23-0163

Beschlussempfehlung für die Bezirksversammlung zur Zustimmung zur Erreichung der Vorweggenehmigungsreife und zur Feststellung des Bebauungsplan-Entwurfs Wilhelmsburg 91 "Wilhelmsburg Rathausviertel / Nordwestlich Dratelnstraße"

Vorlage öffentlich

Letzte Beratung: 17.10.2024 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 7.8

Sachverhalt

 

Im Bebauungsplanverfahren Wilhelmsburg 91 hat der Stadtplanungsausschuss auf Basis der Drucksache 22-3978 des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung in seiner Sitzung am 29. Juni 2023 die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung (ehem. öffentliche Auslegung) mehrheitlich beschlossen. Diese ist im Zeitraum vom 13. September bis zum 14. Oktober 2024 durch das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung durchgeführt worden. Im Rahmen der durchgeführten Öffentlichkeitsbeteiligung sind beim Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung insgesamt sieben Stellungnahmen fristgerecht eingegangen. Am 15. Oktober 2024 hat das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung unter Einbindung der betroffenen Fachressorts der FHH und Träger öffentlicher Belange eine dem Arbeitskreis II entsprechende Sitzung zur Erörterung der eingegangenen Stellungnahme durchgeführt. Im Ergebnis sind aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen der Öffentlichkeit keine wesentlichen Änderungen des Bebauungsplan-Entwurfs erforderlich. 

 

Im Übrigen wird auf die kontinuierliche Berichterstattung des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung im Stadtplanungsausschuss verwiesen, auf der diese Drucksache entsprechend Bezug nimmt.

 

Mit dem nunmehr erreichten Planungsstand sind auf Basis der Zustimmung der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte die Voraussetzungen für die Vorweggenehmigungsreife des Bebauungsplan-Entwurfs Wilhelmsburg 91 gemäß § 33 Absatz 1 BauGB gegeben.

 

  1. Geltungsbereich des Bebauungsplanes

 

Das Plangebiet befindet sich im Bezirk Hamburg-Mitte im Stadtteil Wilhelmsburg (Ortsteil 137). Es wird im Norden durch die Rotenhäuser Straße, im Nordosten durch die Straße Rotenhäuser End, die Bahntrasse und die Trasse der verlegten Wilhelmsburger Reichsstraße (B 75), im Osten durch die Dratelnstraße, Thielenstraße und Neuenfelder Straße, im Südosten durch die Straße Am Inselpark, im Süden durch den Wilhelmsburger Inselpark und im Westen durch die Rathauswettern begrenzt.

 

Das derzeit geltende Planrecht setzt öffentliche Straßenverkehrsflächen, öffentliche Grünflächen, Industriegebiete, Grünflächen (Sportanlagen), Gewerbegebiete, Flächen für Versorgungsanlagen mit der Zweckbestimmung Tiefbrunnen (Hamburger Wasserwerke), Grünflächen mit der Zweckbestimmung Parkanlage (Freie und Hansestadt Hamburg), Straßenverkehrsflächen, eine Flächer den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Verwaltung (Freie und Hansestadt Hamburg), eine Grünfläche mit der Zweckbestimmung Parkanlage (FHH), Außengebiet und neue Straßenverkehrsflächen fest.

 

  1. Zweck und Bedeutung der Planaufstellung

 

Anlass der Planung ist die mit der verlegten „Wilhelmsburger Reichsstraße“ im Zuge der Internationalen Bauausstellung Hamburg und der igs hamburg 2013 begonnene Entwicklung in der „Mitte Wilhelmsburg“ nachhaltig fortzuführen. Durch die Verlegung der Straßentrasse auf einer Länge von etwa 4,6 Kilometern steht eine Entwicklungsfläche für unterschiedliche Nutzungen mit dem Schwerpunkt Wohnungsbau und unter Einbeziehung und Fortentwicklung gewerblich-/industrieller Nutzungen zur Verfügung. Beide Nutzungen werden verträglich nebeneinander ausgerichtet. Durch die zentrale Lage in Wilhelmsburg mit den Verknüpfungen und Anbindungen an das übergeordnete Verkehrsnetz sowie öffentliche Grünanlagen und Gewässer ist das Plangebiet sehr gut für eine gemischte Nutzung mit dem Schwerpunkt Wohnen geeignet.

