22-0791.2

Mobilitätskonzepte neu denken

Mitteilung öffentlich

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17.09.2020
Sachverhalt

Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte  hat den nachfolgenden Antrag der SPD-, CDU- und FDP-Fraktionen, Drs. 22-0791 (beschlossene Fassung)  in ihrer Sitzung am 13.02.2020 einstimmig beschlossen.

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Hamburg wächst seit mehr als zehn Jahren kontinuierlich an. Nachdem sich die Stadtentwicklung auf gut erschlossene Konversionsflächen und die Nachverdichtung konzentrierte, werden zunehmend die östlichen Quartiere von Hamburg Mitte weiterentwickelt. Diese Quartiere entstanden ab Ende der 50er Jahre und gehen auf die Überlegungen der "Charta von Athen" zurück. Die „gegliederte und aufgelockerte Stadt" trennte die städtischen Funktionen Wohnen, Arbeiten, Erholung in unterschiedlichen Stadträumen und verband diese über ein weitläufiges Straßennetz. Diese Wohnkomplexe („Schlafstädte“) wurden nur mit den nötigsten Gemeinbedarfs- und Versorgungseinrichtungen ausgestattet. Insgesamt entstanden flächenintensiven Siedlungsformen die uns heute bei der Weiterentwicklung vor große Herausforderungen stellen.

 

Eine Herausforderung in der Stadterweiterung und Nachverdichtung dieser Räume liegt u.a. in der Erstellung nachhaltiger Mobilitätskonzepte, die die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner aufnehmen und umsetzen. Die Bedürfnisse in den fast suburbanen Räumen sind vielfältig: Arbeitswege, Schulwege, Einkaufen und Freizeit wird vornehmlich mit dem eigenen Auto zurück-gelegt. Das Bebauungsplanverfahren als solches liefert keine zufriedenstellenden innovativen Ansatz oder Anreiz Mobilität ganzheitlich und verknüpft zu denken. Es begrenzt sich meist auf das Plangebiet und beschränkt sich auf die Abwicklung des ruhenden Verkehrs. Daher ist es notwendig sich dem Thema Mobilität in der Stadtentwicklung zukunftsorientiert zu widmen und ganzheitlich zu betrachten.

 

Gerade der Generationswechsel in weiten Teilen der Gebiete und die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen bieten dabei in Verbindung mit dem Neubau der U4 auf die Horner Geest die Chance unbefangen und innovativ das Projekt anzugehen und zu experimentieren. Gerade in diesen Räumen können relativ viele Fahrten vermieden werden, wenn die Mobilität von Anfang an mitgedacht wird. Als Projektgebiet könnte der Raum am Öjendorfer-Park, Geest-Achse, Galopprennbahn, A24 geeignet sein. In diesem Raum sind viele Bauvorhaben der SAGA Unternehmensgruppe, von Baugenossenschaften, Universität der Bundeswehr, RISE-Gebiet und die Quartiersentwicklung Haferblöcken. So könnte in einem relativ abgeschlossenen Quartierskontext ein Mobilitätskonzept erprobt werden und so Anhaltspunkte für weitere Stadtentwicklungsprojekte am Stadtrand sowie in der Verdichtung von bestehenden Quartieren geliefert werden.

 

Dabei muss Mobilität ganzheitlich gedacht werden. Fußverkehr, Radverkehr, ÖPNV und das Auto müssen sich sinnvoller ergänzen und als verknüpftes Angebot wahrgenommen werden, welches auch auf Infrastrukturen und Wege abzielt. Ein weiterer wichtiger Aspekt eines Mobilitätskonzepts am Stadtrand ist die Schaffung von Alternativen zum eigenen Auto. Auch Versorgungslücken und städtebauliche Hinweise für eine Stadt der kurzen Fuß- und Radwege könnten Ergebnis der Überlegungen sein. Dabei ist zum einen ein Sharingangebot für Kfz zum anderen z.B. für (Lasten-)Räder zu prüfen.

