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"Vertrag für Hamburgs Stadtgrün" Senatsbeschluss vom 22.06.2021 hier: Information zu Inhalten des Vertrages und neuen Verpflichtungen des Bezirksamtes

Mitteilung

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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11.08.2021
Sachverhalt

 

a)      Historie

Im Jahr 2018 hat der Umweltverband NABU die Volksinitiative ‚Hamburgs Grün erhalten‘ ins Leben gerufen, um Bürgerschaft, Senat und Verwaltung zu veranlassen, trotz anhaltender hoher Bautätigkeit, den Flächenanteil des Grüns in Hamburg zu erhalten (Naturquantität) und deutlich zu verbessern (Naturqualität). Dafür hat die Initiative mehr als 23.000 Stimmen von Hamburger Bürgerinnen und Bürgern gesammelt. Durch die Anhörung und Konsensfindung der Volksinitiative ‚Hamburgs Grün erhalten‘ in bzw. mit der Bürgerschaft konnte ein Volksentscheid abgewendet werden.

Die Verhandlungen endeten im April 2019 mit einer Vereinbarung zwischen den Regierungsfraktionen SPD und GRÜNE und der Volksinitiative „Hamburgs Grün erhalten“ (Bürgerschaftliches Ersuchen Drucksache 21/16980 vom 24. April 2019).

Die folgende Drucksache 21/19411 vom 17. Dezember 2019 behandelte die Stellungnahme des Senats zu dem ‚Ersuchen der Bürgerschaft vom 8. Mai 2019 Vertrag für Hamburgs Stadtgrün: Siedlungsentwicklung ermöglichen– Naturqualität verbessern – Lebensqualität steigern, Maßnahmen zur Verbesserung von Hamburgs Grün – Verständigung mit den Initiatoren der Volksinitiative „Hamburgs Grün erhalten“ (Drucksache 21/16980) sowie die Umsetzung im Haushalt für das Haushaltsjahr 2020‘.

Mit dem ‚Vertrag für Hamburgs Stadtgrün‘ (Senatsbeschluss 22.06.2021) werden Fachbehörden, Bezirke und öffentliche Unternehmen verpflichtet, trotz umfangreicher Bautätigkeit zum Erhalt der gesamtstädtischen Grünanlagen/Parks, Landschaftsachsen, gesamtstädtisch bedeutsamen Grünverbindungen und der beiden Grünen Ringe aus dem Grünen Netz Hamburg (vgl. Anlage 2). Ziel ist es, dieses Grüne Netz vor Eingriffen durch Bauvorhaben und Infrastrukturmaßnahmen zu schützen und als wichtige grüne Infrastruktur der Stadt weiter zu entwickeln. Damit geht die Stadt eine Eigenverpflichtung ein.

 

 

b)      Inhalte

Der Vertrag enthält umfangreiche allgemeine Pflichten für die Bereiche Naturschutz und Stadtgrün (vgl. Anlage 1 ab S.19).

Petitum Nr. I. Naturquantität („Erhalten“)

          Steigerung des Anteils an Naturschutzgebieten auf mind. 10 % der Landesfläche

          Erhalt 18,9 % der Landesfläche als Landschaftsschutzgebiet

          Erhalt 23,2 % der Landesfläche zwecks Biotopverbund

          Schutz der Freiflächen des Grünen Netzes in der inneren Stadt bis inkl. 2. Grüner Ring vor Bebauung; Ausnahme für bestimmte Bauvorhaben ohne Kompensationserfordernis; Ausnahme für kleinflächige weitere Bauvorhaben mit quantitativer oder qualitativer Kompensation

          Bestand öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen vor Bebauung schützen und erweitern

 

Petitum Nr. II. Naturqualität („Verbessern“)

Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung der Naturqualität durch Biotopwertsteigerung bei der Bewirtschaftung von Flächen (Pflege, Entwicklung, Verpachtung etc.). Dazu zählen u.a.

          den durchschnittlichen Biotopwert in ganz Hamburg und insbesondere in 50% der Naturschutzgebieten in den nächsten 10 Jahren zu steigern,

          mehr Mittel für die Pflege der NSGs aufzuwenden und nicht zuletzt

          eine verbesserte Pflege des öffentlichen Grüns durch ausreichende Mittelausstattung zu gewährleisten (Erhaltungsmanagement Grün).

 

Konkretisierende Regelungen trifft der Vertrag insbesondere für Petita Nr. I.4 Grünes Netz und Nr. I.5 Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen.