 

Dem Bebauungsplan-Entwurf Wilhelmsburg 91 des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung liegt das vom Senat beschlossene Leitbild „Hamburgs Sprung über die Elbe - Zukunftsbild 2013+“ zugrunde (Drucksache 20/11722 vom 6. Mai 2014).

 

Die Zielsetzungen des hier in Rede stehenden Angebotsbebauungsplans stehen im Einklang mit den Zielen des Bezirklichen Wohnungsbauprogramms in der 6. Fortschreibung aus 2024. Danach soll ein Wohnungsmix mit Angeboten für unterschiedliche Haushalte (Familien, Baugemeinschaften, Studierende, Senioren u.a.) - verteilt auf die einzelnen Baufelder - geschaffen werden. Es sollen überwiegend Geschosswohnungsbau (anteilig öffentlich gefördert gemäß Vertrag für Hamburg) und verdichtete Einfamilienhaustypologien wie Stadthäuser entstehen.

 

Aufgrund der Größe und der Bedeutung des Projektes wurde 2015 der städtebaulich-freiraumplanerische Wettbewerb „Wohnen für alle - mitten in Wilhelmsburg“ mit vier eingeladenen Planungsteams durchgeführt. In dem Wettbewerbsverfahren wurde in enger Zusammenarbeit zwischen der IBA Hamburg GmbH, der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) und dem Bezirksamt Hamburg-Mitte/ Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung mit Beteiligung der Stiftung Bürgerhaus und dem vhw (Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V.) - zusammengefasst als „Perspektiven! Miteinander Planen für die Elbinseln“ - sowie dem Beirat für Stadtteilentwicklung eine intensive Bürgerbeteiligung durchgeführt.

 

Aus dem Wettbewerbsergebnis wurde in enger Abstimmung zwischen der IBA Hamburg GmbH und dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung der Funktionsplan „Wilhelmsburger Rathausviertel“ entwickelt, der die Grundlage für diesen Bebauungsplan-Entwurf bildet.

 

Der zukünftige Bebauungsplan Wilhelmsburg 91 schafft die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Realisierung von ca. 1.850 neuen Wohnungen mit einem Anteil von ca. 55% gefördertem Mietwohnungsbau und von etwa 80 Wohnungen für Studierende sowie besonderen Wohnformen, Baugemeinschaften, sozialen und kulturellen Einrichtungen.

 

Mit der Planung wird die Zielsetzung verfolgt, die sog. Mitte Wilhelmsburg“ zu stärken und weiter zu entwickeln. Dabei soll insbesondere die Wohnfunktion mit Angeboten für unterschiedliche Haushalte und Bevölkerungsgruppen unterstützt werden. Es soll ein Quartier mit eigener Identität und großer Diversität, das auf einem integrierten und wirtschaftlich tragbaren, städtebaulich-freiraumplanerischen Konzept aufbaut, geschaffen werden. Mit attraktiven Nutzungsangeboten von Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Sporteinrichtungen soll eine Nachbarschaft für Menschen verschiedener sozialer und ethnischer Hintergründe entstehen.

 

Angestrebt wird ein baufeldbezogener Mix aus öffentlich gefördertem und freifinanziertem Mietwohnungsbau, Eigentumswohnungen sowie Baugemeinschaften. Verschiedene Größen der Baufelder sowie unterschiedliche Gebäudetypologien (Hausgruppen, Geschosswohnungsbau, akzentuierende Hochpunkte und kleinere Solitäre) sorgen dafür, dass ein vielfältiges Wohnungsangebot für unterschiedliche Bedürfnisse und Möglichkeiten der Bewohner*innen entsteht.

