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Bebauungsplan-Entwurf Hamburg-Altstadt 50 "Nikolai-Insel - Domstraße" Zustimmung zur Einleitung des Bebauungsplanverfahrens

Vorlage öffentlich

Letzte Beratung: 05.02.2020 Stadtplanungsausschuss Ö 5.1

Sachverhalt

Lage des Plangebiets

Das Plangebiet befindet sich in zentraler Innenstadtlage im Stadtteil Hamburg-Altstadt. Die Innenstadt ist als Siedlungskern der Hamburger Stadtgeschichte von großer historischer Bedeutung. Infolge des einsetzenden Stadt-, Hafen- und Wirtschaftswachstums und der damit einhergehenden zunehmenden räumlich-funktionalen Arbeitsteilung hat die Innenstadt seit dem 19. Jahrhundert überwiegend die Funktion eines Geschäfts-, Dienstleistungs-, Kultur- und Verwaltungszentrums übernommen.

Neben der stadtbaugeschichtlichen Bedeutung sind für die Planaufstellung auch die zentralörtlichen Funktionen aufgrund der Cityrandlage von besonderer Bedeutung. Das Plangebiet liegt an der Schnittstelle zwischen dem durch Einzelhandel dominierten und dem maßgeblich durch Büronutzungen geprägten Bereich der Altstadt. Dieser Bereich wurde in den letzten Jahren sukzessive durch neue Wohnnutzungen funktional ergänzt. Mit der Lage zwischen dem Rathausviertel, der Cremon-Insel, der Speicherstadt und der HafenCity ist das Plangebiet ein wichtiger Bestandteil für die zukünftige Innenstadtentwicklung sowie für die Wegebeziehungen zwischen der Hamburger Altstadt und der HafenCity.

Aktuell gibt es diverse Bauvorhaben und laufende Projektentwicklungen in der Nähe des Plangebietes: Für den Bereich zwischen Willy-Brandt-Straße und Großem Burstah, westlich des Nikolaifleets und östlich des Hopfenmarktes, ist durch das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung das Bebauungsplan-Verfahren Hamburg-Altstadt 46 durchgeführt worden, das einen Mix aus überwiegend Bürogebäuden, anteiligem (Miet-)Wohnungsbau sowie Hotel-, Laden- und Gastronomieflächen beinhaltet. Außerdem wird hier im Rahmen der Neuplanung der historische Stadtgrundriss durch die Wiederherstellung der Bohnenstraße rekonstruiert. Auch entlang der dominanten Verkehrsachse Willy-Brandt-Straße ist eine teilweise kleinteilige städtebauliche Neuordnung im Rahmen verschiedener projektierter oder bereits im Bau befindlicher Einzelvorhaben erkennbar.

Südlich der Willy-Brandt-Straße entstand mit der Konversion des ehemaligen Grundschulstandortes das Katharinenquartier. Auch in der Neuen Gröningerstraße soll durch Umnutzung weiterer neuer Wohnraum, entstehen. Vor wenigen Jahren konnte der Baublock zwischen Katharinenstraße und Katharinenfleet städtebaulich neu geordnet werden.

 

 

Bestandssituation

Der östliche Teilbereich „Domstraße“ umfasst eine Größe von insgesamt ca. 3.891 m² zuzüglich angrenzende Straßenverkehrsflächen. Die Fläche wird im Osten durch die Straße Alter Fischmarkt, im Süden durch die Große Reichenstraße und im Westen durch die Domstraße begrenzt.

Das Gebäude Domstraße 15 wurde 1962-64 als Bürogebäude mit zehn oberirdischen und zwei unterirdischen Geschossen errichtet. In den Jahren 1982 und 2001 erfolgten Umbauten mit Umgestaltungen der Fassade. Das Grundstück Große Reichenstraße 7 ist mit einer Parkgarage belegt. Im Bereich der Grundstücke Alter Fischmarkt 1-5 und Domstraße 11 sind Gastronomie- und Büronutzungen vorzufinden. Das Eckgrundstück Domstraße 9 / Alter Fischmarkt 6 wird derzeit von einer religiösen Gemeinschaft genutzt. Das 1957 errichtete sechsgeschossige Gebäude ist als Baudenkmal erfasst.

