22-1978

Bebauungsplan-Entwurf Finkenwerder 44 "Dienstleistungszentrum bei Airbus" (Erneute Befassung des Stadtplanungsausschusses vor Durchführung der öffentlichen Auslegung aufgrund der Änderung der Gebietsausweisung in ein Kerngebiet)

Vorlage öffentlich

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
25.05.2021
Sachverhalt

 

Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung beabsichtigt, den Bebauungsplan-Entwurf Finkenwerder 44 zeitnah (Juni/Juli 2021) öffentlich auszulegen. Der Stadtplanungs­ausschuss hat der Durchführung der öffentlichen Auslegung bereits in seiner Sitzung am 14.09.2021 vorbehaltlich des Abschlusses des städtebaulichen Vertrages einstimmig bei Enthaltungen der GRÜNEN-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE zugestimmt (vgl. Drucksache Nr. 22-1241 und die Niederschrift der Sitzung zu TOP 4.3).

 

Im Rahmen der vor der öffentlichen Auslegung durchgeführten Rechtsprüfung hat das Rechtsamt festgestellt, dass es bei der Ausweisung des Sondergebiets aufgrund der Bandbreite der vorgesehenen Nutzungen nicht bleiben kann. Die Festsetzung als sonstiges Sondergebiet nach § 11 Absatz 1 BauGB für auch sonst in Baugebieten zulässige Nutzungsarten ist nur dann gerechtfertigt, wenn durch die Zusammenfassung in einem abgegrenzten Geltungsbereich dieses Gebiet derart gestaltet wird, dass es ein eigenes Gepräge erhält bzw. die vielfältigen Nutzungen den erkennbaren Zusammenhang zu der Hauptnutzung eines Sondergebiets aufweisen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es sich um Anlagenkomplexe mit funktional aufeinander bezogenen Haupt- und Nebennutzungen handelt (wie z. B. Klinik- und Hochschulgebiete). Da es zwischen den im „Besucher- und Dienstleistungszentrum bei Airbus“ geplanten Nutzungen (u. a. Airbus-Besucherinformationszentrum, Hotel, Büroflächen, Lebensmittelvollsortimenter etc.) kein funktionaler Zusammenhang besteht, ist es zur Rechtssicherheit des Bebauungsplans erforderlich, das Plangebiet als ein Kerngebiet, in welchem alle geplanten Nutzungen auch zulässig wären, festzusetzen. Im Unterschied zum Sondergebiet, in welchem die zulässigen Nutzungen beschrieben bzw. festgesetzt werden (sog. „Positivliste“), müssen im Kerngebiet die nicht gewünschten Nutzungen ausgeschlossen werden (sog. „Negativliste“). Aufgrund der Änderung der Gebietsausweisung mussten die Bebauungsplanunterlagen (Verordnung, Planzeichnung, Begründung) angepasst werden. Inhaltlich hat sich an dem Bebauungsplan nichts geändert. In diesem Zusammenhang wird deshalb auf den Inhalt der Drucksache mit der Nummer 22-1241 verwiesen, in welcher die Festsetzungen des Bebauungsplans und das Bauvorhaben inhaltlich ausführlich beschrieben wurden. 

 

Zwischenzeitlich wurde infolge der zum 01.03.2021 in Kraft getretenen Änderung bzw. Neufassung der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und aufgrund der vorgenommenen Änderung der Gebietsausweisung die lärmtechnische Untersuchung zum Bebauungsplan aktualisiert. Die Gebietsausweisung als Kerngebiet führt zu einer Verschärfung der lärmtechnischen Anforderungen der TA Lärm (Gewerbelärm) um 5 dB(A). Da in unmittelbarer Nähe zum Plangebiet seitens Airbus lärmintensive Vorhaben weder geplant noch möglich sind (Start- und Landebahn) und für die Nutzungen im bestehenden nördlich an das des Plangebiet angrenzenden „Periport“ auch das südlich des Neßdeiches angrenzende reine Wohngebiet immissionstechnisch maßgeblich ist, führt die Ausweisung des Plangebiets als Kerngebiet zu keinen zusätzlichen Einschränkungen der im Plangebiet geplanten Nutzungen. Infolge der neuen Fassung der 16. BImSchV (Verkehrslärm) ist u. a. eine neue Berechnungsnorm (RLS 19) anzuwenden. Nach dem neuen Berechnungs­verfahren sind nun auch die Roll-/Fahrgeräusche auf den Parkplätzen zu berücksichtigen. Infolgedessen muss die große Stellplatzanlage im Westen des Plangebiets (Lebensmittel­vollsortimenter) vollständig asphaltiert werden, um die zulässigen Lärmemissionswerte gegenüber dem südlich angrenzenden Wohngebiet einhalten zu können. Vorher war hier als Bodenbelag für die Fahrgassen Betonpflaster und für die einzelnen Stellplätze Betonpflaster mit Splittfuge (d. h. wasserdurchlässiger Aufbau mit breiten splittverfüllten Fugen oder Rasenfugen) vorgesehen. Die aus schallschutztechnischen Gründen erforderliche Asphaltierung der großen Stellplatzanlage wird über den städtebaulichen Vertrag verbindlich vereinbart und somit sichergestellt.

