Umfangreiche Untersuchung der Verkehrssituation rund um die Hamburger City durchführen - vor Schließung der Steinstraße für den Individualverkehr
Letzte Beratung: 26.04.2023 Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtnatur Ö 7.2
Der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung am 07.03.2023 dem Antrag 22-3657 Umfangreiche Untersuchung der Verkehrssituation rund um die Hamburger City durchführen - vor Schließung der Steinstraße für den Individualverkehr (Antrag der CDU-, SPD- und FDP-Fraktion) mehrheitlich - gegen die Stimmen der GRÜNE- und Fraktion DIE LINKE - anstelle der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte zugestimmt. Die BVM (Petitumspunkte 1, 3, 4 und 5) bzw. die BSW (Petitumspunkt 2) wurde gebeten, der Intention des Beschlusses zu entsprechen und eine Stellungnahme zur Information für den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtnatur abzugeben.
Die Koalition aus SPD, CDU und FDP in Hamburg Mitte bekennt sich zu einer attraktiven, gut erreichbaren sowie lebendigen Innenstadt. Vor diesem Hintergrund befürwortet die Koalition gute Mobilitätskonzepte, die sämtliche Arten von Mobilität einbeziehen, inklusive des fußgängerfreundlichen Ausbaus der Innenstadt. Eine autofreie Innenstadt ist dabei nicht unser Ziel. Zur Attraktivitätssteigerung der Mönckebergstraße unterstützt die Koalition zu-dem die vollständige oder teilweise Verlegung des Busverkehrs aus der Mönckebergstraße in die benachbarten Straßen.
Der Senat hat nun die Ergebnisse der Beratungen des zweiten Runden Tisches zur Innen-stadt veröffentlicht. Im Ergebnis sollen zukünftig – wie bereits seit einiger Zeit durch den Verkehrsversuch aufgrund der baustellenbedingten Sperrung der Mönckebergstraße er-probt – Teile des Busverkehrs von der Mönckebergstraße auf die Steinstraße verlagert werden. Mit dieser Verlegung soll der Verkehr in der Mönckebergstraße beruhigt und die Aufenthaltsqualität für die Besucherinnen und Besucher der Innenstadt erhöht werden. Die Umbaumaßnahmen sollen bereits 2025 beginnen. Auch die Anbindung von der HafenCity in den Innenstadtbereich – hier speziell zur Mönckebergstraße über den Domplatz – soll ge-prüft und verbessert werden. Die Koalition begrüßt diese Planungen.
Zusätzlich soll es jedoch durch die Einrichtung einer Kommunaltrasse auf Teilen der Stein-straße künftig keine West-Ost-Verbindung mehr für den Individualverkehr geben. Alle West-Ost-Verkehrsströme sollen über die sog. „Ost-West-Straße“ (Meßberg/Willy-Brandt-Straße) abgewickelt werden. Lediglich vom Steintorwall über die Bugenhagenstraße und zurück über die Steinstraße soll das Quartier mit einer „Schleife“ erschlossen werden. Diese Planung widerspricht dem Koalitionsvertrag und unserem Grundsatz verkehrsberuhigter Nebenstraßen und leistungsfähiger Hauptverkehrsstraßen, die für schnell abfließende Wirtschaftsverkehre notwendig sind. Die Erreichbarkeit der Innenstadt stellt bereits heute eine zum Teil erhebliche Herausforderung für Kunden- und Lieferverkehr insbesondere der unschätzbar wertvollen kleinen Fachhändler dar, deren Existenz zu schützen ist.
Die nun veröffentlichten Planungen für Mönckeberg- und Steinstraße stehen im Kontext der sich verändernden Innenstadt und mehrere weiterer Einzelprojekte, die in absehbarer Zeit noch nicht bekannte Wechselwirkungen in den Verkehrsführungen und -strömungen erge-ben werden. Durch die geplanten Umbaumaßnahmen des Hauptbahnhofes entstehen in den nächsten Jahren weitere Kommunaltrassen an der Steintorbrücke und in der Kirchenallee, auf Grundlage des sogenannten „Testplanverfahrens Berliner Tor“ sollen für die Ost-West-Verkehre auf den Magistralen Spaldingstraße und Nordkanalstraße weniger Spu-ren zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind in mehreren weiteren Kleinräumen Ände-rungen der Verkehrsführung – wie beispielsweise durch die Herausnahme des Autoverkehrs am Jungfernstieg – geplant bzw. bereits umgesetzt.
