Bebauungsplan-Entwurf Hamburg-Altstadt 50 "Nikolai-Insel - Domstraße" (geänderte Version) Zustimmung zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion
Letzte Beratung: 02.12.2020 Stadtplanungsausschuss Ö 3.2
Mit Bezugnahme auf die Vorlage des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung zur Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 05. Februar 2020 (Drucksache 22-0736) zur Einleitung des Bebauungsplan-Verfahrens Hamburg-Altstadt 50 „Nikolai-Insel – Domstraße“ berichtet das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung im Folgenden über den aktuellen Projektstand und bittet um Zustimmung zur Durchführung der Öffentlichen Plandiskussion.
Gegenüber dem Stand der Vorlage vom Februar 2020 wurde vom Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung insbesondere der räumliche Geltungsbereich des Plangebiets verändert. Der Bereich Nikolai-Insel wurde um den Baublock zwischen Brodschrangen, Dornbusch und Rolandsbrücke erweitert, um die im Bereich der Großen Reichenstraße erheblichen gegenseitigen Überschneidungen der Abstandsflächen im Bebauungsplan-Verfahren bewältigen zu können. Dabei wird von den bestehendem und dem geplanten Bürogebäude jeweils die Straßenmitte überschritten, so dass verbindliche Festsetzungen im Bebauungsplan erforderlich sind.
Im Vorfeld sowie im Anschluss an die behördliche Grobabstimmung am 10.08.2020 wurden insbesondere Fragestellungen im Zusammenhang mit der gewünschten baulichen Dichte intensiv bearbeitet und Lösungen dazu entwickelt. Das betrifft außer den Abstandsflächen auch die notwendige Besonnung der geplanten Wohnungen in den relevanten Baublöcken und im Zusammenhang damit ihre Anordnung und Ausformung in den Baukörpern. Zum Nachweis gesunder Wohnverhältnisse wurden zwei Gutachten zur Besonnung erstellt. Im Ergebnis ist festzustellen, dass mit der geplanten Anordnung der Baukörper die Anforderungen gemäß dem Abwägungsgebot und der diesbezüglichen Rechtsprechung gegeben sind.
Noch nicht abschließend geklärt ist, unter welchen Bedingungen eine KiTa mit 60 Plätzen im Bereich Nikolai-Insel projektiert werden kann. Die Anforderung zum Nachweis von 360 m² direkt zugeordneten, eingezäunten Kinderspielflächen im Außenbereich ist sehr schwierig, zumal schon die nach Hamburgischer Bauordnung erforderlichen Kinderspielflächen für die 230 projektierten Wohnungen im dicht bebauten Innenstadtbereich nicht vollständig nachgewiesen werden können. Bis zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion wird das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung einen belastbaren Stand zur Planung gemeinsam mit den Vorhabenträgern erarbeiten.
Lage des Plangebietes
Das Plangebiet besteht aus zwei Teilbereichen beiderseits der Domstraße. Der südwestliche Teilbereich „Nikolai-Insel“ wird begrenzt durch das Nikolaifleet – Trostbrücke – Neß – Brodschrangen – Dornbusch – Rolandsbrücke – Große Reichenstraße – Domstraße – Willy-Brandt-Straße. Der nordöstliche Teilbereich „Domstraße“ wird begrenzt durch die Domstraße – Alter Fischmarkt – Große Reichenstraße. Das Plangebiet hat eine Größe von circa 2,63 ha.
Bestandssituation
Zur Darstellung des Bestandes wird auf die Drucksache 22-0736 zur Einleitung des Bebauungsplan-Verfahrens Hamburg-Altstadt 50 verwiesen. Der Teilbereich „Domstraße“ hat eine Größe von circa 8.730 m2 und ist in Blockrandbauweise bebaut. Der circa 17.540 m2 große westliche Teilbereich „Nikolai-Insel“ beinhaltet den viergeschossigen Altbau Neß Nrn. 7-9 / Trostbrücke 3 und auf dem östlichen Grundstück Brodschrangen Nr. 15 / Große Reichenstraße Nr. 2 das in den 1960er Jahren gebaute Commerzbank-Gebäude mit zwölf Geschossen.