 

Im zentralen Bereich südlich der lärmschützenden Bebauung des Baufelds 04 bzw. Gewerbegebiets „GE3“ und westlich des Sportplatzriegels“ mit Studierendenwohnen werden aufgelockerte Blöcke entwickelt. Sie bestehen aus einer Kombination aus vier- bis fünfgeschossigen Blockrandstrukturen sowie drei- bis viergeschossigen Hausgruppen unterschiedlicher Arten u.a. auch für Baugemeinschaften. Entlang der Rathauswettern entstehen weitestgehend geschlossene Baublöcke mit Hochpunkten von sieben bis acht Geschossen an markanten Stellen. Die Blockstruktur beginnt im Norden an der Rotenhäuser Straße und erstreckt sich bis zur Mengestraße im Süden.

 

Der Bereich um das ehemalige Rathaus südlich der Mengestraße knüpft an die räumliche Struktur derdlich unmittelbar angrenzenden Flächen der sogenannten Bauausstellung in der Bauausstellung“ an. Die dort geplante Wohnbebauung mit Gewerbeanteilen teilt sich in drei Gebäudekomplexe mit überwiegend fünf- bis acht-geschossigen Gebäuden auf und knüpft an die bereits östlich entwickelte Struktur an. Das historische Wilhelmsburger Rathaus wird in gebührendem Abstand von zwei Neubaukörpern eingerahmt.

 

Das den Gert-Schwämmle-Weg und den Elsa-Bromeis-Kanal überspannende Brückenbauwerk der ehemaligen Wilhelmsburger Reichsstraße bleibt auch nach der Aufgabe der Straße als Sonderbauwerk erhalten und soll in die neue Bebauung eingebunden werden.

 

r die Urbanen Gebiete MU4 und MU5 (Baufelder 14 und 15 des Funktionsplans) wurde in 2023 ein zweiphasiges, hochbauliches, kollaboratives Re-Use-Werkstattverfahren mit zwei Werkstattterminen durchgeführt. Auf den Baufeldern soll eine Mischnutzung aus Wohnungen (Miet- und Eigentumswohnungen), gewerblichen Nutzungen und zwei Kindertagesstätten entstehen. Ein besonderer Fokus des Projektes liegt auf den Themen circular economy (Kreislaufwirtschaft), Nachhaltigkeit, Re-Use, Re-Cycle sowie Urban Mining. Inzwischen steht der Wettbewerbssieger fest und es wurde der Siegerentwurf planungsrechtlich in den Bebauungsplan-Entwurf übersetzt.

 

  1. Planinhalt

 

Im Bebauungsplan-Entwurf des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung sind für den Wohnungsneubau Allgemeine Wohngebiete (WA) und Urbane Gebiete (MU) festgesetzt. Das Dichtemaß wird über differenziert festgesetzte Grundflächenzahlen reguliert, die zwischen 0,35 und 1,0 liegen. Für die Gebäude werden detaillierte gestalterische Festsetzungen auf Basis des abgestimmten Gestaltungsleitfadens Wilhelmsburg (für die Projektgebiete Spreehafenviertel, Elbinselquartier und Wilhelmsburger Rathausviertel) vom März 2021 in § 3 der Verordnung und in der Nebenzeichnung „Gestaltung“ zum Bebauungsplan-Entwurf getroffen, um eine hohe gestalterische Qualität sicherzustellen und dem zukünftigen Viertel eine eigene Identität im Kontext der Bestandsbebauung zu geben.

 

Die im nördlichen Teil des Plangebietes südlich Rotenhäuser Straße gelegenen Gewerbe- und Industrienutzungen werden mit Entwicklungsmöglichkeiten planungsrechtlich gesichert. Hier sind neben dem Erhalt bestehender Nutzungen neue hochwertige Gewerbeeinheiten und besondere Nutzungsformen („Hybrid Konzept GI+GE (CoIndustryHub)“, Quartierssporthaus (QSH) Hotel, Hostel, Dreifeldsporthalle, Co-Working Spaces, Büronutzungen, Mobility- Hub u.a.) geplant, wodurch eine Abschirmung bezüglich Emissionen und ein Übergang zu der südlich und westlich davon geplanten Wohnbebauung erreicht wird.

