Rattenplage im alten Bahnhofviertel
Der Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel hat in seiner Sitzung am 12.06.2018 dem nachfolgend aufgeführten Antrag der Fraktion DIE LINKE Drs. Nr. 21-4266 einstimmig zugestimmt. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat den Beschluss in ihrer Sitzung am 21.06.2018 einstimmig bestätigt.
Die Fraktion Die Linke hat bereits über eine Anfrage zur Vervollständigung von Informationen und über einen Antrag auf ein Rattenproblem im alten Bahnhofsviertel in Wilhelmsburg hingewiesen. In dem erwähnten Antrag forderte die Linke von der Verwaltung geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der Ratten. In der Anfrage -Drs. Nr. 21-3435- gab die Verwaltung die Antwort, dass diese Ratten zum Teil auf nicht öffentlichen Geländen ihre Bauten haben und die Verwaltung somit nicht zuständig sei. Die Antwort ist sehr unbefriedigend. Das Problem ist nicht beseitigt worden, die Ratten laufen immer noch durch das Viertel.
Der Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel möge beschließen:
Die Verwaltung wird aufgefordert umgehend geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Rattenproblem im alten Bahnhofsviertel in Wilhelmsburg zu lösen. Sollten sich die Bauten nach wie vor überwiegend auf privaten Geländen befinden, wird die Verwaltung aufgefordert, Gespräche mit den Eigentümern zu führen, um diese zu geeigneten Maßnahmen anzuhalten.
Können die Eigentümer in angemessener Frist nicht zu geeigneten Maßnahmen zur Bekämpfung des Rattenproblems bewegt werden, so wird bereits jetzt beantragt,
dass die Ordnungsbehörde -vertreten durch den Bezirk-Mitte- die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Bekämpfung der Ratten durch die jeweiligen Eigentümer, gegenüber den jeweiligen Eigentümern, durch Verwaltungsakt anordnet und bei Zuwiderhandlung im Rahmen der Ersatzvornahme auf Kosten der Eigentümer durchsetzt (§ 3 HmbSOG i.V.m. § 13 HmbVwVG).
Der Regionalausschuss ist von den Maßnahmen zu unterrichten.
Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) nimmt unter Einbeziehung des Instituts für Hygiene und Umwelt (HU) mit Schreiben vom 24.07.2018 zum o.a. Beschluss wie folgt Stellung:
Die letzte umfangreiche Sichtung und Überprüfung des betroffenen Gebietes durch HU fand am 25. Juni 2018 und am 26. Juni 2018 statt. Folgende Straßenzüge und Hinterhöfe im oben genannten Bereich wurden überprüft: Thielenstraße, Buddestraße, Jungnickelstraße, Keindorffstraße, Wittestraße, Wehrmannstraße und Wilhelm-Strauß-Weg. Der Park / Spielplatz im Bereich Keindorffstraße und Wittestraße sowie die Schönenfelder Wettern werden regelmäßig durch das HU überwacht. Hier kommt es zu vereinzelnden Rattensichtungen, die dann auch umgehend bekämpft werden (öffentlicher Grund).
In sämtlichen Hinterhöfen der älteren Wohnbebauung, sowie an und um die großen Mehrfamilienhäuser der SAGA und der Norden Wohnungsgesellschaft, sind Schädlingsbekämpfungsfirmen tätig und haben entsprechende Maßnahmen zur Rattenbekämpfung ergriffen. Weiter sind Fachfirmen auf den Grundstücken von Marktkauf, der Kirche und der Deutschen Bahn tätig. HAMBURG WASSER belegt und kontrolliert in regelmäßigen Abständen die Siele der Straßenzüge.
Auf dem unbebauten und eingezäunten Grundstück Thielenstraße/ Ecke Korallusstraße sind keine Hinweise auf einen Rattenbefall zu finden. An vielen Müllständen herrschen allerdings teilweise chaotische Zustände. Dieser Umstand erschwert eine nachhaltige Rattenbekämpfung erheblich. Ebenfalls unklar ist die Situation in den Kellerräumen mancher Altbauten. Viele Kellerfenster oder Kasemattenabdichtungen sind offen oder defekt. Dieser Umstand ist auch für die beiden einzigen, aktuellen Befallspunkte im Gehwegbereich verantwortlich. In der Thielenstraße 15 und 21 wurden im Bereich der Kellerfenster Rattenlöcher durch das HU festgestellt.
Der zuständige Wegewart des Reviers wurde benachrichtigt und wird im Zuge der Bekämpfung die Gehwegplatten wieder ausrichten. Ein stark vermehrtes Auftreten von Ratten, oder sogar eine Rattenplage kann das HU nicht bestätigen. Bauliche Mängel an einigen Häusern sowie ein fahrlässige Umgang mit dem Müllaufkommen sind allerdings wenig förderlich (siehe Bü-Drs.20/11046- Schriftliche Kleine Anfrage und Antwortd es Senats – Gefahr durch Ratten).