Konkretisiertes Petitum Nr. I.4

  • Die zum 17. Mai 2016 noch unbebauten und noch nicht anderweitig planungsbefangenen Flächen des Grünen Netzes innerhalb des 2. Grünen Rin­ges (…) sind künftig von Bebauung freizuhalten; Ausnahmeliste liegt der Drucksache 21/16980 bei.
  • Wird eine Bebauung von Teilflächen des Grünen Netzes (kleinflächige Inanspruchnahme) dennoch unvermeidbar, muss eine alternative, gleich große Freifläche, mög­lichst in räumlicher Nähe gesichert und für die Erholungs- und Freizeitnutzung entwickelt werden oder
  • in begründeten Einzelfällen können alter­nativ auch andere geeignete landschaftsplaneri­sche und landschaftspflegerische Maßnahmen, die eine qualitative Verbesserung der Freiraumsi­tuation bzw. Aufwertung des vorhandenen Frei­raums erwirken, durchgeführt werden.
  • In der äußeren Stadt sollen die Flächen des Biotopver­bundes, der Landschaftsachsen und Land­schaftsschutzgebiete als großflächige Natur­räume erhalten bleiben und unvermeidbare Ein­griffe naturschutzrechtlich ausgeglichen werden.
  • Bestehende Ansprüche auf Baugenehmigungen nach §§ 30, 31, 34 oder 35 BauGB sind unberührt von der Schutzanforderung für das Grüne Netz. In bestimmten Fällen entstehen dennoch Kompensationserfordernisse zu denen sich die Vertragspartner selbst verpflichten (vgl. Vertrag S. 5 bis 7). Dazu wird eine Erheblichkeitsschwelle von 250 m² neu überbaubarer Grundstücksfläche eingeführt.
  • Das Kompensationserfordernis besteht unabhängig und gesondert von der Eingriffsregelung nach § 14 ff. BNatSchG bzw. § 1a Abs. 3 BauGB und wird zusätzlich erforderlich.

 

Konkretisiertes Petitum Nr. I.5

  • Der vorhandene Bestand an öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen darf grundsätzlich nicht für bauliche Entwicklung in Anspruch genommen werden.
  • Bei der Entwick­lung neuer Quartiere sollen regelhaft weitere öffentliche Grünanlagen geschaffen werden, so­weit sie nicht direkt an vorhandenen großen öf­fentlichen Parkanalagen liegen. Potenziale zur Erhöhung des Biotopwertes/Naturwertes sind dabei zu berücksichtigen.
  • Im Falle der Nachverdichtung von Bestandsquartieren durch Baugenehmigungen und/oder neuem Bauplanungsrecht sind „in der Regel ab 500 neuen Wohneinheiten ergänzende Maßnahmen für eine möglichst ausreichende Versorgung mit öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen erforderlich“. Auch mehrere Einzelverfahren, die in der Summe 500 Wohneinheiten ergeben, können den Bedarf verpflichtend auslösen.

 

c)      Ressourcen

Für die Aufgabenumsetzung des Bürgerschaftlichen Ersuchens aus Drucksache 21/16980 hat die BUKEA 24,25 Stellen und jedes Bezirksamt zwei zusätzliche Stellen bekommen. Weiterhin wurde die BUKEA mit zusätzlichen Finanzmitteln ausgestattet, Antragsmöglichkeiten für die Bezirksämter zwecks Umsetzung des Vertrags für Hamburgs Stadtgrün bestehen. 

 

d)      Weiteres Vorgehen

Zur Anwendung und Umsetzung der Vertragsvereinbarungen soll seitens der BUKEA in Abstimmung mit den Bezirksämtern eine Handreichung als Arbeitshilfe erarbeitet werden. Eine entsprechend Arbeitsorganisation befindet sich im Aufbau. Eine Arbeitsgruppe aus BUKEA und Bezirksämtern ist eingerichtet und wird vierteljährlich zur Operationalisierung des Vertrags zusammenkommen.

Mit allen Vertragspartnern will die BUKEA messbare Maßnahmenpakete für deren Flächen in der Schutzkulisse „Grün erhalten“ erarbeiten und ein Monitoring einrichten mittels dessen der Senat einmal jährlich der Bürgerschaft über die bauliche Inanspruchnahme von „Grünflächen des Grünen Netzes in der inneren Stadt bis einschließlich 2. Grüner Ring und der dafür durchgeführten Kompensation“ berichten kann. Eine Evaluierung des Vertrages ist nach 2 Jahren vorgesehen.

 

 

Petitum/Beschluss

Der Stadtentwicklungsausschuss nimmt den Vertrag für Hamburgs Stadtgrün und die darin enthaltenen neuen Verpflichtungen des Bezirksamtes zur Kenntnis.

 

 

Anhänge

  1. Vertrag für Hamburgs Stadtgrün
  2. Gebietskulisse des Vertrags: Fachkarte „Grünes Netz Hamburg – Flächenkulisse der Schutz- und Kompensationsregelung“ mit Abgrenzungen der Flächen gemäß Petita I.4 und I.5