 

Das GewerbegebietGE1“, der westliche Teil des Industriegebiets GI1“ und das Gewerbegebiet GE3“ erhalten Emissionskontingente für den Tag und die Nacht, um die westlich und südlich anschließende Wohnbebauung hinsichtlich der Lärmentwicklung zu schützen, da nicht abzusehen ist, wann der auf Privatgrund im Urbanen Gebiet „MU2“ und im Gewerbegebiet „GE1“ (Baufeld 26) geplante Mobility-Hub mit ergänzenden Nutzungen als Lärmschutzbebauung errichtet wird.

 

Private Stellplätze, Besucherparkstände bzw. öffentliche Parkstände können auch explizit in Mobility Hubs als Hochgarage mit ergänzenden Mobilitätsangeboten (u.a. Carsharing, Radleihsystem, Fahrradwerkstatt) vorgesehen werden. Im Bebauungsplan-Entwurf wird hierzu an zentraler Stelle an der Planstraße B ein Mobility Hub als Sondergebiet „Mobilität und Gewerbe“ festgesetzt (Baufeld 13). In der Regel sollen diese Mobility Hubs mit zentralen Orten bzw. Nahversorgungseinrichtungen kombiniert werden, was hier perspektivisch mit dem bestehenden, außerhalb des Plangebiets unmittelbar angrenzenden und noch weiter zu entwickelnden Nahversorgungszentrum an der Dratelnstraße realisiert werden kann.

 

Die beiden Sportfelder entlang der Dratelnstraße sind bereits neu geordnet worden. Ein langer Gebäuderiegel (sog. „Sportplatzriegel in den Baufeldern 09, 10 und 11) nordwestlich des Sportplatzes schirmt die sich anschließende Wohnbebauung vom Sport- und Verkehrslärm ab. Weitere innovative Sportkonzepte sind im Gewerbegebiet „GE3“ geplant.

 

Im „Wilhelmsburger Rathausviertel“ ist neben einem differenzierten und vielfältigen Wohnungsangebot auch die Qualität der öffentlichen und privaten Grün- und Freiräume von großer Bedeutung. Mit dem Ausbau der Rathauswettern und des Bürgerhaus-Sees sowie des begleitenden Fuß- und Radweges wurde bereits während der Bauausstellung bis zum Jahr 2013 ein qualitativer Außenraum geschaffen, der das Rückgrat des Freiraumkonzeptes bildet. Der Grünzug entlang der Rathauswettern dient als verbindendes Element zwischen dem neuen Quartier, dem nördlich angrenzenden „Elbinselquartier“ und dem im den anschließenden Wilhelmsburger Inselpark und gt sich derart in das übergeordnete Konzept der „Landschaftsachse Elbinsel“ gemäß dem Rahmenkonzept „Hamburgs Sprung über die Elbe - Zukunftsbild 2013+“ ein.

 

Der Wilhelmsburger Inselpark mit seinen umfangreichen Sport- und Freizeitangeboten sowie die Parkanlage entlang der Rathauswettern bieten den neuen Wohnquartieren den notwendigen Erholungsraum in direkter Nachbarschaft. Fingerartige öffentliche Gräben und Wettern übernehmen die Funktion der wasserwirtschaftlichen Retention, ziehen sich tief in das Gebiet hinein und formen klare Baufelder.

 

Mit Rücksichtnahme auf die bestehenden geschützten Biotope im Inneren der Zu- und Abfahrtsbereiche der ehemaligen Wilhelmsburger Reichsstraße werden die neuen Baurper auf der ehemaligen Straßentrasse und den bisherigen Zu- und Abfahrten verortet.

 

Die Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildesnnen im umlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans selbst nicht vollständig ausgeglichen werden. Zum Ausgleich werden die außerhalb des Plangebiets liegenden Flurstücke 799 der Gemarkung Moorwerder, 5511 der Gemarkung Wilhelmsburg, 55 der Gemarkung Ost-Krauel sowie 1800 (anteilig) und 2872 der Gemarkung Fischbek den Baugebieten und Flächen im Bebauungsplan-Entwurf zugeordnet.