 

Des Weiteren wurden zwischen dem Vorhabenträger und dem Entsorgungsträger Abstimmungen zur Sicherstellung der Schmutzwasserentwässerung fortgeführt, die zu einem größeren zeitlichen Verzug führten. Das Plangebiet ist bereits an das Sielnetz der Stadt Hamburg angeschlossen und wird im Trennsielsystem vollständig entwässert. Aufgrund der begrenzten hydraulischen Kapazitäten der weiterführenden Schmutzwasserpumpwerke, Freigefällesiele und Druckleitungen muss das übergeordnete Abwassernetz durch Optimierung des im Pamirweg bestehenden sowie Bau eines neuen zusätzlichen Pumpwerkes im Verlauf des Finkenwerder Landscheideweges erweitert werden. Die Realisierung der erforderlichen Maßnahmen wird seitens des Entsorgungsträgers voraussichtlich bis Ende 2023 erfolgen. Für die gesicherte Abwasserentsorgung des Vorhabens im Plangebiet muss das lokale Schmutzwassernetz im Neßdeich und Pamirweg optimiert werden. Die am lokalen Schmutzwassernetz erforderlichen Anpassungsmaßnahmen (Verlängerung der bestehenden Druckleitung um ca. 350 m im Pamirweg mit Anschluss an das bestehende Pumpwerk) werden über einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Entsorgungsträger und dem Vorhabenträger sichergestellt und auf Kosten des Vorhabenträgers umgesetzt.

 

Parallel wird derzeit seitens des Vorhabenträgers mit dem Fachamt Management des öffentlichen Raums der Erschließungsvertrag mit dem Ziel der zeitnahen Unterzeichnung abgestimmt. Im Erschließungsvertrag werden v. a. Umfang, Kosten und Finanzierung der erforderlichen Erschließungs- bzw. Wegebaumaßnahmen geregelt.

 

Der städtebauliche Vertrag wurde seitens des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung mit dem Vorhabenträger inzwischen endabgestimmt und liegt unterschriftsreif vor. Die Regelungsinhalte des städtebaulichen Vertrags betreffen im Wesentlichen (nicht abschließend):

-           Durchführungsverpflichtung, Umsetzungshorizonte bzw. Herstellungsfristen;

-           Sicherung und Regelungen zu den Kernnutzungen (Besucherinformationszentrum, Büronutzungen, Lebensmittelvollsortimenter, Hotel, Sport- und Gesundheitseinrichtungen);

-           Regelungen zum Lärmschutz (u. a. neu: Asphaltierung der großen Stellplatzanlage im Westen) und zu Entwässerungsmaßnahmen;

-           Gestalterische Vorgaben für den Hochbau (Fassadengestaltung / Durchführung der Fassadenbemusterung);

-           Gestalterische Vorgaben für die Freianlagen, Umsetzung des Pflanzkonzepts;

-           Maßnahmen zum Artenschutz (Nist- und Quartierskästen);

-           Übernahme der Kosten des Bebauungsplanverfahrens;

-           Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen.

Durch die planungsrechtlichen Festsetzungen wird damit in Verbindung mit den vertraglichen Regelungen ein enger planungsrechtlicher Rahmen gesetzt, der die exakte Umsetzung des abgestimmten Bebauungs- und Gesamtnutzungskonzepts sicherstellt.

 

Es wird angestrebt, dass der städtebauliche Vertrag noch vor der Sitzung des Stadtplanungsausschusses am 25. Mai 2021 unterzeichnet wird. Die öffentlich-rechtlichen Verträge zur Erschließung und zum Sielum-/-ausbau werden rechtzeitig vor der öffentlichen Auslegung unterzeichnet. Sollte der städtebauliche Vertrag vor der Sitzung des Stadtplanungsausschusses nicht unterzeichnet werden können, wird das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung um die Vertragung der Vorlage in die nächste Sitzung bitten.

 

 

Vor dem Hintergrund des nunmehr erreichten und zwischenzeitlich weiter konkretisierten Projektstandes wird seitens des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung verfolgt, die öffentliche Auslegung zeitnah durchzuführen, um die Vorweggenehmigungsreife im Bebauungsplanverfahren noch im Herbst 2021 zu erreichen. Die öffentliche Auslegung wird erst dann durchgeführt, wenn alle Verträge unterzeichnet sind (voraussichtlich in Juni/Juli 2021).

 

 

Petitum/Beschluss

Auf Basis des aktuellen Bebauungsplan-Entwurfs des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung und dieser Vorlage wird der Stadtplanungsausschuss vorbehaltlich des Abschlusses des Erschließungsvertrags um erneute Zustimmung zur Durchführung der öffentlichen Auslegung gebeten.

 

 

 

Anlagen:

 

1.

Luftbild mit Verortung des räumlichen Geltungsbereichs

2.

Bebauungsplan-Entwurf Finkenwerder 44, Stand Mai 2021

3.

Verordnungstext-Entwurf Finkenwerder 44, Stand Mai 2021

4.

Funktionsplan-Entwurf Finkenwerder 44, Stand Mai 2021