Eingabe "Mitbenennung der Stengelestraße"
Letzte Beratung: 07.12.2021 Regionalausschuss Horn / Hamm / Borgfelde Ö 6.3
Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte bietet Bürgerinnen und Bürgern an, sich mit Eingaben an die Politik zu wenden. Nachfolgende Eingabe ist eingegangen:
„Hiermit stelle ich die Eingabe auf Mitbenennung der Stengelestraße nach der ebenso bedeutenden Ehefrau des Straßennamengebers:
Stengelestraße, Horn (1945): Gustav Stengele (14.2.1861 Berwangen – 5.4.1917 Hamburg), Redakteur des Hamburger Echos, Bürgerschafts- und Reichstagsabgeordneter.
Ergänzung um seine Ehefrau Ida Stengele, geb. Biedermann (14.2.1861 Wyl/Kanton Zürich – ?). Sie war ebenso wie ihr Ehemann Bürgerschaftsabgeordnete und gehörte zu den ersten Frauen, die in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt wurden (1919-1927 für die SPD).
Ida Stengele, geb. Biedermann (14.2.1861 Wyl/Kanton Zürich – ?) hatte nach dem Besuch der Volks- und Sekundärschule in Wyl, die höhere Mädchenschule in Lausanne besucht. Sie wurde Erzieherin in Privatstellen in Österreich, Frankreich und Italien. 1894 heiratete sie Gustav Stengele und war nun als Hausfrau tätig. 1919 wurde sie als SPD-Abgeordnete in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt. Damit gehörte sie zu den ersten Frauen, die in die Bürgerschaft gewählt wurden, nachdem 1919 die Frauen das aktive und passive Wahlrecht erkämpft hatten. Bei der Wahl 1919 zur ersten verfassungsgebenden Bürgerschaft wurden siebzehn Frauen und 168 Männer gewählt. Neun Frauen gehörten der SPD an, darunter Ida Stengele, vier der liberal-demokratischen Deutschen Demokratischen Partei (DDP), zwei zählten zur links von der SPD stehenden Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) und jeweils eine zur nationalliberalen Deutschen Volkspartei (DVP) und zur nationalistisch-konservativen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).
Schwerpunkte der Politik der weiblichen Abgeordneten waren die Bereiche Sozialpolitik und Wohlfahrtspflege, Bevölkerungspolitik und Gesundheitsfürsorge, Jugendpflege und Schulpolitik sowie Ehe- und Familienrecht. 1)
Ida Stengele war von 1919 bis 1927 Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft. 1924 wurde sie Mitglied des Bürgerausschusses, auch war sie Mitglied der Behörde für öffentliche Jugendfürsorge und des Ernährungsbeirates des Kriegsversorgungsamtes. Ihr Themenschwerpunkt war die Jugend. Sie setzte sich aber auch besonders für bessere Berufsmöglichkeiten von Frauen ein. So unterstützte sie 1920 das Anliegen des Senats, dem Verein zur Förderung weiblicher Erwerbstätigkeit mehr Geld zukommen zu lassen. Auch redete sie im Parlament z. B. zur Hunde- und Reitpferdesteuer. Ihre Rede zur Reitpferdesteuer verdeutlicht ihren politischen Standpunk, sich in erster Linie für verbesserte Lebensbedingungen des Proletariats einzusetzen. So sagte sie: „Ich habe hier vor ganz kurzer Zeit eintreten müssen für ein Eintrittsgeld in den Flußbadeanstalten, da der Staat nicht die Mittel aufbringen kann, den Betrieb der Flußbadeanstalten weiterhin aufrecht zu erhalten, wenn keine Eintrittsgebühr genommen wird. Nun frage ich Sie: Wenn Leute sich heutzutage noch ein Reitpferd halten können, einen Stall dafür haben müssen, die Unterhaltungskosten des Pferdes tragen können, ist es dann eine Ungerechtigkeit, wenn diese Pferde mit 500 Mark Steuer belastet werden? Die übrige Bevölkerung kann den Staub schlucken; das haben diese Herren nicht nötig, denn ich bin überzeugt, daß sie im Sommer zur Erholung aus der Großstadt herausgehen. Die anderen müssen in der Stadt bleiben, müssen ihr Geschäft besorgen, für Handel und Wandel aufkommen, und wenn sie sich dann mal den Schweiß vom Körper herunterbaden wollen, dann müssen sie noch ein Eintrittsgeld in den Badeanstalten bezahlen! Wir sind dafür eingetreten, weil die Staatsfinanzen es erfordern, weil uns die Mittel fehlen; und jetzt kommen Sie von der rechten Seite und sind gegen diese Steuer! Wenn wir hier auf den Satz von 150 Mark zurückgegangen sind für die Pferde, die zur gewerbsmäßigen Vermietung gehalten werden, so in Anbetracht dessen, weil uns doch Bedenken gekommen sind, daß durch das Zurückgehen dieses Gewerbes auch wieder Leute erwerbslos würden (…). Ich möchte Sie aber bitten, bei dem Satz von 150 Mark zu verbleiben, denn dieser Satz für ein Pferd verteilt sich auf so und so viele Menschen, die es im Jahr nutzen, und da kann der Betrag für den einzelnen keine große Summe ausmachen.“ 2)
Obwohl die Frauen seit 1919 das aktive und passive Wahlrecht besaßen, blieben sie im Parlament in der Minderheit. Frauen waren als Politikerinnen nicht gefragt. „Angesichts dieser Entwicklung wichen die anfänglichen Hoffnungen schnell kritischem Realismus. In den Reihen der Frauenbewegung machte sich allgemeine Enttäuschung breit. Die parteipolitisch organisierten Frauen (…) beklagten (…) ihren geringen Einfluss. (…) Frauen waren in keiner Partei der Weimarer Republik gleichberechtigt.“ 3)
Quellen:
1) Rita Bake, Birgit Kiupel: Einsichten. Von realen und idealen Frauen im Hamburger Rathaus. Hamburg 2016, S. 73
2) Plenarprotokolle: 14. Sitzung, 1924, S. 211.