 

Um die Verortung der sozialen Infrastruktur vorzudenken, wurde das „Konzept soziale, kulturelle und nachbarschaftliche Infrastruktur Wilhelmsburger Rathausviertel, Elbinselquartier und Spreehafenviertel“ erstellt, welches sich u.a. dem Wohnraum für vordringlich Wohnungssuchende, für Azubis und Studierende, für Senior:innen, den Schulen und Kindertageseinrichtungen, den Diensten des Bezirksamtes und der Kunst, Kultur & Kreativwirtschaft widmet. Kindertagesstätten wurden an fünf Standorten mit zusammen rund 450 Plätzen berücksichtigt.

 

Die Dratelnstraße und die Mengestraße werden als zentrales verkehrliches Rückgrat der äeren Erschließung mit den erforderlichen Erweiterungs- und Nebenflächen für einen zukünftigen Ausbau als Straßenverkehrsflächen festgesetzt. Die innere Erschließung wird ringartig angelegt. Wesentliche Teile der Erschließung werden als Geh-, Fahr- und Leitungsrechte zu Gunsten der FHH auf Privatgrund festgesetzt.

 

Entlang der Rathauswettern ist ein neuer Radschnellweg geplant, welcher das gesamte Plangebiet in Nord-Süd-Richtung durchzieht und von einem Fußweg begleitet wird. Durch die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße können Wegeachsen, welche bereits bei der Planung des Inselparks mitgedacht wurden, vollendet werden.

 

Mit Beschluss der Senatskommission für Stadtentwicklung und Wohnungsbau am 31.05.2018 wurde eine kooperative Erarbeitung von Geruchsminderungsmaßnahmen vereinbart. Ziel ist es, die Geruchsbelastung im Rahmen eines kooperativen Prozesses mit den relevanten Wilhelmsburger Betrieben mittel- bis langfristig zu verbessern und deutlich zu senken. Dabei sollen sowohl die Wohnverhältnisse verbessert als auch den Betrieben Spielräume für künftige betriebliche Entwicklungen erschlossen werden. Diese Maßnahmen sind in einem Geruchsminderungskonzept der zuständigen Behörden erfasst, welches Grundlage des Abwägungsprozesses in diesem Bebauungsplanverfahren ist. Es hat sich gezeigt, dass sich die Geruchsimmissionsbelastung bereits im Vergleich zum in 2016 ermittelten Zustand zwischenzeitlich deutlich verbessert hat.

 

Im Rahmen der in 2016 über ein Jahr durchgeführten Rastergeruchsbegehung wurden für die Bereiche, in denen neue Wohnnutzungen entwickelt werden sollen, Geruchsimmissionswerte von 14% bis 25% der Jahresstunden für alle Geruchsqualitäten ermittelt. Zulässig in Wohngebieten sind nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz 10 % der Jahresstunden. Unter Berücksichtigung zwischenzeitlich vorgenommener Minderungsmaßnahmen durch erhöhte Schornsteine oder technische Minderungsmaßnahmen in den Betrieben liegen die auf Basis einer in den Jahren 2022/ 23 über ein halbes Jahr durchgeführten erneuten Rastergeruchsbegehung ermittelten Werte in Teilbereichen nun nur noch bei bis zu 11% der Jahresstunden.

 