Das Hochhaus der Commerzbank steht unter Denkmalschutz. Die Abbruchgenehmigung wurde dennoch erteilt, da sich die Instandsetzung als nicht durchführbar erwiesen hat.
Gegenüber dem Planungsstand zum Zeitpunkt der Einleitung wird der räumliche Geltungsbereich des Planentwurfs Hamburg-Altstadt 50 um den Baublock Brodschrangen Nrn. 1-5 / Rolandsbrücke Nrn. 2-4 erweitert. Ziel ist es, die dortige Bestandsbebauung, die aus einem denkmalgeschützten fünfgeschossigen gemischt genutzten Gebäude von 1868 sowie einem zehngeschossigen Bürogebäude von Anfang der 2000er besteht, in ihrer bestehenden Kubatur planungsrechtlich zu sichern.
Ziel und Anlass der Planung
Zielsetzung des Bebauungsplans mit der Bezeichnung Hamburg-Altstadt 50 ist die städtebauliche Neuordnung dieser hochzentralen innerstädtischen Flächen mit dem Schwerpunkt Büro- und Wohnnutzungen. Im Plangebiet soll mit dem Ziel lebendiger, funktionsgemischter Nutzungsstrukturen ein Mix aus Bürogebäuden und Wohnungsbau in geschützten Lagen sowie Laden- und Gastronomieflächen entstehen. Die notwendigen Stellplätze werden in Tiefgaragen untergebracht. Vor allem die bisher nicht publikumswirksamen Erdgeschosszonen sollen öffentlich zugängliche Nutzungen erfahren, um diesen bisher durch die Verkehrsachsen Domstraße und Willy-Brandt-Straße dominierten Bereich der Innenstadt auch für Fußgänger attraktiv und erlebbar zu machen.
Im Kontext des Bezirklichen Wohnungsbauprogramms 2018 und des Vertrags für Hamburg sind rund ein Drittel der geplanten Bruttogeschossflächen für den Wohnungsbau vorgesehen. Insgesamt sind circa 230 Wohnungen geplant, davon circa 75 als öffentlich geförderter Mietwohnungsbau.
Für die Entwicklung des „Stadtbausteins Domstraße“ wurde 2018 ein beschränkter hochbaulicher Realisierungswettbewerb durchgeführt, den das Architekturbüro Carsten Roth gewann. Für die Überplanung des Teilbereichs „Nikolai-Insel“ wurde 2019 ein hochbaulich-freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb durchgeführt. Den ersten Preis erhielt das Büro Bruno Fioretti Marquez Architekten.
Da die beabsichtigte städtebauliche Neuordnung des Plangebietes nicht mit den gemäß geltendem Planrecht festgesetzten Baugebietsausweisungen, überbaubaren Grundstücksflächen und zulässigen Maßfestsetzungen vereinbar ist, führt das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung für das gesamte Plangebiet ein Verfahren zur Änderung des Planungsrechts durch.
Die Wettbewerbsergebnisse bilden die Grundlage für den Funktionsplan-Entwurf, der Grundlage für den Bebauungsplanentwurf Hamburg-Altstadt 50 ist. Die Umsetzung der Wettbewerbsergebnisse und des öffentlich geförderten Wohnungsbaus werden mit städtebaulichen Verträgen zwischen dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung und den Vorhabenträgern verbindlich gesichert.
Beschreibung des Vorhabens
Für die beabsichtigte städtebauliche Neuordnung des Teilbereichs Domstraße legt der prämierte Wettbewerbsentwurf eine Schließung des Baublocks durch einen sieben- bis achtgeschossigen Grundbaukörper zugrunde. Eine Akzentuierung mit einem elfgeschossigen Hochpunkt an der Domstraße soll den Straßenraum adressieren und auch vom östlich benachbarten Domplatz aus eine Blickbeziehung herstellen. Die Höhenmodulation sieht eine Abstaffelung auf bis zu sechs Geschosse am Übergang zum denkmalgeschützten Bürogebäude von 1957 sowie zur Großen Reichenstraße vor. Die Innenhoffläche wird nicht überbaut und dient der Aufnahme von Kinderspiel- und Außengastronomieflächen.