Der Teilbereich „Nikolai-Insel“ setzt sich aus den beiden Flurstücken 306 und 1207 mit einer Größe von insgesamt 5.866 m² sowie anliegenden Freiräumen und Straßenverkehrsflächen zusammen. Im Westen wird das Teilgebiet durch die Straße Trostbrücke, im Norden durch den Straßenzug Große Reichenstraße / Neß und im Osten durch die Domstraße begrenzt. Im Süden befinden sich der Straßenzug Bei der Alten Börse und die Zollenbrücke. Direkt anliegend verläuft der Nikolaifleet. Der Teilbereich wird durch die Straße Brodschrangen in zwei Teile gegliedert.

Der auf dem westlichen Grundstück (Flurstück 306) bestehende Altbau wurde von der Commerzbank 1874 bezogen. Im folgenden halben Jahrhundert wurde er mehrfach um- und ausgebaut, behielt aber bis heute etwa die gleiche Optik; das Gebäude wurde hauptsächlich als Vorstandssitz genutzt. Auf dem östlichen Grundstück (Flurstück 1207) befindet sich aktuell das in den 1960er Jahren gebaute Commerzbank-Gebäude mit 12 Geschossen. Im Zuge der unterschiedlichen Nutzungen hat es in Folgejahren viele Umbaumaßnahmen erfahren. Auch der angrenzende Altbau wurde aufgrund der häufigen Umbauten im Inneren nicht mehr in seiner Ursprungsform erhalten und ist nach heutigen Maßstäben nicht mehr effizient nutzbar. Der Altbau ist durch eine 30 m lange Fußgängerbrücke mit dem östlichen Commerzbank-Gebäude verbunden. Der Bereich zwischen den Gebäuden stellt eine wichtige Fußwegeverbindung dar und wird ansonsten als Stellplatzanlage genutzt. Dabei handelt es sich derzeit um eine gewidmete Straßenverkehrsfläche.

Das Hochhaus der Commerzbank steht unter Denkmalschutz. Die Abbruchgenehmigung wurde dennoch erteilt, da sich die Instandsetzung als nicht durchführbar erwiesen hat.

Ziel der Planung / Wettbewerbe

Ziel des Bebauungsplans mit der Bezeichnung Hamburg-Altstadt 50 ist die städtebauliche Neuordnung dieser Flächen mit dem Schwerpunkt Büro- und anteiliger Wohnnutzung. Im Plangebiet soll im Hinblick auf die Schaffung lebendiger, funktionsgemischter Nutzungsstrukturen ein Mix aus überwiegend Bürogebäuden, anteiligem Wohnungsbau in geschützten Lagen sowie Laden- und Gastronomieflächen entstehen. Die notwendigen Stellplätze für die Büronutzungen, Wohnungen und den Einzelhandel werden in Tiefgaragen untergebracht. Vor allem die bisher nicht publikumswirksamen Erdgeschosszonen sollen öffentlich zugängliche Nutzungen erfahren, um diesen bisher durch die Verkehrsachsen Domstraße und Willy-Brandt-Straße dominierten Bereich der Innenstadt auch für Fußgänger wieder attraktiv und erlebbar zu machen.

Im Kontext des bezirklichen Wohnungsbauprogramms 2018 und dem Vertrag für Hamburg sind rund ein Drittel der geplanten Bruttogeschossflächen für den Wohnungsbau vorgesehen. Insgesamt sind circa 210 Wohnungen geplant, davon circa 70 als öffentlich geförderter Mietwohnungsbau.

Für die Entwicklung des „Stadtbausteins Domstraße“ wurde in 2018 ein beschränkter hochbaulicher Realisierungswettbewerb durchgeführt, den das Büro Carsten Roth Architekt gewann. Für die Überplanung des Teilbereichs „Nikolai-Insel“ wurde 2019 ein hochbaulich-freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb durchgeführt. Den ersten Preis erhielt das Büro Bruno Fioretti Marquez Architekten. Die Umsetzung der Wettbewerbsergebnisse sowie des öffentlich geförderten Wohnungsbaus werden mit städtebaulichen Verträgen zwischen dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung und den Vorhabenträgern gesichert. Die Wettbewerbsergebnisse bilden die Grundlage für den Funktionsplanentwurf, der wiederum als Grundlage für den Bebauungsplanentwurf Hamburg-Altstadt 50 dient.