Mit Information der EinzA-Lackfabrik (Rotenhäuser Straße 8a) vom September 2022 über die geplante Abschaltung der 1996 errichteten Regenerativen Nachverbrennung (RNV) ergab sich die erneute Notwendigkeit einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme. Zuvor war geplant, die bereits ältere Abluftreinigungsanlage durch eine modernere Anlage mit ähnlichem oder niedrigerem Emissionsverhalten zu ersetzen. Angesichts der reduzierten Produktion von lösemittelbasierten Lacken ist der Betrieb einer RNV jedoch nicht mehr erforderlich. Im Hinblick auf die nun avisierte Abschaltung der RNV und ein daraus resultierendes verändertes Emissionsverhalten, konnte eine erneute rechtssichere Abwägung nur unter Zuhilfenahme einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme mit neuen umfangreichen Messungen vorgenommen werden. Die im Betrieb identifizierten Geruchsquellen wurden in den daraus resultierenden Ausbreitungsrechnungen zum Ist-Zustand und zu zwei Plan-Zuständen berücksichtigt. Als Minderungsmaßnahme wurde die Erforderlichkeit eines Schornsteins mit einer Ableithöhe von 28 m über Gelände ermittelt. Durch die Verbesserung der Ableitbedingungen der Sammelleitung gemäß TA Luft reduziert sich demnach die Geruchsbelastung im Untersuchungsgebiet erneut erheblich.

 

Zur Umsetzung des Schornstein-Neubaus mit erheblicher Erhöhung für die Abluft der Sammelleitung und seiner dauerhaften Sicherung wurde am 20. Juni 2024 ein städtebaulicher Vertrag, in dem u.a. die Durchführungsverpflichtung, Herstellungsfristen und die Kostenübernahme der Gesamtkosten durch die FHH vereinbart wurden, zwischen dem Bezirksamt Hamburg-Mitte/ Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung und der Grundstückseigentümerin geschlossen. Ergänzt wurde dieser durch einen weiteren öffentlich-rechtlichen Vertrag durch den LIG, in dem Einzelheiten bezüglich der Auszahlung der Entschädigung und der weiteren Zahlungsmodalitäten geregelt werden.

 

Im Ergebnis zeigt sich, dass die Geruchsstundenhäufigkeiten in den seinerzeit gebildeten und ergänzten Beurteilungsflächen nach wie vor teils über dem für Wohnnutzung geltenden Grenzwert 10% der Jahresstunden liegen. Konkret liegen die Werte für die geplanten Allgemeinen Wohngebiete und die Urbanen Gebiete in den Beurteilungsflächen A, B, C, D, E und Z zwischen 10% und 11%. Im zentralen Bereich des Bebauungsplangebiets bis zur Rotenhäuser Straße wird der Immissionswert von 10% eingehalten. Hinsichtlich der Abwägung der noch verbleibenden Überschreitung werden die Kriterien der Bewertung einer Einzelfallsituation nach TA Luft, Anhang 7 Nummer 5 herangezogen, indem der Rechtsgedankens der Einzelfallprüfung aus dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren übertragen wird. Eine Überschreitung des nach Bundesimmissionsschutzgesetz geltenden Wertes ist bei einer Einzelfallprüfung möglich, wenn aufgrund der atypischen Verhältnisse Anhaltspunkte dafür bestehen, dass trotz Überschreitung der Immissionswerte aufgrund der Ortsüblichkeit der Gerüche keine erhebliche Belästigung zu erwarten ist, wenn zum Beispiel durch eine überlange Zeit gewachsene Gemengelage von einer Bereitschaft zur gegenseitigen Rücksichtnahme ausgegangen werden kann. Für das Plangebiet liegt diese über Jahrzehnte gewachsene Gemengelage aus gewerblich-/industrieller Nutzung und benachbarter Wohnnutzung vor, so dass auch von der Ortsüblichkeit und dem gegenseitigen Rücksichtnahmegebot ausgegangen werden kann.

 

  1. Bisher rechtsverbindliche Pläne innerhalb des Plangebiets

 

r das Plangebiet gelten die folgenden Bebauungspläne bzw. folgender Baustufenplan, welche teilweise von den Festsetzungen durch Planfeststellungsbeschlüsse überlagert werden: Bebauungsplan Wilhelmsburg 2 vom 02.11.1964 (HmbGVBl. S. 233), Bebauungsplan Wilhelmsburg 16 vom 04.03.1976 (HmbGVBl. S. 56), Bebauungsplan Wilhelmsburg 38 vom 02.01.1968 (HmbGVBl. S. 3), Bebauungsplan Wilhelmsburg 90 vom 10.05.2012 (HmbGVBl. S. 188), Baustufenplan Wilhelmsburg vom 06.01.1956 (HmbGVBl. S.7) und Teilbebauungsplan TB 108 vom 22.10.1954 (Amtl. Anz. S. 925).

