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Stellungnahme der Bezirksversammlung gemäß §28 BezVG zur geplanten Verlängerung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung am Standort Pinneberger Straße 44 Beschluss der BV vom 19.05.2022 - Drs. 21-2999

Mitteilungsvorlage der/des Vorsitzenden

Letzte Beratung: 21.07.2022 Hauptausschuss Ö 5.4

Sachverhalt

Mit dem o.g. Antrag hat die Bezirksversammlung Eimsbüttel folgendes Anliegen dargestellt:

 

Sachverhalt:

Infolge der durch den russischen Angriffskrieg ausgelosten dramatischen Entwicklungen in der Ukraine befinden sich viele tausend Ukrainerinnen und Ukrainer, darunter viele Frauen und Kinder, auf der Flucht aus den Kriegsgebieten in Richtung Westen. Unabhängig davon ist seit einigen Monaten ein stärkerer Zugang von Gefluchteten aus Afghanistan und weiteren Staaten zu verzeichnen.

Der Hamburger Senat und die Bezirke schaffen mit der Aktivierung der mehrstufigen Reserveplanung die Voraussetzungen dafür, die schnell anwachsende Zahl von gefluchteten Menschen aufnehmen zu können. In Eimsbüttel sind dazu bereits kurzfristig Kapazitäten in den Unterkünften Schmiedekoppel sowie Holsteiner Chaussee (Am Danenstein) bereitgestellt worden.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation plant die Hamburger Sozialbehörde, die in der Pinneberger Straße 44 in Schnelsen (156 Plätze in Modulbauten) bestehende Unterkunft über das ursprünglich geplante Enddatum 2023 hinaus weiter zu betreiben. Beabsichtigt wird die Verlängerung der zum 3. Juni 2023 auslaufenden Baugenehmigung um drei Jahre. Gemas § 28 Satz 1 Nr. 9 BezVG hat die Bezirksversammlung Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Beschluss:

Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, der Behorde fur Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration hinsichtlich der geplanten Verlangerung der bestehenden öffentlich-rechtlichen Unterbringung am Standort Pinneberger Straße 44 folgende Stellungnahme zu übermitteln:

 

1. Die Bezirksversammlung Eimsbüttel unterstutzt ausdrücklich die Anstrengungen des Hamburger Senats, die humanitäre Situation von Gefluchteten sowie Schutzsuchenden zu verbessern und auch künftig ausreichende Kapazitäten zur Unterbringung von Menschen bereitzustellen. Dies gilt nicht nur vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine.

 

2. Am Standort Pinneberger Straße 44 hat sich eine anerkannte und gut laufende Einrichtung etabliert, die aus dem Stadtteil viel ehrenamtliche Unterstützung erhalt. In den vergangenen Jahren waren und sind hier in erster Linie Familien bzw. insbesondere Frauen und Kinder untergebracht. Die Bezirksversammlung halt es für sinnvoll, dass sich die Belegung auch künftig an diesen Nutzer:innengruppen orientiert.

 

3. Die Bezirksversammlung spricht sich dafür aus, dass innerhalb und außerhalb der Einrichtung auf eine bedarfsgerechte personelle Ausstattung hingewirkt wird; insbesondere vor dem Hintergrund der ohnehin bereits hohen Belastung der dort tätigen Kräfte sowie der coronabedingt weiterhin erschwerten Möglichkeiten, gestiegenen Personalbedarf kurzfristig zu decken.

 

4. In den Einrichtungen sollten darüber hinaus zielgruppenspezifische Angebote vorgehalten werden: Darunter Betreuung sowie ärztliche Versorgung für Frauen sowie für Mutter und Kinder, Kräfte zur Trauma-Bewältigung, zum Dolmetschen, zur Sozialarbeit sowie zur schulischen Betreuung und zur Arbeitsvermittlung.

 

5. Wie bereits für die Standorte Schmiedekoppel und Am Danenstein regt die Bezirksversammlung für den Standort Pinneberger Chaussee eine enge Vernetzung mit dem Traumafolgezentrum CENTRA/Koordinierendes Zentrum für traumatisierte Geflüchtete an. Es soll ein barrierefreier Zugang zu den Angeboten des Zentrums ermöglicht werden.