Was bisher fehlt, ist eine konzeptionelle Untersuchung über das Zusammenwirken dieser Einzelmaßnahmen und deren Auswirkungen auf die Individualverkehre im Umfeld der Hamburger Innenstadt. Gute Ansätze dürfen nicht dazu führen, dass die Belastung durch Staus an anderen Stellen steigt und Wohnquartiere durch zu nehmende Durchgangsverkehre zusätzlich belastet werden.
Deshalb wird eine umfängliche Evaluation des gesamten Gebietes vom Hauptbahnhof bzw. Berliner Tor bis hin zum Rathaus unumgänglich, bevor die Sperrung der Steinstraße für den Individualverkehr umgesetzt wird.
1. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte spricht sich zur Attraktivitätssteigerung der Mönckebergstraße grundsätzlich für die teilweise Verlegung der Busverkehre in die Steinstraße aus.
2. Die Attraktivität der alten Innenstadt und ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem künftigen südlichen Überseequartier mit interessantem Geschäftsangebot, Parkplätzen etc. sind zu stärken und darf keinesfalls gefährdet werden. Der City-Ausschuss spricht sich für die Durchführung eines Workshop-Verfahrens unter Federführung der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen zur Stärkung der Achse Mönckebergstraße/Domplatz/HafenCity aus.
3. Die Verkehrsbehörde wird aufgefordert, das gesamte Gebiet rund um die Hamburger Innenstadt verkehrstechnisch zu evaluieren und dabei die anstehenden Umbaupläne des Hauptbahnhofes, des Berliner Tors sowie die Entwicklung und zukünftige Nutzung des Domplatzes zu beachten. Die Attraktivität der Innenstadt soll dabei ebenso wie die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Hauptstraßen Kriterium der Evaluation sein. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte ist bei der Planung und inhaltlichen Ausgestaltung des Evaluationsprozesses zu beteiligen
4. Solange die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind und konkrete Konzepte hin-sichtlich Erreichbarkeit, Erschließung, Vernetzung etc. vorliegen, spricht sich die Koalition für die Beibehaltung der bisherigen Verkehrsführung aus.
5. Der Bezirksamtsleiter möge sich dafür einsetzen, dass federführend der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtnatur (KUMS) fortlaufend informiert wird, wenn neue Informationen, Gutachtenlagen u.ä. vorliegen, etwa zu Verkehrszahlen, Planungen zu Ampelschaltungen etc.
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende nimmt zu den im Hauptausschuss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte am 07.03.2023 erfolgten Beschlüssen, wie folgt Stellung:
Ausgangspunkt der Verkehrsuntersuchung Innenstadt
Im Arbeitsprogramm des Senats wurde u.a. über die Zusammenarbeit in der 22. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft Folgendes zur Mönckebergstraße und Steinstraße formuliert:
„In der Mönckebergstraße wollen wir die Aufenthaltsqualität deutlich erhöhen, u.a. indem schrittweise mindestens ein Teil der Buslinien in die Steinstraße verlagert wird. Dafür wird geprüft, ob in der Steinstraße zusätzlicher Raum für Busspuren und Fahrradverkehr geschaffen werden kann. Damit soll auch die städtebauliche Integration von Mönckebergstraße und Kontorhausviertel verbessert werden.“
Die Attraktivitätssteigerung im Bereich Mönckebergstraße und Steinstraße ist eines der zentralen Leitprojekte zur Weiterentwicklung der Hamburger Innenstadt und fest im Arbeitsprogramm des Senats sowie im Handlungskonzept Innenstadt verankert. Auf Seite 34, Nr. 3 des Koalitionsvertrages werden ergänzende Arbeitsaufträge genannt, die Ausgangspunkt der Erstellung einer verkehrlichen Gesamtkonzeption für den Raum Mönckebergstraße / Steinstraße gewesen sind.
Für die Entwicklung dieser Gesamtkonzeption hat die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) bereits im Juli 2021 die Verkehrsuntersuchung Innenstadt beauftragt. Die Verkehrsuntersuchung hatte das zentrale Ziel, unterschiedliche Verkehrsführungsvarianten in der Mönckeberg- und Steinstraße auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Streckennetzes und der Verkehrsknoten in der gesamten Innenstadt. Besonderer Schwerpunkt der Untersuchung war es zu prüfen, wie viele Busse jeweils in den beiden Straßen nötig und möglich sind sowie, ob zukünftig noch der Individualverkehr in der Steinstraße zugelassen sein soll. Folglich wurden etwaige Wechselwirkungen zwischen den Verkehrsführungsvarianten für die Steinstraße, bereits umgesetzten Maßnahmen (z.B. Herausnahme des Motorisierten Individualverkehrs (MIV) am Jungfernstieg) und geplanten Umbaumaßnahmen in der Innenstadt (z.B. Kommunaltrasse Steintorbrücke) mit betrachtet. Das Zusammenwirken der Einzelmaßnahmen und die Auswirkungen auf den MIV in der Innenstadt sind hinreichend analysiert worden.