 

Dabei könnten die Überlegungen aus dem in Entwicklung befindlichen Leitbild Horner Geest die Grundlage für ein kooperatives Verfahren mit Mobilitätsplanern sein, um innovative Ideen zu erhalten, ähnlich wie es bei städtebaulichen Wettbewerben regelhaft zu guten Ergebnissen führt. Dabei sollte auf ein wettbewerbsbegleitendes Büro, welches den Prozess steuert und dokumentiert, zurückgegriffen werden. Ziel dieses Wettbewerbs muss es sein, Anhaltspunkte für Teilquartiere und Maßnahmenpakete aufgezeigt zu bekommen, die sukzessive ausgebaut und erweitert werden können, um die Mobilitätswende dort anzugehen, wo heute die meisten Fahrten mit dem PKW ihren Ursprung haben- am Stadtrand.

 

Petitum/Beschluss

 

Dies vorausgeschickt möge die Bezirksversammlung beschließen:

 

1. Das Bezirksamt wird gebeten, ein Mobilität-Workshopverfahren für den oben beschriebenen Raum gemeinsam mit den wesentlichen Akteuren im Sinne eines Bündnisses für Quartiere zu organisieren und durchzuführen.

2. Einen Kostenbedarf für den Prozess bis zum Konzept zu ermitteln und darzustellen.

3. Zu prüfen, ob dieses Konzept über das Bundesprogramm Modellvorhaben „Mitte Machen“ oder aus RISE Mitteln finanziert werden kann.

4. Zu prüfen, ob Pilotkonzepte durch eine Ko-Finanzierung aus dem Bundesprogramm Modellvorhaben „Mitte Machen“ finanziert werden können.

5. Dem Mobilitätsausschuss unter Einbeziehung des Ausschusses für Sozialraumentwicklung das konkrete Projektgebiet vorzuschlagen, dabei sollten unterschiedliche Wohnformen und Bevölkerungsschichten berücksichtigt werden.

6. Ein innovatives Büro zu finden, welches den Gesamtprozess aufsetzt, begleitet, dokumentiert und regelmäßig berichtet.

7. Die Bezirksversammlung an dem Verfahren zu beteiligen.

8. Dem Mobilitätsausschuss ist unter Einbeziehung des Ausschusses für Sozialraumentwicklung das weitere Vorgehen bis Ende des Jahres zur Beschlussfassung vorzulegen und regelmäßig (jede zweite Sitzung) über den Fortgang des Konzepts zu unterrichten.

 

 

Der Ausschuss für Mobilität hat sich in seiner Sitzung am 16.09.2020 mit der nachfolgend aufgeführten Vorlage Drs. Nr. 22-0791.1 befasst und dem vorgeschlagenen Projektgebiet und Verfahren einstimmig zustimmt.

Die Mitglieder des Ausschusses für Sozialraumentwicklung sind im Vorwege über die Vorlage informiert worden.

Die weitere Befassung wird im Ausschuss für Mobilität unter Einbeziehung des Ausschusses für Sozialraumentwicklung erfolgen. Eine erneute Befassung in der Bezirksversammlung ist nicht vorgesehen.

 

 

Das Bezirksamt Hamburg-Mitte gibt hierzu folgende Stellungnahme / Zwischennachricht ab:

 

Die Fachämter Stadt- und Landschaftsplanung und Management des öffentlichen Raumes (MR) haben sich zusammen mit der Projektleitung des Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Städtebauförderung zwischen März und Mai 2020 mit den Prüfaufträgen der o.g. Drucksache auseinandergesetzt.

