22-0986

Bebauungsplan-Entwurf Horn 49 ("Haus im Park") Zustimmung zur Einleitung des Bebauungsplanverfahrens und zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion

Vorlage öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
03.06.2020
Sachverhalt

 

1. Räumlicher Geltungsbereich des Bebauungsplan-Entwurfs

Das Plangebiet liegt südlich der Straße „Beim Rauhen Hause“ etwa mittig zwischen den U-Bahn-Stationen Rauhes Haus und Horner Rennbahn im südlichen Bereich des Blohms Parks (s. Anlage 1). Es hat eine Größe von etwa 1,2 ha. Mit dem Bebauungsplanverfahren wird das Ziel verfolgt, schnellstmöglich neue Einrichtungen zur Gesundheitsvorsorge u.a. im bestehenden „Haus im Park“ planungsrechtlich zu ermöglichen.

 

2. Bestand und gegenwärtige Nutzungen 

Das sog. „Haus im Park" ist - ohne gesonderte Festsetzung des Gebäudes - planungsrechtlich Teil der umgebenden Parkanlage (s. Anlage 2). Der Blohms Park steht als Gartenensemble unter Denkmalschutz.

Die Geschichte des Blohms Parks war von Beginn an durch diverse Baulichkeiten geprägt, die seit jeher Bestandteil der Parkanlage waren bzw. sind. So ist insbesondere der Bereich des derzeitigen „Hauses im Park“ bis heute bebaut: Zunächst standen hier seit mindestens Mitte des 18. Jahrhunderts Landhäuser, zuletzt die Villa „Blohm“ (1943 kriegszerstört), bis dann an gleicher Stelle auf dänische Initiative das „Jugend-Europahaus“ gebaut und 1951 eingeweiht  wurde (Jugendhaus/Begegnungsstätte zur Völkerverständigung). Diese Nutzung erfolgte bis 1967. Von 1967 bis 1999 wurde das Gebäude als Dänisch-Deutsche Akademie (Tagungsstätte) genutzt. Danach erfolgte die Übertragung vom Dänischen Staat an die FHH. Das Gebäude wurde fortan bis zur Schließung 2010  als "Europa Gästehaus" (buchbar für Übernachtungen und Tagungen) betrieben. Von 2011 bis Ende 2019 diente das Gebäude dem Jugendwohnen. Es wird  aktuell zur vorübergehenden Unterbringung obdachloser Frauen genutzt.

 

Etwa 80 m nördlich des „Hauses im Park“ befindet sich ein weiteres, nicht gesondert festgesetztes Gebäude (Beim Rauhen Hause 66; außerhalb des Plangebiets) innerhalb der denkmalgeschützten Parkanlage, das ehemals als Reviergebäude der vormaligen Gartenbauabteilung des Bezirksamtes diente und heute u.a. durch die Freiwilligenbörse Hamburg und  als gemeinnütziges Job-Café genutzt wird.

Dieser Bereich wird bewusst nicht Bestandteil des Plangebiets, um hier langfristig die Landschaftsachse Horner Geest und Blohms Park zu einem zusammenhängenden Freiraum zu entwickeln. Eine Verfestigung der baulichen Nutzung durch eine planungsrechtliche Sicherung wäre nicht zielführend.

 

3. Anlass und Ziel der Planaufstellung

Das Gebäudeensemble mit ca. 1.000 m² Nutzfläche plus großer Terrasse und Gartenanteil, das ursprünglich für internationale Begegnungen erbaut wurde, soll nun im Rahmen eines Modellprojekts mit breiter Beteiligung von Aktiven vor Ort als neues Gesundheitszentrum für das Quartier entwickelt, baulich modernisiert und langfristig gesichert werden. Neben Angeboten des kommunalen Gesundheitsmanagements ist die Einbeziehung von bürgerschaftlichem Engagement im Rahmen einer „Praxis ohne Grenzen“ geplant. Als weitere Bausteine sind die Öffnung zum Park mit Angeboten für Bewegung und Sport, die Integration von Angeboten für ältere Menschen, ein Gesundheitskiosk und eine inklusive Tagesgruppe für Kinder geplant.

 

Das Angebot der bereits bestehenden „Praxis ohne Grenzen“ (medizinische Versorgung von Menschen ohne Versicherung) musste seinen bisherigen Standort am Bauersberg verlassen, da das dortige Seniorenwohnheim rück- und neugebaut wird. Die Praxis hat zwischenzeitlich interimsweise Räumlichkeiten in Eimsbüttel bezogen.

 

Bis vor Kurzem war angedacht, dieses Projekt im Zuge des Modellvorhabens zur Weiterentwicklung der Städtebauförderung – „Mitte machen“ umzusetzen. Zwischenzeitlich hat jedoch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur baulichen Umsetzung eines „Experimentellen Pilotprojekts zur Entwicklung und Testung von Versorgungs- und Ausbildungsmodellen für Gesundheitsversorgung, Rehabilitation und Pflege“ eine Vollfinanzierung von über 4 Millionen Euro bereits in Tranchen für 2020 bis 2022 budgetiert. Das Projekt soll daher möglichst zeitnah als Einzelvorhaben mit eigenem Finanzierungsmodell umgesetzt werden.