Die Verkehrsuntersuchung wurde im 1. Quartal 2023 abgeschlossen; die Ergebnisse liegen nun vor und waren Grundlage der Variantenentscheidung für die zukünftige Verkehrsführung in der Steinstraße mit einer Kommunaltrasse zwischen Domplatz und Jakobikirchhof. Die Entscheidung erfolgte behördenübergreifend und in Abstimmung mit den Stakeholdern. Das Bezirksamt Mitte war fortlaufend eingebunden. Die Erarbeitung der Verkehrsuntersuchung Innenstadt wurde durch die entsprechenden Arbeitsgremien zum Handlungskonzept Innenstadt eng begleitet.
Die gesamte Innenstadt im Blick
Das zentrale Ergebnis der Verkehrsuntersuchung ist, dass die Herausnahme des MIV aus der Steinstraße auf dem Abschnitt zwischen Domplatz und Jakobikirchhof verkehrlich machbar ist und sich die verlagerten Verkehre von den umliegenden Straßen in der Innenstadt aufnehmen lassen. Es kommt zu keinen nennenswerten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit auf den großen Verkehrsachsen (Ring 1 und Willy-Brandt-Straße) und zentralen Verkehrsknoten (u.a. Deichtorplatz). Dafür sind teilweise auch entsprechende Maßnahmen zur Leistungssteigerung vorgesehen (Optimierung von Lichtsignalschaltungen und durchgehende Dreistreifigkeit Willy-Brandt-Straße). Die Verkehrsuntersuchung richtet ihren Prognosehorizont auf 2030 aus und hat etwaige Wechselwirkungen aller bis dahin geplanten Projekte im Zusammenhang mit der Herausnahme des MIV aus der Steinstraße analysiert. Dabei wurden die folgenden Projekte/Planungen für die Innenstadt im zugrundeliegenden Verkehrsmodell berücksichtigt:
Weitere Projekte mit dem Bezug zur Innenstadt folgen erst nach 2030 und müssen auf den dann zu berücksichtigenden verkehrlichen und städtebaulichen Rahmenbedingungen aufbauen. Die Umsetzungsperspektive für die Umbauplanungen rund um den Hauptbahnhof liegt – mit Ausnahme der ggf. vorgezogenen Kommunaltrasse Steintorbrücke, die aber wie beschrieben bereits in der Verkehrsuntersuchung Innenstadt berücksichtigt wurde – voraussichtlich in den 30er Jahren. Eine angedachte mögliche Kommunaltrasse auf der Kirchenallee ist demzufolge zeitlich weit entfernt von dem Umbau in der Steinstraße; zudem gibt es zwischen beiden Straßen auch keine nennenswerten verkehrlichen Zusammenhänge. Der aktuell aus der Steinstraße kommende MIV fließt über die Altmannbrücke und den Klosterwall in Richtung Osten bzw. Süden ab und nicht in Richtung des nördlichen gelegenen Hauptbahnhofs. Zu den Überlegungen an und um das Berliner Tor ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass diese nach jetzigem Stand erst in den 30er Jahren realisiert werden könnten. Zu diesen Planungen wird es zu gegebener Zeit Verkehrsuntersuchungen geben, die dann auf den bereits umgesetzten Maßnahmen für die Innenstadt aufbauen und – wie die aktuelle Verkehrsuntersuchung Innenstadt – das Gesamtnetz im Blick behalten.
Entscheidungsprozess Kommunaltrasse Steinstraße
In einer ersten Phase der Verkehrsuntersuchung Innenstadt haben die Variantenbetrachtungen zur zukünftigen Buslinienführung gezeigt, dass die Führung des gesamten Busverkehrs nur auf der Mönckeberg- oder der Steinstraße für eine ganzheitliche Aufwertung des öffentlichen Raums in der Mönckebergstraße und in der Steinstraße nicht zielführend ist. Um die Barrierewirkung der Straßen für den Fußverkehr zu reduzieren und die Verknüpfung mit dem Kontorhausviertel zu verbessern, verspricht eine Führung der Busverkehre auf beiden Straßen die größten Entwicklungspotenziale für eine nachhaltige Erhöhung der Aufenthaltsqualität. Dies wurde auch mit Blick auf die im Rahmen des integrierten Werkstattverfahrens erarbeiteten freiraumplanerischen Entwicklungsmöglichkeiten deutlich.