Vom Institut für Hygiene und Umwelt wurde bereits darauf verwiesen, dass für eine erfolgreiche Rattenbekämpfung die Einhaltung der Meldeverpflichtung nach der Hamburger Rattenverordnung vom 30. Juli 1963 grundsätzlich von Bedeutung ist (siehe anliegende Stellungnahme der BGV vom 5. März 2015 an die Bezirksversammlung Wandsbek) und für die Rattenbekämpfung auf privatem Grund der Eigentümer/Besitzer zuständig und verantwortlich ist, auf die vollinhaltlich Bezug genommen wird.
Abschließend ist noch anzumerken, dass die Rattenverordnung in Verbindung mit anderen ordnungsrechtlichen Vorschriften, z. B. baurechtlichen Bestimmungen, eine hinreichende Grundlage bietet, Rattenbefall entgegenzuwirken, auch dann, wenn private Eigentümer ihren gesetzlichen Verpflichtungen aus dieser Verordnung nicht nachkommen.
Das Bezirksamt Hamburg-Mitte/Fachamt Verbraucherschutz nimmt wie folgt Stellung:
Die aktive Bekämpfung von Ratten ist auf Grundlage des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes (HmbWoSchG) nicht möglich. Das HmbWoSchG ermächtigt die Verwaltung lediglich die Ursachen eines Rattenbefalls zu beseitigen. Ein Eingreifen ist daher nur im konkreten Fall möglich, wenn in Wohn-, Keller-, Boden- oder Treppenräumen Gegenstände oder Materialien gelagert werden, die in hygienischer Hinsicht bedenklich sind und damit Ungeziefer, Ratten oder Mäuse anziehen. Nur in diesen Fällen kann der Eigentümer durch die Verwaltung verpflichtet werden, diese Gegenstände zu beseitigen; bei Nichtbefolgung ist auch eine Räumung im Wege der Ersatzvornahme möglich. Das in der Drucksache 21-3435 beschriebene Rattenproblem findet seine Ursache jedoch darin, dass Müll in den Hinterhöfen, Büschen oder neben den Mülltonnen entsorgt wird. Hier finden die Regelungen des HmbWoSchG keine Anwendung. Anordnungen auf Grundlage des HmbWoSchG wären mithin rechtswidrig.
Hinweise auf Lagerung hygienisch bedenklicher Gegenstände oder Materialien in Wohnräumen im Bahnhofsviertel Wilhelmsburg sind der zuständigen Wohnraumschutzdienststelle nicht bekannt.
Das Fachamt Bauprüfung ergänzt die bezirkliche Stellungnahme wie folgt:
Das Fachamt Bauprüfung (BP) geht davon aus, dass mit dem Bahnhofsviertel der Bereich zwischen Thielenstr., Krieterstr., Neuenfelder Str. und Bahngleisen gemeint ist.
Grundsätzlich kann BP die Herstellung ordnungsgemäßer Zustände z.B.: bei verwahrlosten oder unaufgeräumten Grundstücken nach § 76 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Hamburgische Bauordnung (HBauO) verlangen.
In Bezug auf Rattenbefall und deren Ursachen benötig BP die Information des Instituts für Hygiene und Umwelt (HU) oder einer anderen sachkundigen Dienststelle mit Angabe Str. und Haus Nr., dass Eigentümer ihrer Verpflichtung zur Beseitigung von Ursachen für Rattenbefall wie z.B.: offene Lagerung von Müll auf Freiflächen von Grundstücken, nicht nachkommen. Sofern das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz (HambWOSchG) nicht anzuwenden ist, wird BP tätig.
Zum Vorgehen des HU bei der Rattenbekämpfung zitiere ich aus der SKA 20/11046:
„4. Wie ist der Ablauf nach der Meldung von Rattenbefall zur Rattenbekämpfung?
Rattenmeldungen erreichen das Institut für Hygiene und Umwelt (HU) schriftlich oder telefonisch. Ein
Schädlingsbekämpfer des HU sichtet vor Ort die Gegebenheiten und leitet die notwendigen Maßnahmen ein. Dazu gehört bei Befall auf öffentlichem Grund die direkte Bekämpfungsmaßnahme, bei Befall auf privatem Grund die Aufforderung zur Bekämpfung an den Eigentümer/Besitzer und ggf. die Benachrichtigung und Aufforderung zur Bekämpfung an das Hamburger Sielwesen. Nach einigen Wochen erfolgt eine Erfolgskontrolle der angeordneten und durchgeführten Maßnahmen. Wenn vom HU festgestellt wird, dass bauliche Maßnahmen zu ergreifen sind, um den Zugang der Ratten in Gebäude zu verhindern, oder der Rattenbefall durch z.B. die offene Lagerung von Müll begünstigt wird, kann das Bezirksamt dem Grundeigentümer auferlegen, diese Missstände abzustellen, wenn er diese Maßnahmen nicht freiwillig ergreift.“
Für das Bahnhofsviertel liegen BP derzeit keine entsprechenden Informationen des HU oder einer anderen sachkundigen Dienststelle vor (Stand 24.08.2018).
Um Kenntnisnahme wird gebeten.