21-3147

Siemersplatz für Fuß-, Rad- und Busverkehr sicherer und attraktiver gestalten Drs. 21-3092, Beschluss der BV vom 30.06.2022

Mitteilungsvorlage der/des Vorsitzenden

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01.09.2022
22.08.2022
Sachverhalt

 

 

Sachverhalt:

Die damalige Behörde für Wirtschaft und Innovation (BWI), die bis zur Schaffung einer eigenständigen Verkehrsbehörde (2020) auch für Verkehrspolitik verantwortlich war, schrieb 2013 bezüglich der anstehenden Umbaumaßnahmen am Siemersplatz:

 

„Alle Verkehrsteilnehmer sollen den Siemersplatz künftig sicherer und schneller passieren können (https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/3995206/2013-06-03-bwvi-via-bus-siemersplatz/)“. Rahmen der Umbaumaßnahme war das Bus-Beschleunigungsprogramm des SPD-Senats Scholz I. Das Resümee knapp 10 Jahre nach der Umbaumaßnahme sieht bei den Nutzer*innen des Siemersplatzes sehr unterschiedlich aus: Der Autoverkehr hat über verschiedene Abbiegespuren (von Kollaustraße in Osterfeldstraße und in Vogt-Wells-Straße und vom Lokstedter Steindamm in Vogt-Wells-Straße) und den Umbau von Verkehrsinseln (https://www.abendblatt.de/hamburg/article119503801/Neue-Verkehrsinseln-im-Wert-von-400-000-Euro-abgerissen.html) deutlich mehr Platz erhalten. Der Busverkehr insbesondere der besonders stark genutzten Linie 5 erhielt an einigen Stellen ebenfalls mehr Platz und konnte beschleunigt werden.

 

Liest man den eingangs zitierten Text der BVI weiter, wird deutlich, dass Fuß- und Radverkehr bei der Planung eine (stark) nachgeordnete Rolle spielten. Das spiegelt sich in den immer wiederkehrenden Rückmeldungen von Nutzer*innen wider. So wurde der Fußverkehr bei der Maßnahme nur unzureichend berücksichtigt, insbesondere kann er den Siemersplatz nicht „sicherer und schneller passieren“:

 

 

 

 

Als Hauptprobleme werden gesehen:

  • Ampelschaltungen, die es geheingeschränkten Personen kaum ermöglichen, bei Grün den Platz zu queren; ein Zwischenstopp auf den Verkehrsinseln zwischen zwei- bis vierspurigem Autoverkehr wird nicht als sicher empfunden
  • Konfliktsituationen zwischen Fuß- und Radverkehr aufgrund von Mangel an Platz; nachdem die Bushaltestellen am Siemersplatz auch als Umsteigepunkte sehr gut frequentiert werden, reicht der vorgesehene Platz nicht (mehr) aus und es kommt beim Warten sowie Ein- und Aussteigen zu regelmäßigen Konfliktsituationen.

 

Auch der Radverkehr findet keine sicheren Querungsbedingungen vor:

-          Während an vielen Kreuzungen in Hamburg und auch in Eimsbüttel mittlerweile die Radwege an kritischen Stellen auf der Straße rot eingefärbt wurden, ist dies am Siemersplatz noch nicht der Fall.

-          Insbesondere der Radweg in Mittellage in der Vogt-Wells-Straße wird als unsicher wahrgenommen; nicht nur hier kann der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden.

-          Außerdem haben Radfahrende nach Kreuzung des Siemersplatzes keine Aufstellmöglichkeiten, wenn sie nach links abbiegen wollen. Besonders eindrücklich ist dies für den Linksabbiege-Verkehr aus der Vogt-Wells-Straße in die Kollaustraße zu beobachten.

 

Frühere Forderungen der Bezirkspolitik zur Steigerung der Sicherheitssituation für Fuß- und

Radverkehr (Grün-Roter Antrag, Drs. 20-3708; Grün-Schwarzer Antrag, Drs. 21-0657) fanden bisher keine Unterstützung.

Im Mai 2022 haben 28 Partner, darunter die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende            (BVM), die Behörde für Inneres und Sport (BIS, mit der unteren und oberen Straßenverkehrsbehörde), das Bezirksamt Eimsbüttel (BAE), aber auch die Senatskanzlei und die Schul- und die Stadtentwicklungsbehörde, das Bündnis für den Rad- und Fußverkehr geschlossen. Damit wurden u.a. folgende Leitlinien verabschiedet:

 

-          „Bereitstellung attraktiver Mobilitätsangebote zur gesellschaftlichen Teilhabe aller sozialen Gruppen unabhängig von Alter, Lebensphase, sozioökonomischem Hintergrund und Mobilitätseinschränkungen

-          Erhöhung der Qualität und der Sicherheit der Verkehrsinfrastruktur (Vision Zero)“

 

Mit diesen Leitlinien – wie auch mit Änderungen im Straßenverkehrsrecht (Vision Zero) werden die Forderungen nach mehr Sicherheit und Qualität für den Fuß- und Radverkehr auch am Siemersplatz unterstützt und ein erneuter Anlauf erscheint sinnvoll.