 

Zum Ort:

Als gut geeigneter städtischer Raum in Hamburg-Mitte für die beispielhafte Erstellung eines „Mobilitätskonzeptes“ wird seitens des Bezirksamtes der Stadtraum Horner Geest angesehen. Hier wird zurzeit das „Zukunftsbild 2030“ im Rahmen eines Werkstattverfahrens mit Beteiligung der Öffentlichkeit erarbeitet, siehe www.hamburg.de/mitte/stadtraum-horner-geest-2030. Das Zukunftsbild soll Hinweise zur Wohnungsbau- und Freiflächenentwicklung ebenso wie zur weiteren sozialen und technischen Infrastrukturentwicklung einschließlich Mobilität geben. Für Verkehrs- und Mobilitätsfragen steht den fünf Planungsteams ein Verkehrs- / Ingenieurbüro beratend zur Seite. Alle fünf Planungsteams verfolgen für das Zukunftsbild sehr unterschiedliche Ansätze. Vor diesem Hintergrund sollte ein Mobilitätskonzept erst erstellt werden, wenn das Beurteilungsgremium eine Entscheidung über die überzeugendste Arbeit getroffen hat.

 

Zum Werkstattverfahren / Zeitschiene:

Aufgrund der Corona-Shutdowns wurde die Zeitplanung des Verfahrens zwischenzeitlich angepasst. Nach dem aktuellen Werkstattgespräch mit dem interdisziplinär aufgestellten Beurteilungsgremium im August 2020 findet im November 2020 ein öffentliches Werkstattgespräch statt. Bis dahin sollen alle fünf Teams anhand der vorgetragenen Hinweise ihre Konzepte aus Phase 1 überarbeiten und Schwerpunkträume ausarbeiten. Ausloberinnen sind die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW), Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung gemeinsam mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte, Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln der BSW und aus RISE. Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) ist mit dem Amt Verkehr (V) im Prozess aktiv vertreten. Die Entscheidung zum Zukunftsbild wird im I. Quartal 2021 getroffen.

 

Zur weiteren Entwicklung des Stadtraums Horner Geest / Zusammenhang mit der Integrierten Stadtteilentwicklung (RISE):

Aus Sicht der integrierten Stadtteilentwicklung ist die Aufnahme eines Mobilitskonzeptes für den Stadtraum „Horner Geest“ in das Integrierte Entwicklungskonzept Billstedt/Horn (IEK) nicht nur denkbar, sondern wird ausdrücklich befürwortet. Es wäre inhaltlich sehr zielführend, mit einem Mobilitätskonzept an die Ergebnisse des Werkstattverfahrens anzuknüpfen, parallel zu den anstehenden einzelnen Projektentwicklungen, Wohnungsbauplanungen und Bebauungsplanverfahren. Das IEK Billstedt/Horn (Fortschreibung derzeit in Bearbeitung) sieht den Stadtraum Horner Geest für die folgenden fünf Jahre als räumlichen Schwerpunkt vor. Im Rahmen dieser Fortschreibung wird das Thema „Mobilitätskonzept“ weiter mit den verantwortlichen Stellen (Fachamt MR, BVM/Amt V) abgestimmt. Es ist mit Kosten in Höhe von rd. 100.000 € zu rechnen. Für eine Finanzierung kommt eine Kombination aus RISE-Mitteln mit Mitteln der BVM in Frage, ggf. auch eine Förderung aus Mitteln der KfW in Kombination mit der BVM. Das IEK soll ebenfalls im I. Quartal 2021 beschlossen werden.

 

Zu den verantwortlichen Stellen:

Zur Frage der Verortung / Federführung für dieses Konzept steht das Fachamt MR bereits in Abstimmung mit der BVM. Dies mit Blick auf die Größe des Untersuchungsgebietes, die hohen veranschlagten Gesamtkosten und die überwiegend nicht von MR zu vertretenden Belange (Hauptverkehrsstraßen, ÖPNV, private Sharingsysteme etc). Das Ergebnis der Abstimmung liegt noch nicht vor, es kann aber in das IEK aufgenommen werden.

 

Um Zustimmung zum vorgeschlagenen Projektgebiet und Verfahren wird gebeten.

 

 

 

Petitum / Beschluss:

Um Kenntnisnahme wird gebeten.