 

Das „Haus im Park“ ist wegen seiner guten Erreichbarkeit von den U-Bahn-Stationen Rauhes Haus und Horner Rennbahn bzw. einer Bushaltestelle an der Horner Landstraße gut geeignet für die Aufnahme einer zentralen Einrichtung der Gesundheitsvorsorge mit diversen Nutzungsbausteinen. Zur Umsetzung der geplanten Nutzungen sind am Gebäudebestand Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen und in Teilbereichen ggf. auch Abriss und Neubau erforderlich.

 

Der jetzt beabsichtigte Nutzungsmix unterscheidet sich wesentlich von den bisherigen Nutzungen. Da durch neuere Grundsatzurteile zur Beurteilung von Befreiungstatbeständen in Baugenehmigungsverfahren der Ermessensspielraum deutlich kleiner geworden ist, muss zur Realisierung dieses Vorhabens zwingend neues Planungsrecht geschaffen werden. Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung verfolgt im Kontext der relevanten Rahmenbedingungen ein sog. § 13a-Verfahren (Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren). Die Voraussetzungen dafür sind gegeben, weil es sich um ein sehr kleines Plangebiet handelt, bei dem ein bereits bestehendes Gebäude inklusive Zufahrt und Stellplatzanlage lediglich einer anderen Nutzung zugeführt werden soll. Die Durchführung einer Umweltprüfung ist voraussichtlich nicht erforderlich.

 

4. Beschreibung des Vorhabens und Planungskonzept

Nach dem derzeit vorliegenden Konzeptentwurf sind folgende Nutzungsbausteine geplant:

-       Praxis ohne Grenzen (Geflüchtete bzw. Personen ohne Krankenversicherung);

-       Gesundheitskiosk angelehnt an Billstedter Vorbild mit Beratungsangeboten / Vorträgen oder Lesestunden / Kursangeboten zu Gesundheitsthemen für z.B. Senioren, Eltern und auch Kinder (z.B. zur Zahngesundheit), Angebote der Kommunalen Gesundheitsförderung (Yoga, Babymassage etc.), Anleitung  zu gesunder Ernährung/gesundem Kochen usw.;

-       Mütterberatung des Gesundheitsamtes (Arzt, Kinderkrankenschwester) mit integrierter Sozialpädagogischer Beratung durch das Jugendamt inkl. Kursangebote zur Erziehung wie Hebammensprechstunde / Zentrales Familienteam;

-       Wohnen für junge Familien (Übergangswohnen/begleitete Familienzusammenführung junger Eltern);

-       Tagesgruppe Inklusion (Angebot für Schulkinder mit herausforderndem Verhalten);

-       Bewegungs- und Sportangebote für Kinder, Eltern-Kind- und Seniorenangebote (z.B. altersübergreifender Spielplatz) unter Nutzung des umgebenden Parks;

-       „Offenes Café“ (evtl. mit Café-Terrasse unter Nutzung des Park-Ambientes).

Dabei kommt der engen Verknüpfung von kommunalen, privaten und ehrenamtlichen Angeboten, ergänzt durch ein Café, eine besondere Bedeutung als integrativer Aspekt zu.

 

Die Erschließung des „Hauses im Park“ ist durch eine schmale, asphaltierte Zuwegung von der Horner Landstraße sichergestellt. Änderungsbedarf mit Eingriffen in den Park bzw. den Geesthang ist aus derzeitiger Sicht nicht erforderlich. Eine Stellplatzanlage ist am Gebäude bereits vorhanden und nach derzeitiger Kenntnis ausreichend. Die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist gut.

 

5. Planinhalte des Bebauungsplan-Entwurfs

Um den hier umzusetzenden vielfältigen Nutzungsmix planungsrechtlich zu sichern, soll Sondergebiet festgesetzt werden. Diese Nutzungskategorie ist geboten, wenn eine besondere Nutzungsvielfalt vorgesehen ist, die mit den üblichen Baugebietskategorien gemäß Baunutzungsverordnung (BauNVO) nicht oder nur unzureichend abgebildet werden kann. Das Sondergebiet soll mit der Zweckbestimmung „Gesundheit, Begegnung und Wohnen“ bezeichnet werden, um die Nutzungen entsprechend zu bestimmen. Durch folgende textliche Festsetzung werden die zulässigen Nutzungen definiert und eingegrenzt:

„Das Sondergebiet „Gesundheit, Begegnung und Wohnen“ dient der Unterbringung

-          von Einrichtungen für soziale, kirchliche, kulturelle und gesundheitliche Zwecke,

-          von Einrichtungen für besondere Wohnformen (z.B. junge Familien, Jugendwohnen),

-          von Einrichtungen der offenen Begegnung (z.B. „offenes Café“ mit Außenterrasse).

