Die Bezirksversammlung Bergedorf lehnt die Erweiterung der JVA – Billwerder um eine Jugendhaftanstalt weiterhin ab. Dieser Ablehnung liegen verschieden Argumente zugrunde.
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Billwerder und Oberbillwerder sind in letzter Vergangenheit und werden auch zukünftig erheblich durch Entscheidungen des Senats betroffen, die allein dadurch erfolgt sind, dass in diesem Bereich Hamburgs ausreichend unbebaute Flächen vorhanden sind. Das durch diese Entscheidungen landwirtschaftliche Flächen vernichtet werden und eine weitere Flächenversiegelung stattfindet, scheint keine Rolle bei der Entscheidungsfindung zu spielen. Bereits durch die Bebauung Oberbillwerders ergibt sich, dass „aus der Summe der geplanten Bauflächen- und Ausgleichsmaßnahmeninanspruchnahmen sich für vier Betriebe nachweisliche und deutliche Existenzgefährdungen ergeben“ werden, wie dem aktuellen agrarwirtschaftlichen Gutachten zu Oberbillwerder zu entnehmen ist.
Jetzt sollen für die neue Jugendhaftanstalt weitere l 6 ha landwirtschaftliche Flächen vernichtet werden, obwohl auf Hanöversand ausreichend Freifläche vorhanden sind. Dort liegt zudem ein Baurecht für die vorhandene Anlage und die nötigen Erweiterungen und Neubauten vor, da die Flächen als Sondergebiet für den Strafvollzug ausgewiesen sind.
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Die JVA-Billwerder ist seinerzeit auch aus einer großen moralischen Verantwortung der Politik heraus geplant worden. Ursprünglich auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Neuengamme angesiedelt, ist es aus heutiger Sicht überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, dass auf diesem Gelände in der Nachkriegszeit überhaupt eine Vollzugsanstalt betrieben wurde. Insofern war es nur konsequent, die JVA zu verlegen. Bereits damals gab es Widerstände gegen den Bau in Billwerder. Aber Politik, Planer und Bevölkerung hatten letztlich einen Konsens gefunden, dass eine Verlegung geboten sei. Gleichzeitig war damals aber auch Konsens, dass die Neuerrichtung der JVA–Billwerder großzügig zu planen sei, um auf eventuelle Erweiterungsbedürfnisse innerhalb des Geländes reagieren zu können und nicht irgendwann erneut Flächen in Anspruch zu nehmen. Dies wurde damals klar gegenüber der Bevölkerung kommuniziert und diesbezüglich sieht sich die Politik hier im Wort.
Letztlich soll es nun so kommen wie damals befürchtet. Die Flächen der JVA–Billwerder, mit den damals eingeplanten Erweiterungsflächen, wurden zwischenzeitlich ohne Beteiligung der Bezirksversammlung fast vollständig aufgebraucht. Die Haftplätze wurden erweitert, Personen aus der Untersuchungshaftanstalt und die Frauenhaftanstalt von Hahnöfersand nach Billwerder verlegt.
Nun will der Senat, nach vollständiger Ausnutzung der Ausbaureserve in Billwerder, eine nochmalige Erweiterung zu Lasten der bewirtschafteten Flächen eines Landwirts, der diese dringend für die Erhaltung seine beruflichen Existenz benötig.
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In der Bergedorfer Politik besteht bezüglich der Ablehnung einer Erweiterung eine große Einigkeit. Im März und April dieses Jahres war es Thema im Regionalausschuss und im April hat sich die Bezirksversammlung mit großer Mehrheit gegen eine Erweiterung auf den landwirtschaftlichen Flächen ausgesprochen. Die Politik vor Ort hat damit ein eindeutiges Signal gegeben und stellt sich inhaltlich damit nicht nur gegen den Senat, sondern auch gegen den zum Ausdruck gebrachten Willen der eigenen Bürgerschaftsfraktionen.
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In dem vorliegenden Drucksachenentwurf sind zwar Gründe aufgeführt, warum eine Verlagerung des Jugendvollzugs wünschenswert sei, die dargestellte Prüfung von Alternativflächen stellt sich jedenfalls als wohl nicht sehr umfassend dar, jedenfalls wird wenig dazu ausgeführt (s. 4 SDrsE: „Weitere Standortalternativen kamen aus fachlichen sowie aus wirtschaftlichen Gründen von vornherein nicht in Betracht“). Jedenfalls ist nicht ersichtlich, ob auch Flächen außerhalb von bestehenden JVA´s konkret geprüft wurden. Es wäre aber zumindest eine Darstellung zu erwarten gewesen, welche Flächen, neben den vier dargestellten, noch in der Prüfung waren.
Ebenfalls ist nicht wirklich nachvollziehbar, warum der geplante Neubau auf Hahnöfersand nicht möglich sein sollte. Die Flächen auf Hahnöfersand sind ebenfalls erschlossen, haben einen ähnlichen Baugrund und genügend Ausbaureserve. Insofern wären die jetzt geplanten Gebäude auch auf Hanöversand zu errichten, und zwar während des laufenden Vollzugs.
Verbleibt also bezüglich der Kosten der behauptete, aber nicht nachvollziehbar dargestellte, Synergieeffekt von 65 Mio. Euro Einsparungen auf 30 Jahre. Inwieweit hierzu die jeweiligen Bau- oder Personalkosten beitragen, ist nicht nachvollziehbar.
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In der Vergangenheit wurde im Strafvollzug immer eine Dezentralisierung der verschiedenen Haftunterbringungen verfolgt, um so wenig wie möglich Schnittmengen zu befördern. Schaut man sich die jetzt vorliegenden Planungen an, wird diese Trennung zwar innerhalb der Anlage gewährleistet, außerhalb wird aber ein verstärktes Risiko bestehen. Freigänger und Besucher werden fast automatisch zusammengeführt, weil die Haftanstalt eine solitäre Stellung in dem Gebiet hat. Alle haben den gleich An- und Abfahrtsweg, nutzen dieselben Wege und den gleichen ÖPNV. Im Übrigen befindet sich in dem Gebiet keine andere Infrastruktur außer den JVA.