Das für den Teilbereich Nikolai-Insel geplante bauliche Ensemble sieht zwei Gebäude vor. Auf dem westlichen Flurstück 306 entsteht ein Gebäude, das die architektonische Anmutung des Bestandsgebäudes in seiner bis zu achtgeschossigen Kubatur und äußeren Erscheinungsform aufgreift. Die Bestandsfassaden sollen nach Möglichkeit erhalten werden. In dem Gebäude sind die Unterbringung von Wohnnutzungen, in untergeordnetem Ausmaß Büroflächen sowie gastronomische und Einzelhandelsnutzungen im Erdgeschoss vorgesehen. Auf dem östlichen Flurstück 1207 wird mit dem zweiten Gebäude ein Pendant zum westlich benachbarten denkmalgeschützten Backsteingebäude der Patriotischen Gesellschaft von 1844 (außerhalb des Plangebietes) geschaffen, das die Gebäudehöhe und Materialität dieses historischen Gebäudes aufgreift. Der Neubau ist als zehngeschossiger Grundbaukörper mit Abstaffelungen auf sechs bzw. sieben Geschosse zu den Außenräumen bzw. zum Innenhof vorgesehen. Das Gebäude beinhaltet die Hauptnutzung Büro und sieht nach Süden hin einen Arkadengang vor, der an ein Nebenbecken des Nikolaifleets anschließt. Die Innenhöfe beider Gebäude werden ein- bis zweigeschossig überbaut. Die Innenhoffläche des westlichen Gebäudes auf dem Flurstück 306 dient der Aufnahme von Kinderspielflächen.
Planinhalte des Bebauungsplan-Entwurfs
Die vorgesehenen Baugebietsfestsetzungen sollen innerhalb des Plangebietes eine Nutzungsmischung ermöglichen. Demnach sind als Art der baulichen Nutzung Kerngebiet (MK) und Urbanes Gebiet (MU) vorgesehen. Die Gebäudekubaturen werden durch baukörperbezogene Baugrenzen sowie Baulinien definiert. Zur Sicherstellung der beabsichtigten hochbaulichen Entwicklung werden zudem Mindest- und Höchstzahlen der Vollgeschosse – zwischen sechs und elf Vollgeschossen – sowie Gebäudehöhen bezogen auf Normalhöhennull (NHN) festgesetzt. Das Maß der baulichen Nutzung soll durch die Festsetzung einer Grundflächenzahl von 1,0 festgesetzt werden. Dies entspricht der Höchstgrenze eines Kerngebiets. Die Höchstgrenze für das Urbane Gebiet von 0,8 wird überschritten.
Zur Sicherstellung der geplanten Blockrandbebauung wird für beide Teilbereiche eine geschlossene Bauweise festgesetzt. Aufgrund des städtebaulichen Entwurfs kommt es entlang der Straßen Trostbrücke, Neß, Brodschrangen und Große Reichenstraße zur Überlagerung von Abstandsflächen. Durch die Festsetzung von Baulinien bzw. von abweichenden Abstandflächen nach § 9 BauGB bei gleichzeitiger Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse kann dieser Konflikt bewältigt werden.
Die öffentlichen Straßen werden als Straßenverkehrsflächen festgesetzt. Die Straße Brodschrangen soll privatisiert und mit einem öffentlichen Gehrecht belegt werden. Der Bereich entlang der Straße Bei der Alten Börse wird als Straßenverkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung – öffentlicher Fußgängerbereich festgesetzt. Zur Unterbringung der notwendigen Stellplätze werden Flächen für Tiefgaragen festgesetzt. Des Weiteren erfolgt für die unterirdische Bahnanlage entlang der Straße Alter Fischmarkt, für die Wasserflächen des Nikolaifleets und für die denkmalgeschützten Einzelanlagen jeweils eine nachrichtliche Übernahme.