 

  1. Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm

 

Siehe beigefügte Mitteilung

 

  1. Bisheriger Verlauf des Bebauungsplanverfahrens

 

Der Stadtplanungsausschuss hat in seiner Sitzung am 11. Juli 2016 der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens zugestimmt. Der Bebauungsplanentwurf wurde am 12. September 2016 behördenintern grobabgestimmt. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit hat zunächst in Form von drei öffentlichen Informationsveranstaltungen zwischen 2010 und 2013 stattgefunden, dann als formaler Verfahrensschritt im Bebauungsplanverfahren mit der Öffentlichen Plandiskussion des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung vom 10. April 2017. Danach fanden kontinuierlich Befassungen im öffentlichen Teil des Stadtplanungsausschusses statt, in denen das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung über den Fortgang der Planungen und des Bebauungsplan-Prozesses berichtete. Die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurde mit der Durchführung des behördlichen Arbeitskreises I am 09. Dezember 2019 sowie zwei hierzu am 14. September 09.2020 und am 28. Juni 2021 geführten Nachgesprächen abgeschlossen. Der Stadtplanungsausschuss hat am 29. Juni 2023 der Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung durch das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung zugestimmt. Die öffentlich-rechtlichen Verträge mit dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung/ LIG und der EinzA-Lackfabrik wurden im Juni 2024 geschlossen. Die Kenntnisnahmeversendung erfolgte vom 16.  bis zum 30. August 2024 und die Öffentlichkeitsbeteiligung vom 13. September bis zum 14. Oktober 2024. In der im Wesen nach dem Arbeitskreis II entsprechenden Sitzung vom 15. Oktober 2024 wurden die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Stellungnahmen eingehend erörtert und abgewogen und auf dieser Basis durch das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung über den Verzicht auf die formale Durchführung des Arbeitskreis II entschieden.

 

  1. Wesentliche Änderungen nach der Zustimmung des Stadtplanungsausschusses im Überblick

 

  • Reduzierung der Verkehrsfläche Platzrgerhaus-See
  • Reduzierung des Umfangs der von der Realisierung des Lärmschutzriegels Sport abhängigen Baugebiete
  • GE 3: Reduzierung der Festsetzungstiefe zwecks größerer Flexibilität zugunsten auch „klassischer“ Gewerbenutzungen
  • Streichung der Reihenhaus-Festsetzung (RH) im Allgemeinen Wohngebiet (WA)
  • Vereinbarung Ausgleichszahlung zu den vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) zu den Bebauungsplänen WB91, WB99, WB100
  • Neugliederung der Dachbegrünungsfestsetzung
  • Ermittlung der Grundflächenzahl (GRZ): Anrechnung der Grundflächen von Balkonen im Verordnungstext

 

  1. Eingegangene Stellungnahmen im Rahmen der Kenntnisnahmeversendung und der   Öffentlichkeitsbeteiligung

 

Im Rahmen der Kenntnisnahmeverschickung (16. bis 30. August 2024) sowie der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Absatz 2 BauGB (13. September bis 14. Oktober 2024) wurden zum Entwurf des Bebauungsplanes insgesamt 36 Stellungnahmen und Einwendungen von Behörden, Dienststellen und Institutionen abgegeben. Diese beinhalteten im Wesentlichen Hinweise zum Verlauf von Ver- und Entsorgungsleitungen, zu den Rahmenvorgaben Mobilität, zum Maß der baulichen Nutzung, zur Luftqualitätsrichtlinie und zur Verkehrsführung, die jedoch nur zu geringfügigen Änderungen der Planinhalte führten.