Die Verknüpfung mit den freiraumplanerischen Perspektiven zielte darauf ab, in der Innenstadt ein Netz aus Flanierräumen entstehen zu lassen, das die attraktiven und einzigartigen öffentlichen Plätze und Gewässer fußläufig erschließt. Dabei sollen insbesondere auch die fußläufige Verbindung zur HafenCity gestärkt und die Quartiere besser miteinander verbunden werden. In diesem Zusammenhang sind bei der Maßnahme Mönckebergstraße / Steinstraße die Aufwertung der Wegeverbindungen zwischen Binnenalster und Elbe sowie die Verknüpfung der angrenzenden Quartiere von besonderer Bedeutung und ein entscheidender Faktor im Abwägungsprozess gewesen.
Die abgeschlossenen Untersuchungen zur zukünftigen Führung der Busverkehre in diesem Bereich wurden daher auch unter dem Kriterium zur Verbesserung der Querungsmöglichkeiten des Fußverkehrs durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass durch eine Aufteilung der Busverkehre in Kombination mit einer Zweistreifigkeit in der Steinstraße die Querungsmöglichkeiten ganzheitlich verbessert und somit die verschiedenen Lagen bzw. angrenzenden Quartiere gut fußläufig miteinander verknüpft werden können. In der zweiten Phase der Verkehrsuntersuchung wurden daher von ursprünglich fünf Varianten die beiden folgenden vertieft untersucht:
(Variante 1 = alle Busse durch die Mönckebergstr.; Variante 2 = alle Busse durch die Steinstr.; Variante 3a = wie 3b, jedoch mit 3 Fahrstreifen in der Steinstr. und MIV auf eigener Fahrspur Rtg. Osten)
In der weiteren Variantenbewertung ist deutlich geworden ist, dass Variante 3c mit dem größten städtebaulichen Entwicklungspotenzial für die Steinstraße verknüpft ist. Die Herausnahme des MIV ermöglicht einen schmaleren Straßenquerschnitt und breitere Nebenflächen. Die Querungsmöglichkeiten werden deutlich verbessert und die Belastung durch Abgase und Lärm reduziert. Variante 3c bietet gegenüber Variante 3b auch die besseren Voraussetzungen für einen hochwertigen Busverkehr, da es weniger störende Einflüsse durch den MIV im Mischverkehr gibt.
Für die Auswahl der Vorzugsvariante 3c war auch maßgeblich, dass die verkehrliche Bedeutung der Steinstraße für das Gesamtnetz seit der Herausnahme des MIV in Richtung Westen deutlich abgenommen hat. Aktuelle Verkehrszählungen weisen ca. 7.000 Kfz am Tag auf. Ca. 50% dieser Verkehre sind Durchgangsverkehre, die sich bei einer Variante 3c verträglich auf die großen Achsen Ring 1 und Willy-Brandt-Straße verlagern. Die weiteren Verkehre kommen über alternative Routen in die Innenstadt-Quartiere, insbesondere das Kontorhausviertel (siehe Verkehrsführungsplan, Präsentation im KUMS-Ausschuss am 22.02.2023). Die Bedeutung der Steinstraße als leistungsfähige Hauptverkehrsstraße ist signifikant zurückgegangen.
Bei der finalen Abwägung aller Aspekte wurden die folgenden Entscheidungskriterien herangezogen:
• Erhöhung der Aufenthaltsqualität im Gesamtraum Mönckebergstraße / Steinstraße.
• Bessere Verknüpfung der Mönckebergstraße mit dem Kontorhausviertel.
• Schaffung breiter Nebenflächen für neue freiraumplanerische und städtebauliche Nutzungen.
• Leistungsfähigkeit der umliegenden Strecken und relevanten Knotenpunkte in der Innenstadt (u.a. Willy-Brandt-Straße und Deichtorplatz).
• Erreichbarkeit der Parkhäuser und benachbarten Quartiere.
• Attraktive und sichere Radverkehrsbedingungen.
• Bedarfsgerechte und leistungsfähige Führung der Busverkehre im Sinne des Hamburg-Taktes.