Die Wohnnutzung darf durch die sonstigen Nutzungen nicht wesentlich gestört werden. Ausnahmsweise kann ein Betrieb des Beherbergungsgewerbes und/oder eine Tagungsstätte mit einer untergeordneten Schank- und Speisewirtschaft zugelassen werden, ebenso  Privatpraxen als Gebäude und Räume für Freie Berufe im Sinne von § 13 BauNVO in der Fassung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3787).“

Diese spezifische Festsetzung definiert den geplanten Nutzungsmix und eröffnet gleichzeitig einen gewissen Spielraum innerhalb der Zweckbestimmung.

 

Die das Sondergebiet umgebenden Nutzungen wie Parkanlage und angrenzende Wege- und Straßenflächen werden bestandsgemäß festgesetzt. Ebenso erfolgt die nachrichtliche Übernahme des bestehenden Denkmalschutzes für die Parkanlage, der – mit Ausnahme der angrenzenden Wege- und Straßenflächen -  im gesamten Plangebiet gilt.

 

Maß der baulichen Nutzung: Das „Haus im Park“ hat eine Grundfläche von etwa 500 m². Die Option für eine geringfügige Erweiterung des westlichen Gebäudeschenkels nach Norden analog zum östlichen Gebäuderiegel sollte ermöglicht werden. Daher wird als absolute Zahl derzeit eine maximale Grundfläche = GR 550 m² festgesetzt. Aktuell wird geprüft, ob der westliche Gebäudeschenkel erneuert werden muss und dann ggf. eine größere Baukörpertiefe gegenüber dem heutigen Bestand zu projektieren wäre. Im Übrigen soll für das Gebäude eine bestandsorientierte Festsetzung der Höhen erfolgen. Demgemäß werden für die einzelnen Gebäudeteile keine Geschosse, sondern absolute Firsthöhen gemäß dem Bestand festgesetzt (siehe Planzeichnung).

Wesentlich vor dem Hintergrund des Denkmal- und Landschaftsschutzes ist auch der Umgang mit den Stellplätzen und der Zufahrt. Demgemäß wird die vorhandene Zufahrt von der Horner Landstraße mit Stellplatz- und Rangierfächen bestandsgemäß festgesetzt. In den sensiblen Übergangsbereichen des Sondergebiets zum Park bzw. Geesthang werden Nebenanlagen und Stellplätze ausgeschlossen.

 

6. Bestehendes Planrecht

Das Plangebiet liegt derzeit im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Horn 24 vom 6. Dezember 1966, der - mit Ausnahme der als „Öffentliche Straßen, Wege und Plätze“ festgesetzten Verkehrsflächen (Fußweg Kernbek und Horner Landstraße) - ausschließlich „Öffentliche Grünflächen“ festsetzt (s. Anlage 2).

Die Begründung zum Bebauungsplan erwähnt zwar im Bestand das damals auch in Flurkarten so bezeichnete „Haus der Jugend“, dennoch erfolgte eine Festsetzung der gesamten Fläche als Parkanlage ohne weitere Differenzierung, da das Gebäude seinerzeit offenbar als integraler Bestandteil des Parks angesehen wurde. Nach heutiger Rechtsauslegung hat das „Haus im Park“ jedoch nur Bestandsschutz und könnte - z.B. nach einen Brand - nicht wieder errichtet werden.

 

7. Darstellungen im Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm

Der Flächennutzungsplan (FNP) stellt für den Blohms Park „Grünflächen“ dar. Das Landschaftsprogramm (Lapro) stellt für das Plangebiet „Parkanlage“ innerhalb einer Landschaftsachse dar mit Überlagerung durch die Schraffur „Entwickeln des Landschaftsbildes“.

Die vorgesehenen Inhalte des Bebauungsplans sind aus dem Flächennutzungsplan entwickelbar. Es wird daher davon ausgegangen, dass weder der Flächennutzungsplan noch das Landschaftsprogramm zu ändern sind, zumal nach aktueller Einschätzung bauliche Eingriffe in den Park unterbleiben und das Sondergebiet deutlich unter dem für das Lapro maßgeblichen Schwellenwert von 1 ha liegt.

 

Petitum/Beschluss

 

Auf Basis dieser Vorlage und des Bebauungsplan-Entwurfs des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung wird der Stadtplanungsausschuss um Zustimmung zur Einleitung des Bebauungsplanverfahrens und zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion Horn 49 gebeten.

Aufgrund der durch die Corona-Pandemie ausgelösten aktuellen Situation kann derzeit noch kein konkreter Termin für die ÖPD genannt werden. Es ist geplant, die Veranstaltung im III. Quartal 2020 durchzuführen. Den genauen Termin und die Örtlichkeit stimmt das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung frühzeitig mit den Fraktionssprechern ab.

 

 

 

gez. Michael Mathe

 

 

 

Anlagen:

1.  Luftbild mit Verortung des räumlichen Geltungsbereichs im Blohms Park

2. Bestehender Bebauungsplan Horn 24

3.   Bebauungsplan-Entwurf Horn 49 des Fachamtes SL