Funktionsplanentwurf

Das städtebauliche Grundkonzept nimmt die heutige Baustruktur des Umfeldes auf und fügt sich in der Bauweise, der Höhenentwicklung und der Dichte ein.

Der Funktionsplanentwurf für den Teilbereich „Domstraße“ sieht den Abbruch aller Bestandsgebäude bis auf das Baudenkmal Domstraße 9 / Alter Fischmarkt 6 vor. Eine überwiegend sechs- bis siebengeschossige Blockrandbebauung soll an dieser Stelle neu errichtet werden. Der Bereich an der Ecke Domstraße / Große Reichenstraße bildet einen Hochpunkt mit zehn bzw. elf Geschossen. An der Domstraße sind Büronutzungen geplant. Der neue Wohnungsbau ist zur Straße Alter Fischmarkt und zur Großen Reichenstraße orientiert. Die Erdgeschosszonen sollen mit Gastronomie und Einzelhandel belebt werden.

Für den Teilbereich „Nikolai-Insel“ sieht das Bebauungskonzept auf Grundlage des Wettbewerbsergebnisses einen Neubau mit neun Vollgeschossen zwischen der Straße Brodschrangen und der Domstraße vor. Das vorhandene zwölfgeschossige Gebäude soll abgebrochen werden. Hier sind Büro- und Dienstleistungsflächen geplant. Der westliche Altbau der Commerzbank soll entkernt und auf acht Geschosse aufgestockt werden. In diesem Bereich soll der neue Wohnungsbau entstehen. Auch hier ist in den Erdgeschossbereichen Gastronomie- und Einzelhandelsnutzung vorgesehen. Die Freiflächen Bei der Alten Börse sollen umgestaltet und erneuert werden. In diesem Zusammenhang wird der Erhalt der bestehenden Straßenbäume noch geprüft.

Geltendes Planungsrecht

Für den Teilbereich „Domstraße“ besteht das geltende Planungsrecht aus dem Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 1 aus dem Jahr 1962 und dem Text-Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 47 / Neustadt 49 aus dem Jahr 2011, der weite Teile der Innenstadt Hamburgs umfasst und im Wesentlichen der Umwidmung von Geschäftsgebiet nach Baupolizeiverordnung zu Kerngebiet nach Baunutzungsverordnung dient. Hierdurch soll anteiliger Wohnungsbau bei Neuplanungen im Kerngebiet unterstützt werden. Der Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 1 weist für den Bereich „Domstraße“ Geschäftsgebiet mit ein bis zehn Geschossen in geschlossener Bauweise sowie einen Bereich für eine zweigeschossige Garage aus. Die überbaubaren Grundstücksflächen werden durch Baulinien festgesetzt.

Der Teilbereich „Nikolai-Insel“ liegt z.T. im Geltungsbereich des Baustufenplans Innenstadt von 1955 mit der Festsetzung G5 +1. Dieses Planrecht wurde ergänzt durch die Bebauungspläne Hamburg-Altstadt 29 von 1989 mit der Umwidmung von Geschäftsgebiet zu Kerngebiet und Hamburg-Altstadt 47 / Neustadt 49 aus 2011 (s.o.). Der östliche Teilbereich mit dem Hochhaus liegt ebenfalls im Geltungsbereich der Bebauungspläne Hamburg-Altstadt 29 und Hamburg-Altstadt 47 / Neustadt 49 sowie im Geltungsbereich des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 3 von 1962 mit einer Baukörperfestsetzung mit einem bzw. zwölf Geschossen als Geschäftsgebiet.

Zur Umsetzung der Gesamtplanung ist neues Planungsrecht erforderlich. Hierfür wird seitens des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung die Aufstellung eines Bebauungsplans mit der Bezeichnung Hamburg-Altstadt 50 „Nikolai-Insel - Domstraße“ verfolgt. Der Bebauungsplan soll als Angebotsbebauungsplan mit integriertem Umweltbericht aufgestellt werden.