 

Zu folgenden Punkten wurden bereits ausgehend aus der Kenntnisnahmeversendung somit vorlaufend vor der Öffentlichkeitsbeteiligung Anpassungen in der Planzeichnung sowie der Verordnung vorgenommen:

  • Ausschluss oberirdische Abfallentsorgung: Ausnahmen für das Sondergebiet (SO), die Flächen für Sport und Spielanlagen und die Gemeinbedarfsflächen
  • Definition Sockelgeschoss
  • Überschreitungsregelung Baugrenzen
  • Festsetzung zur Beleuchtung
  • Kennzeichnung Druckrohrleitung und Stromleitung in der Planzeichnung
  • Rahmenvorgaben Mobilität: redaktionelle Anpassungen im Konzept und in der Begründung.

 

Im Rahmen der aktuellen Öffentlichkeitsbeteiligung wurden insgesamt sieben Stellungnahmen fristgerecht beim Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung abgegeben. Die Stellungnahmen beschäftigen sich zum einen mit der in Gewerbegebieten ausgeschlossenen und in den Urbanen Gebieten mit den Bezeichnungen MU1 und MU2 eingeschränkt zulässigen Einzelhandelsnutzung, dem Planungsziel Quartierssporthaus“ im Gewerbegebiet mit der Ordnungsnummer GE3, der Abwägung zur Geruchsimmissionen, dem Wunsch nach einer Vergrößerung des festgesetzten Baufenstersr ein Mehrfamilienhaus, Fragen zu den Gestaltungsfestsetzungen sowie zum ruhenden Verkehr in den Mobility Hubs.

 

Eine Stellungnahme bezieht sich auf den erforderlichen Flächentausch zwischen der privaten Eigentümerin und der FHH im Bereich der Planstraße A. Hierzu hat es zwischenzeitlich eine Abstimmung zwischen der Einwenderin und dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung unter Einbindung der Bezirksamtsleitung gegeben. Auf Basis der getroffenen Vereinbarungen mit der privaten Grundeigentümerin zu den genannten Konditionen des Flächentauschs in enger Abstimmung mit der IBA und dem LIG verfolgt das Bezirksamt Hamburg-Mitte/ Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung nunmehr die Vorweggenehmigungsreife.

 

Es hat im Nachgang zur Öffentlichkeitsbeteiligung die nachfolgend genannten klarstellenden Anpassungen in der Verordnung gegeben:

  • Aufnahme der Zweckbestimmung „Kurzzeitparken“ in der Verordnung § 2 Nr. 6.1
  • Ergänzung des Ausnahmetatbestands für kreislaufwirtschaftliches Bauen im Kontext der Gestaltungsfestsetzung zur Fassadenmaterialität unter § 3 Nr. 4
  • Klarstellende Festsetzung zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Anlagen für die Versorgung mit Elektrizität in der Gemeinbedarfsfläche mit der Zweckbestimmung „Sport und Soziales“.

 

 

 

 

Die in § 33 Absatz 1 BauGB bezeichneten Voraussetzungen zur Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung sind somit alle erfüllt, so dass mit der Zustimmung der Bezirksversammlung zum Bebauungsplan-Entwurf die Vorweggenehmigungsreife für den Bebauungsplan Wilhelmsburg 91 gegeben ist.

 

 

 

Petitum/Beschluss

Beschluss:

 

Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte wird um Zustimmung zum Bebauungsplan-Entwurf Wilhelmsburg 91 des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung und um Zustimmung gemäß § 6 Absatz 3 Bauleitplanfeststellungsgesetz gebeten.

 

 

 

 

 

 

 

Anlagen:

 

Anl. 1 Bebauungsplan-Entwurf Wilhelmsburg 91 Planzeichnung mit Nebenzeichnungen Lärm und Gestaltung/Belichtung 

Anl. 2 Bebauungsplan-Entwurf Wilhelmsburg 91 Verordnung 

Anl. 3 Bebauungsplan-Entwurf Wilhelmsburg 91 Begründung  

Anl. 4 Funktionsplan-Entwurf Wilhelmsburg 91 

Anl. 5 Abwägungsvermerk zum Arbeitskreis II [NICHT ÖFFENTLICH]

 

 

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