 

Beschluss:

Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, sich bei BVM und BIS nachdrücklich dafür einzusetzen, dass der Siemersplatz in puncto Sicherheit und Nutzungsqualität für Fußgänger*innen sowie für Radfahrer*innen überprüft und Vorschläge zur Verbesserung – auch baulicher Art – erarbeitet werden. Dabei soll insbesondere auf die oben genannten Aspekte eingegangen und der Ausbau der Fuß- und Radwege gemäß den „Hamburger Regelwerken für Planung und Entwurf von Stadtstraßen“ (ReStra; 2,0 m für Rad- und 2,65 m Gehwegbreite) überprüft werden. Neben den Fachbehörden sind auch die Vereine Fuß e.V. und ADFC zu befragen. Die Ergebnisse sollen kurzfristig im zuständigen Regionalausschuss Lokstedt, Niendorf, Schnelsen unter Information des Mobilitätsausschusses vorgestellt werden, idealerweise mit möglichen Sofortmaßnahmen (Ampelzeiten; Roteinfärbung Radwege)

 

Dabei sollen u.a. folgende Kennzahlen im Vergleich von vor dem Umbau 2013 zu jetzt einbezogen werden:

a. Verkehrsunfälle

b. Entwicklung der Fahrgastzahlen der am Siemersplatz haltenden Buslinien

c. Entwicklung der Zahlen des KfZ-Aufkommens

d. Entwicklung des Fußverkehrs

e. Entwicklung des Fahrradverkehrs.

 

Stellungnahme der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM):

 

Allgemeines

 

Der Siemersplatz (Knoten Lokstedter Steindamm / Kollaustraße / Vogt-Wells-Straße / Osterfeldstraße) zählt auf Grund der Geometrie und der konkurrierenden Nutzungsansprüche zu einem der komplexesten Knotenpunkte in Hamburg. Er wurde im Jahr 2014 im Rahmen der Busbeschleunigung für die Metrobuslinie 5 aufwändig und vollständig umgestaltet. Ziel war es damals, Verbesserungen für alle Verkehrsteilnehmenden zu erzielen. Nach Einschätzung der BVM stellt sich die Situation nach dem Umbau deutlich besser dar als zuvor, auch wenn sich durch seitdem veränderte Ansprüche inzwischen Optimierungsbedarf zeigt.

 

Eine erneute bauliche Umplanung kommt derzeit jedoch nicht in Betracht. Anderweitige Prioritäten (insbesondere der Ausbau der Velorouten) binden bei den zuständigen Dienststellen personelle und finanzielle Ressourcen. Ohne eine komplette Überplanung lassen sich die im Beschluss genannten Punkte jedoch nicht ändern, da zahlreiche Flächen komplett neu aufgeteilt werden müssten, um neue Regelbreiten und größere Aufstellflächen für Radfahrende umzusetzen.

 

Im Folgenden wird ausführlich auf Verbesserungen bei der Signalschaltung eingegangen:

 

Ampelschaltungen

 

Der Knotenpunkt ist in den Spitzenzeiten hoch belastet. Die langen Überwege des Fußverkehrs und die innenliegenden Verweil- bzw. Verteilerinseln erschweren zusätzlich die Entwicklung einer Signalsteuerung, die den Ansprüchen aller am Verkehr Teilnehmenden genügt. Der Knotenpunkt gehört darüber hinaus zum Senatsprogramm zur Busbeschleunigung der Metrobuslinie 5 mit Bussonderfahrstreifen im Zulauf der Zufahrten Kollaustraße und Lokstedter Steindamm. Durch die installierten Wechselverkehrszeichen können diese Sonderfahrstreifen je nach Verkehrslage für den motorisierten Individualverkehr freigegeben werden. Für die Signalsteuerung besteht somit nur bedingt Freiheitsgrad und Flexibilität.

 

Der Fußverkehr in Hamburg hat einen hohen Stellenwert. Für die Signalisierung hintereinander liegender Furten bei Straßen mit Mittelinseln wird daher die sogenannte progressive Signalisierung angewendet, insbesondere wenn keine ausreichende Aufstellfläche in Fahrbahnmitte vorhanden ist. Mit der progressiven Signalisierung soll vermieden werden, dass Zu Fuß Gehende auf der Mittelinsel zum Stehen kommen, auch wenn sie die Fahrbahn in der letzten Sekunde ihrer Freigabezeit betreten. Hierfür wird das Fußgängersignal auf der Mittelinsel früher von grün auf rot geschaltet, als das Signal auf dem gegenüberliegenden Fahrbahnrand.

 

Die Bedingungen für eine sichere Führung des Fuß- und Radverkehrs werden in den aktuell geschalteten Programmen am Siemersplatz regelkonform eingehalten. Die heutige Phasenfolge der Bestandsschaltung ist optimal gewählt, so dass Stauungen und Immissionen des Kfz-Verkehrs weitgehend vermieden werden können. Verweilzeiten auf der Dreiecksinsel in der Zufahrt Kollaustraße lassen sich leider nicht vermeiden, denn die hier antreffenden Ströme erhalten zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre Freigabe. Dennoch wird der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) die Qualität der Fuß- und Radverkehrsführung durch eine angepasste Signalsteuerung und ohne bauliche Änderungen verbessern. Es werden neue Sonderprogramme ergänzt, die versuchsweise in Abstimmung mit der Straßenverkehrsbehörde (Polizei) geschaltet werden können. Auch die Roteinfärbung für die Radwege und Furten des Radverkehrs wird in Absprache mit der Polizei erfolgen. In den neuen Signalprogrammen werden die Freigabezeiten in den Zufahrten Kollaustraße und Vogt-Wells-Straße reduziert. Dadurch können die Freigabezeiten des Fußverkehrs über die Zufahrt Kollaustraße erhöht und besser aufeinander abgestimmt werden.

 

Auf Grund bestehender Prioritäten kann ein Zeitpunkt für die Realisierung und die Inbetriebnahme der neuen Schaltung zurzeit nicht genannt werden.

 

Petitum/Beschluss

:

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

Anhänge

keine