Der Bebauungsplan-Entwurf Hamburg-Altstadt 50 „Nikolai-Insel - Domstraße“

Die vorgesehenen Baugebietsfestsetzungen sollen entsprechend der Wettbewerbsergebnisse eine Mischung unterschiedlicher Nutzungen ermöglichen. Demnach sind als Art der baulichen Nutzung Kerngebiet (MK) und Urbanes Gebiet (MU) vorgesehen. Die Gebäudekubaturen werden durch baukörperbezogene Baugrenzen entsprechend dem Funktionsplan-Entwurf definiert. Zur Sicherstellung der hochbaulichen Entwicklung werden zudem Mindest- und Maximalzahlen der Vollgeschosse – zwischen sechs und elf Vollgeschossen – sowie Gebäudehöhen bezogen auf Normalhöhennull (NHN) festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung soll durch die Festsetzung einer Grundflächenzahl von 1,0 festgesetzt werden. Dies entspricht der Höchstgrenze eines Kerngebiets. Die Höchstgrenze für das Urbane Gebiet von 0,8 wird geringfügig überschritten.

Zur Sicherstellung der geplanten Blockrandbebauung wird für beide Teilbereiche eine geschlossene Bauweise festgesetzt.

Die öffentlichen Straßen werden als Straßenverkehrsflächen festgesetzt. Im Planverfahren ist zu klären, ob die Straße Brodschrangen zu privatisieren und mit einem öffentlichen Gehrecht zu belegen ist. Der Bereich entlang der Straße Bei der Alten Börse wird als Straßenverkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung – öffentlicher Fußgängerbereich festgesetzt. Zur Unterbringung der notwendigen Stellplätze werden Flächen für Tiefgaragen festgesetzt. Des Weiteren erfolgt für die unterirdische Bahnanlage entlang der Straße Alter Fischmarkt, für den Bereich des Nikolaifleets und für die denkmalgeschützten Einzelanlagen jeweils eine nachrichtliche Übernahme.

Im weiteren Planverfahren ist zu klären, wie hinsichtlich der Überschreitung von Abstandsflächen im Bereich „Nikolai-Insel“ an den Straßen Neß, Große Reichenstraße und Brodschrangen zu verfahren ist. Weitere Festsetzungen sowie die genaue Abgrenzung des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplan-Entwurfs sind ebenfalls im weiteren Planungsprozess zu entwickeln.

 

 

Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm

Im Flächennutzungsplan gilt für das Plangebiet die Ausweisung „Gemischte Bauflächen, deren Charakter als Dienstleistungszentrum für die Wohnbevölkerung und für die Wirtschaft durch besondere Darstellungen gesichert werden soll“.

Das Landschaftsprogramm stellt für das Plangebiet „Verdichteter Stadtraum“ mit dem Entwicklungsbereich „Naturhaushalt“ dar.

Der Bebauungsplan kann damit aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden.

Gutachten / Untersuchungen

Die städtebauliche Neuordnung des gesamten Plangebietes stellt angesichts der komplexen Rahmenbedingungen eine besondere Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund sind im weiteren Verlauf der Planung folgende Fachgutachten zu erstellen:

  • Lärmtechnische Untersuchung
  • Verkehrsgutachten
  • Verschattungsgutachten
  • Artenschutzuntersuchung.

Die Erforderlichkeit weiterer Gutachten wird in der Grobabstimmung und im Scoping-termin geklärt.

 

Petitum/Beschluss

Auf Basis der Vorlage und des Bebauungsplan-Entwurfs des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung wird um Zustimmung zur Einleitung des Bebauungsplanverfahrens Hamburg-Altstadt 50 (Nikolai-Insel - Domstraße) gebeten.

 

 

gez. Michael Mathe

 

 

Anlagen:

  • Funktionsplan-Entwurf Nikolai-Insel (Stand: 24.01.2020, Anlage 1)
  • Funktionsplan-Entwurf Domstraße (Stand: 21.01.2020, Anlage 2)
  • Bebauungsplan-Entwurf Hamburg-Altstadt 50 (Stand: 28.01.2020, Anlage 3)
  • Lageplan Nikolai-Insel – Domstraße (Stand 29.01.2020, Anlage 4)