 

6. Die Bezirksversammlung weist darauf hin, dass im Umfeld des Standorts Pinneberger Straße eine bedarfsgerechte Infrastruktur erforderlich ist. Insbesondere die soziale Infrastruktur im Stadtteil stößt an die Kapazitätsgrenze. Vor diesem Hintergrund wird es als nötig erachtet, die ansässigen Institutionen zu unterstutzen und Beratungsangebote sowie – falls nötig – die bauliche Infrastruktur bedarfsgerecht zu erweitern.

 

7. Bereits in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass das ehrenamtliche Engagement vieler Menschen ein wichtiger Faktor für eine gelingende Unterbringung an den Eimsbütteler Standorten ist. Diese funktionierende Helfer:innen-Community im Stadtteil gilt es zu starken. Im Sinne einer guten Nachbarschaft halt es die Bezirksversammlung für geboten, die ehrenamtlichen Strukturen in Schnelsen weiter zu fördern und auszubauen.

 

8. Nicht nur für Gefluchtete aus der Ukraine, die darauf angewiesen sind, Kontakt in die Heimat zu halten und die aktuelle Lage zu verfolgen, ist eine ausreichende Internetanbindung unerlässlich. Laut Angaben des Hamburger Senats ist für den Standort Pinneberger Straße 44 Stand Februar 2022 kein WLAN-Netz verfügbar (siehe Drs. 22/7432). Eine Internetverbindung sollte daher zeitnah eingerichtet werden.

 

Die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration (Sozialbehörde) nimmt zu dem o. g. Beschluss wie folgt Stellung:

 

Zu 1:

Die Sozialbehörde bedankt sich für die Unterstützung der Bezirksversammlung Eimsbüttel bei dem Vorhaben, die öffentlich-rechtliche Wohnunterkunft in der Pinneberger Straße 44 zu verlängern und damit die Situation geflüchteter Menschen in Hamburg zu verbessern.

 

Zu 2:

Am Standort Pinneberger Straße hat sich eine anerkannte und gut laufende Einrichtung etabliert, die als Familienunterkunft belegt wird. Daran soll sich auch angesichts der geplanten Verlängerung des Standorts nichts ändern. Die Wohnunterkunft ist im Stadtteil sehr gut angenommen, so dass F&W Fördern und Wohnen (F&W) keine nachbarschaftlichen Probleme bekannt sind.

 

Die gute sozialräumliche Vernetzung und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel sowie nahe gelegene Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Kindergärten, Familienzentren, Bücherhalle, Jugendclub und Spielhaus tragen maßgeblich zu einer guten Integration der Bewohnerinnen und Bewohner in den Stadtteil bei. Dies äußert sich u. a. darin, dass viele der in der Pinneberger Straße untergebrachten Menschen, sich in der Umgebung eine eigene Wohnung suchen, sobald es ihnen möglich ist.

 

Zu 3:

Die Wohnunterkunft Pinneberger Straße 44 ist aktuell personell mit einem für die öffentliche Unterbringung üblichen Stellenschlüssel von 1:80 im Unterkunfts- und Sozialmanagement und für den Technischen Dienst von 1:160 ausgestattet.

 

Zu 4 und 5:

Zielgruppenspezifische Angebote finden bereits in der Einrichtung statt, so zum Beispiel:

 

-          Mädchen- und Jungenarbeit des Flüchtlingsprojekts Burgwedel (Zusammensetzung Jugendclub + Spielhaus Burgwedel)

-          Familienkrankenschwester (über die Mütterberatung)

-          Babymassage

-          Sozialdienst Katholischer Frauen

-          Netzwerkerinnen Jugendamt

-          Kinderschutzbund (Patenschaften)

-          Hausaufgabenhilfe (über das Switch-Projekt)

-          Kurzprojekte über LALE (pausiert aktuell pandemie-bedingt)

-          Gesundheitsprojekt MiMi (auch Projekte, nicht nur Übersetzungen)

-          Genity Ferienprojekte (Fotoakademie, etc.)