3) Karen Hagemann, Jan Kolossa: Gleiche Rechte – Gleiche Pflichten? Ein Bilder-Lese-Buch zu Frauenalltag und Frauenbewegung in Hamburg. Hamburg 1990.“
Im Vorwege wurde der Regionalausschuss Horn/Hamm/Borgfelde festgelegt, um sich mit der Eingabe inhaltlich zu beschäftigen und einen Vorschlag zu erarbeiten, wie mit der Eingabe umgegangen wird. Für die Beratung gibt es folgende Wege:
Die Eingabe fällt in die Zuständigkeit des Bezirksamtes
1. Die Eingabe geht ein, es wurde ein Ausschuss für die inhaltliche Beratung festgelegt.
2. Das zuständige Fachamt wird um Übermittlung einer Stellungnahme gebeten, die dann zusammen mit der Eingabe vorgelegt wird.
3. Der Ausschuss berät die Eingabe und die Bewertung des Fachamtes. Im Ergebnis muss sich der Ausschuss zur Eingabe positionieren:
a. Stimmt die Politik den Beschwerdepunkten bzw. Vorschlägen ganz oder teilweise zu? Dann fasst der Ausschuss den Beschluss, dass das Bezirksamt um Umsetzung der Beschwerde-punkte bzw. Vorschläge gebeten wird.
b. Möchte die Politik die Beschwerdepunkte bzw. Vorschläge (z.B. aufgrund der Stellungnahme des Fachamtes) nicht unterstützen? Dann fasst der Ausschuss einen entsprechenden Be-schluss und begründet diese Entscheidung.
Die Eingabe fällt in die Zuständigkeit einer Fachbehörde
1. Die Eingabe geht ein, es wurde ein Ausschuss für die inhaltliche Beratung festgelegt.
2. Da eine Vorab-Stellungnahme nicht eingeholt werden kann, hat der Ausschuss folgende Möglich-keiten:
a. Stimmt die Politik den Beschwerdepunkten bzw. Vorschlägen ganz und teilweise zu? Dann fasst der Ausschuss den Beschluss, dass die Fachbehörde gebeten wird, die Beschwerde-punkte bzw. Vorschläge umzusetzen.
b. Möchte die Politik die Beschwerdepunkte bzw. Vorschläge (z.B. aufgrund der Stellungnahme des Fachamtes) nicht unterstützen? Dann fasst der Ausschuss einen entsprechenden Beschluss und begründet diese Entscheidung.
Weitere Möglichkeiten gemäß der Geschäftsordnung
Selbstverständlich bietet die Geschäftsordnung weitere Möglichkeiten, wie mit der Eingabe umgegangen werden soll:
a. Der Petentin bzw. dem Petenten wird geraten, zunächst den Rechtsweg auszuschöpfen.
b. Die Eingabe oder Beschwerde wird für erledigt erklärt.
c. Die Eingabe oder Beschwerde wird, ohne auf die Sache einzugehen, zurückgewiesen.
d. Die Eingabe oder Beschwerde wird für ungeeignet zur weiteren Beratung erklärt.
e. Die Eingabe oder Beschwerde fällt nicht in die Kompetenz der Fach- oder Regional-Ausschüsse der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte und wird deswegen dem Eingabenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft oder dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zugeleitet.
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Das Bezirksamt teilt zur Eingabe folgendes mit:
Eine Mitbenennung der Stengelestraße nach Frau Ida Stengele, geb. Biedermann wird als unproblematisch angesehen.
Solche Mitbenennungen unterliegen dem Ablauf einer normalen Benennung. Dementsprechend ist bei einem positiven Beschluss durch den Regionalausschuss mit dem Abschluss des Mitbenennungsverfahrens nicht vor Frühsommer 2022 zu rechnen.
Um Beratung wird gebeten.
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