Die Variantenentscheidung erfolgte behördenübergreifend und mit der Zustimmung vieler Stakeholder, die regelmäßig an dem Prozess beteiligt worden sind. Mit der skizzenhaft ausgearbeiteten Vorzugsvariante liegt eine Gesamtkonzeption für die zukünftige Verkehrsführung vor; die konkrete Verkehrs- und Freiraumplanung beginnt im Frühjahr 2023. In dem Zuge sind entsprechende Beteiligungsmöglichkeiten für die Bezirkspolitik vorgesehen, die um entsprechende Information im Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtnatur (KUMS) ergänzt werden kann.
Die Planung beschränkt sich zunächst auf den Abschnitt Johanniswall bis Speersort. Für den Bereich Domplatz startet der Planungsprozess erst nach dem Werkstattverfahren der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) zur Domachse und berücksichtigt die möglichen Planungen für den Domplatz.
Einige für die Variantenentscheidung relevante Aspekte wie Leistungsfähigkeit, Wirtschafts- und Umleitungsverkehre werden im Folgenden ausführlicher beschrieben.
Leistungsfähigkeit Strecken und Knoten
Im Rahmen der Verkehrsuntersuchung Innenstadt wurde im Zusammenhang mit der Vorzugsvariante für die Steinstraße eine verkehrstechnische Prüfung für alle relevanten Knotenpunkte in der Innenstadt vorgenommen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Leistungsfähigkeit auch zukünftig fast im gesamten Netz gegeben ist. Lediglich an den beiden Knotenpunkten Deichtorplatz und Brandstwiete / Willy-Brandt-Straße käme es mit einer Kommunaltrasse in der Steinstraße aufgrund der verlagerten Verkehre zu Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Die Verkehrsuntersuchung hat jedoch bereits entsprechende Maßnahmen identifiziert, diesen möglichen Engpässen entgegenzuwirken und einen Verkehrsfluss zu ermöglichen, der keine Verschlechterung zum gegenwärtigen Stand bedeutet. Am Deichtorplatz müssen entsprechende Anpassungen an den Lichtsignalanlagen vorgenommen werden und am Knoten Brandstwiete / Willy-Brandt-Straße wird es erforderlich sein, die Dreistreifigkeit in Richtung Deichtortunnel fortzuführen. Dafür müssen die jetzt dort befindlichen Busüberlieger (Parkplätze für HVV-Linienbusse) an einen anderen Standort verlagert werden. Die skizzierten Maßnahmen an beiden Knotenpunkten sind vergleichsweise überschaubar und sollen zeitgleich mit dem Umbau der Steinstraße realisiert werden.
Berücksichtigung der Belange des Wirtschaftsverkehrs
Die Planungen zur Umgestaltung des Gesamtraumes Mönckebergstraße / Steinstraße berücksichtigen auch die Belange des Wirtschaftsverkehrs. Die Verkehrsführung für den Wirtschaftsverkehr unterscheidet sich deutlich vom MIV. Der Lade- und Lieferverkehr kann in den für die Innenstadt vereinbarten Zeiten zwischen 21 und 11 Uhr auch über die Kommunaltrasse fahren. Für Handwerksverkehre bietet sich über entsprechende Ausnahmegenehmigungen die Möglichkeit, über die Kommunaltrasse zu fahren, sofern das Einsatzziel in diesem Bereich liegt. Für die Wirtschaftsverkehre lassen sich generell aufgrund der breiteren Nebenflächen mehr Parkzonen bereitstellen. In welcher Anzahl genau, wird im sich anschließenden Planungsprozess festgelegt. Inwieweit die Stellplätze für den Lade- und Lieferverkehr sowie für Handwerksverkehre als smarte (digital buchbare) Parkflächen ausgestaltet werden, klärt sich auch im weiteren Prozess.
Umleitungsverkehre im Störfall
Der Straßenzug Domstraße – Speersort – Steinstraße ist für die Ab-/Umleitung des motorisierten Individualverkehrs bei Störungen auf der Willy-Brandt-Straße aufgrund der Leistungsfähigkeit des Straßenzuges und der Wegebeziehungen am Knotenpunkt Steinstraße / Steintorwall / Klosterwall nur bedingt geeignet. Die Restkapazität in der maßgebenden Abendspitze in Richtung Osten beträgt rund 150 Fahrzeuge pro Stunde, was rund 10 % der Belastung auf dem entsprechenden Abschnitt der Willy-Brandt-Straße entspricht. In einem größeren Störungsfall wäre die Steinstraße daher wahrscheinlich vollständig zugestaut, was wiederum negative Auswirkungen auf den Busverkehr hätte.