-          Freizeitzentrum Schnelsen (Fahrradprojekt, Ausstellungen und Kooperationen nach Bedarf)

-          Elternlotsen (Hilfe bei der Wohnungssuche)

-          Kulturbrücke (Nachhilfe, auch für Erwachsene)

 

Ankommenden ukrainischen Schutzsuchenden mit Bedarfen einer psychologischen Betreuung stehen grundsätzlich, unabhängig von ihrer Unterbringung, alle Angebote der Hamburger Opferhilfelandschaft offen, siehe Drs. 21/19677 sowie u. a. https://www.hamburg.de/lebenslagen-dienstleistungen/39856/therapiefuehrer/. Dazu zählen auch die etablierten Anlaufstellen wie die Psychiatrische Institutsambulanz des UKE, dort insbesondere die Spezialambulanz für Traumafolgestörungen, siehe https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/psychiatrie-und-psychotherapie/behandlungsangebot/ambulante-angebote/index.html, die Flüchtlingsambulanz speziell für Kinder und Jugendliche, siehe https://www.uke.de/kliniken-institute/zentren/ambulanzzentrum-medizinisches-versorgungszentrum-(mvz)/fachbereiche/fl%C3%BCchtlingsambulanz/index.html, sowie das „Koor­dinie­rende Zentrum für traumatisierte Geflüchtete (Centra)“, siehe https://centra.hamburg/.

Im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten können behandlungsbedürftige Geflüchtete aus der Ukraine in diese Strukturen eingesteuert werden

Eine Zusammenarbeit mit Centra besteht am Standort Pinneberger Straße aktuell noch nicht, wird aber grundsätzlich von F&W begrüßt. Die Sozialbehörde hat Centra das Anliegen des Bezirkes zur engen Vernetzung mit dem Standort mitgeteilt. Diese wird zwischen Centra und F&W fokussiert und entsprechend der vorhandenen Bedarfe und Ressourcen ausgestaltet werden.

 

Zu 6:

Wie in den Ausführungen zu Punkt 2 erwähnt, ist die Unterkunft Pinneberger Straße gut im Stadtteil vernetzt.

 

Die Sozialbehörde sieht, dass mit der großen Fluchtbewegung aus der Ukraine die Einrichtungen und Angebote der sozialen Infrastruktur besonderen Herausforderungen ausgesetzt sind und sich durch die Situation Mehrbedarfe ergeben können. Eine Konkretisierung der Mehrbedarfe steht bisher aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der konkreten Bedarfe und zur Verfügung stehender (Bundes-)Mittel noch aus. Die Sozialbehörde ist hierzu aktuell und regelmäßig im Gespräch mit den relevanten Akteuren (bezirkliche Vertretungen, Trägern, Verbänden). 

 

Zu 7:

Am Standort Pinneberger Straße 44 sind 24 Freiwillige bei F&W registriert. Pandemiebedingt waren in der Vergangenheit etablierte Strukturen (wie z. B. ein regelmäßiges Freiwilligentreffen) für längere Zeit ausgesetzt. Regelmäßige Aktivitäten sollen wieder neu belebt werden. So sind u. a. die zeitnahe Wiederaufnahme eines Nachhilfe- und Bastelangebots für Kinder geplant. F&W wirkt aktiv auf die Reaktivierung der ehrenamtlichen Angebote am Standort hin, um so einen wichtigen Teil der Ehrenamtsstruktur im Bezirk Eimsbüttel zu sichern. Auch sozialbehördenintern bestehen Bemühungen die ehrenamtlichen Aktivitäten an den Standorten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung wieder zu beleben.

Zur Stärkung des freiwilligen Engagements hat der Senat mit Drs. 21/19311 zahlreiche Maß-nahmen beschlossen, u.a. die Ausweitung der niedrigschwelligen Förderung über die Förder-richtlinie Freiwilliges Engagement (https://www.hamburg.de/foerderrichtlinie-fe/) und die Stär-kung der Freiwilligenagenturen (https://www.freiwillig.hamburg/kontakt.html) in den Bezirken. Beides kann für die Unterstützung des freiwilligen Engagements auch rund um die Unterkünfte genutzt werden. Die Koordination erfolgt über die Koordinatorinnen und Koordinatoren für das freiwillige Engagement in den Bezirksämtern (https://www.hamburg.de/fluechtlinge-grundlagen/5038392/fluechtlings-koordinatoren/).

 

Zu 8:

F&W plant für den Standort Pinneberger Straße 44 bereits eine hochwertige Internetversorgung über das WLAN-Voucher-Modell, siehe hierzu auch Drs. 22/7432.

 

 

Petitum/Beschluss

 

 

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