Geltendes Planungsrecht
Für den Teilbereich „Domstraße“ besteht der Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 1 aus dem Jahr 1962 und der Text-Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 47 / Neustadt 49 aus dem Jahr 2011, der weite Teile der Innenstadt Hamburgs umfasst und im Wesentlichen der Umwidmung von Geschäftsgebiet nach Baupolizeiverordnung zu Kerngebiet nach Baunutzungsverordnung dient. Hierdurch soll anteiliger Wohnungsbau bei Neuplanungen im Kerngebiet unterstützt werden. Der Bebauungsplan Hamburg-Altstadt 1 weist für den Bereich „Domstraße“ Geschäftsgebiet mit ein bis zehn Geschossen in geschlossener Bauweise sowie einen Bereich für eine zweigeschossige Garage aus. Die überbaubaren Grundstücksflächen werden durch Baulinien festgesetzt.
Der Teilbereich „Nikolai-Insel“ liegt z.T. im Geltungsbereich des Baustufenplans Innenstadt von 1955 mit der Festsetzung G5 +1 sowie der Darstellung „weißer Flächen“. Dieses Planrecht wurde ergänzt durch die Bebauungspläne Hamburg-Altstadt 29 von 1989 mit der Umwidmung von Geschäftsgebiet zu Kerngebiet und Hamburg-Altstadt 47 / Neustadt 49 aus 2011 (s.o.). Der östliche Teilbereich mit dem Hochhaus liegt ebenfalls im Geltungsbereich der Bebauungspläne Hamburg-Altstadt 29 und Hamburg-Altstadt 47 / Neustadt 49 sowie im Geltungsbereich des Bebauungsplans Hamburg-Altstadt 3 von 1962, der ein Geschäftsgebiet mit einer Baukörperfestsetzung und einem bzw. zwölf Geschossen festsetzt.
Zur Umsetzung der Gesamtplanung stellt das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung einen neuen Bebauungsplan auf. Die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren nach § 13 a BauGB sind gegeben.
Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm
Im Flächennutzungsplan gilt für das Plangebiet die Ausweisung „Gemischte Bauflächen, deren Charakter als Dienstleistungszentrum für die Wohnbevölkerung und für die Wirtschaft durch besondere Darstellungen gesichert werden soll“. Das Landschaftsprogramm stellt für das Plangebiet „Verdichteter Stadtraum“ mit dem Entwicklungsbereich „Naturhaushalt“ dar.
Der Bebauungsplan kann somit aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden; eine Änderung des Landschaftsprogramms ist nicht erforderlich.
Gutachten / Untersuchungen
Die städtebauliche Neuordnung des Plangebietes erfordert eine intensive fachliche Begutachtung sämtlicher schutzwürdiger Belange. Vor diesem Hintergrund wurden und werden im Verlauf des komplexen Bebauungsplanverfahrens folgende Fachgutachten erstellt:
Der Stadtplanungsausschuss hat in seiner Sitzung am 05. Februar 2020 auf Basis der Vorlage des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens einstimmig - bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE - zugestimmt. Die behördliche Grobabstimmung wurde am 10. August 2020 erfolgreich durchgeführt. Ein Termin für die Öffentliche Plandiskussion steht noch nicht fest. Vor dem Hintergrund der aktuellen Zuspitzung der Corona-Pandemie wird das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung ein weitgehend digital gestütztes Verfahren zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion entwickeln. Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung wird den finalen Termin frühzeitig mit dem Stadtplanungsausschuss abstimmen.
Auf Basis der Vorlage und des Bebauungsplan-Entwurfs des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung wird um Zustimmung zur Durchführung der öffentlichen Plandiskussion des Bebauungsplanverfahrens Hamburg-Altstadt 50 gebeten.
gez. Michael Mathe
Anlagen:
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