Die Steinstraße wäre als mögliche Umfahrungsroute zwar denkbar, falls es auf der Willy-Brandt-Straße zwischen Domstraße und Deichtortunnel zu Störungen kommt, aber aufgrund der erwähnten Leistungsfähigkeit des Straßenzuges und der Wegebeziehungen unwahrscheinlich. Es werden vorrangig, wie bei planbaren Ereignissen (z.B. Demonstrationen, Veranstaltungen), die Verkehre weiträumig über die Straßen Millerntordamm / Holstenwall und über den Deichtorplatz auf den Ring 1 und über die sog. „Hafenrandstraße“ und den Straßenzug Oberbaumbrücke – Brooktorkai – Am Sandtorkai durch die HafenCity geleitet. Die Option, bei ungeplanten Störungsfällen dennoch Verkehre über eine Kommunaltrasse Steinstraße umzuleiten, bleibt – unabhängig von der begrenzten Leistungsfähigkeit – auch in der Variante 3c erhalten.
Schlussbemerkung
Die Verkehrsuntersuchung Innenstadt hat alle relevanten Wechselwirkungen im Hinblick auf die MIV-Erreichbarkeit und die Leistungsfähigkeit des Verkehrsnetzes betrachtet und kommt zu dem Ergebnis, dass die Kommunaltrasse in der Steinstraße ohne größere Einschränkungen möglich ist. Es wird unvermeidbar zu verkehrlichen Verlagerungen kommen, die jedoch aufgrund der geringen Verkehrsmengen gut über die großen Achsen geführt werden können; es wird keine Beeinträchtigungen der umliegenden Wohnviertel aufgrund der verlagerten Durchgangsverkehre geben. Dies war eine zentrale Erkenntnis, bevor die Variantenentscheidung für die Kommunaltrasse Steinstraße getroffen wurde. Erläuternde Ausführungen seitens der BVM sind für die Ausschuss-Sitzung des KUMS am 26.04.2023 geplant.
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen nimmt mit Schreiben vom 21.04.2023 wie folgt Stellung:
2. Die Attraktivität der alten Innenstadt und ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem künftigen südlichen Überseequartier mit interessantem Geschäftsangebot, Parkplätzen etc. sind zu stärken und darf keinesfalls gefährdet werden. Der City-Ausschuss spricht sich für die Durchführung eines Workshop-Verfahrens unter Federführung der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen zur Stärkung der Achse Mönckebergstraße/Domplatz/HafenCity aus.
Die Entwicklung der Innenstadt nimmt in der Stadtentwicklung Hamburgs eine herausgehobene Stellung ein. Das Handlungskonzept Innenstadt enthält ein umfangreiches Maßnahmenprogramm., Dabei baut das Handlungskonzept auf dem städtebaulich-räumlichen Gesamtbild auf, welches mit dem Innenstadtkonzept 2014 erstellt wurde und viele der Einzel-Umbaumaßnahmen priorisiert und konkretisiert. Hier wurden auch die Verknüpfung der HafenCity mit der historischen Innenstadt (Alt- und Neustadt) thematisiert und Lösungsansätze formuliert. Hierbei stellt die sogenannte Dom-Achse eine wichtige Entwicklungsachse dar.
Vor diesem Hintergrund ist diese Achse aus Fußgänger- und Radfahrerperspektive derzeit gestalterisch und funktional nicht adäquat erlebbar. Im Rahmen eines Werkstattverfahrens sollen daher Freiraumplanerinnen und -planer gewonnen werden, um die Dom-Achse näher zu betrachten. Zur Vorbereitung dieser freiraumplanerischen Betrachtung werden derzeit auch mehrere Verkehrsführungsvarianten zusammengetragen.
Ziel des Werkstattverfahrens ist es, Ansätze und Ideen für den Bearbeitungsraum aufzuzeigen, ohne dabei bereits eine umsetzungsreife Planung vorzulegen. Innovative Lösungsansätze sollen als Ergebnisse des Verfahrens sowohl eine Diskussion ermöglichen als auch Ansatzpunkte für nachfolgende Planungsprozesse bieten.
Am Ende des Verfahrens wird es eine Empfehlung für den weiteren Umgang mit den dann vorliegenden Ergebnissen des Werkstattverfahrens entwickelt werden.
Die Durchführung des Werkstattverfahrens ist ab Ende August 2023 vorgesehen. Anschließend erfolgen die Dokumentation und Kommunikation der möglichen Lösungsansätzen.
Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.