerei Schmilinsky
An der Ausschläger Allee 190 lag die im Jahre 1889 erbaute Eisengießerei Heinrich Schmilinsky. Das Wohnhaus an der Ausschläger Allee 190 ist das einzige Gebäude, das nach dem Abbruch des nach dem Krieg übriggebliebenen Areals verblieben ist.
2. Wohnhaus Ausschläger Allee 145
Das Wohnhaus an der Ausschläger Allee 145 Ecke Rothenburgstraße ist eines der wenigen Gebäude, die den Krieg fast unbehelligt überstanden hat. Es wurde Ende der 1920er Jahre für Mitarbeiter der Hamburger Gaswerke errichtet.
3. Wohnhaus Vierländer Damm 30
Wohnhäuser in diesem Stil flankierten den Vierländer Damm sowie die Ausschläger Allee und angrenzende Nebenstraßen. Auch dieses ist ein Zeitzeuge der Blockrandbebauung und sollte daher dringend erhalten bleiben.
(Bilderquelle: Holger Schmidt)
Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte möge beschließen:
1. Die zuständigen Stellen (Denkmalschutzamt) werden gebeten, die drei o.g. Gebäude oder wenigstens ihre Fassaden unter Denkmalschutz zu stellen.
2. Der Stadtplanungsausschuss wird über das Ergebnis unterrichtet.
Die Behörde für Kultur und Medien nimmt mit Schreiben vom 09.01.2024 wie folgt Stellung:
Die Behörde für Kultur- und Medien begrüßt es grundsätzlich, dass die Bezirksversammlung Hamburg Mitte sich mit ihrem Antrag für die Bewahrung früherer Bebauung und deren Erhaltung für nachfolgende Generationen einsetzt und dafür das Instrument des Denkmalschutzes vorschlägt.
Dass das Augenmerk besonders auf Gebäuden im Stadtteil Rothenburgsort liegt, die vor der Nachkriegszeit entstanden sind, ist angesichts des Feuersturms 1943, der dort flächendeckend für Zerstörung gesorgt hat, verständlich.
Da sich der sogenannte Feuersturm zum nunmehr bald 81. Mal jährt, steht die Behörde auch zur Verfügung, um den Bezirk bei Vorhaben und Veranstaltungen zur Erinnerungskultur zu begleiten. Gerade das Nicht-Vorhanden-Sein historischer Bebauung in Rothenburgsort infolge des Zweiten Weltkrieges ist eine wichtige historische Aussage bzw. Erkenntnis, die vermittelt werden sollte.
Eine Unterschutzstellung der in der Drucksache aufgeführten Gebäude ist jedoch nicht möglich, da es sich bei ihnen nicht um Kulturdenkmäler handelt. Die Behörde für Kultur und Medien regt daher an, dass in den Bezirken und in Abstimmung mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen über die Schaffung von anderen geeigneten Instrumenten beraten wird. Denn immer wieder wird das berechtigte Anliegen an die Behörde für Kultur und Medien herangetragen, historische Gebäude und baukulturell wertvolle Gebäude, die nicht in einem Erhaltungsgebiet liegen und nicht die Kriterien des Denkmalschutzes erfüllen, mittels Denkmalschutzes zu schützen, um sie dauerhaft vor einem Abriss zu schützen.
Begründung für die Nicht-Unterschutzstellung:
Die in der Drucksache aufgeführten Gebäude wurden seitens des Denkmalschutzamtes bereits mehrfach hinsichtlich ihres Denkmalwertes überprüft. Neue Erkenntnisse zur Bedeutung der Objekte liegen nicht vor. Es handelt sich bei den Gebäuden nicht um Denkmäler, da sie aufgrund ihrer Veränderungen keinen hinreichenden Zeugniswert mehr aufweisen.
Ein Baudenkmal ist laut §4 DSchGHH eine bauliche Anlage oder ein Teil einer baulichen Anlage im Sinne des § 2 Absatz 1 der Hamburgischen Bauordnung vom 14. Dezember 2005 (HmbGVBl. S. 525, 563), zuletzt geändert am 20. Dezember 2011 (HmbGVBl. S. 554), in der jeweils geltenden Fassung, deren oder dessen Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Bedeutung oder zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes im öffentlichen Interesse liegt. Grundvoraussetzung für eine Unterschutzstellung ist eine authentische Überlieferung des Bauwerks in seiner historischen Substanz, d.h. das Vorliegen von Authentizität und materieller Integrität.
Im Sinne einer Denkmalausweisung, die mit einer wissenschaftlich haltbaren Argumentation ein öffentliches Interesse an der Erhaltung formulieren kann, muss sich eine Ausweisungspraxis auf gesichertem Boden befinden. Für die genannten Gebäude trifft dies leider nicht zu – eine Erhaltungsoption muss daher durch andere Instrumente herbeigeführt werden. Die Gerichte betrachten den Denkmalbestand der Freien und Hansestadt Hamburg nicht nach Stadtteilen, sondern im landesweiten (im Sinne eines Bundeslandes) Vergleich. Deshalb ist die Tatsache, dass der Stadtteil Rothenburgsort wegen seiner starken Zerstörung in Folge des Zweiten Weltkrieges nur noch wenig Bestand aus der Zeit vor 1945 aufweist, kein begünstigendes Kriterium.
Zu den in der Drucksache-Nr. 22-4331 aufgeführten Gebäude im Einzelnen:
Gebäude der ehem. Eisengießerei Schmilinsky Ausschläger Allee 190
Das Gebäude wurde 1889/90 nach Plänen von J. Alfred Martens als Wohnhaus für neu angesiedelte Eisengießer errichtet (siehe Mitteilungen für den Bau- und Denkmalschutzausschuss, 32. Sitzung am 3.11.2010). Wegen diverser Veränderungen (Dachform, Eingangstür, Fenster, Anbau an der Rückseite, Reparaturen) und Verlusten (Profilierung der Geschossgesimse) kann dem Gebäude kein ausreichender Dokumentationswert mehr zugesprochen und das Gebäude mit seinen Architekturausformungen einfacher Art nicht als Baudenkmal qualifiziert werden (siehe bereits die Empfehlung der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte/Stellungnahme Kulturbehörde 23.10.2013).
Wohnhaus Ausschläger Allee 145
Zu diesem Objekt gab es bereits mehrfach Anfragen (1996/97, 2009/10, 2016). Das Gebäude gehörte ursprünglich zum benachbarten Gaswerk Tiefstack. Es beherbergte einst Betriebswohnungen für Ingenieure und technische Inspektoren (siehe Hamburger Adressbuch 1930). Als letzter Rest des ehemaligen Gaswerks ist das Gebäude heute ohne den ursprünglichen Kontext der alten Anlage erhalten und somit nahezu ohne Aussagekraft. Auch können keine besonderen oder herausragenden Architekturmerkmale erkannt werden. Eine Bauakte ist nicht bekannt, es fehlen daher jegliche Angaben zur Architektur und genauen Bauzeit. Stilistisch kann man den Bau in die Zeit um 1930 datieren.
Wohnhaus Vierländer Damm 30
Das fünfgeschossige Etagenhaus wurde sehr wahrscheinlich 1927/28 erbaut. Es handelt sich um einen Entwurf des Architekten Willy Wegner für den Bauherren W. Ch. Nuttelmann. Das Wohngebäude wurde verändert, so war u.a. seine Fassade ursprünglich nicht verputzt. (Siehe Mitteilungen für den Bau- und Denkmalschutzausschuss, 32. Sitzung am 3.11.2010).
Um Kenntnisnahme wird gebeten.